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Aktionsgemeinschaft Unabhängiger Deutscher

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Die Aktionsgemeinschaft Unabhängiger Deutscher (Kurzbezeichnung: AUD) war eine nationalistisch-neutralistische politische Partei in der Bundesrepublik Deutschland.

Geschichte

Gründung

Die AUD wurde am 15./16. Mai 1965 in Homburg/Efze gegründet und war ein Zusammenschluss der drei extrem rechten nationalistischen Gruppierungen Deutsche Gemeinschaft (DG), Deutsche Freiheitspartei (DFP) (einer Abspaltung der Deutschen Reichspartei) und Teilen der „Vereinigung Deutsche Nationalversammlung“ (VDNV). Anlass zur Gründung der AUD war die Erfolglosigkeit nationalistischer Parteien bis Anfang der 1960er Jahre in der Bundesrepublik. Die AUD versuchte ähnlich wie die NPD alle nationalistischen Strömungen in einer Partei zu bündeln. Dabei lehnte sie die Ideologie der NPD ab, weil sie ihr als zu rückwärtsgewandt und zu eng an die NSDAP angelehnt erschien. Bei Wahlen blieb die AUD mit dieser Strategie zunächst weitgehend erfolglos.

Als Initiator der Gründung gilt der ehemalige FDP-Politiker Hermann Schwann, der für die nationalistisch-neutralistische Sammlungsbewegung ein deutlich breiteres Spektrum von der rechtsextremen NPD bis zur linken Deutschen Friedens-Union angestrebt hatte. Seine Versuche, Thomas Dehler, Oswald Adolph Kohut, Willy Max Rademacher (alle FDP) und Hubert Ney (CDU) anzuwerben, schlugen jedoch fehl.

Zu den Gründerpersönlichkeiten gehörten August Haußleiter, Mitbegründer der CSU in Bayern und Wolf Schenke, ehemals Mitglied der Reichsleitung der Hitler-Jugend und Herausgeber des HJ-Schulungsbriefes „Wille und Macht“. Schwann, der vorher in der VDNV war, führte die AUD bis 1968 als erster Vorsitzende. Stellvertreter waren im selben Zeitraum die bisherigen Vorsitzenden der DG Haußleiter und der DFP Oskar Lutz.

Seit 1965 wurde die AUD vom Verfassungsschutz beobachtet und in ihren Berichten unter der Rubrik Rechtsextremismus aufgeführt. 1969 hatte die AUD laut Verfassungsschutz zirka 1.500 Mitglieder.

Entwicklung

Bedeutung erlangte die AUD ab Anfang der 1970er Jahre mit dem Erstarken der Neuen Sozialen Bewegungen. Die AUD suchte nun die Nähe zur Ökologiebewegung und gab sich ein ökologisch orientiertes Programm. Außerparlamentarisch war die AUD im März 1974 Initiator der Demokratischen Lebensschutzbewegung. Auf dem AUD-Parteitag 1973 in Kassel deklarierte sie sich als „Partei des Lebensschutzes“. Ihr Ziel war es, parlamentarischer Arm der Umweltschutzbewegung zu werden. Dieses Ziel wurde jedoch bei der Bundestagswahl 1976 verfehlt, obwohl prominente Persönlichkeiten wie der Düsseldorfer Künstler Joseph Beuys auf der AUD-Liste kandidierten. Die inhaltliche Linkswende führte zu Parteiaustritten von Anhängern des nationalistischen Lagers der AUD.

Den Durchbruch auf der Wählerebene gab es mit der Landtagswahl in Bayern 1978. Die AUD bildete mit der von Herbert Gruhl neu gegründeten GAZ ein Wahlbündnis, das sich erstmals den Namen „Die Grünen“ gab. Die Liste kam auf landesweit 1,8 %. Ihr bestes Ergebnis erzielte sie in Freising, wo sie 4,8 % der Erst- und 3,7 % der Zweitstimmen erhielt.

Auflösung zu Gunsten der Grünen

Der Erfolg bei den bayerischen Landtagswahlen bewog die Initiatoren des Wahlbündnisses, diese Strategie für die Europawahl 1979 beizubehalten. Die AUD nahm Kontakt zum Bundesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz um Petra Kelly auf. Schließlich wurde auf dem Frankfurter Kongress im März 1979 die politische Vereinigung „Die Grünen“ für die Europawahl aus der Taufe gehoben. Beteiligt waren neben der AUD die Grüne Liste Umweltschutz (GLU), die Grüne Aktion Zukunft (GAZ) und die Grüne Liste Schleswig-Holstein (GLSH) sowie einige Einzelkandidaten. Diese bei den Europawahlen als „Sonstige Politische Vereinigung“ geführte Listenverbindung konnte mit 3,2 % einen ersten Erfolg verbuchen. Im November 1979 kam es anschließend in Offenbach zur Vorbereitung des Gründungskongresses der Grünen, der im Januar 1980 in Karlsruhe stattfinden sollte. Hierbei nahm die ursprünglich aus dem nationalen Lager stammende AUD eine vermittelnde Position zwischen dem rechten und dem linken Flügel ein. Möglich war das durch ihre kapitalismuskritische Haltung.

Am 27. April 1980 erfolgte – unter anderem nach einer programmatischen Wendung in Richtung Ökologie – ein Auflösungsbeschluss zugunsten der im Januar gegründeten Partei Die Grünen. AUD-Gründer August Haußleiter wurde Parteisprecher und gab zunächst die Parteizeitung "Die Grünen" heraus. Ehemalige AUD-Mitglieder wurden Vorsitzende der beiden süddeutschen Landesverbände der GRÜNEN, so dass vor allem dort deren Einfluss zur Zeit der grünen Gründerjahre zu berücksichtigen ist.

Wahlen

Personen

  • Joseph Beuys (1921–1986), Bildhauer und Künstler, 1976 Spitzenkandidat der AUD bei den Bundestagswahlen in Nordrhein-Westfalen; erhielt in seinem Wahlkreis Düsseldorf-Oberkassel 600 Stimmen (3 %)
  • Dieter Burgmann (* 1939), bayerischer Landesvorsitzender der AUD und späterer Bundessprecher der GRÜNEN
  • Walter Harless, Mitbegründer der AUD, später Kreisvorsitzender der GRÜNEN in München
  • Wolf-Dieter Hasenclever, später Fraktionsvorsitzender der GRÜNEN im Landtag von Baden-Württemberg (1980–1983) sowie ab 1979 Vorsitzender der Grünen in Baden-Württemberg, heute FDP
  • August Haußleiter, Vorsitzender der AUD und späterer Bundessprecher der GRÜNEN
  • Herbert Rusche, zunächst im Vorstand des AUD-Kreisverbandes Offenbach, 1981–1983 Landesgeschäftsführer der GRÜNEN Hessen, 1985–1987 MdB für die Grünen, 2001 Austritt bei den Grünen, seit 2009 Mitglied der Piratenpartei Deutschland
  • Hermann Schwann, ehemaliger FDP-Bundestagsabgeordneter
  • Baldur Springmann, in den 1970er Jahren schleswig-holsteinischer Landesvorsitzender der AUD und in dieser Zeit in verschiedenen Umweltschutzvereinigungen und in der Anti-AKW-Bewegung aktiv; er gehörte zu den Mitbegründern der GRÜNEN und später der ödp.
  • Horace Greely Hjalmar Schacht (1877–1970), ehemaliger Reichsbankpräsident (1933–1939) und Reichwährungskommissar, 1965 Mitbegründer der AUD[1]

Literatur

  • Günterv Olzog, H.-J. Liese: Die politischen Parteien in der Bundesrepublik Deutschland. München 1980
  • Richard Stöss: Vom Nationalismus zum Umweltschutz. Die Deutsche Gemeinschaft/Aktionsgemeinschaft Unabhängiger Deutscher im Parteiensystem der Bundesrepublik. Opladen 1980
  • Richard Stöss: Die Aktionsgemeinschaft Unabhängiger Deutscher. In: Richard Stöss (Hrsg.): Parteien-Handbuch. Die Parteien der Bundesrepublik Deutschland 1945–1980. Westdeutscher Verlag, Opladen 1983

Einzelnachweise

  1. Parteienhandbuch von Stöss (1986 [1983]: 314, FN 12)