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Stiftung Ettersberg

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Sitz der Stiftung Ettersberg

Die Stiftung Ettersberg ist eine gemeinnützige Stiftung bürgerlichen Rechts mit Sitz in Weimar. Die Stiftung dient der deutschen und internationalen wissenschaftlichen Forschung zu Entstehung, Erscheinungsformen und Überwindung von Diktaturen in Europa sowie der Unterstützung von Initiativen zu ihrer geschichtlichen Überwindung. Sie arbeitet die SED-Diktatur wissenschaftlich auf und setzt dies in politische Bildungsarbeit um. Sie verbindet dies mit der Betreibung der Gedenk- und Bildungsstätte Andreasstraße Erfurt als authentischen und würdigen Ort des öffentlichen und individuellen Erinnerns an die Opfer und die Überwindung der SED-Diktatur in Thüringen.

Geschichte

Die Idee zur Gründung der Stiftung Ettersberg geht auf den 2011 verstorbenen spanischen Schriftsteller und Regisseur Jorge Semprún zurück, der als ehemaliger Buchenwaldhäftling erstmals 1994 anlässlich der Verleihung des Friedenspreises des Deutschen Buchhandels anregte, den Ettersberg, auf dem das KZ Buchenwald und anschließend das sowjetische Speziallager Nr. 2 errichtet wurden, als Bezugspunkt der doppelten Diktaturerfahrung der Deutschen in europäischer Perspektive fruchtbar zu machen und in den Dienst der demokratischen Entwicklung in Mittel- und Osteuropa und der europäischen Integration zu stellen. 2002 rief der damalige Thüringer Ministerpräsident Bernhard Vogel die Stiftung Ettersberg mit Sitz in Weimar als Stiftung bürgerlichen Rechts ins Leben.

Auftrag und Aufgaben

Die Stiftung Ettersberg wurde zunächst der vergleichenden Erforschung europäischer Diktaturen des 20. Jahrhunderts und ihrer demokratischen Transformation gewidmet. Sie soll zur historischen Aufarbeitung und der vergleichenden Analyse von Diktaturen faschistischer, nationalsozialistischer und kommunistischer Provenienz sowie autoritärer Regime beitragen, ihre Herrschaftsmechanismen und die sie tragenden Kräfte, aber auch die Bedeutung von Opposition und Widerstand gegen autoritäre und totalitäre Unterdrückung herausarbeiten und die Erinnerung an die Opfer diktatorischer Gewalt wach halten. Sie soll sich darüber hinaus mit den Problemen der „Bewältigung“ von Vergangenheit, mit Fragen des Übergangs von der Diktatur zur Demokratie und den Stabilitätsbedingungen freiheitlicher Demokratie beschäftigen.

Die Stiftung Ettersberg führt in europäischer Perspektive internationale Symposien, wissenschaftliche Fachtagungen und Kolloquien durch, deren Ergebnisse in einer eigenen Schriftenreihe und in einer Broschürenreihe "Kompakt" publiziert werden. Sie konzipiert eigene Ausstellungen und führt einen jährlichen Schülerwettbewerb zum Thema „Diktaturerfahrung und demokratische Umbrüche in Deutschland und Europa“ durch.

Seit 2012 betreibt die Stiftung darüber hinaus den Aufbau der Gedenk- und Bildungsstätte Andreasstraße in Erfurt im Gebäude einer ehemaligen Untersuchungshaftanstalt des MfS. Dieser Ort steht gleichermaßen für die Repression in der SED-Diktatur als auch für die Befreiung von der Diktatur, denn dort fand am 4. Dezember 1989 die erste Besetzung eines MfS-Objektes in der DDR statt.

In der Gedenk- und Bildungsstätte Andreasstraße wird das Gedenken an die Opfer der Gewaltherrschaft an einem authentischen Ort verknüpft mit der komplexen Auseinandersetzung mit der SED-Diktatur und der Erziehung zur freiheitlichen Demokratie, die in die europäisch vergleichende Diktaturforschung eingebettet werden. Auf diese Weise soll ein lebendiger Ort der Demokratieerziehung in Auseinandersetzung mit der diktatorischen Vergangenheit in europäisch-demokratischer Perspektive entstehen, der kommenden Generationen Orientierung geben kann.

Organe & Gremien

Leitende Organe der Stiftung Ettersberg sind der Vorstand und der Stiftungsrat. Vorstandsvorsitzender ist Hans-Joachim Veen (Weimar/Trier), stellvertretender Vorsitzender ist Volkhard Knigge (Weimar/Jena), Vorstandsmitglied ist Torsten Oppelland (Jena).

Mitglieder des Stiftungsrates sind seit 2012 Hans-Peter Schwarz (Vorsitzender), Thomas Deufel (Stellv. Vorsitzender), Ulrich Grünhage, Eckhard Jesse, Karin Kaschuba, MdL, Klaus von der Krone, MdL, Gilbert Merlio, Ehrhart Neubert, Hildigund Neubert, Lutz Niethammer, Mária Schmidt, Karl Schmitt, Hartmut Schubert sowie Robert Traba. Ehrenmitglieder des Stiftungsrates sind Jorge Semprún † und Bernhard Vogel.

Gremien der Stiftung sind der wissenschaftliche Beirat und der Beirat für Aufarbeitung.

Mitglieder des wissenschaftlichen Beirats sind seit 2012 Peter Maser (Vorsitzender), Rainer Eckert, Günther Heydemann, Silke Satjukow, Alexander Thumfart und Joachim von Puttkamer.

Mitglieder des Beirats für Aufarbeitung sind seit 2013 Franz-Josef Schlichting (Vorsitzender), Horst Dornieden, Michael Haspel, Andrea Herz, Anna Kaminsky, Frank König, Roland J. Lange, Manfred May, Wolf-Dieter Meyer, Matthias Sengewald, Gabriele Stötzer und Lolo Richard Völker.

Publikationen

In der Schriftenreihe der Stiftung Ettersberg Europäische Diktaturen und ihre Überwindung sind seit 2003 im Böhlau Verlag erschienen:

  • Hans-Joachim Veen (Hg.): Nach der Diktatur. Demokratische Umbrüche in Europa – zwölf Jahre später. (Band 1, 2003.)
  • derselbe (Hg.): Die abgeschnittene Revolution. Der 17. Juni 1953 in der deutschen Geschichte. (Band 2, 2004.)
  • Ehrhart Neubert und Thomas Auerbach: „Es kann anders werden“. Opposition und Widerstand in Thüringen 1945–1989. (Band 3, 2005.)
  • Hans-Joachim Veen (Hg.): Alte Eliten in jungen Demokratien? Wechsel, Wandel und Kontinuität in Mittel- und Osteuropa. (Band 4, 2004.)
  • Henning Pietzsch: Jugend zwischen Kirche und Staat. Geschichte der kirchlichen Jugendarbeit in Jena 1970–1989. (Band 5, 2005.)
  • Volkhard Knigge und Ulrich Mählert (Hg.): Der Kommunismus im Museum. Formen der Auseinandersetzung in Deutschland und Ostmitteleuropa. (Band 6, 2005.)
  • Peter März und Hans-Joachim Veen (Hg.): Woran erinnern? Der Kommunismus in der deutschen Erinnerungskultur. (Band 8, 2006.)
  • Eva Ochs: „Heute kann ich das ja sagen“. Lagererfahrungen von Insassen sowjetischer Speziallager in der SBZ/DDR. (Band 9, 2006.)
  • Michael Ploenus: „...so wichtig wie das tägliche Brot“. Das Jenaer Institut für Marxismus-Leninismus 1945–1990. (Band 10, 2007.)
  • Peter Wurschi: Rennsteigbeat. Jugendliche Subkulturen im Thüringer Raum 1952–1989. (Band 11, 2007.)
  • Hans-Joachim Veen, Ulrich Mählert und Peter März (Hg.): Wechselwirkungen Ost–West. Dissidenz, Opposition und Zivilgesellschaft 1975 bis 1989. (Band 12, 2007.)
  • Hans-Joachim Veen, Ulrich Mählert und Franz-Josef Schlichting (Hg.): Parteien in jungen Demokratien. Zwischen Fragilität und Stabilisierung in Ostmitteleuropa. (Band 13, 2008.)
  • dieselben (Hg.): Kirche und Revolution. Das Christentum in Ostmitteleuropa vor und nach 1989. (Band 14, 2009.)
  • dieselben (Hg.): Die Folgen der Revolution. 20 Jahre nach dem Kommunismus. (Band 15, 2010.)
  • Maciej Górny: Die Wahrheit ist auf unserer Seite. Nation, Marxismus und Geschichte im Ostblock. (Band 16, 2011.)
  • Volkhard Knigge, Hans-Joachim Veen, Ulrich Mählert, Franz-Josef Schlichting (Hg.): Arbeit am europäischen Gedächtnis. Diktaturerfahrung und Demokratieentwicklung (Band 17, 2011)
  • Hans-Joachim Veen (Hg.): Zwischenbilanzen. Thüringen und seine Nachbarn nach 20 Jahren (Band 18, 2012)

Wanderausstellungen

Die Stiftung Ettersberg präsentiert vier Wanderausstellungen in verschiedenen Städten Deutschlands und in Polen:

  • „Wo das Unrecht alltäglich ist, wird Widerstand zur Pflicht“ – Opposition und Widerstand in der DDR.
  • Der Schrei nach Freiheit – Der 17. Juni 1953 in Thüringen.
  • Die Rückkehr der Demokratie – Die demokratischen Revolutionen in Ostmitteleuropa 1989–1991.
  • Polen und Deutsche gegen die kommunistische Diktatur. (Gemeinsam mit IPN Krakau)

www.stiftung-ettersberg.de