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Orgelbau Schmid

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Orgelbau Schmid Kaufbeuren
Rechtsform
Gründung 1955
Sitz Westendorf (Allgäu), Deutschland
Leitung Gunnar Schmid
Branche Musikinstrumentenbau
Website orgelbau-schmid.de

Orgelbau Schmid ist eine Orgelbaufirma in Kaufbeuren. Gegründet wurde sie 1955 von Gerhard Schmid (* 12. Dezember 1925 in Kaufbeuren; † 9. September 2004). Seit 2004 wird sie von seinem Sohn Gunnar Schmid (* 1967) geleitet.

Geschichte

Gerhard Schmid erlernte von 1945 bis 1948 den Orgelbau bei Gebrüder Hindelang. Als Geselle arbeitete er bei Zeilhuber, um sich dann bei Albert Moser in München im Orgelbau zu vertiefen. 1952 erwarb er den Meistertitel. Von 1953 bis 1955 war er als Intonateur bei der schwedischen Firma Mårtensson (Lund) tätig.[1] Schmid machte sich im Jahr 1955 mit einer eigenen Orgelbaufirma selbstständig und verteilte die Arbeiten von Anfang an auf zwei Werkstätten. In den 1980er Jahren erreichte die Firma mit über 40 Mitarbeitern ihr größtes Ausmaß. Der Wirkungsbereich dehnte sich auf Europa aus, insbesondere auf den osteuropäischen Raum, wohin Schmid im Rahmen des Hilfswerkes „Triumph des Herzens“[2] größere Orgelwerke überführte. Der Betrieb lieferte mehrere geschenkte Orgeln in den 1990er Jahren nach Russland und Lettland.[3] Die Firma erwarb sich auch durch Restaurierungen einen guten Ruf.[4] Charakteristisch für viele Orgeln Gerhard Schmids sind das Werkprinzip, mechanische Schleifladen, eine neobarocke Disposition, die Verwendung von Koppeltritten, ziselierte Prospektpfeifen und Spanische Trompeten.[1] In den Jahren 2002 bis 2004 führte Gerhard Schmid die Demontage der Orgel der Firma Thomas Kuhn aus dem Basler Münster durch. Für den Transport wurden die Orgelpfeifen in von Baslern gespendete Kleidungsstücke eingewickelt, die später in Moskau an Bedürftige verteilt wurden. Die Montage der Orgel leitete zunächst Gerhard Schmid, nach dessen persönlichen Wunsch alle Arbeiten unentgeltlich erfolgten. Er starb allerdings am 9. September 2004 an den Spätfolgen der Verletzungen, die er bei einem Sturz vom Baugerüst der Moskauer Orgel erlitten hatte.

Sein Sohn Gunnar (* 1967) erlernte den Orgelbau ab 1988 bei der Firma Mönch (Überlingen) und arbeitete in den Jahren 1992 bis 1994 als Geselle beim Orgelbauwerkstatt Thomas Jann, 1995 im väterlichen Betrieb und 1996/1997 bei Weigle. Er besuchte die Orgelbauschule in Ludwigsburg und legte die Meisterprüfung ab. Von 1999 bis 2000 war er bei Hermann Weber (Engerazhofen) und von 2000 bis 2001 bei Zeilhuber tätig. Nach dem Tod des Vaters führte er dessen Arbeiten zu Ende und übernahm den Betrieb.[5] Unter der neuen Leitung wandte sich die Firma vom Ideal des neobarocken Klangbilds ab. Im Jahr 2006 erfolgte der Umzug von Werkstatt und Firmenleitung in den früheren Zweigbetrieb nach Westendorf.

Insgesamt hat die Firma über 200 Neubauten angefertigt und zirka 150 Orgeln restauriert. Heute konzentriert sich das Unternehmen auf die Restaurierung größerer Instrumente, den Bau von Kleinorgeln und die Fertigung von Dichtungsringen für die Abdichtung von Schleifen.[6]

Werkliste (Auswahl)

Jahr Ort Gebäude Bild Manuale Register Bemerkungen
1957 Steingaden Wieskirche III/P 43 Hinter historischem Gehäuse und mit wiederentdeckter alter Spieltischanlage von Johann Georg Hörterich; 2010 Orgelneubau durch Winterhalter unter Verwendung der historischen Substanz
1957 Unterrammingen St. Magnus II/P 16 Neubau hinter historischem Gehäuse (1775); Kegelladen, elektropneumatische Traktur
1959/1987 Dießen am Ammersee Marienmünster Dießen III/P 39 1959 Neubau hinter historischem Gehäuse von Caspar König (1739), 1987 Erweiterung um ein Schwellwerk
1960/1975 Steinheim (Memmingen) St. Martin II/P 21 Erneuerung (1960) und Erweiterung (1975) → Orgel von St. Martin (Memmingen-Steinheim)
1962 Berlin Heilandskirche III/P 46 [7]
1963 Leipheim Evangelische Kirche II/P 23 Hinter dem Gehäuse von Georg Friedrich Schmahl (1766), erweitert um ein Rückpositiv
1963 Pello, Finnland Pello Kirkko II/P 27
1964 Kaufbeuren Dreifaltigkeitskirche
IV/P 57 Unter Verwendung älterer Teile. Soll 2012 durch Neubau von Seifert ersetzt werden.[8]
1964 Steingaden St. Johannes Baptist
II/P 27 Hinter historischem Prospekt von 1743
1965 Landshut Dominikanerkirche V/P 75
1967 Schweinfurt Auferstehungskirche III/P 26
1967 Hof (Saale) St. Michaelis III/P 63 Restaurierung und Erweiterung der Orgel der Gebr. Heidenreich (1834)
1968 München-Hasenbergl Evangeliumskirche
III/P 28
1969 München-Laim Paul-Gerhardt-Kirche III/PP 43 Orgel der Paul-Gerhardt-Kirche (München)
1969 Stockholm Auferstehungskirche III/P 22
1970 Vahrenwald Vahrenwalder Kirche III/P 21
1971 Windberg Kloster Windberg II/PP 26
1971 Rummelsberg Philippuskirche III/P 35 seit 2002 in der Nikolaikirche (Rostock)
1972 Kempten St. Mang
II/P 16 War zunächst als Interimsorgel gedacht
1974 Heidenheim Marienkirche III/P 41
1974 Schwabach Pfarrkirche St. Peter und Paul II/P 20
1975 München Mariahilfkirche V/P 72 mit Bombarde 32′ und akustischem 64′ → Orgel der Mariahilfkirche (München)
1976 Altötting Basilika St. Anna
IV/PP 82 Unter Verwendung des historischen Gehäuses und der erhaltenen romantischen Register
1977 Memmingen Christi Auferstehung
II/P 20
1978 Garmisch-Partenkirchen St. Martin III/P 29
1979 Kempten St. Anton
III/P 41
1980 Neuötting St. Nikolaus-Kirche
IV/P 49
1981 Aalen St. Maria III/P 37 Das Positiv steht solitär in einem separaten Gehäuse.
1982 Bad Wildungen Evangelische Stadtkirche III/P 43 für den Neubau einige Register der Walcker-Orgel (1857) übernommen
1983 Landsberg am Lech Stadtpfarrkirche Mariä Himmelfahrt IV/P 68 Hinter barockem Gehäuse von 1688
1983 Wertach Evangelische Kirche III/P 34
1984–1986 Roggenburg Kloster Roggenburg V/P 66 Umbau der Nenninger-Orgel (1957) hinter dem Prospekt von Georg Friedrich Schmahl (1761) → Orgel
1986 Gießen Freie ev. Gemeinde II/P 17 Unter Verwendung älterer Register und Teile der abgebrochenen Hindelang-Orgel aus Ebenhofen (1963, Opus 268)
1987 Kempten St. Mang IV/PP 52
1988 Bedernau Pfarrkirche St. Georg II/P 22 Hinter historischem Prospekt von Augustin Simnacher (1722)
1989–1990 Türkenfeld Pfarrkirche Mariä Himmelfahrt II/P 18
1992 Thalfingen Christus unser Leben II/P 25
1993 Mingolsheim St. Lambertus IV/P 52
1987–1996 Dijon Kathedrale von Dijon
V/P 73 Rückführung der Orgel der Gebrüder Riepp auf Zustand von 1745 hinter historischen Gehäuse (IV/P); Platzierung der erhaltenen romantischen Register auf einem Schwellwerk
2002 Klein Belitz Dorfkirche Neukirchen II/P 16 Restaurierung der Orgel von Paul Schmidt (1768)
2002–2005 Moskau Kathedrale der Unbefleckten Empfängnis IV/P 74 Demontage, Transport und Montage der Orgel von Orgelbau Kuhn (1955) aus dem Basler Münster
2004–2005 La Orotava (Teneriffa) Nuestra Señora de la Concepción II/P 19 Restaurierung der Orgel von E. F. Walcker & Cie. (1914)
2006–2007 München St. Willibrord, Altkatholische Kirche II/P 15

Literatur

Commons: Orgelbau Schmid – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. a b Fischer: 100 Jahre Bund Deutscher Orgelbauer. 1991, S. 297.
  2. Osteuropa-Hilfe, gesehen 10. September 2010.
  3. Orgelbau Schmid: Presseberichte, gesehen am 2. Juni 2010.
  4. Fischer: Historische Orgeln in Schwaben. 1982, S. 36.
  5. Orgelbau Schmid: Pressebericht, gesehen am 2. Juni 2010.
  6. Orgelbau Schmid: Porträt, gesehen am 2. Juni 2010.
  7. Schmid-Orgel in der Heilandskirche
  8. Kirchenmusik Kaufbeuren, gesehen 15. Oktober 2010.