Terahertzstrahlung

Die Terahertzstrahlung, auch Submillimeterwellen genannt, liegt im elektromagnetischen Spektrum zwischen der Infrarot- und der Mikrowellenstrahlung. Bei einer Wellenlänge kleiner als 1 mm (= 1000 µm) und größer als 100 µm liegt der Frequenzbereich bei 300 GHz (3×1011 Hz) bis 3 THz (3×1012 Hz). Sie liegt im Grenzbereich, den RF-Heterodyn-Empfänger fast nicht mehr, aber optische Sensoren noch nicht abdecken.
Eigenschaften
Da die Terahertzstrahlung, die manchmal auch dem fernen Infrarot zugerechnet wird, lange nicht oder nur sehr eingeschränkt nutzbar war, sprach man auch von der Terahertz-Lücke im elektromagnetischen Spektrum. Diese Bandlücke befindet sich zwischen dem Frequenzbereich, der klassisch von der Mikrowellentechnik erschlossen wurde, und dem Infrarotfrequenzbereich. Das Hauptproblem der Nutzung des Terahertz-Frequenzbereichs ist die Herstellung von Sendern und Empfängern. Kompakte und kostengünstige Sender mit ausreichender Ausgangsleistung stehen heute noch nicht zur Verfügung. Auch die Empfängertechnik bedarf weiterer Entwicklung, um mit empfindlicheren Empfängern noch schwächere Signale detektieren zu können. Mit einer Golay-Zelle kann man Terahertzstrahlung nachweisen.
Terahertzstrahlung durchdringt viele Materialien wie Papier oder Kunststoff sowie organisches Gewebe, wirkt jedoch aufgrund der geringen Photonenenergie – im Bereich von wenigen Milli-Elektronenvolt – nicht ionisierend. In diesem Energiebereich liegen viele Molekülrotationen, was die Terahertzstrahlung für die Spektroskopie sehr interessant macht, um spezifische Stoffe zu identifizieren. Wasser, andere polare Stoffe und Metalle absorbieren die Strahlen und können sich hierdurch erwärmen. Anwendungen vor allem im Bereich der Medizin und Biologie sind durch die starke Wasserabsorption Grenzen gesetzt, selbst eine hohe Luftfeuchtigkeit stellt für einige Anwendungen eine Herausforderung dar.
Technologie
Kontinuierliche Terahertzstrahlung
Jeder Körper emittiert Wärmestrahlung, unter anderem auch im Terahertzbereich. Da diese Strahlung inkohärent ist, muss ein solcher Sender als Rauschquelle betrachtet werden. Um die sehr geringen Rauschleistungen, die Körper gemäß dem Planckschen Strahlungsgesetz emittieren, detektieren zu können, werden hochempfindliche radiometrische Messgeräte eingesetzt. Radiometer können dabei sowohl ungekühlt, als auch gekühlt (meist auf 4 K) aufgebaut werden. Bei gekühlten Radiometern wird meist auf supraleitende Mischerelemente wie Bolometer oder SIS-Mischer zurückgegriffen. Bei ungekühlten Radiometern können auch GaAs-Schottky-Dioden zum Einsatz kommen.
Bei der Erzeugung von kohärenter Terahertzstrahlung kommen unterschiedlichste Sender zum Einsatz. Neben der Erzeugung von Terahertzleistung durch Frequenzvervielfachung (meist mit Hilfe von GaAs-Schottky-Dioden) oder Differenzfrequenzbildung von zwei Lasersignalen (beispielsweise von Distributed Feedback Lasern) an nichtlinearen Bauelementen, existieren Quantenkaskadenlaser, Molekülgaslaser, Freie-Elektronen-Laser, optisch-parametrische Oszillatoren und Rückwärtswellenoszillatoren. Wird ein hoher Frequenz-Durchstimmbereich benötigt, kommen häufig Photomischer (Low-Temperature-Grown GaAs, Uni-travelling-Carrier Photodioden, n-i-pn-i-p-Übergitter-Photodioden) zum Einsatz, die die Differenzfrequenz zweier Laser in Wechselstrom umwandeln, welcher schließlich durch eine geeignete Antenne abgestrahlt wird.
Gepulste Terahertzstrahlung
Ultrakurze Laserpulse mit einer Dauer von einigen Femtosekunden (1 fs = 10−15 s) können in Halbleitern oder nichtlinear optischen Materialien Terahertzpulse im Picosekundenbereich (1 ps = 10−12 s) erzeugen. Diese Terahertzpulse bestehen aus nur ein bis zwei Zyklen der elektromagnetischen Schwingung. Durch elektrooptische Methoden können sie auch kohärent, das heißt zeitaufgelöst, gemessen werden.
Anwendungen
Spektroskopie
Terahertz-Spektroskopie untersucht Substanzen mit schwachen Bindungen, beispielsweise Wasserstoffbrückenbindungen, oder Bindungen mit schweren Bindungspartnern, beispielsweise kollektive Anregung von Atomverbänden, das sind Phononen in Kristallen.
Zerstörungsfreie Werkstoffprüfung
Da viele alltägliche Materialien wie Papier, Kunststoffe oder Keramiken für Terahertzstrahlung durchlässig sind, andere wie Metalle oder Wasser aber nicht, ergänzen Terahertzabbildungen andere Methoden wie optische oder Röntgenbilder. Zudem ist es möglich, auch spektroskopische Informationen räumlich aufgelöst zu erhalten. Dadurch ist es möglich Defekte im Inneren eines Körpers sichtbar zu machen und zu vermessen, ohne diesen zerstören zu müssen, auch nicht-invasive (meist im medizinischen Bereich) oder antidestruktive Methode genannt.
Kommunikation
Drahtlose Kommunikation spielt heute in vielen Lebensbereichen eine große Rolle (vgl. Funknetz) und arbeitet typischerweise bei Trägerfrequenzen im Mikrowellenbereich. WLANs oder Mobilfunk (LTE-Advanced) erreichen Übertragungsraten von einigen 100 Mbit/s - prinzipiell sind ca. 10 Gbit/s möglich [1]. Das Frequenzspektrum bis 275 GHz ist stark reguliert und bietet zu wenig ungenutzte Bandbreiten, um dem steigenden Bedarf (Verdopplung alle 18 Monate [2]) in Zukunft gerecht zu werden.
Die THz-Strahlung bietet sich an, weil Frequenzen zwischen 300 GHz und 1 THz bisher keiner Regulation unterliegen und höhere Trägerfrequenzen mit großen Bandbreiten (10-100 GHz) Übertragungsraten mit mehr als 100 Gbit/s ermöglichen [3]. In wissenschaftlichen Experimenten konnten bereits Datenraten von 24 Gbit/s bei 300 GHz [4] und 100 Gbit/s bei 237,5 GHz (auf 4 Kanälen) [5]gezeigt werden. Die Heterodyning-Technik ermöglicht die Nutzung verschiedener Trägerfrequenzen unterhalb 1 THz und könnte für kommerzielle Richtfunk-Verbindungen mittelfristig von Interesse sein. Für den Privatgebrauch sind diese Systeme noch zu groß und zu teuer.
Der Wasserdampf in der Atmosphäre absorbiert die THz-Strahlen und begrenzt ihre Ausbreitung. Unterhalb von 1 THz befinden sich jedoch drei Frequenzfenster mit einer Dämpfung von weniger als 60 dB/km [3], die für die Telekommunikation genutzt werden können. Jenseits von 1 THz steigt die Absorption (von Wasserdampf und anderen atmosphärischen Gasen[1]) in der Atmosphäre zu stark an, um Systeme mit hohen Datenraten umzusetzen. Diese Einschränkung definiert die möglichen Anwendungsbereiche [6],[3]: Die Dämpfung in der Atmosphäre spielt bei Datenkommunikation in Innenräumen keine große Rolle und der Bedarf an höheren Bandbreiten steigt (u.a. HD-Videos, Streaming) ständig. Im Außenbereich sind die Anbindung von Haushalten an das Internet (letzte Meile) oder Backhaul-Links im Mobilfunkbereich denkbar. Eine weitere Möglichkeit ist die Kommunikation zwischen Satelliten oder eine satellitengestützte Internetverbindung für Flugzeuge. Die beschränkte Reichweite und die geringe Verbreitung von Empfängern könnte die Technik in Hinsicht auf Abhörbarkeit für militärische Zwecke interessant machen [7].
Neben der Verfügbarkeit von kompakten, leistungsfähigen und preiswerten Quellen und Empfängern müssen die besonderen Eigenschaften der Terahertzstrahlung genauer untersucht werden. In Gebäuden spielen Reflexionen an Oberflächen und Mehrschichtsystemen sowie Streuprozessen eine große Rolle. In der starken Richtungsabhängigkeit [1] [3] - vor allem bei optimierten Antennen - unterscheiden sich die Submillimeter- von den Mikrowellen.
Sicherheitstechnik
Die Sicherheitskontrollen an Flughäfen wurden nach Zwischenfällen in den letzten Jahren immer weiter verschärft und der Einsatz neuer Sicherheitstechniken verspricht Kontrollen zu beschleunigen und zuverlässiger machen. Die Terahertzstrahlung erscheint für diese Zwecke vielversprechend zu sein: Die Strahlung durchdringt Kleidungsstücke und wird von der Haut reflektiert. Unter der Kleidung versteckte Waffen aus Metall, Keramik oder Plastik sind somit leicht zu erkennen.[8] Die Auflösung ist ausreichend hoch, um die Gegenstände am Körper zu lokalisieren. Der Wikipedia-Artikel über Körperscanner beschreibt den Einsatz verschiedener Testgeräte weltweit.
Bei der Suche nach Sprengstoffen oder Drogen könnten unbekannte Stoffe am Körper oder in Behältnissen identifiziert werden, da sie oberhalb von 500 GHz charakteristische Absorptionsspektren aufweisen.[9] Bisher wurden die Messungen häufig unter Laborbedingungen durchgeführt, d.h. unter idealisierten Bedingungen: Absorptionsmessungen in Transmission (gutes Signal-Rausch-Verhältnis), reine Stoffproben oder bei niedrigen Temperaturen (schärfere Spektren). Die Herausforderungen einer möglichen Umsetzung sind folgende:[10] Ab 500 GHz absorbiert die Atmosphäre deutlich stärker, Kleidung ist zwar weitgehend transparent, aber an den Grenzflächen kommt es zu Reflexionen, in den Materialien kommt es zu Streuungsprozessen. Bei mehreren Kleidungsschichten wird das Signal sehr schwach.[11] Bei Stoffmischungen überlagern sich die Absorptionsspektren und die Identifikation wird erschwert. Die Oberflächenstruktur beeinflusst zusätzlich das Reflexionsverhalten. Deshalb äußern sich viele Wissenschaftler[10] äußerst kritisch zu einer einfachen Umsetzung.
Neben den Körperscannern gibt es noch weitere Anwendungen in der Sicherheitsbranche, deren Umsetzung einfacher ist.[9] Postsendungen könnten auf gefährliche oder verbotene Substanzen hin untersucht werden, Zusatzstoffe in Sprengstoffen könnten Rückschlüsse auf Herstellungsprozess liefern und helfen, deren Herkunft zu ermitteln. Medikamente könnten auf Echtheit überprüft werden, bzw. ob sich die Medikamente während der Lagerung verändert haben (durch die Verpackung hindurch).
Das größte Hindernis ist derzeit das Fehlen von preiswerten, kompakten und durchstimmbaren THz-Quellen.[9]
Biologie und Medizin
In Biologie und Medizin wird genutzt, dass Terahertzstrahlung den Wassergehalt einer Probe abbildet, um beispielsweise Tumore von gesundem Gewebe zu unterscheiden. Auf diese Art kann auch das Ausmaß einer Verbrennungskrankheit ermittelt werden, wofür bisher nur sehr begrenzte Methoden zur Verbrennungsdiagnostik existierten. Durch die kohärente Messung von Terahertzpulsen kann die Dicke einer Probe bestimmt werden, indem die Zeitverzögerung gemessen wird, die der Puls beim Durchlaufen der Probe erfahren hat. Diese Abbildungsmethoden sind zum größten Teil erst Laboranwendungen. Erste kommerzielle Geräte sind zwar erhältlich, haben sich in der Praxis aber noch nicht durchgesetzt.
Astronomie
Auch in der Astronomie eröffnet die Terahertzstrahlung neue Möglichkeiten. So misst beispielsweise die ESA auf diese Weise die Oberflächentemperatur der Erde. Auch der Nachweis von einfachen chemischen Verbindungen wie Kohlenstoffmonoxid, Wasser, Cyanwasserstoff und vielen anderen ist durch Messung der Emissionen, die bei Rotationsübergängen der Moleküle entstehen, im Terahertzbereich möglich. Solche Instrumente (beispielsweise German Receiver for Astronomy at Terahertz Frequencies, Great) sollen in das fliegende Teleskop SOFIA eingebaut werden. Auch das Weltraumteleskop Herschel ist mit entsprechenden Instrumenten ausgerüstet.
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Hintergrundstrahlung für T = 2,725 K
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Wärmestrahlung eines Körpers mit Erdtemperatur von T = 287 K
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1,5-THz-Breitband-Spiralantenne für die Astronomie
Zeitaufgelöste Messungen
Terahertzpulse haben oft eine Dauer von weniger als einer Picosekunde und eignen sich daher zur Messung von physikalischen oder chemischen Prozessen auf dieser Zeitskala. Dazu wird das zu untersuchende Material durch einen ebenso kurzen Laserpuls angeregt. Die Änderung der Transmission des Terahertzpulses wird gemessen in Abhängigkeit von der Zeit, die seit der Anregung verstrichen ist. Ein wichtiges Beispiel für diese sogenannten Pump-Probe-Messungen ist die Untersuchung der Dynamik von Ladungsträgern in Halbleitern.
Literatur
- Kiyomi Sakai: Terahertz optoelectronics. Springer, Berlin 2005, ISBN ISBN 3-540-20013-4(?!).
- Daniel Mittleman: Sensing with Terahertz radiation. Springer, Berlin 2003, ISBN 3-540-43110-1.
- George H. Rieke: Detection of Light: From the Ultraviolet to the Submillimeter. 2. Auflage. Cambridge University Press, Cambridge 2002, ISBN 978-0-521-81636-6.
Weblinks
- Marcus Haas: Kurzer Überblick. Bremen, siehe "Neue Technologien")
- Gesundheitsportal: Gesundheitsrisiko durch Nacktscanner - Terahertztechnologie & Sicherheit
- Kurzer anwendungsbezogener Überblick. Fraunhofer-Institut an der TU Kaiserslautern
- Applied Competence Cluster (ACC) Terahertz an der Ruhr-Uni Bochum
- THz-Zentrum (TerZ) an der U Regensburg (engl.)
- H. Bolivar: Anwendungspotenzial in der Medizin - Uni Siegen
Einzelnachweise
- ↑ a b c Ho-Jin Song: Present and Future of Terahertz Communications. September 2011, S. 256–263, doi:10.1109/TTHZ.2011.2159552.
- ↑ S. Cherry: Edholm's Law of Bandwidth. 2004, S. 58–60.link
- ↑ a b c d Radoslaw Piesiewicz et al.: Short-Range Ultra-Broadband Terahertz Communications: Concepts and Perspectives. Dezember 2007, S. 24–39, doi:10.1109/MAP.2007.4455844.
- ↑ Song, H.-J.; Ajito, K.; Muramoto, Y.; Wakatsuki, A.; Nagatsuma, T.; Kukutsu, N.: 24 Gbit/s data transmission in 300 GHz band for future terahertz communications. Juli 2012, S. 953–954, doi:10.1049/el.2012.1708.
- ↑ S. Koenig, D. Lopez-Diaz, J. Antes, F. Boes, R. Henneberger, A. Leuther, A. Tessmann, R. Schmogrow, D. Hillerkuss, R. Palmer, T. Zwick, C. Koos, W. Freude1, O. Ambacher, J. Leuthold, I. Kallfass: Wireless sub-THz communication system with high data rate. 13. Oktober 2012, doi:10.1038/nphoton.2013.275.
- ↑ Michael J. Fitch and Robert Osiander: Terahertz Waves for Communications and Sensing. 2004, S. 348–355. link (PDF; 782 kB)
- ↑ Martin Koch: Terahertz Communications: A 2020 vision. 2007, S. 325–338, doi:10.1007/987-1-4020-6503-3_18.
- ↑ Roger Appleby: Standoff Detection of Weapons and Contraband in the 100 GHz to 1 THz Region. November 2007, IEEE Transactions on Antennas and Propagation, Vol. 55, No. 11, S. 2944–2956, doi:10.1109/TAP.2007.908543. link (PDF-Datei; 4,38 MB)
- ↑ a b c A. Giles Davis et al: Terahertz spectroscopy of explosives and drugs. März 2007, S. 18–26. link
- ↑ a b Michael C. Kemp: Explosives Detection by Terahertz Spectroscopy - A Bridge Too Far? September 2011, IEEE Transactions on Terahertz Science and Technology, Vol. 1, No. 1, S. 282–292, doi:10.1109/TTHZ.2011.2159647.
- ↑ C. Baker et al: People screening using terahertz technology, Proc. SPIE, vol. 5790. 2005, S. 1–10. link (PDF-Datei; 567 kB)