Thermolumineszenzdatierung
Thermolumineszenz wird die Eigenschaft eines Stoffes genannt, bei erstmaligem Erhitzen nach längerer kalter Zeit Licht abzugeben. Die dafür nötige Energie wurde vorher in angeregten metastabilen Elektronenzuständen gespeichert. Der dabei ablaufende Prozess ist ähnlich zu anderen Lumineszenzen und wird dort genauer beschrieben.
Entdeckung
Der grundlegende Effekt wurde von Robert Boyle 1664 beschrieben. Das Drummondsche Licht beruht z.T. auf Thermolumineszenz. Erste moderne Anwendungen in den 1950er Jahren, in der Archäologie auf Keramik durch E. K. Ralph & M. C. Han / Philadelphia 1966 und M. J. Aitken / Oxford 1968.
Grundlage
Beim Erhitzen emittieren Körper zunächst Wärmestrahlung, dann auch sichtbares Licht. In bestimmten Fällen zeigen Festkörper bereits bei tieferen Temperaturen zusätzliche Lichtemissionen. Diese zusätzliche Strahlung tritt nur beim erstmaligen Erhitzen auf. Es handelt sich um die einmalige Freisetzung von Energie, die im jeweiligen Festkörper gespeichert war. Diesen Vorgang nennt man Thermolumineszenz (TL).
Archäologische Anwendung
Prinzip der Thermolumineszenzdatierung, das heißt der Altersbestimmung von Keramikobjekten oder anderweitig gebrannten Artefakten: Geringe Mengen radioaktiver Substanzen in der Keramik bzw. ihren Rohstoffen setzen beim Zerfall Energie frei, wodurch der TL-Effekt aufgeladen wird (innere Quellen); zudem trägt - je nach Lagerung der Funde im Boden - das Sonnenlicht oder das umgebende Sediment zu dieser Aufladung bei (äußere Quellen). Je älter die Probe, desto stärker der TL-Effekt, der dann beim Messen einmalig beobachtbar ist. Beim Brennen der Keramik, d.h. bei der Herstellung, wird die TL-Uhr auf “0” gesetzt. Danach setzt wieder die skizzierte “Aufladung” ein, so dass die TL-Messung an Keramik und gebrannten Artefakten die Stücke datiert.
Innere Probleme der Thermolumineszenz als Methode der archäologischen Altersbestimmung
Das Messverfahren ist relativ kompliziert. Man benötigt:
- Messungen der Radioaktivität des Fundorts und der Scherbe
- eine Kenntnis des (regional / lokal unterschiedlichen) Spektrums der betreffenden radioaktiven Isotope und deren Zerfallszeit
- Sicherheit und Kenntnis über die sachgerechte Bergung / Entnahme / Lagerung der Proben.
Der ganze Prozess inklusive der Probenentnahme erfolgt vernünftigerweise durch die TL-Experten selbst. Die Genauigkeit der Methode ist begrenzt. Sie liegt bei ca. ± 10 % des geschätzten Alters der Probe.
Reichweite
Die Reichweite hängt auch von den gemessenen Objekten ab. Sie beträgt sicher mehr als 50.000 Jahre, unter bestimmten Voraussetzungen wurden auch 500.000 Jahre erreicht.
Bedeutung für die Archäologie
Als Ergänzung zur Radiokarbonmethode (auch: C14-Datierung) wichtig und überall dort, wo Datierungen jenseits der begrenzten Reichweite von C14 benötigt werden, oder wo kein organisches Material zur Verfügung steht.
Andere Anwendungen der Thermolumineszenz
- TL-Messungen können auch in der Photosyntheseforschung wichtige Informationen liefern. Auch hier entstehen, nach Anregung mit Licht, metatstabile Radikalpaare, die durch Wärmezufuhr rekombinieren. Peaktemperatur und Ausmaß des emittierten Lichtes lassen Rückschlüsse auf den Zustand des Photosyntheseapparates zu.
- Eine weitere Anwendung findet die Thermolumineszenz in der (Personal-)Dosimetrie. Dabei wird die lumineszierende, thermisch stimulierte Rekombination von durch ionisierende Strahlung erzeugten, bei Raumtemperatur stabilen Defekten in sehr empfindlichen Materialien, wie z.B. Lithiumfluorid, als Maß für die aufgenommene Dosis bestimmt.
Vorteile der Thermolumineszenz als Methode der Dosimetrie
- Asynchrone Auswertung: Die absorbierte Strahlenenergie bleibt über lange Zeiträume nahezu verlustfrei (<5%) im Dosimeterkristall gespeichert und kann so auch noch nach Jahren exakt ermittelt werden.
- Die Dosimeterkristalle sind vergleichsweise einfach und kostengünstig herzustellen und können mehrfach verwendet werden.
- Die typischerweise verwendeten Materialien (zB LiF) sind hitze- und säureresistent und wasserunlöslich, was die Strahlenerfassung auch unter ungünstigen Umweltbedingungen ermöglicht (z.B. Weltraumdosimetrie)
Verwandte Verfahren
Nach dem gleichen Wirkungsprinzip wie die Thermoluminiszenz arbeiten weitere Verfahren, die sich vor allem durch die Frequenz der von außen zugeführten, stimulierenden Strahlung unterscheiden:
- Optisch Induzierte Luminiszenz (OSL; en: Optically Induced Luminescence) mit Hilfe von Licht aus dem sichtbaren Bereich des Spektrums. Anwendbar bei Quarz und Feldspat, d.h. bei ehemals dem Sonnenlicht oder einer Erhitzung ausgesetzten Gesteinen (Sandstein, Granit) und insbesondere quarzhaltigen Sedimenten.
- Infrarot Stimulierte Luminiszenz (IRSL; en: Infrared Stimulated Luminescence) mit Hilfe von Infrarotlicht.
- Radioluminiszenz (RL; en: Radioluminescence) mit Hilfe von ionisierender Strahlung.
Literatur
- M. J. Aitken: Science-based dating in archaeology. London, New York 1990, pp. 141-175.
- B. Hrouda: Methoden der Archäologie: Eine Einführung in ihre naturwissenschaftlichen Techniken. München 1978, pp. 151-161.