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Eduard Dietl

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Eduard Dietl

Eduard Wohlrat Christian Dietl (* 21. Juli 1890 in Bad Aibling; † 23. Juni 1944 in der Steiermark) war ein deutscher General.

Leben

Eduard Dietl wurde als Sohn des Finanzrates Eduard Dietl und dessen Frau Lina (geb. Holzhausen) geboren. Das Abitur legte er am Rosenheimer Gymnasium ab. Dietl beschloß, die Offizierslaufbahn einzuschlagen. Am 1. Oktober 1909 wurde er vom 5. bayerischen Infanterieregiment „Großherzog Ernst Ludwig von Hessen" (Bamberg) angenommen. Für den Eintritt als Offiziersanwärter benötigte er zwei Anläufe; von einem anderen Regiment wurde seine erste Bewerbung abgelehnt.

Danach besuchte er die Kriegsschule in München und wurde am 26. Oktober 1911 zum Leutnant befördert. Der Erste Weltkrieg begann für Dietl 1914 als Zugführer einer Maschinengewehrkompanie. Bis Ende des Krieges wurde er zum Hauptmann befördert und stieg zum Kompanieführer auf.

1919 trat er, als Kompanieführer, in das rechtsextreme Freikorps des Franz Ritter von Epp ein, welches später die Münchner Räterepublik zerschlug. Zeitgleich mit Adolf Hitler trat er 1919 in die Deutsche Arbeiterpartei (DAP) ein, aus der nur ein Jahr später die Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei (NSDAP) wurde. 1920 wurde Dietl in die Reichswehr übernommen, wo er Kompaniechef im III. Gebirgsjäger-Bataillon des 19. (bayerischen) Infanterieregiments wurde.

In dieser Zeit lernte er Adolf Hitler kennen. 1921 musste Dietl, wegen des Verbots politischer Betätigung für Militärangehörige, aus der NSDAP austreten, blieb der Partei und Hitler jedoch eng verbunden. Er war maßgeblich am Aufbau der Münchner Sturmabteilung (SA) beteiligt.

Am 9. November 1923 stand Dietl mit seiner Kompanie bereit, die Putschisten beim Hitlerputsch zu unterstützen. Es kam aber zu keinem Einsatz. Danach wurde Dietl Taktiklehrer an der Münchner Infanterieschule.

Dietl war ein guter Skifahrer und nahm an vielen nationalen und internationalen Wettkämpfen teil. 1926 heiratete er Gerda-Luise Hannicke, mit der er vier Kinder hatte.

Am 1. Oktober 1928 wurde er Kommandeur seines alten Gebirgsjägerbataillons. Die Beförderung zum Major erfolgte am 1. Februar 1930 und die zum Oberstleutnant am 1. Januar 1933. Als Oberst übernahm Dietl am 1. Januar 1935 das Gebirgsjägerregiment in Füssen. Nach der Besetzung Österreichs übernahm er als Generalmajor die 3. Gebirgsdivision in Graz.

Zweiter Weltkrieg

Als Kommandeur dieser Division nahm er 1939 am Polenfeldzug teil. Anfang April 1940 wurde er mit 2.000 Mann seiner Division von zehn Zerstörern der Kriegsmarine im Rahmen des Unternehmens „Weserübung“, nach Narvik gebracht. Nach der Anlandung in Norwegen am 9. April 1940 war er für drei Monate in schwere Kämpfe mit den Alliierten verwickelt. In der erbitterten Schlacht um Narvik gelang es ihm, sich mit seinen 2.000 Gebirgsjägern und 2.500 Mann der Zerstörerbesatzungen gegen eine fünffache Übermacht zu verteidigen. Dafür erhielt er das Ritterkreuz und die Beförderung zum Generalleutnant. Am 19. Juli 1940 wurde Dietl mit dem Eichenlaub zum Ritterkreuz ausgezeichnet und zum General der Infanterie befördert.

Zu Beginn des Überfalls auf die Sowjetunion überquerte Dietl die finnisch-sowjetische Grenze am nördlichen Eismeer. Anfang 1942 übernahm er als General der Gebirgstruppen die 20. Gebirgsarmee. Im Juni 1942 erfolgte die Beförderung zum Generaloberst.

Kriegsheld

Zum Mythos wurde Dietl durch die hartnäckige Kriegführung, mit der Narvik gegen die Briten gehalten wurde. Ein Volksheld war geboren, als am 10. Juni 1940 das OKW bekanntgab:

„Der heldenhafte Widerstand, den die Kampfgruppe des Generalleutnants Dietl seit vielen Wochen, vereinsamt unter schwersten Bedingungen, in Narvik gegen eine überwältigende feindliche Übermacht geleistet hat, erhielt heute seine Krönung durch den vollen Sieg. Ostmärkische Gebirgstruppen (...) haben einen Beweis ruhmvollen Soldatentums für alle Zeiten gegeben.”

Goebbels machte den „Helden von Narvik” zum Propagandaprodukt, er verklärte seine Tat zu einem „modernen Nibelungenlied”. Unter dem tosenden Beifall des Großdeutschen Reichstages wurde Dietl am 19. Juni 1940 als erstem Soldaten der Wehrmacht das Eichenlaub zum Ritterkreuz des Eisernen Kreuzes verliehen.

Als die Wehrmacht am 22. Juni 1941 die Sowjetunion überfiel, tönte die Nazipropaganda: Im Norden steht die Wehrmacht „im Bunde mit finnischen Divisionen [...] mit dem Sieger von Narvik am nördlichen Eismeer.” Als Hitler am 4. Juni 1942 zum 75. Geburtstag des finnischen Oberbefehlshabers von Mannerheim nach Finnland reiste, beförderte er an derselben Stelle in derselben Zeremonie seinen Getreuen zum Generaloberst. Dietl enttäuschte das Vertrauen seines „Führers“ nicht:

„Wir müssen aus innerster Überzeugung an unseren Obersten Befehlshaber glauben und mit heiliger Begeisterung die Aufgabe, die der Führer der Wehrmacht gestellt hat - die Erringung des Endsieges - erfüllen.”

Stalingrad leitete im Winter 1942/43 die Wende des Krieges ein. Den zehnten Jahrestag der Machtergreifung wollte man im Januar 1943 feierlich begehen. Dazu wurde etlichen Generälen, darunter Schörner und Dietl, das Goldene Ehrenzeichen der NSDAP verliehen. Als Goebbels nach der Kapitulation von Stalingrad am 18. Februar 1943 im Sportpalast Berlin den “totalen Krieg” verkündete, telegraphierte ihm Dietl die “uneingeschränkte Sympathie der Front”. Nach der Katastrophe an der Wolga wurde im Frühjahr 1943 der Heldengedenktag nur sehr verhalten gefeiert. Ausgleich schuf im November ein großangelegter Propagandafeldzug mit Kundgebungen von Ritterkreuzträgern und Kriegshelden zum zwanzigsten Jahrestag des Hitler-Putsches von 1923. Auch hier tat sich Generaloberst Dietl hervor: Als Oberbefehlshaber der 20. Gebirgsarmee ließ er zum 9. November 1943 verkünden:

“Das deutsche Volk gedenkt am 9. November des Tages, an dem der Führer das große Wagnis unternahm, mit einer Handvoll entschlossener Männer die Führung des Reiches an sich zu reißen und damit das deutsche Schicksal entscheidend zum Guten zu wenden. [...] Wir feiern [...] den Tag der unbedingten Treue zum Führer, zur Idee des Reiches, zur Ehre der Nation und zur nationalen Gemeinschaft des deutschen Volkes.”

Höhepunkt des Propagandafeldzuges war die Durchhalterede, die Dietl auf den Stufen der Feldherrnhalle München hielt:

“Der Frontsoldat weiß, daß es sich um den Schicksalskampf des deutschen Volkes handelt, daß sich die Juden der ganzen Welt zusammengeschlossen haben zur Vernichtung Deutschlands und Europas. [...] Der Krieg ist der unerbittliche Läuterer der Vorsehung. Ich erkläre feierlich: Ich glaube an den Führer!”

Dieses öffentliche Bekenntnis zum “Führer” verkündete Dietl ebenso in Rosenheim, Ingolstadt und Graz.

Tod

Für den 23. Juni 1944 wurde Dietl wurde zu einer Besprechung mit Hitler auf dem Obersalzberg befohlen. Auf dem Weg dahin zerschellte seine Maschine auf der steirischen Seite des Hochwechsels. Sein Tod wurde zuerst aus propagandistischen Gründen geheim gehalten. Die Schwerter zum Ritterkreuz wurden ihm postum am 1. Juli 1944 verliehen, und Gebirgsbrigade 39 erhielt den Namen „Generaloberst Dietl“. In Hitlers Tagesbefehl zum 1. Juli 1944 hieß es:

“Am 23. Juni 1944 ist Generaloberst Dietl bei einem Flugzeugunfall tödlich verunglückt. Als hervorragender Soldat im Ringen um unser nationalsozialistisches Großdeutschland hat sich Generaloberst Dietl besonders im Kampf um Norwegen und Finnland ausgezeichnet [...]. Generaloberst Dietl wird für alle Soldaten und für das ganze deutsche Volk der Inbegriff des Glaubens an unser nationalsozialistisches Deutschland und seinen Sieg sein. [...] Als fanatischer Nationalsozialist hat sich Generaloberst Dietl in unwandelbarer Treue und leidenschaftlichem Glauben seit Beginn des Kampfes unserer Bewegung für das Großdeutsche Reich persönlich eingesetzt. Ich verliere deshalb in ihm einen meiner treuesten Kameraden aus langer, schwerer, gemeinsamer Kampfzeit.”

Gesinnung

Aufschluß über Dietls rassistische Gesinnung gibt seine „sehr ernste Mahnung an die Vorgesetzten aller Dienstgrade”, in der er kurz vor Weihnachten 1942 die allgemein geltenden Bestimmungen über die Heirat deutscher Soldaten mit Frauen aus nordischen Staaten verschärfte. Er lehnte Ehen deutscher Soldaten mit Norwegerinnen rundweg ab, zum einen, weil „es sich [...] nur um recht geringwertige Vertreterinnen der Nachbarvölker” und um „rassisches Treibholz” handele, zum anderen, weil in der Heimat „Hunderttausende frischer deutscher Mädels und leider auch zahlreiche junge Kriegerwitwen auf unsere heimkehrenden Soldaten” warten.

Dietl galt als sehr volkstümlich; das gute Verhältnis zu seinen Untergebenen wurde von der Progaganda stark herausgestellt und deswegen wurde er ohne Zweifel einer der populärsten deutschen Heerführer und der "NS-Mustergeneral".

Kriegsverbrechen

Durch zwei Tatbestände geriet Dietl in schuldhafte Verstrickung in Kriegsverbrechen.

Der erste betrifft die Weitergabe des „Kommissarbefehls“, der im Juni 1941 auf Initiative der Heeresführung ausgearbeitet worden war. Hitler hatte in einer Rede am 30. März 1941 kriegsverbrecherisches Vorgehen gegen die UdSSR gefordert; er hatte erklärt, das Heer müsse in diesem „Kampf zweier Weltanschauungen (...) von dem Standpunkt des soldatischen Kameradentums abrücken“. Über das Gebirgskorps Norwegen unter Generaloberst von Falkenhorst wurde der Befehl auch an General Dietl weitergegeben und dort bekannt gemacht. Auch im Befehlsbereich von Dietls 20. Gebirgsarmee wurden Kriegsgefangene zur Erschießung an den berüchtigten Sicherheitsdienst (SD) übergeben.

Der zweite Tatbestand betrifft die als “Konzentrationslager für die Wehrmacht” bezeichneten Feldstraflager in Finnland und Nordnorwegen. In Norwegen ließ Dietl Rückzugswege bauen. Dabei wurden Einheiten von Strafgefangenen (“Moorsoldaten” aus den Emslandlagern) der Organisation Todt eingesetzt. Weitere Einheiten wurden in Zinna/Torgau aufgestellt; es waren Arbeitssklaven aus den Feldstraflagern I und II in Finnland und Norwegen, für die Dietl truppendienstlich verantwortlich war. Diese Feldstraflager waren die militärische Variante der Vernichtung durch Arbeit. Zum sogenannten Bewährungsprogramm gehörte der Fußmarsch von Rovaniemi nach Petsamo am Eismeer, auf dem immer wieder zu schwache Strafsoldaten mit Genickschüssen getötet wurden. Auch kam es ab Sommer 1942 in Finnland und Nordnorwegen zu willkürlichen Erschießungen und sadistischen Mißhandlungen deutscher Strafsoldaten durch Wachpersonal der Wehrmacht. Dietl hatte am 16. Juni 1942 den Strafsoldaten unverhüllt mit Erschießen gedroht, wenn sie bei den Märschen nicht mitkommen sollten.

Dietl als Namenspatron

Im Mai 1964 wurde Dietl Kasernenpatron der Bundeswehr in Füssen. Im Januar 1982, anläßlich der Neubenennung einer Straße in Dietls Geburtsort Bad Aibling, begann der öffentliche Meinungskampf. Im Juli 1987 forderte eine Bürgerinitiative in Kempten die Umbenennung der „General-Dietl-Straße“. Pax Christi forderte im Februar 1988 die Umbenennung der „Generaloberst-Dietl-Kaserne“ in Füssen. Wütende Reaktionen folgten: Wer gegen diese Neuauflage falscher Glorie öffentlich Stellung bezog, stieß auf erbitterten Widerstand in Form von anonymen Anrufen, Zuschriften und Morddrohungen. Der Petitionsausschuss des Bundestages hingegen empfahl, durch Aufklärung der Truppe Verständnis für die Umbenennung der Kaserne zu wecken. Eine Umbenennung wäre zugleich ein Beitrag zur „Aufarbeitung der jüngsten deutschen Vergangenheit“. Der örtliche CSU-Abgeordnete Kurt Rossmanith hielt dagegen: „Generaloberst Dietl war und ist für mich auch heute noch Vorbild in menschlichem und soldatischem Handeln.“ Schließlich ging am geschichtsträchtigen 9. November 1995 der Kampf um Dietl zu Ende. Bundesminister der Verteidigung Volker Rühe entschied, die Generaloberst-Dietl-Kaserne in Füssen und die General-Kübler-Kaserne in Mittenwald neu zu benennen. Die Kaserne in Füssen erhielt den Namen Allgäu-Kaserne, die in Mittenwald den Namen Karwendel-Kaserne. Diese Entscheidung stieß auf herbe Kritik des Kameradenkreises der Gebirgstruppe.

Literatur

  • Roland Kaltenegger: Generaloberst Dietl. Der Held von Narvik. Eine Biographie. Universitas, München, 1990, ISBN 3800412217