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Frankfurter Evolutionstheorie

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Die Evolution der Tiere: Gesamtdarstellung der Evolutionsgeschichte des Tierreiches in der 2007 erschienenen 4. Auflage.

Die Frankfurter Evolutionstheorie ist eine Weiterentwicklung der in den 1970er und 1980er Jahren von Wolfgang Friedrich Gutmann entwickelten Kritischen Evolutionstheorie [1][2] und der Hydroskelett-Theorie[3]. Im Zentrum der Frankfurter Evolutionstheorie stehen konstruktionsmorphologische Untersuchungen der Bau- und Funktionsweise von Lebewesen. Ausgangspunkt aller Überlegungen ist die Annahme, dass Organismen durchgehend hydraulisch konstruiert sind, und dass jedwede Lebensäußerung auf dem Wandel von Energie gemäß den Gesetzen der Thermodynamik beruht. Wie ein Ingenieur einen technischen Apparat als mechanisches Zusammenspiel verschiedener Apparat-Elemente, Kräfte, Massen und dem Energiewandel begreift, begreift die Frankfurter Evolutionstheorie Organismen als mechanisches Zusammenspiel von anatomischen Elementen, wässrig-viskosen Füllungen und verspannenden Strukturen – alles unter dem Wandel von Energie, die sich der Organismus selbst zuführen muss.

Diese Betrachtungsweise hebt sich von der klassischen Biologie ab: während die klassische Biologie Lebewesen ausschließlich anhand ihres Aussehens beschreibt und dabei spezielle Merkmale festhält (statische Beschreibung), beschreibt die Frankfurter Evolutionstheorie Lebewesen in ihrer Fähigkeit, als hydraulische Konstruktionen Energie zu wandeln und damit Körperform und Bewegungen zu erzeugen (dynamische Beschreibung). Während die klassische Biologie fragt, wie das Lebewesen aussieht, fragt die Frankfurter Evolutionstheorie, wie die Konstruktion des Lebewesens funktioniert: Aus welchen Teilen besteht es? Wie wirken diese Teile ineinander, gegeneinander, aufeinander? Und mit Blick auf die Evolution: wie finden Veränderungen in der Gesamtkonstruktion statt, ohne dass man von dysfunktionalen Zwischenstadien ausgehen müsste? Diese bis dato in der klassischen Biologie unübliche dynamisch-mechanische Betrachtungsweise begründet die Eigenständigkeit der Frankfurter Evolutionstheorie.

Aus der Betrachtungsweise von Lebewesen als hydraulische Konstruktionen ergeben sich grundlegend neue Erklärungen und Begründungen für evolutionsgeschichtliche Zusammenhänge. So hat die Frankfurter Evolutionstheorie ein grundsätzlich anderes Verständnis von Anpassung und Umwelt, als dies in der klassischen Evolutionstheorie (Darwinismus, Synthetische Theorie) üblich. Nach der Frankfurter Evolutionstheorie passen sich Organismen in der Evolution nicht an ihre Lebensräume an, sondern sie dringen nach Maßgabe der Leistungsfähigkeit ihrer Körperkonstruktion in erreichbare Umwelten ein und gestalten diese maßgeblich mit. Nicht die Umwelt ist es, die die Körperkonstruktion formt, sondern die Körperkonstruktion eines Organismus bestimmt, welche Umwelten er nutzen kann. „Evolution ohne Anpassung“ lautet daher eine griffige Umschreibung der Frankfurter Evolutionstheorie. Sie steht damit in kritischem Verhältnis zum klassischen Anpassungsbegriff des Darwinismus und der Synthetischen Evolutionstheorie[4][5][6], und sie liefert grundlegend neue Erklärungen und Begründungen für evolutionsgeschichtliche Zusammenhänge.

Methodisch gesehen wurde die Frankfurter Evolutionstheorie innerhalb der Evolutionsbiologie als Arbeitskonzept zur Rekonstruktion der Bauplan-Evolution entwickelt. Dieses Forschungsfeld wurde auch in historischer Sicht wenig bearbeitet; es steht neben dem in der Forschung dominierenden modernen Darwinismus, der Synthetischen Theorie, die sich vordergründig mit dem Wandel von Arten, Ökologie und Populationsdynamik befasst. Evolution ist aber nicht nur Artenwandel, sondern insbesondere der allmähliche Wandel der Konstruktionsgefüge, die jedem Organismus zu Grunde liegen (i.w.S. also des "Bauplanes"). Konstruktionsgefüge können aber nur als funktionsfähige Systeme verändert werden. D.h. in jedweder Form der Evolutionsforschung muss der Evolutionsverlauf als Wandel funktionierender Körpergefüge verstanden und rekonstruiert werden. Dieses Arbeitsfeld der Konstruktionsmorphologie[7] und der Frankfurter Evolutionstheorie steht damit im Gegensatz zur klassischen oder „idealistischen“ Morphologie, die Gestalten ohne deren Funktionsbezüge beschreibt. Zudem führt die Frankfurter Evolutionstheorie eine neue Definition von Evolution ein: Nur solche Veränderungen der Konstruktionsgefüge, die nicht rückgängig gemacht werden können (die irreversibel sind), sind als "Evolution" zu bezeichnen. Allerdings ist die Konstruktionsmorphologie kein Ersatz für die Artbeschreibungen, sondern sie begründet und beschreitet neue Forschungsfelder innerhalb der Biologie. Die Darwinistische Evolutionstheorie und die Frankfurter Evolutionstheorie haben unterschiedliche Geltungsbereiche.

Begründer der Frankfurter Evolutionstheorie

Begründet wurde die Frankfurter Evolutionstheorie federführend durch Wolfgang Friedrich Gutmann (1935–1997), der inspiriert durch Wilhelm Schäfer zunächst an der Außenstation Senckenberg am Meer in Wilhelmshaven über Bau und Funktion verschiedener Tiergruppen arbeitete. Mit Übernahme der 1964 neu am Senckenberg Museum in Frankfurt eingerichteten Sektion Vergleichende und Funktionelle Anatomie setzte Gutmann seine Arbeiten fort. Zahlreiche Kollegen (insbesondere Klaus Bonik, Jens Lorenz Franzen, Manfred Grasshoff, Dieter Mollenhauer, Stefan Peters und Michael Tuerkay), die ebenfalls als Wissenschaftler am Senckenberg-Institut beschäftigt waren, befassten sich innerhalb verschiedener Organismengruppen mit konstruktions- und funktionsmorphologischen Fragestellungen. Diese „erste Generation“ von Konstruktionsmorphologen kooperierte eng mit dem Sonderforschungsbereich Natürliche Konstruktionen, der von Architekt Frei Otto geleitet wurde, und legte den Grundstein für die spätere Formulierung der Frankfurter Evolutionstheorie.[8] Am Senckenberg-Forschungsinstitut sind in Kooperation mit dem Zoologischen Institut und Paläontologischen Institut der Universität Frankfurt zahlreiche gemeinsame Forschungsarbeiten durchgeführt und Studenten entsprechend ausgebildet worden.

Konstruktions- und funktionsmorphologische Arbeiten am Senckenberg-Forschungsinstitut hatten dort bereits eine lange Tradition. Vor Wolfgang Gutmann haben bereits Wilhelm Schäfer und Rudolf Richter Forschungen in dieser Richtung betrieben und damit quasi den Boden bereitet, dass am Senckenberg-Institut Raum für ein neu angelegtes Forschungsfeld und somit auch die Entwicklung einer eigenen Evolutionstheorie gegeben war. Wilhelm Schäfer verwies – unter Rückgriff auf Konzepte von Jacob von Uexküll – in vielen seiner Arbeiten auf die Autonomie der Organismen, und bestimmte die Umweltbezüge vom Organismus her. Die Konstruktionsmorphologie und mit ihr die Frankfurter Evolutionstheorie können daher als Fortsetzung der Aktuopaläontologie, einer originären Tradition Senckenbergs, angesehen werden.

Fortführung der Frankfurter Evolutionstheorie

Nach Gutmanns Tod 1997 wurde die Frankfurter Evolutionstheorie von einer neuen Arbeitsgruppe am Forschungsinstitut Senckenberg weiterentwickelt und in vielerlei Hinsicht präzisiert. Zu dieser „zweiten Generation“ von Konstruktionsmorphologen gehören Manfred Grasshoff, Michael Gudo, Mathias Gutmann, Tareq Syed und Michael Weingarten. In der ersten Ausgründung (Spin-off) des Forschungsinstitutes Senckenberg, der Morphisto GmbH, führen sie die am Senckenberg begonnenen Forschungen fort. Das Unternehmen (voller Name: Morphisto - Evolutionsforschung und Anwendung GmbH) betreibt ein Institut für Evolutionswissenschaften und arbeitet, in Kooperation mit dem Senckenberg-Museum, den Bio- und Geisteswissenschaftlichen Instituten der Universitäten Frankfurt und Göttingen und dem Institut für Philosophie der Universität Karlsruhe, kontinuierlich an der Weiterentwicklung der Frankfurter Evolutionstheorie und Konstruktionsmorphologie.

Arbeitsbereiche der Frankfurter Evolutionstheorie

Innerhalb der Frankfurter Evolutionstheorie können mehrere Arbeitsbereiche differenziert werden. Diese sind:

  • Organismus zentrierte Morphologie (= Organismusbegriff, Konstruktions-Morphologie)
  • Rekonstruktion der Evolutionsgeschichte (= Evolutionsgeschichtsforschung, Stammesgeschichte, Phylogenetik)
  • Dynamisches Verständnis des Evolutionsprozesses (Morphoprozess)

Die drei Arbeitsbereiche bilden die zentralen Fragestellungen der Evolutionsbiologie ab. Bereits Charles Darwin bearbeitete in seinen Forschungen diese Bereiche. Er sprach davon, dass der Wissenschaftler eine Vorstellung des Organismus brauche, um Fragen zur Evolution zu behandeln (Arbeitsbereich 1), er versuchte verwandtschaftliche Beziehungen zu rekonstruieren (d.h. durch Analyse von Merkmalen den in den Zuchtbüchern dokumentierten Zuchtverlauf zu ermitteln, Arbeitsbereich 2) und er behandelte Fragen zur Fortpflanzung und Vererbung bestehender und neuer Eigenschaften (Arbeitsbereich 3)[9][10] Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass die Synthetische Evolutionstheorie jeweils nur Teilbereiche bearbeitet und dass eine entscheidende Komponente, nämlich der Organismus-Begriff, d.h. also die Vorstellung vom eigentlichen Arbeitsgegenstand fehlt[11].

Organismus zentrierte Morphologie

Bionomiekreislauf der Organismen: Organismen können nur dann überleben, wenn sie sich ständig mit Material und Energie versorgen. Diese Selbstversorgungsleistung wird als Bionomie bezeichnet und ist im Bionomiekreislauf dargestellt.

Eine Organismus-zentrierte Morphologie betrachtet Lebewesen ganzheitlich, d.h. als energiewandelnde, hydraulische Konstruktionen, die (a) funktionieren, (b) sich selbst reproduzieren, (c) sich selbst versorgen (autopoietisch sind) und (d) sich selbst erstellen (autoformativ sind). Es ist ein Grundprinzip des Lebens, dass alle Stoffwechsel- und Lebensvorgänge im wässrigen Medium stattfinden, und dass diese Stoffwechselvorgänge nur dann funktionieren, wenn sie geordnet und in abgeschlossenen Reaktionsräumen ablaufen. Demnach müssen bereits die kleinsten Bestandteile von Organismen, die Zellen, als eigenständige hydraulische Konstruktionen betrachtet werden. In vielzelligen Organismen befinden sich Zellen in einem Gewebeverband der (bei Tieren) durch kollagene Fasern zusammengehalten wird. Dieser Aufbau kann nur mit aufwändigen histologischen und konstruktionsmorphologischen Untersuchungen in seiner Ganzheit erfasst und wissenschaftlich beurteilt werden.

Eine wesentliche Erkenntnis der konstruktionsmorphologischen Betrachtungsweise von Organismen ist, dass Organismen im thermodynamischen Sinne als operational geschlossene Systeme zu verstehen sind. Das steht im Kontrast zur klassischen Betrachtungsweise, bei der Lebewesen "offene Systeme" sind, durch die Energie einfach hindurchfließt.

Als operational geschlossene Systeme hingegen können Lebewesen die Energie und Materialien, die sie benötigen, nur durch eigene Leistung akquirieren. Die über die Nahrung aufgenommene Energie wird im Organismus in vielstufiger Weise gewandelt und in Bewegung, Wachstum, Fortpflanzung und erneute Energieversorgung investiert (siehe Abb. Bionomie.jpg). Insofern „fließt“ durchaus Energie durch das „System Lebewesen“, aber nicht von allein, sondern durch eine aktive (energiezehrende) Leistung der Organismen. Das Beschaffen neuer Energie (und Nahrung) kostet immer bereits Energie, die schon zuvor aufgenommen worden sein muss! Dieser Vorgang bestimmt das Frageinteresse einer organismus zentrierten Morphologie: Wie sind Lebewesen als energiewandelnde Körperkonstruktionen aufgebaut und wie funktionieren sie, um die für das Überleben und das evolutionäre Fortbestehen notwendigen Leistungen zu erbringen? (siehe nebenstehende Abbildung).

Rekonstruktion der Evolutionsgeschichte

Optimierung und Differenzierung hydraulischer Körperkonstruktionen. Die rekonstruierten Linien zeigen zum einen zunehmende Ordnung der kontraktilen Fasern, die zu einer deutlichen Effizienzsteigerung führen (Optimierung), als auch eine vollständige Umorganisation des Muskelgefüges, so dass eine grundlegend andere Körperkonstruktion resultiert. Hierbei handelt es sich um alternative Entwicklungslinien, um Differenzierungen.

Werden Organismen, wie oben beschrieben, als thermodynamische, Energie wandelnde, geschlossene Systeme begriffen, lassen sich bestimmte Rückschlüsse ziehen, wie sich diese Systeme im Laufe der Evolution verändern können. Denn das ist eine der zentralen Fragen: Wie überhaupt ist es möglich, dass Organismen im Laufe der Zeit, „im laufenden Betrieb“, ihre Konstruktion verändern? Schließlich gibt es in der Evolution keinen Zustand „wegen Umbau geschlossen“. Oder, um noch einmal den Vergleich mit dem Ingenieur zu bemühen, wie lässt sich ein Fahrrad umzubauen, während jemand darauf fährt?

Die neue Einsicht der Frankfurter Evolutionstheorie ist, dass Evolution nur im Rahmen funktionierender Abwandlungen verläuft. In der Evolution gibt es keinen Zustand "wegen Umbau geschlossen". Alle Zwischenstadien müssen über Generationen hinweg voll funktionsfähig, d.h. bionom sein. Sie müssen sich selbst ernähren, bewegen und fortpflanzen können, sonst scheiden sie unverzüglich aus dem Evolutionsgeschehen aus. Alle dysfunktionalen Varianten, die notwendigerweise im mutativen Prozeß der Reproduktion und Individualentwicklung entstehen, gehen an sich selbst, an ihrer mechanischen Unzulänglichkeit zu Grunde, sie selektieren sich quasi selbst aus dem Evolutionsgeschehen aus. W.F. Gutmann sprach in diesem Zusammenhang von "Autodestruktion", von Selbstzerstörung durch Dysfunktionalität der Körperkonstruktion[12][13][14]. Da konstruktionsmorphologische Forschungen eine Art technischer Funktionsbeschreibung der Lebewesen liefern, können mögliche Veränderungen ermittelt (rekonstruiert) werden, indem zwei potentiell evolutionsgeschichtlich miteinander in Beziehung stehenden Organismen schrittweise ineinander überführt werden, wobei ständig Bionomie und Funktionstüchtigkeit der rekonstruierten Zwischenstadien geprüft werden müssen. Ebenso muss die Richtung der Veränderung begründet werden. Transformationen sind nur dann erfolgreich, wenn sie zu einer Differenzierung oder Spezialisierung einer bestehenden Körperkonstruktion führen, oder wenn die nachfolgende Konstruktion in irgendeiner Hinsicht ökonomischer funktioniert, also für bestimmte Leistungen z.B. weniger Energie oder Material benötigt wird, als zuvor. Die maßgeblichen Kriterien evolutionsgeschichtlicher Rekonstruktion sind somit Optimierung, Ökonomisierung, Differenzierung und Spezialisierung. Der umgekehrte Weg, d.h. also die Veränderung einer Struktur , so dass sie in nachfolgenden Konstruktionen unökonomischer (also material- oder energieaufwändiger) funktioniert wird aus thermodynamischen Gründen ausgeschlossen. Das gleiche gilt für Sprünge. Wie schon zuvor gesagt, gibt es keinen Zustand "Wegen Umbau geschlossen", d.h. jedes rekonstruierte Zwischenstadium muss einerseits funktionstüchtig und andererseits ökonomischer oder spezialisierter sein, als die Vorläuferstadien.
Gelingt es mit Hilfe dieser Rekonstruktionskriterien, plausible Szenarien für die Evolution einer Tierkonstruktion in eine andere darzustellen, so ist das Ergebnis eine Evolutionslinie, welche die Evolutionsgeschichte (i.w.S. somit auch Stammesgeschichte) erklärt und begründet. Hierbei gelangt die Frankfurter Evolutionstheorie auch zu einer neuen Definition von Evolution: Nur solche Veränderungen die nicht mehr rückgängig gemacht werden können, die also irreversibel sind, sind evolutionäre Veränderungen. Wandlungen die sich als reversibel erweisen (z.B. Schnabelformen oder Schnabelgrößen von Vögeln, Körpergrößen, Farben, etc.) repräsentieren keine Evolution, sondern es handelt sich nur um eine Verschiebung von Markmalsausprägungen innerhalb von Populationen. Josef Reicholf bezeichnet dies als das "Grundrauschen" oder "Oberflächengekräusel" der Evolution[15].

Durch Wolfgang F. Gutmann sowie viele weitere Kollegen wurden in vergangenen Jahrzehnten entsprechende Ableitungen für das gesamte Tierreich erstellt und publiziert. Im Jahr 1992 wurden diese Einzelableitungen erstmals in einem zusammenfassenden Poster publiziert[16][17]. Im Jahr 2007 erschien die 4. überarbeitete und ergänzte Auflage des Posters in der viele weitere Details und neue Evolutionslinien aufgenommen werden konnten[18] (für Einzelableitungen siehe unten stehenden Abschnitt: Weiterführende Literatur).

Die konstruktionsmorphologische Betrachtung von Lebewesen erlaubt somit Evolutionsgeschichtsforschung (= Rekonstruktion der Evolutionslinien) indem Form und Funktion der Organismen erfasst und mögliche (= funktionstüchtige) evolutionäre Wandlungen von unmöglichen (= dysfunktionalen) evolutionären Wandlungen unterscheiden werden.

Morphoprozess der Evolution

Morphoprozess-Theorie der Evolution: Evolution ist ein Prozess kontinuierlicher morphologischer Veränderung. Er wird beeinflusst von verschiedenen Bedingungen, Mechanismen und Faktoren. Organismen sind in dieser Betrachtungsweise Träger des Morphoprozesses und als wissenschaftliche Arbeitsgegenstände lediglich Momentaufnahmen dieses kontinuierlichen Vorganges.

Der Arbeitsbereich Morphoprozess befasst sich mit den Ursachen, den Mechanismen und den Faktoren der Evolution. W. F. Gutmann hatte mit Bezug auf die Arbeiten des Philosophen Alfred North Whitehead ein prozessuales Denken für die Biologie und die biologische Evolution gefordert (Russische Autoren wie Vernadsky formulierten solches Denken als „Morphoprozess“ [19]. Genauer gesagt, werden hier Bedingungen, Mechanismen und Faktoren unterschieden, die den Morphoprozess als stetig laufenden Formwandel der Organismen antreiben und beeinflussen; (siehe nebenstehende Abbildung)[20]. Diese erneuerte Sichtweise zielt darauf ab, sämtliche ontogenetische Entwicklungsstadien, also von funktionsfähigen Keimzellen bis hin zum fortpflanzungsfähigen Organismus, in den Blick zu bekommen. Da diese Stadien sehr unterschiedlich sein können (man denke an Larvalentwicklung, Tiere mit Metamorphose), ist es auf dieser Untersuchungsebene genauer, von „evoluierenden Morphoprozessen“ zu sprechen (anstelle evoluierender Organismen).

Bedingungen, Mechanismen und Faktoren des Morphoprozesses

Bedingungen des Prozesses sind die Naturgesetze, die chemischen und physikalischen Gegebenheiten auf dem Planeten Erde und die Eigenschaften der Stoffe, aus denen die Organismen bestehen; diese Eigenschaften bedingen auch den Mechanismus der Evolution, nämlich den Energiewandel. Er hält die Organismen jenseits des thermodynamischen Gleichgewichtes, (das sich einstellen würde, wenn alle Stoffe miteinander so weit möglich reagiert hätten und dann in „chemischer Ruhe“ lägen; thermodynamisch würde das heißen, das System hätte die maximal mögliche Entropie erreicht). Zudem treibt der Energiewandel zwei weitere Mechanismen an: das Wachstum und damit auch die Reproduktion, die eine Folge des Wachstums ist, indem (im einfachsten Fall der Zelle) eine Teilung nötig wird. Damit wird das gesamte Bau- und Reaktionsgefüge in Form einer Zelle weiter gegeben. Hieraus ergibt sich die „Geschichtlichkeit“ des Lebens: Jedes Individuum ist Teil und Durchgangsstadium des Morphoprozesses. Faktoren nehmen Einfluss auf den konkreten Ablauf des Wandels, wobei man kontinuierliche und episodische Faktoren unterscheiden kann. Zu den kontinuierlichen Faktoren zählen der Zwang zur Formbildung durch Hydraulik und zur Ökonomisierung, dass nämlich nicht genutzte Organe dem Verfall überlassen werden. Bekannter sind im allgemeinen die episodischen Faktoren: die Mutation der DNS, Einflüsse auf die Embryonalentwicklung, schließlich die Konkurrenz um Nahrung und Raum, um Fortpflanzungs-Partner, sowie äußere Einflüsse wie etwa durch Klima, Populationsverschiebungen, oder Nahrungsmangel und -veränderungen, die als darwinsche Anpassung in Erscheinung treten [21]. [22]

Leben als Morphoprozess

Mit der Konstitution von Lebewesen als bionome, hydraulische energiewandelnde Konstruktionen sind Organismen keine "realen Dinge", sondern sich kontinuierlich verändernde und fortpflanzende dynamische Systeme, besser gesagt Prozesse. Im Reproduktionsgeschehen werden jeweils vollständig lebensfähige Untereinheiten abgegliedert und die hydraulische energiewandelnde Konstruktion lückenlos an die jeweils nächste Generation weitergegeben. Es läuft ein ständiger Prozeß der Struktur- und Formerhaltung ab, der allgemeinen chemischen, physikalischen und organismischen Prinzipien folgt. Zu jedem Zeitpunkt des individuellen Daseins bleiben nur solche Strukturen erhalten die nach Maßgabe dessen, was allgemein als Naturgesetze bezeichnet wird, funktionstüchtig sind. Kontinuität besteht über die Generationen hinweg dadurch, daß in jedem Organismus entwicklungsfähige Untereinheiten von Anfang an existieren (Keimbahnen), die selbst hydraulische Konstruktionen darstellen (z.B. Eizellen oder totipotente Zellen, die sich zu Knospen (= Klonen) entwickeln können). Zu keinem Zeitpunkt werden genetische Informationen, Zellbestandteile, krafterzeugende und kraftübertragende Strukturen zusammengeführt, um daraus einen neuen Organismus zu bilden (auch bei geschlechtlicher Fortpflanzung besteht immer bereits eine Eizellkonstruktion, die lediglich einen weiteren Chromosomensatz erhält). Wenn all diese kinetischen Vorgänge innerhalb eines bestimmten Rahmens ablaufen, entstehen immer wieder ähnlich konstruierte Organismen, die sich selbst reproduzieren und sich über viele Generationen hinweg stetig wandeln. In solcher Hinsicht sind Organismen damit lediglich künstliche Ausschnitte, Momentaufnahmen, eines kontinuierlich ablaufenden Morphoprozesses des Lebens, bestehend aus Wachstum, Nahrungsaufnahme, Umwelterschließung und Fortpflanzung.

Evolution als Wandel von Morphoprozessen

Jeder Vorgang verläuft aufgrund der Indeterminiertheit des gesamten Universums ein klein wenig anders, auch wenn identische Randbedingungen vorliegen. Kein Gegenstand und kein Prozeß gleicht einem anderen vollständig, denn die Entropie ist zu jedem Zeitpunkt eine andere. Jede Aktion im Organismus ist eine Veränderung des Entropiezustands. Deswegen ist organismischer Wandel thermodynamisch unausweichlich. Somit ist die biologische Reproduktion ist also nicht die Herstellung identischer Replikate, sondern ähnlicher aber nicht identisch ablaufender Morphoprozesse. Hierbei entstehen immer wieder neue Varianten der Ausgangskonstruktion, von denen jedoch nur diejenigen über viele Generationen erhalten bleiben, die in der Lage sind, den Morphoprozess weiter zu tragen. In jeder folgenden Generation gibt es wieder Abweichungen. Langsam und in vielen kleinen Schritten verändert sich der Morphoprozeß. Über viele Generationen hinweg etablieren sich auf diese Weise Wandlungen und Aufspaltungen der Morphoprozesse. Evolution ist demzufolge der ständige Fluß, sowie die Änderung und die Aufspaltung von Morphoprozessen. Der evolutive Wandel ist somit nicht die Ursache, sondern die Folge des Aufbaus der Organismen. Der Bau der Organismen unterliegt den allgemeinen Bedingungen, die durch die Naturgesetze gegeben sind, und die Materialeigenschaften der Stoffe schaffen die Mechanismen und Faktoren des Wandels. Organismen ohne Evolution kann es nicht geben. Die Existenz der Organismen und die Evolution der Organismen sind nur die zwei Seiten ein und derselben Sache. Indem man Lebewesen als bionome energiewandelnde Konstruktionen und in diesem Sinn als Organismen konstituiert hat, sind sie in dieser Sicht sich kontinuierlich verändernde und fortpflanzende, d.h. dynamische, Systeme, und sie sind Teil des Prozesses, der sich ihnen materialisiert.

Randbedingungen des Morphoprozesses

Physikalische, chemische und organismische Prinzipien bestimmen den Rahmen evolutionärer Veränderungen, d.h. der bestehende Morphoprozeß bestimmt die nachfolgenden Morphoprozesse. Evolution ist also der Normalzustand. Nicht die Evolution muß erklärt werden, sondern die Nicht-Evolution, d.h. das Fortbestehen bestimmter Strukturen und Organisationsweisen über die Generationenfolge hinweg. Demzufolge ist Evolutionsforschung eine Bestimmung des organismischen Rahmens der Wandlung von Morphoprozessen, kurz Evolutionsforschung befaßt sich mit der Bestimmung von Invarianzen und transformativen Kausalitäten (Restriktionen) der Geschichte des Lebens.

Zusammenfassung der zentralen Thesen der Frankfurter Evolutionstheorie

Die zentralen Thesen der Frankfurter Evolutionstheorie lassen sich wie folgt zusammenfassen:

  1. Organismen sind hydraulische, mechanisch kohärente, energiewandelnde Konstruktionen, die sich nicht an ihre Umwelten anpassen, sondern Lebensräume nach Maßgabe der Leistungsfähigkeit ihrer Körperkonstruktion selbst erschließen.
  2. Organismen sind autonome Subjekte der Evolution, d.h. die jeweils bestehende Körperkonstruktion bestimmt das Ergebnis und die Richtung der Evolution maßgeblich mit.
  3. Über Fortbestehen oder Untergang eines Lebewesen entscheidet in erste Linie die Funktionstüchtigkeit der Körperkonstruktion und eine ökonomische Energiebilanz hinsichtlich Formerhaltung, (Fort-)Bewegung und Fortpflanzung Der Einfluss der Umwelt ist sekundär und greift erst dann, wenn sich Lebewesen in ihren Lebensräumen behaupten müssen.
  4. Evolution ist irreversibel, d.h. einmal veränderte (differenzierte, abgebaute oder umgebaute) Strukturen können nicht mehr "zurückentwickelt" werden, weil strukturelle Veränderungen einem energetischen Gefälle geschuldet sind.

Es ergibt sich aus dieser Anschauung ein grundsätzlich abweichendes Verständnis von Evolution. Während in der Synthetischen Evolutionstheorie jede noch so kleine Veränderung bereits als Evolutionsschritt (oder gar als Beweis für Evolution) angesehen wird, sind nach der Anschauungsweise der Frankfurter Evolutionstheorie, nur solche Veränderungen als evolutive Veränderungen anzusehen, die unumkehrbar (irreversibel) sind. Somit ist die Evolution vom Fisch zum Vierfüsser ein irreversibler konstruktioneller Umbau, während die Verschiebung einer Merkmalsausprägung in einer Population nur eine Varianzerzeugung ist. Die Frankfurter Evolutionstheorie bezweifelt, dass die Mechanismen und die Kriterien, nach denen Varianz und Evolution ablaufen, bzw. erforscht werden können, zwangsläufig identisch sind. Vielmehr müssen zur Rekonstruktion der Evolutionsgeschichte, also zur Beantwortung der Frage, wie die eine Körperkonstruktion in eine andere verändert werden konnte, ganz andere Methoden und Überprüfungskriterien herangezogen werden, als zur Erklärung und Erforschung von Populationsdynamik und Änderung von Merkmalsausprägungen.

Die Frankfurter Evolutionstheorie betrachtet Lebewesen eben nicht als reine Merkmalsträger, sondern als mechanisch kohärente, hydraulische Energiewandelnde Konstruktionen, und ebenso wie an einem in Betrieb befindlichen Motor keine x-beliebigen Veränderungen vorgenommen werden können, ohne dass dieser kaputt geht, sind die Möglichkeiten struktureller Veränderungen von Organismen in ebensolcher Weise beschränkt.

Ein zentrales Missverständnis der Gegner der Frankfurter Evolutionstheorie war und ist bis heute, der Geltungsbereich der Beschreibungen und Darstellungen. Während die Synthetische Evolutionstheorie als Arbeitsgegenstand Arten, Populationen, Fortpflanzungsgemeinschaften oder gar Individuen verwendet, beziehen sich die Aussagen der Frankfurter Evolutionstheorie auf die den jeweiligen Lebewesen zugrundeliegenden Körperkonstruktionen. Eine Konstruktion ist nicht gleichzusetzen mit einer Art, einer Gattung oder einem anderen taxonomischen Begriff. Organismische Konstruktionen sind vielmehr Beschreibungsweisen von Lebewesen hinsichtlich ihren Aufbaus und Funktionierens.

Wichtige Forschungsergebnisse

Zu den wichtigsten Forschungsergebnissen der Frankfurter Evolutionstheorie ist eine grundsätzlich revidierte Betrachtung der Bauplanevolution zu zählen, der zufolge von einer allmählichen Komplexitätssteigerung oder Höherentwicklung im Tierreich nicht mehr gesprochen werden kann. In der Folge ist z.B. die Konfiguration von Nervensystemen kein Kriterium mehr, um auf eine urtümliche oder abgeleitete evolutionäre Stellung eines Tieres zu schließen. Im Jahre 1992 wurde eine Gesamtschau der Evolution des Tierreiches in Form eines Posters publiziert ("Die Evolution der Tiere"), das viele Ergebnisse heutiger molekularbiologischer Stammbäume (New Animal Phylogeny) vorweggenommen hat. Das Poster ist schließlich in weiteren Auflagen im Jahr 1995, 2001 und 2008 erschienen, und hat jeweils weitere Ergebnisse in die Gesamtdarstellung der Evolution des Tierreiches integriert. Sowohl im konstruktionsmorpholgischen Modell als auch in der New Animal Phylogeny gibt es keine Verzweigungsfolge, die mit dem Prinzip „von einfach zu komplex“ begründbar wäre, eher kam es in vielen Linien zu sekundären Vereinfachungen, die im Rahmen der Frankfurter Evolutionstheorie mit Ökonomisierungen der Körperkonstruktion zu erklären sind.

Die Hauptevolutionslinien des Tierreiches lassen sich auf einen vielzelligen, durch kollagene Fasern intern kompartimentierten Organismus zurückführen. Diese so genannten Gallertoide sind der Ausgangspunkt für alle weiteren Evolutionsbahnen

Im Zentrum der Evolutionsgeschichte der Tiere steht demnach ein gallertig aufgebautes vielzelliges Tier, der sogenannte Gallertoide, von dem aus sich die Hauptevolutionslinien des Tierreiches herleiten lassen. Entscheidend ist hierbei, dass dieser erste vielzellige Organismus nicht einfach nur ein „Vielzeller“ ist, sondern eine relativ komplexe Tierkonstruktion, deren Körper aus Bindegewebe und mehr oder minder differenzierten Zellen, in einem Folgestadium auch aus Flüssigkeitsfüllungen (in Form von Kanälchen) besteht. Eine spezifische Schlussfolgerung dieses Modells besteht zum Beispiel darin, dass der Körperbau der Tiere nicht über die klassische Keimblattlehre (Ekto-, Endo- Mesoderm) verstanden oder gar evolutionsgeschichtlich rekonstruiert werden kann, sondern nur über ein histologisches Gesamtverständnis des Organismus. Keimblätter sind Strukturen der Embryogenese, nicht aber der Evolution. Damit ist auch die klassische Großeinteilung der Tiere in Diplo- und Triploblasten irreleitend. Entwicklungsgenetische Daten über hochkonservierte mesodermale Transkriptionsfaktoren unterstützen neuerdings diese schon in den 1970er Jahren vorgelegte, konstruktionsmorphologisch begründete Rekonstruktion.

Weitere Innovationen seitens der Frankfurter Evolutionstheorie bzw. der im Rahmen dieser Theorie durchgeführten Forschungen sind in der Ableitung der Chordaten von metameren statt von oligomeren Vorläufern, der Neusortierung der Deuterostomier (insbesondere der Ausschluss der Tentaculata aus den Deuterostomia) und in der Herleitung fast aller Bilateria von einem metameren Vorläufer zu sehen (die einzige Ausnahme wären bestimmte Plattwurmgruppen).

Die Ergebnisse der konstruktionsmorphologischen Ableitungen werden bis heute von vielen Zoologen kritisch betrachtet, wenngleich diese biomechanisch fundierten Ergebnisse weitaus besser zu den neueren molekularbiologischen Ergebnissen passen, als die traditionellen Stammbaumvorschläge zur Bauplanevolution.

Kritik und Rezension in den Biowissenschaften

Obwohl konstruktionsmorphologische Forschungen auf eine lange Tradition zurückblicken können, und eine auf die Form und Funktion fokussierende Biologie schon von verschiedenen Autoren gefordert wurde, stehen die meisten Biologen der Konstruktionsmorphologie und der Frankfurter Evolutionstheorie bis heute äußerst distanziert gegenüber. Im Hintergrund spielen hierbei vor allem Uneinigkeiten über die adäquate Rekonstruktionsmethode für evolutionäre Transformationen eine entscheidende Rolle. Konstruktionsmorphologie als zentraler methodischer Ansatz der Frankfurter Evolutionstheorie stieß in den 1960er Jahren zunächst mit Varianten der idealistischen Morphologie zusammen (Adolf Remane) – mit Höhepunkt Erlanger Phylogenetisches Symposium 1970 [23] [24], danach mit der Phylogenetischen Systematik (Willi Hennig), die sich ab den 1970er Jahren immer stärker durchzusetzen begann. In beiden Fällen blieb sie eine Außenseiterposition, obwohl sie im Rückblick und im Lichte moderner genetischer Stammbäume betrachtet eine genauere Rekonstruktion der Bauplan-Evolution des Tierreiches vorlegte als die beiden hauptsächlichen konkurrierenden Ansätze.

Zwar haben verschiedene Autoren das Hydraulik-Modell der Organismen aufgegriffen, in einigen Fällen wurde die Frankfurter Evolutionstheorie auch in Lehrbüchern dargestellt, als echten Durchbruch kann man dies jedoch noch nicht bezeichnen. Die Gründe hierfür sind vielfältig und lassen sich auf wissenschaftstheoretischer Ebene, ebenso wie auf persönlicher Ebene finden.

Obwohl die Frankfurter Evolutionstheorie Außenseiterposition gilt, kann sie aber seit den 1990er Jahren starke Unterstützung durch molekularbiologische Daten für sich beanspruchen (während man die in den 1970er Jahren dominierende Archicoelomaten-Theorie auf dieser Basis als widerlegt betrachten muss)[25][26][27][28].

Eine bis heute schwierige Hürde für eine allgemeine Akzeptanz scheint zu sein, den signifikanten Unterschied in der Betrachtungsweise von Lebewesen zwischen der Frankfurter Evolutionstheorie und der klassischen Biologie zu erkennen. Während die klassische Biologie in Goethescher Anschauung die Lebewesen "ansieht" und "beschreibt", untersucht die Frankfurter Theorie die Lebewesen im Sinne hydraulischer energiewandelnder Konstruktionen. Das Ergebnis sind dann natürlich keine Abbilder der Lebewesen, sondern Konstruktionszeichnungen, sprich Modelle, die zur Erklärung und Untersuchung bestimmter Aspekte der Lebewesen dienen. Konstruktionszeichnungen repräsentieren keine Lebewesen, sondern eine biologisch-technische Darstellung der den Lebewesen zugrunde liegenden Körperkonstruktion. Die wesentlichen Ablehnungen der Frankfurter Evolutionstheorie basieren genau auf diesem Missverständnis und nicht etwa auf sachlicher Kritik an den methodischen Grundannahmen.

Literatur

  • Gutmann, W. F. (1972): Die Hydroskelett-Theorie. - Aufsätze und Reden der Senckenbergischen Naturforschenden Gesellschaft 21: 1-91.
  • Gutmann, W. F. (1989): Die Evolution hydraulischer Konstruktion – organismische Wandlung statt altdarwinistischer Anpassung. - 201 p., Frankfurt am Main (Kramer).
  • Gutmann, W. F. & Bonik, K. (1981): Kritische Evolutionstheorie – Ein Beitrag zur Überwindung altdarwinistischer Dogmen. - 227 p., Hildesheim (Gerster).
  • Gudo, M. & Grasshoff, M. (2002): The Origin and Early Evolution of Chordates: The 'Hydroskelett-Theorie’ and New Insights Towards a Metameric Ancestor. - Senckenbergiana lethaea 82: 325-346.
  • Syed, T. (2003): Wie neu ist die „New Animal Phylogeny“? – Eine mögliche Synthese morphologischer und molekularer Befunde zur Bauplan-Evolution. - Jahrbuch für Geschichte und Theorie der Biologie IX: 33-76.
  • Grasshoff, M. & Gudo, M. (2007): Die Evolution der Tiere. – Querschnitte: (7): 3-45.
  • Gudo, M. (2007): Die Frankfurter Evolutionstheorie: Neue Ansätze für die Evolutionsforschung. – Querschnitte: (6): 3-37.
  • Grasshoff, M. & Gudo, M. (2007): Die Evolution der Tiere – Poster im Format DIN A1, 4. Auflage. – Stuttgart (Schweizerbart‘sche Verlagsbuchhandlung).
  • Umfangreiche Liste von Publikationen zur Konstruktions-Morphologie.

Einzelnachweise

  1. Gutmann, W. F. 1989. Die Evolution hydraulischer Konstruktion – organismische Wandlung statt altdarwinistischer Anpassung. - 201 p., Frankfurt am Main (Kramer).
  2. Gutmann, W. F. & Bonik, K. (1981): Kritische Evolutionstheorie – Ein Beitrag zur Überwindung altdarwinistischer Dogmen. 227 p., Frankfurt am Main (Gerstenberg)
  3. Gutmann, W. F. 1972. Die Hydroskelett-Theorie. - Aufsätze und Reden der Senckenbergischen Naturforschenden Gesellschaft 21: 1-91
  4. PETERS, D. S. (1997): Anpassung – Kernpunkt oder Mißverständnis der Evolutionstheorie? – 73-82. in: BREMEN, Ü.-M. [ed.]. Bausteine der Evolution. 73-82 S., Gelsenkirchen/Schwelm (Edition Archaea).
  5. GRASSHOFF, M. (1994): Die Frankfurter Evolutionstheorie und die Begriff “Anpassung” und “Selektion”. – Natur und Museum, 124 (6): 196-198.
  6. Reichholf, J. H. (2011): Der Ursprung der Schönheit - Darwins größtes Dilemma, 2011. 302 S (C.H. Beck-Verlag)
  7. Weber, H. (1958): Konstruktionsmorphologie (posthum hrsg. von Max Hartmann). – Zoologische Jahrbücher, Abt. Allgemeine Zoologie und Physiologie, 68: 1-112.
  8. GUDO, M. (2002): The development of the critical theory of evolution: The scientific career of Wolfgang F. Gutmann. – Theory of Biosciences, 121 (1): 101-137.
  9. GUTMANN, M. & WEINGARTEN, M. (1999): Gibt es eine Darwinsche Theorie? Überlegungen zur Rekonstruktion von Theorietypen. – 105-130. in: BRöMER, R., HOßFELD, U. & RUPKE, N. A. [ed.]. Evolutionsbiologie von Darwin bis heute. 105-130 S., Berlin (VWB).
  10. GUTMANN, M. (1996): Die Evolutionstheorie und ihr Gegenstand – Beitrag der Methodischen Philosophie zu einer konstruktiven Theorie der Evolution. – 332 S., Berlin (VWB).
  11. Weingarten, M. (1992): Organismuslehre und Evolutionstheorie. 334 S., Verlag Dr. Kovac (Hamburg)
  12. GUTMANN, W. F. (1997): Autonomie und Autodestruktion der Organismen. – Jahrbuch für Geschichte und Theorie der Biologie, IV 149-178.
  13. GUTMANN, W. F. (1997): Globalisierungs-Rückwirkung auf den Bereich der klassischen Biologie und Paläontologie. – Natur und Museum, 127 (7): 209 -218.
  14. GUTMANN, W. F. (1997): Evolution von Organismen: das neue Paradigma der Frankfurter Theorie. – in: ALT, W. K. & TüRP, J. C. [ed.]. Die Evolution der Zähne – Phylogenie, Ontogenie, Variation. S., Berlin (Quintessenzverlag).
  15. Reicholf, J. (2004): Ist die Darwinsche Anpassung nur das Oberflächengekräusel der Evolution – in: Feige, W.; Edlinger, K & Fleck. G. [ed.]. Alternative Denk- und Forschungsansätze in Biologie und Medizin (Verlag Peter Lang).
  16. GRASSHOFF, M., BONIK, K., EDLINGER, K., GUTMANN, W. F., PETERS, D. S. & VOGEL, K. P. (1992): Die Evolution der Tiere. – Poster, Senckenberg-Museum Frankfurt am Main
  17. GRASSHOFF, M. & GUDO, M. (2001): Die Evolution der Tiere – Poster mit Erläuterungen. – 16 S. S., Frankfurt am Main.
  18. GRASSHOFF, M. & GUDO, M. (2007): Die Evolution der Tiere – Poster im Format DIN A1, 4. Auflage. – S., Stuttgart (Schweizerbart'sche Verlagsbuchhandlung).
  19. Georgy S. Levit (2001): Biogeochemistry - Biosphere - Noosphere. The growth of the theoretical system of Vladimir Ivanovich Vernadsky. In: Studien zur Theorie der Biologie, 4 (Verlag für Wissenschaft und Bildung) Berlin.
  20. GUDO, M. (2004): Ziele der Evolutionsforschung: Rekonstruktion organismischer Wandlung als Morphoprozess. – 207. in: FEIGL, W., FLECK, H. & EDLINGER, K. [ed.]. Jenseits des Mainstreams. Alternative Ansätze in Biologie und Medizin. 207 S., Frankfurt, Berlin, Bern, Bruxelles, New York, Oxford (P. Lang – Europ. Verlag der Wissenschaften).
  21. Reicholf, J. (2004): Ist die Darwinsche Anpassung nur das Oberflächengekräusel der Evolution? – in: Feige, W., Edlinger, K. & Fleck, G.: Jenseits des Mainstreams. Alternative Forschungsansätze in Biologie und Medizin. – (P. Lang) Frankfurt.
  22. Peters, D. S. & Peters, W. S. (1997): Anpassung – Kernpunkt oder Missverständnis der Evolutionstheorie? – :73-82, in: Bausteine der Evolution. Symposium Übersee-Museum Bremen 1995.
  23. Peters, D. S. (2003): Fast ein Durchbruch. – Jahrbuch für Geschichte und Theorie der Biologie, 9: 1-8.
  24. Kraus, O. (2010): Dominanz und Qualität. Rückblick auf 50 Phylogenetische Symposien. – Verh. Naturwiss. Verein Hamburg. NF 45: 9-15.
  25. SYED, T., GUDO, M. & GUTMANN, M. (2007): Die neue Großphylogenie des Tierreiches: Dilemma oder Fortschritt? – Denisia, 20 23-36.
  26. SYED, T. (2006): Zur Großphylogenie der Metazoa: Molekularbiologische Befunde ("New Animal Phylogeny") und morphologische Rekonstruktionen in der Synthese. – Unpublished Dissertation, Johann Wolfgang Goethe - Universität Frankfurt.
  27. SYED, T. (2003): Wie neu ist die "New Animal Phylogeny"? – Eine mögliche Synthese morphologischer und molekularer Befunde zur Bauplan-Evolution. – Jahrbuch für Geschichte und Theorie der Biologie, IX 33-76.
  28. PETERS, D. S. (2003): Fast ein Durchbruch. – Jahrbuch für Geschichte und Theorie der Biologie, IX 1-8.