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Hagen von Tronje

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Hagen von Tronje ist ein Charakter im Nibelungenlied. Er gilt als düster und böse. Seine Heimat ist Xanten am Rhein. Sein Namenszusatz Tronje könnte auch eine Abstammung vom griechischen Troja bedeuten, da es im spätantiken und frühmittelalterlichen Europa Mode war, sich solche Ahnen zuzuschreiben. Damit setzte man sich den Römern gleich.

Es existiert aber auch eine andere Möglichkeit. In der Vergangenheit ist mehrfach das "Tronje" des Nibelungenliedes mit einem realen Ortsnamen gleichgesetzt worden, aber bis jetzt mit wenig befriedigenden Ergebnissen. Eine interessante Variante ergibt sich, wenn man die unterschiedlichen Schreibweisen in den drei Haupthandschriften des Nibelungenliedes vergleicht: Während Handschrift A die Schreibweisen Tronyn, Tronie und Trony hat (unter Auswertung der fünf ersten Nennungen), haben B und C (wiederum bei den ersten fünf Nennungen) nur Tronege. Wenn man z.B. Tronie und Tronje gegenüberstellt, bemerkt man, dass nur ein einziger Buchstabe ausgetauscht worden ist und dazu noch einer dessen wechselseitiger Austausch nicht Ungewöhnliches war. Das wirkt auf den unvoreingenommenen Beobachter, als ob die Unterschiede der Ortsnamen - wenn es denn Ortsnamen sind - durch sprachliche Unterschiede bedingt seien. Es existiert nun ein Ortsname, der in seiner keltischen Form Truncinas hieß und der im Laufe der Jahrhunderte folgende (romanischen) Schreibweisen aufwies: Truncinas (820 - 22), Truncinis (1040) und Troncinium (1198). Sein heutiger französischer Name ist Tronchiennes. Wenn man den letzten Namen französisch ausspricht so hat man fast den Namen "Tronje". Das der Name in der Folge, bedingt durch den beliebten trojanischen Abstammungsmythos mit "TROJA" verwechselt worden ist, nimmt nicht wunder. Im Neuniederländischen heißt der Ort nunmehr Drongen und liegt im Arondissement Gent (Belgien). Interessanterweise ist das die Gegend, in welcher neuniederländische Autoren die Kudrunsage lokalisieren. Und es finden sich tatsächlich Orts- und Landschaftsnamen aus der Kudrunsage wie Wulpe, weches schon W. Grimm mit einen Ortsnamen der Kudrunsage zur Deckung gebracht hat, Tenen (Tenemarke, Tenelant) und Orte, die in der zweiten Komponente ein "-schotten" aufweisen in dieser Gegend. Es gibt also starke Hinweise, dass der Hagen des Nibelungenliedes mit dem Hagen des Kudrunliedes identisch ist.

Hagen erschlug der Sage nach mit List und Tücke den fast unverwundbaren Helden [[Siegfried_der_Drachent%F6ter|Siegfried]] an einer Quelle. In einem weiteren Sagenkreis, der Walthersage wird seine langjährige Freundschaft mit Walther von Aquitanien im Kampf am Wasgenstein, Hagen und Gunther von Burgund gegen Walther, auf eine harte Probe gestellt. Erst nachdem die drei arg verstümmelt kampfunfähig sind, endet der Kampf. Hagen selbst wird im Nibelungenlied von Kriemhild erschlagen.

Hagen in Wagners Ring

In der Tetralogie Der Ring des Nibelungen von Richard Wagner ist Hagen der Sohn von Alberich, nachdem es diesem trotz seines Liebesfluchs gelungen war, ein Kind zu zeugen. Der Fluch wirkt in Hagen jedoch weiter ("Unfroh - meid' ich die Frohen; ich selbst freue mich nie"), dem so bei aller Düsternis der charakterzeichnung ein tragischer Zug nicht abgesprochen werden kann. Hagen betritt die Bühne der Handlung erst im letzten Werk der Tetralogie, der Götterdämmerung. Hier beherrscht er die Intrige, die Siegfried verleitet, sich trotz seiner Bindung an Brünnhilde mit Gutrune zu vermählen und Brünnhilde selbst für Gunther zu gewinnen. Ebenso ist Hagen die treibende Kraft bei dem Komplott zur Ermordnung Siegfrieds. Sein Ziel ist wie dasjenige seines Vaters Albericht die Gewinnung des aus dem Rheingold geschmiedeten Nibelungenringes. Im Streit um diesen tötet er im letzten Aufzug der Götterdämmerung auch Gunther. Als Brünnhilde den Ring an die Rheintöchter zurückgibt, versucht Hagen ihn zu ergreifen und wird von den Rheintöchtern mit in die Tiefe des Rheins gezogen, wo er ertrinkt.

Hagen in anderen Sagas

In der Thidrekssaga wird Hagen Högni genannt. Dort wird auch der Endkampf der Nibelungen gegen die Hunnen anders geschildert als z.B. im Nibelungenlied. Hagen wird in einem letzten Zweikampf mit "Thidrik af Berne" (Dietrich von Bern) so schwer verwundet, dass er seinen Tod voraussieht. Er bittet Thidrik um die Gunst, seine letzte Nacht mit einer Frau zu verbringen. Die Frau, die ihm Thidrik zuführt, hat in der Saga keinen Namen. Am Morgen sagt Hagen/Högni zu der Frau: "Du hast einen Sohn empfangen, den Du nach seiner Geburt Aldrian nennen sollst." Außerdem übergibt er der Frau den Schlüssel zu Siegfrieds Schatzkeller.

Der Name Aldrian (Hagen nennt sich im Nl. "Aldrians Sohn") geht aus Baldrian (Baldr) durch Weglassen des B hervor. In den Handschriften A und B des Nl. ist die Schreibweise des Namens durchweg "ALDRIAN". Der Autor von Handschrift C verfälscht den ursprünglichen Namen nochmals, lässt auch dass L weg und macht den Namen durchweg zu "ADRIAN". Wenn der eine Verschriftlicher das L weglässt und der andere das B, so ist das Beweis genug, dass die ursprünglichen Verschriftlicher noch ganz genau darüber Bescheid wussten, dass Hagen mit Odin/Wotan gleichzusetzen war.

Daraus und aus den unzähligen Attributen, die Odin/Wotan mit Hagen gemeinsam hat ergibt sich, dass Hagen/Högni mit Odin/Wotan gleichzusetzen ist, nicht zuletzt weil der eben beschriebene Sohn Balder (?) mit einer Frau Frigg (?) hat, die im Norden nur Frigg sein kann und die ihm in der Ths. Thidrek af Berne zugeführt hat. Ebenso gibt es eine Deutung des Nibelungenthemas als Geschichte der Christianisierung Germaniens, in der Hagen den alten heidnischen Glauben verkörpert.


Literatur

  • Siehe dazu und zu der Frage der Identität des Hagen der Kudrunsage mit dem Hagen des Nibelungenliedes auch Norbert Lönnendonker in seinem Buch "Als die Götter noch jung waren" (Namenkundliche Untersuchungen zur Nibelungensage)[1].
  • Gerd Backenköhler - Untersuchungen zur Gestalt Hagens von Tronje in den Mittelalterlichen Nibelungendichtungen - Inaugural-Dissertation zur Erlangung der Doktorwürde der Phil. Fakultät der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität zu Bonn, 1961