Zum Inhalt springen

Erzeugendensystem

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 24. November 2013 um 00:20 Uhr durch AndMei (Diskussion | Beiträge) (Vektorräume: + Link). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.
Dieser Artikel wurde auf der Qualitätssicherungsseite des Portals Mathematik eingetragen. Dies geschieht, um die Qualität der Artikel aus dem Themengebiet Mathematik auf ein akzeptables Niveau zu bringen.

Bitte hilf mit, die Mängel dieses Artikels zu beseitigen, und beteilige dich bitte an der Diskussion! (Artikel eintragen)

Eine in der Mathematik häufig gebrauchte Methode ist die des Erzeugendensystems oder auch erzeugendes System. Dabei wird ein mathematisches Objekt mit Hilfe eines anderen, meist einfacheren Objekts beschrieben, so dass mittels wohldefinierter Operationen aus dem einfacheren das Ursprungsobjekt rekonstruiert werden kann. Üblicherweise ist eine Teilmenge von und die Operationen finden dann in oder einem enthaltenden Objekt statt, verlassen jedoch nicht.

In diesem Fall werden die Elemente eines Erzeugendensystems als Erzeuger von bezeichnet. Sie zeichnen sich durch die Eigenschaft aus, dass jedes Element mittels wiederholter Anwendung von Operationen auf Elemente erhalten werden kann und selbst in enthalten ist.

Diese intuitive Definition ist jedoch problematisch. Beispielsweise erklärt sie nicht, welches Objekt von der leeren Menge erzeugt wird (d.h. was im Falle keiner Operation passiert).

Daher führt man den Begriff des Erzeugnisses ein. Das Erzeugnis von zeichnet sich dadurch aus, dass es enthält, unter allen erlaubten Operationen abgeschlossen ist, und unter allen Objekten, welche diese beiden Eigenschaften haben minimal ist. Die Existenz eines (eindeutigen) Erzeugnisses ist nicht immer offensichtlich.

Im Allgemeinen ist durch nicht eindeutig bestimmt. Die Existenz eines Erzeugendensystems ist meistens leicht zu zeigen, da oft tautologisch gewählt werden kann. Hierdurch ist jedoch nichts gewonnen. Oft wird versucht, minimal zu wählen. Dies ist jedoch nicht immer möglich und allgemeine Existenzbeweise für minimale Erzeugendensysteme machen nicht selten vom Zornschen Lemma Gebrauch (siehe bspw. Existenz einer Basis in Vektorräumen).

Beispiele

Ein anschauliches Beispiel ist die Gruppe . Sie wird als Gruppe von erzeugt, d.h. ist ein Erzeuger von . Die erlaubten Operationen sind hier die Addition und die Subtraktion.

Jede ganze Zahl ist das Ergebnis von Additionen und Subtraktionen, angewandt auf die Zahl . Daher erzeugt die Gruppe .

In diesem Fall ist minimal. Im Allgemeinen wird von einer nicht-leeren Teilmenge erzeugt, wenn der größte gemeinsame Teiler aller Elemente aus den Betrag hat. Das zeigt der Euklidische Algorithmus, denn dieser produziert als Nebenprodukt eine Darstellung von als ganze Linearkombination von Elementen aus (und jede solche Linearkombination wird von geteilt).

Ergo ist ebenfalls ein Erzeugendensystem von . Es ist sogar minimal, d.h. eine echte Teilmenge von E wäre kein Erzeugendensystem. Dieses Beispiel zeigt, dass minimale Erzeugendensysteme nicht unbedingt minimale Kardinalität haben müssen.

Die leere Menge erzeugt die triviale Untergruppe (das Ergebnis von Additionen und Subtraktionen ist ).

Vektorräume

Eine Menge von Vektoren eines -Vektorraums heißt Erzeugendensystem des Vektorraums, falls jedes Element als Linearkombination von Vektoren aus der Menge darstellbar ist:

Ist nun ein Vektorraum gegeben, so kann man nach der kleinsten Anzahl von Vektoren fragen, welche erzeugen. Ein minimales Erzeugendensystem existiert in diesem Fall und heißt Basis des Vektorraums , die Kardinalität einer Basis gibt die Dimension des Vektorraums an.

Da der Durchschnitt einer nichtleeren Menge von Unterräumen wiederum Unterraum von ist, und einen Unterraum (sich selbst) besitzt, der enthält, kann man den Durchschnitt aller Unterräume von betrachten, die enthalten. Dieser ist offenbar der kleinste Unterraum im Sinne der Inklusion, welcher die Eigenschaft besitzt, als Teilmenge zu enthalten. Es ist nicht schwer, zu zeigen, dass dieser Unterraum genau der von im Sinne der vorherigen Definition erzeugte ist (d. h. besteht als allen möglichen Linearkombinationen aus Element aus ).

Gruppen

Im Falle einer Gruppe wird die von einer Teilmenge erzeugte Untergruppe oft mit bezeichnet. Gilt , so sagt man, dass von der Menge erzeugt wird. Besitzt die Gruppe ein endliches Erzeugendensystem so heißt die Gruppe endlich erzeugt.

Anschaulich enthält das neutrale Element von sowie alle endlichen Produkte für die für jeweils oder gilt.

Ist insbesondere einelementig, d. h. , so schreibt man statt auch und nennt zyklisch mit Erzeuger . Hier gilt , d. h. das Erzeugnis besteht aus den ganzzahligen Potenzen des Erzeuger .

Allgemein ist das Erzeugnis das Bild unter der kanonischen Abbildung der freien Gruppe über der Menge , wobei die Inklusion fortsetzt. Dies erklärt die obige explizite Beschreibung des Erzeugnisses. Weiterhin findet diese Interpretation wichtige Anwendungen in der Gruppentheorie. Wir nehmen an, dass surjektiv ist, d. h. dass von erzeugt wird. Die Kenntnis des Kernes von bestimmt dann bis auf Isomorphie eindeutig. In günstigen Fällen lässt sich der Kern selbst wiederum durch Erzeuger einfach beschreiben. Das Datum legt dann bis auf Isomorphie eindeutig fest.

Topologische Gruppen

Das Erzeugnis einer Teilmenge einer topologischen Gruppe ist der Abschluss des Gruppenerzeugnisses . Da die Verknüpfung stetig ist, ist tatsächlich eine Untergruppe von .

Besitzt als topologische Gruppe ein endliches Erzeugendensystem, so wird auch als topologisch endlich erzeugt bezeichnet.

Da in den ganzen p-adischen Zahlen dicht ist, wird als topologische Gruppe von erzeugt. Es ist also topologisch endlich erzeugt. Aus der Terminologie der proendlichen Gruppen leitet sich ab, dass prozyklisch ist.

Ringe

Als Ring mit Eins wird von der leeren Menge erzeugt. Dies spiegelt die Tatsache wider, dass das Initialobjekt in der Kategorie der Ringe mit Eins ist.

Äquivalenzrelationen

Äquivalenzrelationen sind manchmal schwierig explizit zu beschreiben. Oftmals möchte man eine Äquivalenzrelation konstruieren, die gewisse vorgegebene Elemente miteinander identifiziert und zugleich gewisse Eigenschaften erhält, bspw. mit vorgegebenen Verknüpfungen verträglich ist (d.h. eine Kongruenzrelation ist).

Sei eine Menge gegeben und eine beliebige Relation . Dann kann die durch erzeugte Äquivalenzrelation auch dadurch beschrieben werden, dass genau dann gilt, wenn

  • oder
  • es gibt endlich viele Elemente mit , und für jeweils oder .

Die explizite Angabe ist hier also relativ kompliziert.

Kongruenzrelationen

Obiges Konzept wird insbesondere zur Konstruktion von Normalteilern und Idealen oder allgemeiner Kongruenzrelationen angewandt.

Der von einer Teilmenge einer Gruppe erzeugte Normalteiler (d.h. der kleinste Normalteiler, welcher enthält) ist nichts anderes als die feinste Äquivalenzrelation auf , welche alle Elemente in miteinander identifiziert und zugleich mit der Gruppenverknüpfung verträglich ist (d.h. eine Kongruenzrelation ist). Genauso wie der Durchschnitt aller enthaltenden Normalteiler ist, ist der Durchschnitt aller Äquivalenzrelationen auf , welche enthalten und welche die Gruppenverknüpfung respektieren.

Analoges gilt mutatis mutandis für die Konstruktion von Idealen und entsprechenden Kongruenzrelationen auf Ringen.

Topologien

In der Topologie werden Erzeugendensysteme oft als Basis oder Subbasis bezeichnet. Hierbei handelt es sich um Mengen offener Teilmengen eines topologischen Raumes mit der Eigenschaft, dass sie die Topologie erzeugen.

Letzteres bedeutet anschaulich, dass durch die beiden mengentheoretischen Operationen endliche Durchschnitte und beliebigen Vereinigungen jede offene Menge erzeugt werden kann.

Formal betrachtet ist die gröbste Topologie auf , bezüglich welcher die Mengen in offen sind. Mithin ist der Durchschnitt aller Topologien auf , welche enthalten.

σ-Algebren

In der Maß- und Integrationstheorie untersucht man sogenannte σ-Algebren. Man betrachtet zum Beispiel einen topologischen Raum T und sucht in diesem eine kleinste σ-Algebra, die alle offenen Mengen enthält. Die dadurch eindeutig bestimmte σ-Algebra heißt die Borelsche σ-Algebra. Diese ist in der Integrationstheorie von zentraler Bedeutung. Hier steht die zweite Form des besagten Prinzips im Vordergrund, da das Objekt als solches nur schwer explizit angegeben werden kann.

Mengentheoretische Formulierung

Es sei eine Grundmenge und ein System von Teilmengen von gegeben. Diese Teilmengen entsprechen dabei den mathematischen Objekten, die im Folgenden betrachtet werden. Im obigen Beispiel von Vektorräumen ist also und die Menge der Unterräume von . Sei weiter eine Menge gegeben. Dann wird nach der kleinsten Menge gefragt, so dass gilt. Die Menge ist also das Erzeugendensystem, im obigen Beispiel gilt also . Ein solches Element existiert und ist eindeutig bestimmt, sofern gilt

  1. ist stabil unter beliebigen Durchschnitten, d. h. ist nichtleere Teilmenge, so ist auch der Durchschnitt Element des Mengensystems
  2. Es gibt mindestens ein Element aus mit der Eigenschaft (meist gilt ).

Und zwar gilt dann

Dies trifft auf alle obigen Beispiele zu. Im Falle von Gruppen ist das betrachtete Mengensystem die Menge der Untergruppen einer Gruppe und die Grundmenge ist . Im Falle der σ-Algebren entspricht dem System die Menge der σ-Algebren auf und die Grundmenge analog die Potenzmenge . Dies gilt mutatis mutandis auch für alle anderen genannten Beispiele.

Siehe auch