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Schengener Informationssystem

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Das Schengener Informationssystem (SIS) ist eine nichtöffentliche Datenbank, in der Personen und Sachen im Schengen-Raum zur Fahndung ausgeschrieben werden. Zugriffsberechtigt sind nur Sicherheitsbehörden in Schengen-Ländern. Rechtsgrundlage ist das Schengener Übereinkommen und die dazugehörigen Durchführungsvereinbarungen.

Allgemein

Das SIS enthält mehrere Millionen Fahndungsdatensätze, davon betreffen etwa eine Million zur Aufenthaltsermittlung ausgeschriebene Personen (Ausländer, die mit einem Aufenthaltsverbot für den Schengen-Raum belegt wurden, per Haftbefehl gesuchte Straftäter, Zeugen, Vermisste) und der Rest Sachen (verlorene/gestohlene Ausweise, Waffen, Kraftfahrzeuge, Banknoten).

Da die Fahndungsdaten sofort nach dem Einspeichern im gesamten Schengen-Raum direkt abrufbar sind, können die Ermittlungsbehörden schneller reagieren und es entfallen zeitraubende Anfragen an ausländische Dienststellen. Der elektronische Fahndungsverbund unterscheidet die SIS-Ausschreibungen von den Interpol-Fahndungen, die zwar ebenfalls elektronisch verbreitet werden, aber in einem weiteren Schritt in jedem Mitgliedsland in das nationale EDV-Fahndungssystem übergeführt werden müssen.

Zugriffsberechtigte Bundes- und Landespolizeidienststellen (sowie einige andere Behörden) rufen die Datensätze über stationäre Stand-alone-Computer ab. Der mobile Zugriff über Terminals (Notebooks) in Einsatzfahrzeugen ist in Planung und teilweise in Erprobung. Damit können bei der Kontrolle einer verdächtigen Person oder eines verdächtigen Fahrzeugs bestehende Ausschreibungen ohne Zeitverzögerung erkannt werden.

In jedem Land ist ein sogenanntes SIRENE-Büro (Supplementary Information Request at the National Entry) eingerichtet, das als nationaler Terminal der Datenbank und als Ansprechpartner für ergänzende Anfragen fungiert. Zusatzauskünfte werden benötigt, weil die Abwicklung von Fahndungen, insbesondere im Justizbereich, in den einzelnen Ländern unterschiedlich geregelt ist. Anfragen werden rasch und effizient in Form von vorgegebenen Datenblättern übermittelt, bei denen unabhängig von der verwendeten Sprache sofort klar ist, welches Eingabefeld welche Informationen enthält (z. B. Feld 006 - Familienname, 016 - Kfz-Kennzeichen, 033 - zuständige Behörde im ausschreibenden Land, 041 - Tatvorwurf, 044 - Sachverhaltsdarstellung, 081 - gewünschte Auskunft oder Maßnahme, 088 - ergriffene Maßnahme usw.).

Die Voraussetzungen für die Aufnahme von Fahndungen in das SIS sind in den Schengen-Verträgen und den nationalen Rechtsvorschriften festgelegt. Im SIS ausgeschriebene Personen und Sachen müssen zugleich auch national zur Fahndung ausgeschrieben sein, in Deutschland im INPOL. An den datenschutzrechtlichen Bestimmungen haben die deutschen Bundes- und Landesdatenschutzbeauftragten mitgewirkt. In Deutschland gelten jetzt für die Ausschreibung von Straftätern im SIS weit strengere Rechtsvorschriften als für INPOL-Ausschreibungen. Oft veranlasst ein Gericht die Ausschreibung einer Person zunächst nur für den Schengen-Raum und erweitert den Fahndungsbereich (über Interpol) erst dann, wenn Hinweise auf Reisebewegungen außerhalb der Schengen-Länder eingehen.

Schengener Informationssystem II (SIS II)

Mittlerweile gilt das in den 90er Jahren aufgebaute SIS I als technisch veraltet. An das System, das ursprünglich nur für sieben Länder (Belgien, Deutschland, Frankreich, Luxemburg, Niederlande, Spanien und Portugal) konzipiert war, können nicht mehr als 18 Staaten technisch angebunden werden. Alle 25 EU-Mitgliedstaaten der seit 1. Mai 2004 erweiterten EU sowie Norwegen und Island, die beide am SIS I teilnehmen, könnte das System nicht mehr bedienen. Es ist daher geplant, SIS II bis Mitte 2007 in Betrieb zu nehmen. Ausgegliedert wird das Visa-Informationssystems (VIS) das schon im Jahr 2006 betriebsbereit sein soll. Neben den Datenkategorien des SIS I können im SIS II auch biometrische Daten wie Fingerabdrücke und Lichtbilder hinterlegt werden, die entsprechenden rechtlichen Grundlagen sind derzeit Gegenstand von Verhandlungen der Mitgliedsstaaten der EU.

Missbrauch

Es gab eine „Schengener Datenklau-Affäre“, als ein belgischer Beamter aus einem SIS-Computer Daten stahl und an die organisierte Kriminalität verkaufte. Bei europaweit vernetzten Systemen wie dem SIS sieht der Bonner Datenschützer Werner Schmidt das größte Problem bei den „Innentätern“.

Informationen der Europäischen Kommission zum SIS I und II

Kritik am Schengener Informationssystem