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Schottisch-gälische Sprache

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Schottisch-Gälisch (auch Gälisch, Ersisch oder Schottische Sprache)

Gesprochen in

Schottland (UK), Kanada (in Nova Scotia; nur noch sehr selten)
Sprecher 76.000
Linguistische
Klassifikation
Offizieller Status
Amtssprache in nirgendwo Amtssprache
Sprachcodes
ISO 639-1

ISO 639-2 (B) – (T) –

Die schottisch-gälische Sprache, (Gàidhlig /gaːl´ig´/; veraltet auch „Ersisch“) gehört zu den keltischen Sprachen und wird heute auf Inseln der inneren und äußeren Hebriden, im Westen des schottischen Hochlandes sowie in Glasgow gesprochen. Nicht alle Sprecher, vor allem in Glasgow, sind allerdings Muttersprachler oder Erstsprecher. Praktisch alle Sprecher beherrschen auch das Englische.

Sie gehört zum goidelischen Zweig der inselkeltischen Sprachen und ist eng mit dem Irischen und dem Manx verwandt. Die enge Verwandtschaft mit der irischen Sprache erklärt sich aus der Einwanderung von Skoten aus Irland nach Schottland seit dem 4. Jahrhundert.

Schottisch-Gälisch ist nicht mit dem Scots zu verwechseln, das sich aus dem Angelsächsischen entwickelt hat und somit zu den germanischen Sprachen zählt. Die veraltete Bezeichnung „Ersisch“ bezieht sich darauf, dass das Schottisch-Gälische mindestens bis ins 17. Jahrhundert selbst von Muttersprachlern (z. B. von Martin Martin) als „Irisch“ bezeichnet wurde. Dies lag für die damaligen Sprecher vermutlich nahe, da das Irische bis in diese Zeit als Schriftsprache für das Schottisch-Gälische diente. Der Name „Ersisch“ (engl. „Erse“) selbst ist eine Verballhornung des Wortes Irish.

Geschichte

Etwa im 4. Jahrhundert sind irischsprachige Bevölkerungsgruppen, vorwiegend aus dem Kleinkönigtum der Dál Riata im Norden Irlands, ins nahe Schottland ausgewandert und haben sich dort dauerhaft angesiedelt. Jahrhundertelang existierten zwei kleine Reiche dieses Namens, eines in Irland und eines in Schottland. Zwar konnten die Einwanderer den weitaus größten Teil des schottischen Territoriums erobern, jedoch wurde Schottland in seiner Geschichte nie vollständig irisch- bzw. gälischsprachig.

Die kulturellen Beziehungen nach Irland blieben bis ins 17. Jahrhundert sehr eng. Durch das gesamte Mittelalter hindurch wurde die weitgehend standardisierte irische Schriftsprache verwendet. Erste Belege für eine eigenständige Entwicklung des Schottisch-Gälischen sind im Book of Deer (wohl 10. Jahrhundert) enthalten. Aus dessen unregelmäßiger Orthographie gehen einige Hinweise auf eine eigenständige schottische Aussprache hervor. Es kann jedoch nicht sicher davon ausgegangen werden, dass zu dieser Zeit schon von einer eigenständigen Sprache die Rede sein kann. Zu dieser Zeit bildet das Schottisch-Gälische wohl lediglich einen Dialekt des Irischen. Erst das sogenannte Book of the Dean of Lismore aus dem frühen 16. Jahrhundert stellt einen sicheren Beleg dafür dar, dass sich das schottische vom irischen Gälisch soweit entfernt hat, dass zwei eng verwandte, aber getrennte Sprachen vorliegen. Diese Sammelhandschrift enthält Textpassagen in schottisch-gälischer Sprache, die in einer Orthographie geschrieben sind, die sich stark an der damaligen Aussprache des Scots orientiert. Durch diesen quasi „externen“ Blick auf die Sprache ergeben sich direkte Einblicke in die Aussprache der Zeit, die bei Verwendung der üblichen Orthographie so nicht möglich wären. Heute wird im Allgemeinen davon ausgegangen, dass die sprachliche Abtrennung des Schottischen vom Irischen zwischen dem 10. und dem 12. Jahrhundert begann, von einer eigenständigen Sprache aber erst ab dem 14. oder 15. Jahrhundert die Rede sein kann.

Während das Schottisch-Gälische aus den südlichen und östlichen Gebieten Schottlands zum Teil bereits im Laufe des Mittelalters verdrängt wurde, setzte die Anglisierung in den westlichen Highlands erst im 18. und 19. Jahrhundert ein. Dieses Zurückdrängen der angestammten Sprache wurde vor allem durch äußere Einflüsse verursacht, beginnend mit dem Zusammenbrechen der Clan-Gesellschaft nach 1745 und besonders verstärkt nach Einführung der allgemeinen Schulpflicht im Jahre 1872 mit ausschließlicher Verwendung der englischen Sprache (die Verwendung des Gälischen im Unterricht oder auf dem Schulgelände wurde sogar oft bestraft).

Heutige Verbreitung

Die Zahl der Sprecher beträgt gemäß der Volkszählung von 2001 etwa 58.000. Das sind ungefähr 1,5 Prozent der Bevölkerung Schottlands. Als tägliche Umgangssprache wird Gälisch noch in abgelegeneren Gebieten der Hebriden und einigen wenigen Distrikten an der Nordwestküste des Hochlandes verwendet. In Glasgow (schott.-gäl. Glaschu, Ausspr. [ˈglasəxu]) gibt es für eine Stadt verhältnismäßig viele Sprecher des Gälischen. Dort existiert auch eine gälischsprachige Vorschule und Schule, die es sich zur Aufgabe gemacht hat, die gälische Sprache auch bei der jüngeren Generation zu fördern. Neben einer Handvoll wirklich zweisprachiger Grundschulen auf den Äußeren Hebriden wird Gälisch im Unterricht vor allem in sogenannten Gaelic-medium units (GMU) an 61 Primary Schools mit fast 2000 Schülern (Stand 2005) verwendet. Von diesen Schulen befanden sich 25 auf den Western Isles, 18 in Highland und 6 in Argyll and Bute. Die Altersstruktur und damit die Prognose der Sprache für die Zukunft ist nach wie vor eher ungünstig, da sie meist nur noch von Leuten über 40 Jahren im täglichen Gebrauch benutzt wird. Dennoch gibt es erfolgreiche Bestrebungen, das Gälische zu pflegen; so wird von der BBC und Scottish Television regelmäßig ein gälisches Programm (Kultur, Kindersendungen, u. ä.) mit englischen Untertiteln ausgestrahlt. Alle Sprecher des Gälischen sind bilingual (Englisch).

Trotz der engen Verwandtschaft zum Irischen können Sprecher der jeweiligen anderen Sprache nicht ohne Probleme miteinander kommunizieren, weshalb sie oft gezwungen sind, als Lingua franca auf das Englische auszuweichen. Ferner wird schottisches Gälisch in Nova Scotia in Kanada gesprochen.

Besonderheiten der Sprache

Zu den Besonderheiten der schottisch-gälischen Sprache zählen, ähnlich wie bei anderen keltischen Sprachen, bes. dem Irischen und dem Manx, u. a. die Lenierung (etwa „Aufweichung“), die Nasalisierung sowie die Satzstellung (Prädikat – Subjekt – Objekt). Fragen werden durch bestimmte Fragepartikeln gebildet. Ähnlich wie in manchen nordeuropäischen Sprachen werden stimmlose Verschlusslaute prä-aspiriert (vorbehaucht): tapadh leat – („danke dir“): /'taxpa 'l´at/

Lenierung:

Begriff Aussprache Übersetzung
màthair -ma:her- [maːheð] Mutter
mo mhàthair -mo va:her- [mo vaːheð] meine Mutter
an cù -an ku:- [ən kuː] der Hund
do chù -do xu:- [do xuː] dein Hund
tha mi brònach -ha mi bronax- [ha mi ˈbrɔːnəx] bin-ich-traurig = ich bin traurig.
tha mi glè bhrònach -ha mi gle: vronax- [ha mi gleː ˈvrɔːnəx] bin-ich-sehr-traurig = ich bin sehr traurig.
A bheil thu brònach? -a vel u bronax- [a vʲelʲ u ˈbrɔːnəx] Fragepartikel-bist-du-traurig? = Bist du traurig?

Grammatik

Ein kurzer Abriss über die Grammatik: Das schottische Gälisch ist, verglichen mit seiner direkten Vorstufe, dem Altirischen, einfacher; viele Dinge werden jedoch durch Idiome ausgedrückt, z. B. „X hat Y“ durch „X ist bei Y“ oder „X ist krank“ durch „Krankheit ist auf X“. Anders als andere indoeuropäische Sprachen besitzt Schottisch-Gälisch keinen Infinitiv, jedoch ein Verbalnomen, das viele Aufgaben des Infinitivs übernimmt. Eine Eigentümlichkeit ist auch das habituelle Konzept für Tätigkeiten, die regelmäßig wiederkehren oder allgemeingültige Fakten darstellen („die Erde ist rund“, „sie geht jeden Tag zur Arbeit“).

Phonologie

  • 18 Buchstaben drücken (durch Kombinationen) 88 Laute (Phoneme) aus
  • Lenierung (Weichmachung, gehört zu den Anlautmutationen) verändert Plosive (b, p, t zu [v], [f], [h]), Nasale (m zu [v]), Frikative (f, s zu [], [h]); verursacht wird sie z. B. durch grammatikalische Regeln, Unterscheidung der Genera, Kasus, bestimmte Präpositionen und vieles andere, wobei einige Fälle semantische Auswirkungen haben (z. B. Unterscheidung maskulin/feminin bei der 3. Person singular), andere nicht (z. B. Lenierung nach ro)
  • im Irischen noch erkennbare Nasalisierung existiert nur noch als Echo, z. B. an còmhnaidh [ən ̃gɔːniː] statt [ən kɔːniː]
  • stimmlose Plosive (p, t, c) erfahren in den meisten Dialekten eine Präaspiration (tapadh: [taʰpə]); auf Arran, an der Nordseeküste und in anderen Dialekten fehlt diese Präaspiration; daneben existieren mehrere Varianten: [hp, ht, hk], [xp, xt, xk] (Lewis), [p, t, xk], [hp, ht, xk]
  • zwei Laute sind im Deutschen nicht geläufig: ao: [ɯ] und dh/gh: [χ]

Verben

  • es gibt keinen Infinitiv; nichtfinite Verbformen sind: Verbalnomen, Partizip Perfekt und Imperativ
  • Verben werden bestimmt durch Person/Numerus (nur im Konjunktiv), Modus (Indikativ/Konjunktiv), Genus Verbi (Aktiv/Passiv) und Tempus; daneben existieren eine unabhängige und eine abhängige Verbform (letztere ist jedoch nur bei unregelmäßigen Verben verschieden von ersterer)
  • das Verb dient als Antwort bei Ja/Nein-Fragen, indem es in der positiven bzw. negativen Form wiederholt wird: „gingst Du“ – „ging“ (an deach thu?chaidh)
  • zwei Formen des Verbes „sein“: Verbum Substantivum „bi“ und Kopula „is“
    • Verbum Substantivum dient der Charakterisierung eines Substantives durch Adjektive und Phrasen: „X ist ...“
    • Kopula dient der Identifikation und Definition, dem Verbinden zweier Substantive: „X ist ein Y“
  • Tempora
  • 10 unregelmäßige Verben (neben Verbum Substantivum und Kopula); dies sind gleichzeitig die am häufigsten gebrauchten Verben
  • im Konjuktiv 1. Person Singular/Plural verschmelzen Verb und Personalpronomen zu einem Wort: sgrìobhinn (ich schriebe)
  • habituelle, wiederkehrende Aktivitäten in der Gegenwart werden durch das einfache Futur ausgedrückt, bzw. in der Vergangenheit durch Konjunktiv

Substantive

Adjektive

  • bis auf wenige Ausnahmen steht das Adjektiv hinter dem Substantiv, das es beschreibt

Präpositionalpronomen

Numeralia

  • seit früher Zeit existieren bei den Zahlen von 11 bis 99 zwei Systeme nebeneinander: ein Zehnersystem und ein Zwanzigersystem; das Zehnersystem wird heutzutage jedoch nur in der Schule gelehrt und benutzt
  • neben Kardinalzahlen und Ordinalzahlen existieren eigene Zahlwörter für Personen von 1 bis 10
  • der indoeuropäische Dual ist noch erkennbar: Auf das Wort für „zwei“ folgt fast immer der Singular, jedoch folgt der Plural bei manchen Substantiven, die paarweise auftretende Körperteile bezeichnen. Außerdem leniert . Zusätzlich gibt es, wie im Deutschen, ein Paar (dithis).

Language Code

Der Language Code ist GD (nach ISO 639-1) oder GLA (nach ISO 639-2).

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