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Filmmusik

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Der Begriff Filmmusik fasst die Musik zusammen, die während der Projektion eines Films zu hören ist. Die Musik wird entweder direkt für einen Film komponiert oder es wird Musik verwendet, die ursprünglich für andere Bereiche komponiert wurde (so genannte Konservenmusik).

Filmmusik gehört genealogisch (abstammend) zur U-Musik. Sie dient der Stimmungs- und Gefühlsebene in einem Film und soll die Handlung unterstützen. Die Musik kann einem Film zur zweidimensionalen Bildebene eine dritte Dimension geben, die den Film umgibt und durchdringt. Die vierte Dimension - laut Jean-Luc Godard - kulminieren schließlich als Bild-Musik-Kombinat im Zuschauer selbst.

Filmmusik fand ihren Anfang um 1895 durch die Erfindung des Kinetoskops von Thomas A. Edison und des Cinématographen der Gebrüder Lumière und ist fast so alt wie das Medium Film selbst. Sie entwickelte sich aus der Improvisation, dem Jazz und der E-Musik bis zur heutigen zeitgenössischen Filmmusik. Vertreter dieser modernen Filmmusik sind u.a. Leonard Rosenman und Hans Werner Henze.

Außer im Kinofilm ist Filmmusik ein wichtiges Element auch im Fernsehen und Theater. Es ist allerdings noch nicht hinreichend geklärt, ob TV-Musiken einiger Fernsehfilme auch tatsächlich an die Qualität der großen Kino-Filmmusiken heranreichen. Dies hängt vor allem damit zusammen, dass das Musik-Budget für TV-Produktionen im Allgemeinen niedriger angesetzt sind, als für Produktionen für das Kino. Im Kontrast dazu stehen etwa spezielle DVD-Editionen, die verlängerte Filmfassungen mit eigens neu komponierter und vom Sinfonieorchester eingespielter Filmmusik bereitstellen. Hier bewegt sich das Budget wieder auf normalem Kino-Film-Niveau.

Definition

Filmmusik kommt zum Einsatz bei Spielfilmen im Fernsehen oder im Kino, aber auch in der Kino- und Fernseh-Werbung und in animierten Computerspielen. Auch für Dokumentarfilme wird ab und zu extra Filmmusik komponiert, z.B. für Hans Domnicks „Traumstraße der Welt“ (1958) von Winfried Zillig oder von Peter Thomas für „Erinnerungen an die Zukunft“ (1970) nach Erich von Däniken.

Filmmusik ist in dem Sinne keine eigene Gattung oder Stilrichtung in der Musik, denn jede erdenkliche Musik, die man zu einem Film anlegt, wird zu Filmmusik. Generell ist Filmmusik aber doch schon speziell für einen Film komponierte Musik, welche oft an ihrem illustrativen Charakter zu erkennen ist. Zu manchen Filmen wird jedoch auch zum größeren Teil bestehende Musik verwendet, wie etwa in Dennis Hoppers "Easy Rider".

Filmmusik begleitet die Bilder und ist so gestaltet, dass sie meistens das, was der Film zeigen möchte, unterstützt. Sie nimmt im Filmgeschäft einen wichtigen Platz ein. Sie kann zur Definierung der Grundstimmung beitragen, Stimmungen erzeugen und Gefühle wecken, Handlungsabläufe und -sprünge verbinden. Sie gibt dem Film eine Umwelt. Bis heute gab es schon alle erdenklichen Arten von Musik in Filmen. Pop, Rock, Rap, Weltmusik, Klassik, Volksmusik, Jazz; einfach alle Stilrichtungen die in einem gewissen Maße verbreitet sind. Darum ist nicht ganz klar, ob man Filmmusik in die E-Musik (Ernsthafte Musik) oder U-Musik (Unterhaltungsmusik) einordnet. Dennoch haben wir ja bereits im ersten Absatz dieses langen Artikels klar gestellt, dass die Filmmusik genealogisch von der U-Musik abhängt.

Beim Einsatz von Filmmusik kann heutzutage unterschieden werden zwischen der Musik, die in der filmischen Realität (Diegesis) stattfindet (z.B. ein Schauspieler spielt ein Instrument) (On-Musik oder Source-Musik) und der Filmmusik, die nicht in der filmischen Realität vorkommt, wie dies überwiegend bei Score-Musik der Fall ist (Off-Musik).

Dabei ist die Filmmusik so alt wie das Medium Film selbst - in der Zeit des Stummfilms wurde die Musik noch live von einem Klavierspieler, bzw. Orchester eingespielt. Diese Musik war entweder extra für den Film komponiert (originale Filmmusik), improvisiert oder man spielte Musik aus einer Kinothek. Falls keine Musik vorgegeben war, erhielten die Musiker so genannte Cue Sheets auf denen sich die jeweilig zu vermittelnde Stimmung befand (etwa "spannend", "melodramatisch" oder "grün") und dazu wurde dann entsprechende Musik improvisiert. Pragmatischer Grund für dieses schon frühe Einsetzen der Filmmusik war ursprünglich das Übertonen des Abspielgerätes, welches noch im heutigen Kino hinter einer soliden Wand verborgen bleiben muss. Man stellte aber rasch fest, dass die Musik die Stimmung eines Films maßgeblich lenken konnte.

1903 wurde der erste Versuch unternommen, ein Grammophon mit einem Filmprojektor zu synchronisieren (Biophon). Mit dem Beginn der Tonfilm-Ära ab 1927 wechselte auch die Filmmusik auf den Filmstreifen (Lichtton oder Magnetton). Anfang der 1930er Jahre waren vor allem Musikfilme populär (wie der Ur-Tonfilm "The Jazz Singer").

Funktion

Filmmusik soll Stimmungen und Emotionen erzeugen und die Handlung unterstützen oder vorantreiben, sie kann aber auch ein Raumgefühl vermitteln (Star Wars). Eine normale Filmszene (z.B. Ansicht einer Stadt) kann durch unterschiedliche Filmmusik verschieden gewichtet werden, das heißt, dem Zuschauer wird allein durch die Musik eine bestimmte Deutung vorgegeben.


Techniken

Leitmotivtechnik

Außerordentlich beliebt in der Filmmusik ist die Wiederholung wiedererkennbarer Melodien im selben Film. Dieses aus der Oper bekannte Verfahren nennt sich Leitmotiv und hat zur Aufgabe, dass Personen, Sachverhalte, Emotionen, etc., die im Film eine zentrale Rolle einnehmen, auch musikalisch unterstrichen werden. Ein typischer Vertreter dieser Technik war der Spätromantiker Erich Wolfgang Korngold. Bekannteste Beispiele aus der jüngeren Filmgeschichte sind die Star Wars-Filme, die mittlerweile nun über ein Dutzend verschiedener Motive aufweisen, und der Herr der Ringe-Soundtrack. Leitmotive, die in einem komplexeren musikalischen Gedanken ausgearbeitet werden und paradigmatisch für die Stimmung des Films oder Teile des Films stehen, werden auch Themen eines Filmes genannt.



Mood-Technik

Neben der Leitmotivtechnik gibt es auch weitere Gestaltungsmöglichkeiten in der Filmmusik, wie zum Beispiel das "Mickey-Mousing" (siehe unten) und die sogenannte Mood-Technik (von engl. "mood" = die Stimmung). Diese Technik unterlegt Szenen passende musikalische Stimmungsbilder.



Mickey-Mousing & Kontrapunktion

Filmmusik kann aber auch gerade im Kontrast zum Bild eingesetzt werden (Kontrapunktion), z.B. wenn in Stanley Kubricks Film "Dr. Seltsam oder: Wie ich lernte, die Bombe zu lieben" am Ende zu den explodierenden Atombomben das Lied We’ll Meet Again von Vera Lynn eingespielt wird. Von ernsthaften Komponisten wird ein so genanntes "Mickey-Mousing" vermieden, dass z.B. im Extremfall jeden Schritt auf einer Treppenstufe akustisch zusätzlich untermalt (häufig in Zeichentrickfilmen anzutreffen).

Filmmusik hat in den letzten Jahren zunehmend auch eine Marketingfunktion, d.h. über die Filme wird versucht die Musik zu verkaufen oder über die Musik wird versucht die Filme zu promoten, meist erscheinen auch Alben mit Filmmusik, die im Film selbst nicht auftauchen (siehe unten).

Unter anderem, um diesem Trend entgegenzuwirken, wird in Filmen, die nach den Regeln des Dogma 95 gedreht werden, nur Musik eingesetzt, die auch in der Szene vorkommt (sogenannter diegetischer Filmton) .

Bei der Filmmusik auf Tonträgern ist zu unterscheiden zwischen dem Score, der Musik, die von einem Komponisten für einen Film komponiert und da auch eingesetzt wird, und dem Soundtrack, der Musik, die allgemein in einem Film eingesetzt wird oder auch nur "inspired by" (nachempfunden) ist oder auch gar nicht im Film vorkommen kann. Bei verschiedenen so genannten "Soundtrackalben" oder "Original Soundtracks" (O.S.T.) ist kein einziger der darauf vorhandenen Titel von dem offiziellen Filmkomponisten. Beispiel: das Soundtrackalbum zum Film "9 1/2 Wochen" (mit Mickey Rourke und Kim Basinger), auf dem kein einziger Titel des offiziellen Komponisten des Films, Jack Nitzsche, erscheint.

Geschichte

I. Stummfilmzeit (1895 bis ca. 1925)

Der Film ist eine Entwicklung aus dem Zusammentreffen wissenschaftlicher Errungenschaften:

Die Erfindung des Kinetoskops von Thomas A. Edison und des Cinématographen der Gebrüder Lumière. Bereits 1895 stellten die Brüder in Paris erstmals kurze Filme aus, die von einem Pianisten live untermalt wurden. Bei anderen Vorführungen gesellte sich als Musiker noch ein Geiger hinzu, der insbesondere für gefühlsbetonte Musik zuständig war („schluchzende Violine“).

Diese frühen Filme werden als Stummfilme bezeichnet, da man noch keine Möglichkeit kannte, Tonaufnahmen zu machen. Die Gründe, warum man überhaupt begann, Filme mit Musik zu unterlegen, sind historisch eindeutig belegt:

  • Das Rattern des Projektors sollte übertönt werden
  • Der fehlende Ton und die Filmschnitte wurden vom Publikum als irritierend empfunden.
  • Lumières berühmter heranfahrender Zug erfüllte das Publikum mit solchem Schrecken, dass einiger vor Angst aufschraken und flohen
  • Das Publikum war an Schauspielmusik gewöhnt, die damals verbreiteter war als heute. (Daher rührt auch der Einsatz von sinfonischer Musik in spätromantischer Tradition, die der Operette, als Medium der "bouffes parisiennes" seiner Zeit, verpflichtet war)
  • Die Musik sollte die düstere Stimmung in den abgedunkelten Projektionsräumen erhellen.

Als Musik verwendet wurden anfangs bereits bekannte Musikstücke aus Opern und Operetten. Die bekannte Overtüre zu "Wilhelm Tell" wurde zum Beispiel für Action- und Angriffsszenen eingesetzt, Beethovens 5. Sinfonie oft als sog. Pausenmusik, Wagner-Opern für Intimes (später wird sie Charlie Chaplin für seinen Großen Diktator kongenial in Szene gesetzt haben). Später wurde auch Musik direkt für einen Film geschrieben. Die Noten für die Begleitmusiker wurden dann der Filmkopie bei der Distribution beigelegt.

In den Jahrzehnten nach der Erfindung der Lumières entwickelte sich der Film zweigleisig. Zunächst war er ein billiges Massenvergnügen auf Jahrmärkten. Gezeigt wurden in erster Linie Dokumentationen (z.B. Eisenbahn). 1903 dauerte ein Film durschschnittlich 9 Minuten, mehr passte nicht auf eine Rolle Film in der Kamera. Filmkünstlerisch ist der Zweig der Massenunterhaltung bestimmt nicht unwesentlich, wichtiger aber ist, dass man seit etwa 1910 versuchte den Film auch für das finanzkräftigere Publikum attraktiv zu machen. Um dies zu erreichen mussten zwei Voraussetzungen erfüllt werden:

  1. Die Umstellung von Dokumentarfilmen auf Spielfilme, indem nicht mehr bloß mechanische Abläufe von Bildern gezeigt, sondern erzählt wurde. Hierzu war es erforderlich, dass mehrere Rollen Film zu einem größeren Film zusammengeschnitten wurden.
  2. Die Errichtung prunkvoller Kinopaläste in den Großstädten, wo die Filmvorführungen mit anspruchsvollen Konzertprogrammen verbunden werden konnten.

Diese Grundlagen waren auch ausschlaggebend für den Aufbau und der Entwicklung einer Filmindustrie. Einhergehend mit der Verlängerung der Filmdauer von einer Rolle (ca. 10 Minuten, mehr passte nicht in die Kamera) zu mehreren Rollen (Spielfilm), wurde es auch erforderlich, die Handlungsstränge nicht nur durch Untertitel/Zwischentitel zu erklären, sondern auch die Stille während der längeren Vorführdauer wenigstens durch Musik mehr dem normalen Bühnen-Theater anzupassen.

musikalische Ausführung

Zu Beginn begleiteten nur Pianisten, Geiger und/oder Flötisten die Stummfilme, doch die Möglichkeit in großen Säälen zu spielen ermöglichte mehr Platz für Musiker. Als Folge wurde die Musik immer aufwändiger. Sie musste ja jetzt die Erweiterung des realen Raumes durch dichter instrumentierte Werke füllen. Es gab eigene Kinoorgeln (von Wurlitzer, Welte, Möller u.a.), die neben zahlreichen Klangfarben auch über Geräuscheffekte (Pferdegetrappel, Wind,...) verfügten. So kann man auf mehreren Registern einen fassettenreiche Untermalung schaffen.

In den großen Kinosälen der Metropolen begleiteten hauseigene Symphonieorchester mit bis zu 80 Spielern einen Film (z.B. bei "Napoléon" (1927) von Abel Gance). Diese Ensembles mussten eigene Anforderungen erfüllen, nämlich gute Blattspielfähigkeiten und schnelle Reaktionsfähigkeiten, da auf das Zeichen des Dirigenten hin sofort zum nächsten Takt oder sogar zum nächsten Stück gewechselt wurde. Neben der Filmbegleitung hatten diese speziellen Orchester auch ein großes Konzertrepertoire (etwa die literarischen Tondichtungen eines Richard Strauss, Wagner-Opern oder avantgardistische Werke, etwa eines Paul Hindemith).

II. Der frühe Tonfilm (ca. 1930 bis ca. 1950)

Obwohl die technischen Voraussetzungen für eine synchrone Koppelung von Film und Musik bereits Anfang der 1920er entwickelt wurden, etablierte sich die Branche erst später.

Dass sich der Tonfilm nicht schon früher gegen den Stummfilm durchsetzte hatte mehrerlei Gründe:

  • Der Ton wurde als störend betrachtet. Die Zuschauer sollten sich auf das Bild und die Handlung konzentrieren.
  • Die Tonwiedergabe war denkbar schlecht, die Schalltrichter konnte nicht mit großen Orchestern und Sängern konkurrieren.
  • Schallplatte und Filmstreifen liefen immer wieder auseinander, erst das Lichttonverfahren setzte dem ein Ende.
  • Die Stummfilm-Kamera-Führung ließ viel mehr Bilddynamik zu. Bei einem Tonfilm mussten die Schauspieler oft am gleichen Platz in der Nähe des Mikrofons stehen bleiben, da Bild und Ton nicht wie heute getrennt aufgenommen werden konnten.
  • Ausgefeilte Schnitt- oder Montagetechniken waren bei einem Sprechfilm noch nicht möglich.
  • Die Nach-Synchronisation der Bildfilme war zu aufwändig und meist unrentabel.

Verfahren des Tonfilmes und ihre Probleme

Dem Tonfilm stand zu dieser Zeit die Technik des Nadeltonverfahren, dass seit Anfang des 20. Jahrhunderts bekannt war, zur Verfügung. Hierbei wird der Filmprojektor mit einem Grammophon oder Phonographen gekoppelt. Diese Apparate werden auch als Vitaphone bezeichnet.

1927 kam gelang erstmals einem Tonfilm der weltweite Erfolg: „The Jazz Singer“ mit Al Jolson. 1928 fing man an, die ersten Wochenschauen zu vertonen. Daneben war die nachträgliche Vertonung bereits abgefilmter Theaterfilme sehr beliebt, da dieser Vorgang einfacher ist, als wenn man einen neuen Film mit Tonaufnahme abdreht, denn das Nadeltonverfahren hat einige Nachteile:

Der Ton wird während der Aufnahme auf einer Schallplatte aufgezeichnet, somit ist die Länge einer Einstellung abhängig von deren Aufnahmekapazität. Da die Tonspur nicht bearbeitbar ist, musste man im frühen Tonfilm auf künstlerische Errungenschaften, wie die Montage, verzichten. Im Hitchcock-Film „Murder“ (Sir John greift ein) (1930) verblüffte der „Meister“ das Publikum deshalb mit einer Szene, in der der Hauptdarsteller sich Opern-Musik in einem Radio anhört. Bei der Ton-Aufnahme saß dabei ein ganzes Sinfonie-Orchester hinter der Filmkulisse.

Die Einführung des Tones bezeichneten deshalb viele Künstler als „den Tod des Films“. Das ist verständlich, wenn man bedenkt, dass durch diesen Fortschritt nicht nur viele Kino-Begleitmusiker um ihren Job fürchten mussten. Einige Stummfilmschauspieler konnten nun auch nicht mehr eingesetzt werden, weil sie einen Akzent hatten oder sonstige Sprachfehler oder einfach keine Sprechstimme aufwiesen. Die Thematik wurde in dem Gene Kelly-Film "Du sollst mein Glücksstern sein" (Singin' in the Rain) (1952) amüsant verarbeitet.

Großen Aufschwung erhielt der Tonfilm durch das Lichttonverfahren, das bis zum heutigen Tage in Verwendung geblieben ist. Der Ton wird bei dieser Technik als zusätzlicher Streifen am Rande des Filmes zusammen mit dem Bild aufgeführt. Es besitzt daher den Vorteil, dass bei der Vervielfältigung des Filmes auch die Filmmusik mitkopiert werden kann und bei Filmriss der Ton trotzdem, nach dem Zusammenkleben, wieder synchron wiedergegeben wird. Nachteil des Lichttones ist die Anfälligkeit für Verschmutzung und Kratzern auf dem Filmstreifen, was zu Tonstörungen führen kann. Außerdem ist der Frequenzumfang des Lichttones nicht besonders groß.

Bis heute wird fast immer zunächst der ganze Film gedreht und anschließend die Filmmusik geschrieben. Es gibt auch die Variante, dass der Komponist, allein anhand des Drehbuches, ein sogenanntes „Image Album“ mit Szenen-Musik zusammenstellt. Diese Sammlung an Stücken beinhaltet einige Vorschläge des Künstlers, wie man die einzelnen Szenen oder Personen musikalisch darstellen oder untermalen könnte.

Es ist auch der Fremd-Einsatz von Musik, die ursprünglich für einen ganz anderen Film geschrieben wurde, bekannt, so bei dem Karl May Film "Der Schatz der Azteken", die ursprünglich für einen Italo-Western geschrieben wurde.

Die Filmmusik wird heute international auf Drittelsekunden genau mit dem Film synchronisiert. Das erlaubt genaue Entsprechungen zwischen Bild, Text und Musik. Die Komponisten saßen bei der Einspielung der Musik früher mit der Stopp-Uhr im Studio, um die Musik passgenau aufzunehmen.

Heutzutage werden bei der Produktion eines Filmes Original-Geräusche, der gesprochene Text und die Musik auf jeweils getrennten Spuren aufgezeichnet. Bei einer Synchronisierung in andere Sprachen können daher die Musik und die Geräusche beibehalten werden. Zu Beginn der Tonfilmzeit hingegen, war dass noch nicht der Fall. Das hatte zur Folge, dass bei der Synchronisierung die Musik verloren ging. Daher ist bei deutschen Fassungen von Tonfilmen der 1930er oft ganz andere Musik unterlegt, als beim Original. Um dieses Manko zu umgehen, wurden von verschiedenen Regisseuren die Filme in zwei Fassungen gedreht, einmal in der Originalsprache und einmal in einer Fremdsprache, da dann teilweise auch mit anderen Schauspielern, die diese fremde Sprache beherrschten. Ein frühes Beispiel ist der Hans Albers-Film "F.P.1 antwortet nicht" (1932), den es in deutsch und französisch mit unterschiedlichen Schauspielern gibt.

Verbreitung des Tonfilmes

Der Tonfilm verbreitete sich sehr rasch, die Anzahl von Tonfilmkinos stieg innerhalb eines Jahres von 500 auf 5000. Durch seine Entstehung, gewann die Elektro-Industrie in den USA großen Einfluss, da sie die Patente für die Tontechnik besaß. 1935 war nahezu die gesamte Filmindustrie in den Händen der Elektrokonzerne, die in Hollywood produzierten. Diese Umstände erklären, warum die meisten Filme von dort stammen, und warum man zwischen Hollywood und den Rest der Welt unterscheidet.

musikalische Ausführung

Filmmusik wurde nun in der Regel von einem einzigen Komponisten komponiert, damit sie den Film vereinheitlicht. In der Zeit des frühen Tonfilmes wurden auch Begriffe wie Main Title (oft am Anfang des Filmes, soll auf seinen Charakter einstimmen, ähnlich wie Ouvertüre) oder Leitmotivtechnik geprägt.

  • Hollywood

In Hollywood wurde die Cue-Sheet Praxis für Orchester übernommen und verfeinert. Der Stil dieser Filmmusik orientierte sich an der Orchestermusik des ausgehenden 19. Jahrhunderts und bestimmt dadurch den typischen Hollywoodsound:

  • Sangliche Melodie in der Oberstimme
  • Harmonik im Stil der ernsteren Musik des 19. Jahrhunderts (Romantik, Spätromantik)
  • Volltönendes Orchester ("wenig Platz zwischen den Noten" war ein oft zu vernehmender Ausdruck für eigens für Film komponierte Partituren)
  • Große, emotionale Gefühlsintensität
  • Motivisch-thematische Beziehungen durch Leitmotivtechnik

Die Produktion verlief meist unter großen Zeitdruck. In der Regel gab es eine Arbeitsteilung zwischen Komponisten und Arrangeuren. Die Partituren wurden zuweilen nach der Tonaufnahme vernichtet, z.B: Miklós Rózsas Musik zu "Ben Hur" 1959.

Der charakteristische Hollywoodsound wurde besonders geprägt durch aus Europa, vor allem Deutschland, Österreich und Russland, ausgewanderte an der europäischen Musik orchestrierte Komponisten, wie Erich Wolfgang Korngold, Dimitri Tiomkin oder Max Steiner.

Komponisten

Hier nur ein paar Beispiele:

Max Steiner (1888 Wien - 1971) einer der bedeutenden Komponisten der die Leitmotivtechnik maßgeblich prägte. Er ging erst während des ersten Weltkrieges nach Amerika. Nach Erfolgen auf dem Broadway folgte er dem Tonfilm. Sein Stil wurzelt in der Spätromantik. (Schüler Gustav Mahlers)
Werke (Auszug): King Kong und die weiße Frau, Vom Winde verweht, Casablanca,...

Miklós Rózsa (1907 Budapest - 1995)

Schon mit fünf hatte er Geigenunterricht und es zeigte sich bald dass er ein musikalisches Wunderkind war. Nach seiner Ausbildung am Konservatorium Leipzig schrieb er 1937 seine erste Filmmusik Von 1945 bis 1965 lehrte er Technik und Theorie der Filmmusik an der Uni of Southern California.
Werke (Auszug): Das Dschungelbuch, Quo Vadis?, Ben Hur

Aber auch ernste zeitgenössische Künstler schrieben Filmmusik, wie: Ernest Gold, Arthur B. Rubinstein, Astor Piazzolla, Sergei Prokofiev oder Dmitri Schostakowitsch.

Funktion der Filmmusik im frühen Tonfilm

Die Frage nach der Funktion der musikalischen Untermalung zu Anfang des Tonfilms stellte sich neu, da nun anders als beim Stummfilm die Musik nicht mehr pausenlos durchlaufen muss. Das heißt, dass Musik nun von Fall zu Fall gezielt eingesetzt werden kann.

  1. Musik wird dort als zusätzliche Informationsquelle eingesetzt, wo
    • Schauspielerische Mängel die Wirkung der Szene beeinflussen.
    • Stille sich ausbreitet, um das Innenleben der Personen zu beschreiben (Liebesszenen, Sterbeszenen).
    • Das Publikum den Inhalt des Filmes nicht richtig versteht, weil er dem Alltagsleben sehr fremd ist.
    Durch gezielten Einsatz von Musik hat man die Möglichkeit, die Zuschauer zu manipulieren. So kann man ihnen auch ideologisch fragwürdige Inhalte unauffällig nahe bringen. Davon machte man im faschistischen Film häufig Gebrauch
  2. Temporeiche Bewegungsvorgänge wie Verfolgungsjagden oder Naturkatastrophen werden fast immer durchkomponiert (da hat sich bis heute nichts geändert).
  3. Montagen,einzelne Einstellungen schnell nacheinander, bedienen sich der vereinheitlichenden Kraft der Musik.
  4. Die dramaturgischen Fähigkeiten werden voll ausgeschöpft.

III. Der Film im Zeitalter des Fernsehens (ab ca. 1950)

Die Technik der Tonaufzeichnung änderte sich erneut. Nach dem 2. Weltkrieg wurde neben dem Lichtton, auch das Magnettonverfahren verwendet, bei dem auf dem Filmstreifen ein zusätzliches Magnetband angebracht ist. Der Frequenzumfang und die Anlautung des Tones wurde dadurch deutlich verbessert. Auch wurden damit zum ersten Mal hochwertiger Stereo-Tonfilm ermöglicht.

Während der Nachkriegszeit traten die Elemente des Hollywood Sounds allmählich zugunsten neuer Einflüsse aus den Bereichen Jazz und Unterhaltungsmusik zurück. Wichtige Vertreter dieses Umschwungs waren, neben vielen anderen, Henry Mancini, Lalo Schifrin, Elmer Bernstein, Ernest Gold und Laurence Rosenthal.

Um 1950, in Europa teils später, setzte in der Filmindustrie eine Publikumskrise ein, wegen des aufkommenden Fernsehens. 1946 hatten die Kinos wöchentlich über 80 Millionen Eintrittskarten verkauft, 1955 nur noch die Hälfte und 1977 überhaupt nur noch 16 Millionen. Als Reaktion musste sich die Filmindustrie eine neue zahlungsfähige Zielgruppe suchen, die Jugendlichen. Davor nämlich bestand die Zielgruppe der Filmindustrie vornehmlich aus Menschen der älteren Generation.

Viele Filme richteten sich nun an sie, durch Verwendung junger Schauspieler und Inhalte, mit denen sie sich identifizieren konnten. Diese Anpassung wirkte sich natürlich auch auf die Filmmusik aus.

Damit sich der Filmton vom Fernsehton unterscheidet, wird in den Kinos mehr Wert auf Klangqualität und Effekte gelegt. In den 1980er Jahren entstand der Surround Klang, der weiterentwickelt wurde zum Dolby Surround und Dolby Digital Sound. Spätere sollten dann auch noch SA-CDs oder Super-Audio-CDs hinzukommen, die den Hörgenuss in den eigenen vier Wänden zum Genus machen sollten. Der Rückgang in den Besucherzahlen der heutigen Zeit belegt diesen technischen Fortschritt beeindruckend.

Seit den 50er Jahren wird auch versucht Filmmusik auf Tonträgern zu vermarkten. Film und Musik werben so gegenseitig füreinander. Dafür werden oft gesungene „Main-Titles“ verwendet. Ab den 1960ern ist es üblich geworden, nicht nur den Titelsong, sondern den ganzen Soundtrack oder Teile davon zu veröffentlichen. Manche Komponisten verwenden ihre Filmmusik auch in anderen Werken, wie z.B.: Sinfonien oder Suiten (Mononoke Hime „Symphonic Suite“).

Großen Erfolg hatten bereits einige Commerce Songs, wie Elton John mit „Can you feel the love tonight“ aus "König der Löwen" (The Lion King) (1994) und James Horners „My heart will go on“ aus dem Film "Titanic" (1997), gesungen von Céline Dion.

musikalische Ausführung

Weil die Jugendlichen zur neuen Zielgruppe Hollywoods wurde, hatte das auch Einfluss auf den Stil der Filmmusik. Rock, Pop und Jazz wurden im großen Umfang verwendet und verdrängten die sinfonische Filmmusik. Der "Hollywood-Sound" wurde nur noch selten angewandt, vornehmlich in Monumentalfilmen. Die großen Hollywoodkomponisten fanden nur noch sporadisch Beschäftigung.

Dafür wurde der Markt von Filmen mit Rock’n’roll Stücken überschwemmt. Der Vorreiter war der Film „Blackboard Jungle“ (Die Saat der Gewalt) (1955), mit dem Main Title „Rock around the Clock“, eingespielt von Bill Haley (der restliche Film enthielt keinerlei Rock-Musik). Weitere Beispiele wären: "Easy Rider" (1969) (mit Steppenwolf), die Beatles-Filme oder die Filme mit Elvis Presley als singendem Schauspieler.

Der Jazz im Film diente anfangs mehr als Pseudonym für die sozialen Probleme der Schwarzen in Amerika. Im Hollywoodfilm wurde er auch symbolisch verwendet für Prostitution, Drogenmissbrauch und soziale Konflikte, wie in "West Side Story" (1961) oder "In the Heat of the Night" (In der Hitze der Nacht) (1967). Überwiegend wurde der Jazz allerdings verwendet, weil er wegen der kleineren Anzahl von Musikern kostengünstiger zu produzieren war und das oft nur noch magere Film-Budget nicht zusätzlich belastete. Dennoch gelang es verschiedenen Komponisten auch eindrucksvolle Jazz-Scores zu schreiben, wie etwa Henry Mancini für "Peter Gunn", Ray Charles für "In der Hitze der Nacht" oder in Deutschland Martin Böttcher für "Die Halbstarken".

In Europa versuchten filmschaffende Künstler manchmal einen anderen Gebrauch von der Musik zu machen und stellten sich gegen den von Hollywood beherrschten Markt. Während in Amerika überwiegend Kommerz produziert wird, versuchten verschiedene europäische Produzenten die Musik-Kunst aufrecht zu erhalten. In Deutschland komponieren Hans Werner Henze und Peer Raaben für die filmkünstlerische Avantgarde. Allerdings hat auch Amerika u.a. mit Philip Glass, Elliot Goldenthal und John Corigliano seine Avantgarde unter den Filmkomponisten. Ab den 70er Jahren wird in Hollywood wieder verstärkt mit großem Sinfonie-Orchestern und Leitmotivtechnik (erfunden von Richard Wagner, fortgeführt von Alban Berg) gearbeitet, ausgelöst durch die Musik zum Film Star Wars (1977) von John Williams.

Weitere Komponisten:
James Horner (Star Trek 2, Willow, Glory, The Rocketeer, Braveheart, Titanic, A Beautiful Mind), Hans Zimmer (Hannibal, Rain Man, Gladiator, King Arthur), Howard Shore (Die Fliege, Lord of the Rings), Ennio Morricone, (Spiel mir das Lied vom Tod)

Systematik der Filmmusik

Einleitung

Filmmusik ist funktionale Musik. Ihre Wirkung ergibt sich aus der Reaktion des Publikums auf die Musikwahl eines Regisseurs, und dieser wiederum wählt sie für das Publikum. Sieht man einmal einen Film ohne Musik (nicht ohne Ton!) an, kommt er einem oft zweidimensional und nicht tiefgehend vor; es fehlt in solchen Fällen die emotionale Verbindung zwischen Zuschauer und Handlung.

Man kann grundsätzlich 3 Arten von Musik im Film unterscheiden:

  1. On-Musik d.h. Musik, die in der Handlung des Films selbst vorkommt, d. h. wenn sie von den Personen im Film real oder in der Einbildung gehört wird, oder wenn man ihre Erzeugung sieht;
  2. Musik zu Stücken, die Personen im Film singen, deren Herkunft aber unbekannt ist (z. B: Musical- oder Opernverfilmung);
  3. Off-Musik d.h. Musik, welche die Personen im Film nicht hören = eigentliche Filmmusik (war bis in die 1950er-Jahre fast ausschließlich Instrumentalmusik)

Filmmusik ist in ihren Funktionen vielschichtiger, als man glaubt und muss in Relation zu den verschiedensten Gestaltungsebenen betrachtet werden (Inhalt, Farben, Kameraführung,...). Es gibt keine allgemeine Systematik, um die Aufgaben der Filmmusik zu beschreiben, da sie für jeden Film anders definiert sind; deshalb ist die Frage nach der Funktion gleichzeitig ein Interpretationsprozess. Filmmusik bzw. Musik generell hat auf jeden Menschen eine andere Wirkung.

Wirkung der Filmmusik beruht zum Teil auf einem Lernprozess. Jeder Zuschauer hat eine gewisse Filmmusikerfahrung und ist mit bestimmten musikalischen Formen vertraut, wie z. B. mit dem typischen „Hollywoodsound“ (z. B. schwelgende Geige für Liebe etc.), ein tremolierender disharmonischer Bass steht für Furcht und Angst. Letzteres Beispiel ist mittlerweile zu einem überkulturellen Angstauslöser geworden. Das heißt, dass die erlernten Motive eine physiologische Auswirkung haben. Dieses Gebiet ist aber noch nicht genug erforscht.

Allgemeine Systematik

I.Tektonische Funktionen der Filmmusik ( Bezug zur äußeren Gestalt des Filmes)

  • Titelmusik
  • Nachspannmusik
  • Song als Teil der Handlung

Bei der Titel und Nachspannmusik muss kein eindeutiger Bezug zur Handlung vorhanden sein. Einige Lieder werden willkürlich um ihrer selbst willen eingebaut.

II.Syntaktische Funktionen

Die syntaktischen Funktionen beziehen sich auf die Erzählstruktur des Filmes:

  • Gliederung des Filmes oder einer Szene, indem die Musik zeitweise aussetzt oder indem verschiedene Arten von Musik erklingen
  • Trennung von Real und Traumhandlung .Typisch sind auch die musikalische Umrahmung von Halluzinations-, Trancesequenzen oder Rückblenden
  • Zusammenhalten zeitlich geraffter Vorgänge (Zeitraffer-Klammer)
  • Vereinheitlichung einer Szene, die ohne Musik zu heterogen wäre, besonders bei schnellen Schnitten (musikalische Klammer)
  • Hervorhebung des Höhepunktes bzw. Akzentuierung von Szenenhöhepunkten (dramatischer Akzent)

Beispiel 1: Relativierung des Zeitempfindens

Um sich über Zeitempfindungen im Film klar zu werden, muss man zuerst zwei Begriffe festlegen. Die Realzeit bedeutet, dass der Film die gleiche Länge hat wie der Zeitraum, den er behandelt. Das hieße, dass ein Film, der den Inhalt eines Tages beschreibt, auch einen Tag lang dauern würde. Da Filme üblicherweise nicht länger als zweieinhalb Stunden dauern, werden längere Zeiträume nicht in Realzeit gedreht. Um beispielsweise drei Generationen einer Familie zu zeigen, muss hier der Film von Realzeit auf Erlebniszeit gekürzt werden. Erlebniszeit ist also eine Zeitgröße, die beschreibt „wie sie der Kinobesucher erlebt – und zwar aufgrund einer entsprechenden Dramaturgie“." Wenn einzelne Szenen aneinander gereiht sind und sich dadurch eine Geschichte ergibt, weiß der Zuseher, wo er sich zeitlich befindet. Daher kann man sagen, (fast) jeder Film durchbricht auf irgendeine Weise das Raum-Zeit-Kontinuum (die Realzeit). So können im Film Szenen/Momente im Zeitraffer präsentiert werden (Jahre werden übersprungen, fünf Minuten auf eine Minute gerafft). Die Zeit kann aber auch absichtlich verlangsamt (Rückblenden, Zeitlupen) oder gänzlich angehalten werden.

Filmmusik spielt hierbei eine wichtige Rolle. So kann Musik schon bei einer Szene in Realzeit das Gefühl von Eile vermitteln oder beim Zuschauer das Gefühl von Gelassenheit hervorrufen. Ein Mann betritt beispielsweise einen Raum und verlässt ihn anschließend wieder. Mit einer gleichen Melodie, die nur zu verschiedenen Zeiten endet, nämlich vor, während oder nach Verlassen des Raums wird dem Zuschauer Unterschiedliches vermittelt.

Während bei zu frühem Enden der Melodie dem Zuschauer die ganze Szenerie hastig und voller Eile erscheint, vermittelt ein späteres eine stoische Ruhe. Wenn nun die Melodie genau aufhört, wenn der Raum verlassen wird, erhält die Szene eine Anmutung von Genauigkeit, in einigen Fällen auch von Penibilität. Man sieht also die gleiche Szene und hat durch die Musik viele Möglichkeiten, ihren Charakter zu verändern und ihr gleich eine andere Stimmung zu geben, und nur die Musik allein irritiert die Zeitempfindungen.

Beispiel 2: Rhythmus und Melodie

„Rhythmus hat grundsätzlich eine vertikale Wirkung“, d. h. damit kann man besonders gut Ekstase oder Meditation beschreiben. Die Melodie hingegen wirkt „horizontal“. Ihre Aufgabe ist es, über den Zeitverlauf zu berichten.

Die heutigen Actionfilme haben deshalb mehr rhythmusbetonte Musik, da diese auf das Hier und Jetzt hinweist, z. B. wird solche Musik oft bei Schlägereien oder Explosionen verwendet. Melodie wird in diesem Genre mehr stören als positiv unterstützen, denn sie würde die Szene aus dem Hier und Jetzt befördern.

Man kann daher sagen, dass Rhythmik die dramatischen Aspekte des Films unterstützt, während die Melodie die Handlung vorantreibt.

Semantische Funktionen der Filmmusik

Hier nimmt die Musik bezug auf den Inhalt; Musik als Element inhaltlicher Gestaltung. Die Arten der semantischen Beziehung sind teilweise schon in der Oper vorgeprägt.

1.Stimmungsschaffende Musik (konnotativ)

Stimmungsuntermalung : Mood-Technik, den Szenen eines Films werden untermalende oder kommentierende Stücke zugeordnet, musikalische Stimmungsbilder die thematisch mehr oder weniger voneinander unabhängig sind.

Unterstützung der Dramaturgie:

lässt sich grob in 3 Arten einteilen,

  • Paraphrasierung: Der Charakter der Musik und der Inhalt stimmen überein
  • Kontrapunktierung: Der Charakter der Musik wiederspricht dem Inhalt der Szene
  • Polarisierung: Einem neutralen Inhalt wird durch Musik ein eindeutiger

Charakter zugewiesen

Bewegungsverdoppelung :

„Mickey Mousing“-Musik zeichnet jede sichtbare Bewegung akustisch nach. Es gibt drei Varianten des Mickey Mousings, nämlich Auf- und Abwärtsbewegungen, die mit dem Auf und Ab der Musik gleichzusetzen sind, dann Bewegungsabläufe rhythmischer Art, (wie Fluchtszenen und Autorennen), aber auch noch die „klassische Art“, wie sie etwa bei den Tom & Jerry Filmen vorkommt .

Heute möchte man allzu auffällige Illustration vermeiden, eigentlich wird sie nur noch bei Slapstick-Szenen verwendet. Eine Zeit lang versuchte man sämtliches Illustrieren aus der Musik zu vertreiben, doch heutzutage wird es wieder häufig verwendet, denn dadurch, dass die Filme immer schneller werden, bildet die Musik einen letzten Anhaltspunkt für die Wahrnehmung. Der Hongkongfilm und besonders jene Filme, die bei uns allgemein als „Eastern“ geführt werden, sind sehr auf diese Art der Filmmusik angewiesen.

Mit der Öffnung des Marktes (1995) ist der Hongkongfilm auch interessanter für Hollywood geworden, eine Anpassung beiderseits hat sich filmtechnisch und musikalisch vollzogen. „Matrix“ (1999, Don Davis) ist der erste wirklich gelungene Film dieser Gattung der letzten Jahre.

2.Vereinheitlichende Musik (denotativ)

Leitmotivtechnik

Den Hauptcharakteren, wichtigen Institutionen oder auch Situationen eines Filmes werden bestimmte, sie charakterisierende Themen zugeordnet. Die Bezeichnung knüpft an Wagners musikdramatisches Konzept an. Das Thema wird subtil wahrgenommen und später wiedererkannt.

Historische/Geographische Beschreibung:

Musik kann eine geographische oder historische Szenerie schaffen, durch Anlehnung an entsprechende Stile und Genres. Eine Problematik beim Vertonen von weit zurückliegenden Gegebenheiten ist, dass man oft nichts mehr von den damals gebräuchlichen Instrumenten und der Musik weiß, die üblich war. Nimmt man die berühmten Historienfilme, wie „Quo Vadis“ oder „Ben Hur“, wird man sich der angesprochenen Problematik schnell bewusst. Heute gibt es kaum Aufzeichnungen über die damals gebräuchlichen Instrumente, noch weiß man wie damals Musik klang, ein Problem, das für Miklós Rózsas, den Filmmusikkomponisten jener Filme, schwer mit Authentizität zu lösen war.

Gesellschaftliche Beschreibung:

Filmmusik kann hörbar machen wo, wann und vor allem in welcher gesellschaftlichen Schicht der Film spielt. So hat jede Gesellschaftsschicht ein für sie ganz spezifisches Klangidiom, einen eigenen Dialekt. Diese Dialekte gehen allgemein ins Ohr und sagen viel über das Milieu aus und über die Menschen, die dort leben. In historischen Filmen werden Adel und Bürger nicht nur durch Aussehen und Wohnort charakterisiert, sondern auch durch die Musik, die in jener Schicht vorherrscht. Hierbei arbeitet der Filmmusikkomponist meist mit Musik, die weitgehend authentisch wirkt, im Grund genommen jedoch oft nichts mit einer Originalpartitur dieser Zeit zu tun hat.

Musikalisches Zitat:

Um den Film authentisch wirken zu lassen bauen viele Komponisten Musik, die zu der Zeit des Filmes wirklich gespielt bzw. gehört wurde in den Soundtrack ein. In „Forrest Gump“ (Alan Silvestri,1993) zum Beispiel wurden immer wieder Originalzitate eingestreut, Songs von Elvis Presley und den Beatles, die neben den inzwischen berühmten Szenen, die Gump (Tom Hanks) mit den amerikanischen Präsidenten zeigen, für Authentizität sorgen. Eine andere, vielleicht noch gebräuchlichere Art ist es, berühmte Stücke, die damals allgegenwärtig waren, mehrmals zu variieren, diese Technik wird „Stilzitat“ genannt.


Beispiel:

Filmisches Ziel/Eindruck: ->Musikalische Mittel - Liebe und Romantik: -> Dur, mf-p, langsame helle Instrumente, schwelgende Geige, Piano, Gesang

- Furcht und Angst: -> disharmonischer Bass

- Spannung: -> Stille, Pausen, Steigerung in Lautstärke, Tonwiederholungen, Dissonanz

-Trauer, Verlust, Abschied:-> Moll, p, Legato, langsame tiefe Instrumente -> Streicher, hohe Töne, tiefe Untertöne -> raue tiefe Stimmen, melancholisch -> unsaubere Töne, Gesang, piano, langsam-schneller werdend,leise-lauter werdend

Mediatisierende Funktionen

Metafunktionen = Funktionen die die Musik losgelöst von Film, über ihn hinaus erfüllt. Man unterscheidet dabei die ökonomische und die dramaturgisch/psychologisch/politische Metafunktion.

Ökonomische Metafunktion Nennt man die Metafunktion die eine bestimmte Gesellschaftsschicht ins Kino locken sollte, zum Beispiel als man in früherer Zeit die Filme mit den Songs der aktuellen Pop-Stars unterlegte (Beatles-Filme).

Dramaturgische/psychologische/politische Metafunktion Musik kann grundsätzlich dabei helfen die weltentfremdende, illusionierende Wirkung des Filmes zu unterstreichen. Diese psychologische Wirkung kann und wurde auch in die politische Bedeutung einiger Filme miteinbezogen.

Siehe auch

Literatur

  • Rainer Fabich: Musik für den Stummfilm. Verlag Peter Lang GmbH, Frankfurt am Main 1993, ISBN 3-631-45391-4
  • Peter Girich: Medientheorie: Filmmusik. Bargens-Verlag, Bamberg 1990
  • Georg Maas: Filmmusik. Klett, ISBN 3121789600
  • Peter Rabenalt: Filmmusik. Vistas, ISBN 3891583923
  • Konrad Vogelsang: Filmmusik im Dritten Reich. Centaurus, ISBN 3890858007
  • Mark Russell und James Young: Filmkünste: Filmmusik. Rowohlt Taschenbuch Verlag GmbH, Reinbek bei Hamburg 2001, ISBN 3-499-61143-0
  • Kurt Stromen: Die Ästhetisierung des Films: Filmmusik - Kunst muss schön sein. Rowohlt Taschenbuch Verlag GmbH, Darmstadt 2005
  • Claudia Bullerjahn: Grundlagen der Wirkung von Filmmusik. Wissner-Verlag, Augsburg 2001, ISBN 3896392301
  • Wolfgang Thiel: Filmmusik in Geschichte und Gegenwart. Henschelverlag Kunst und Gesellschaft, Berlin (DDR) 1981
  • Jürgen Wölfer und Roland Löper: Das große Lexikon der Filmkomponisten. Die Magier der cineastischen Akustik. Schwarzkopf & Schwarzkopf, Berlin 2003, ISBN 3-89602-296-2
  • Tony Thomas et al.: Filmmusik. Die großen Filmkomponisten - ihre Kunst und ihre Technik (Film Score). Heyne, München 1996, ISBN 3-453-09007-1
  • Theodor W. Adorno, Hanns Eisler: Komposition für den Film. Europäische Verlagsanstalt (eva, Juli 1996, ISBN 3434500901
  • Didier C. Deutsch et al.: Soundtracks - MusicHound. The Essential Album Guide to Film, Television and Stage Music. Visible Ink Press / Gale Group, Detroit, San Francisco, London, Boston und Woodbridge 2000, ISBN 1-57859-101-5
  • Ulrich Wünschel, Sergej Prokofjews Filmmusik zu Sergej Eisensteins ALEXANDER NEWSKI (Wolke-Verlag, 2005)