Zum Inhalt springen

Armut

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 28. April 2004 um 08:12 Uhr durch Sti (Diskussion | Beiträge) (kleine Ergänzung und Korrektur). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.


„Der Begriff Armut entzieht sich wegen seiner Vielschichtigkeit einer allgemeingültigen Definition.“ (aus: Lebenslagen in Deutschland. Der erste Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung, Berlin 2001).

Armut ist die unzureichende Mittelausstattung zur Befriedigung der lebenswichtigen Grundbedürfnisse. Sie ist häufig bestimmt durch ein Einkommen unterhalb der Armutsgrenze.

Absolute Armut

Als grober Indikator für die absolute Armut wird manchmal die Verfügbarkeit von 1 US-Dollar in lokaler Kaufkraft pro Tag für die Befriedigung der Lebensbedürfnisse angesehen. Davon sind ca. 1,1 Mrd. Menschen weltweit betroffen. Die größte Zahl dieser Menschen lebt in Asien; in Afrika ist allerdings der Anteil der Armen an der Bevölkerung noch höher. Die Mitglieder der UN haben sich beim Milleniumsgipfel im Jahr 2000 auf das Ziel geeinigt, bis zum Jahr 2015 die Zahl derer, die weniger als 1 US-Dollar am Tag haben, zu halbieren. Nach Angaben der Weltbank vom April 2004 kann dies gelingen, allerdings nicht in allen Ländern. Während durch einen wirtschaftlichen Aufschwung in Teilen Asiens der Anteil der Armen deutlich zurück ging (in Ostasien von 58 auf 16 Prozent), hat sich in Afrika die Zahl der Ärmsten erhöht (im Afrika südlich der Sahara von 1981 bis 2001 fast verdoppelt). In Osteuropa und und Zentralasien wurde eine Zunahme der extremen Armut auf 6 Prozent der Bevölkerung errechnet.

In Wohlstandsgesellschaften ist Armut auf andere Weise zu definieren. Aktuell wird gemäß europäischer Konvention derjenige als arm bezeichnet, der weniger als 50% des Durchschnittseinkommens hat (vgl. relative Armut).

Relative Armut

Die relative Armut ist die Unterversorgung mit materiellen und immateriellen Ressourcen von Menschen bestimmter sozialer Schichten im Verhältnis zum Wohlstand der jeweiligen Gesellschaft.

Armut in Österreich

Nach einem Bericht der Armutskonferenz sind erstmals Daten über so genannte Working Poor verfügbar: in Österreich seien 57 000 Menschen (2003) von Armut trotz Arbeit betroffen. Weiters hängt der Grad der Armutsgefährdung von der Art des Beschäftigungsverhälnisses ab:

Teilzeitbeschäftigte mit bis zu 20 Stunden wöchentlicher Arbeitszeit haben ein dreifaches, bei 21 bis 30 Stunden ein doppelt so hohes Risiko armutsgefährdet zu sein, wie Personen, die zwischen 31 und 40 Stunden beschäftigt sind. [1]

Weiters kritisiert der Schattenbericht der Armutskonferenz zum 2. Nationalen Aktionsplan für soziale Eingliederung 2003-2005 der österreichischen Bundesregierung, dass Langzeitarbeitslose und Migranten und Migrantinnen in diesem Plan vollkommen fehlen [2].

Armut in Deutschland

In Deutschland betrugen die Durchschnitts-Nettolöhne und –gehälter je Arbeitnehmer im Jahre 2002 im Monat 1.430 €. Danach ergibt sich eine Armutsquote von 11,5% (der europäische Durchschnitt beträgt 14,5%). Die Anzahl der Sozialhilfeempfänger beträgt "nur" 3,5%. Daraus ist die Dunkelziffer an Armut ableitbar.

Bei der Berechnung der Armutsquote wird der unterschiedliche Bedarf bzw. Verbrauch von kleineren und größeren Haushalten, Erwachensen und Kindern gewichtet ("Äquivalenzeinkommen"). Weil hierbei unterschiedliche Formeln benutzt werden, sind die Ergebnisse verschiedener Untersuchungen nicht einheitlich. (Quelle für Armutsquote in Deutschland: Ralf Welter: Working poor - Ein unscharfer Begriff für ein Massenphänomen.)


Grundsätzliches

Armut ist ein zentraler Begriff der Ethik und der Sozialphilosophie. Im theoretischen Grundverständnis unterscheiden sich ökonomische Konzepte, die Armut als Mangelversorgung mit materiellen Gütern und Dienstleistungen verstehen, von soziokulturellen Konzepten, die auch nichtmaterielle Bedürfnisse thematisieren (z.B. das Fehlen ausreichender Bildungsmöglichkeiten).

Armut schränkt die Betroffenen in der freien Ausgestaltung ihres Lebens ein.

Bis ins 19. Jahrhundert wurde Armut überwiegend nicht als gesellschaftlich verursacht, sondern als individuell verschuldet oder "gottgewollt" betrachtet. In Europa setzte sich im Zuge der Industrialisierung und der Auseinandersetzung um die Soziale Frage die Auffassung durch, dass Armut als Massenphänomen ein Ergebnis ökonomischer Verteilungsprozesse ist und durch staatliche Politik verringert werden kann.

Hauptursachen von Armut sind Arbeitslosigkeit und Unterbeschäftigung sowie stark ungleiche Einkommensverteilung.

Für die Beschreibung der Ungleichheit wird in den Sozialwissenschaften oft der Gini-Koeffizient oder das Atkinson-Maß als Ungleichheits-Indikator verwendet.

Als das Gegenteil von Armut gilt Reichtum.


Siehe auch: Amartya Sen, Existenzminimum, Grundrechte, Menschenrechte, Minderheitenschutz, Soziale Gerechtigkeit, Soziale Ungleichheit, Sozialhilfe, Sozialrecht