Akademische Gesellschaft Stuttgardia Tübingen
Die Akademische Gesellschaft Stuttgardia ist eine liberale Studentenverbindung an der Eberhard Karls Universität Tübingen.
- Konstituiert wurde die Gesellschaft am 30.November 1869 in der tübinger Konviktsmüllerei von sieben junge Studenten, meistenteils gebürtig aus Stuttgart.
- Sie ist eine schwarze Verbindung, d.h. Stuttgarden gehen davon aus, daß es nicht das Tragen von Farben als Bekenntniss zu ihrer Gesellschaft bedarf. Unabhängig davon führt sie die Farben und das Wappen der Stadt Stuttgart. Die Fahne zeigt das Stuttgarter Ross auf schwarz-goldenem Grund.
- Ihr Wahlspruch lautet: "universitas-virtus-gaudium".
- Das Mensurwesen wird von Gründung an abgelehnt. Jedoch gab die Stuttgardia bis zu Ihrer Auflösung unter den Nationalsozialisten erst bedingte, später unbedingte Genugtuung. Mit Wegfall des studentischen Duells nach dem zweiten Weltkrieg ist die Akademische Gesellschaft somit nichtschlagend.
- Die Gesellschaft folgt dem Toleranzprinzip. Mitglied kann jede(r) Studierende werden, unbesehen von politischer Gesinnung, Konfession, Nationalität oder Geschlecht.
Im Jahre 1908 wurde das bis heute genutzte Haus auf dem Österberg errichtet. Die Stuttgardia kann in ihren Reihen viele politische Liberale, besonders aus dem süddeutschen Raum vorweisen. Der prominenteste Vertreter dieser Gruppe ist Reinhold Maier, erster Ministerpräsident des Landes Baden-Württemberg.
In den Jahren nach 1933 und der Gleichschaltung der Studentenverbindungen durch die Nationalsozialisten bestand die Stuttgardia zunächst als Corps im Miltenberger Ring fort, doch schon 1935 musste der Betrieb aufgrund fehlenden Nachwuchses und politischer Restriktionen eingestellt werden. Aktivitas und Altenverein lösten sich auf, das Haus wurde von einer nationalsozialistischen Kameradschaft belegt.
Erst 1949 wurde die Aktivitas wiedergegründet. Im Zuge der Neugründung und des Rückerwerbes des Hauses aus den Händen der Stadt Tübingen wurde die Satzung stark reformiert. Unter anderem wurden das Fuxenwesen und der Trinkzwang abgeschafft. Der Grundstein für die spätere Aufnahme von weiblichen Bundesmitgliedern war mit diesen und anderen Liberalisierungen gelegt. Seit Beginn der 80er Jahre wohnten Frauen auf dem Haus und übernahmen Verantwortung als Kassen- und Schriftwart. Die Aktivitas gewährte den Damen daraufhin zunächst den Status von ständigen Gästen, bis schließlich im Jahre 1991 der Weg zur Vollmitgliedschaft gebahnt war. Auch der Altenverein konnte seine Augen nicht mehr vor den Realitäten innerhalb der Aktivitas verschließen und beschloß noch im selben Jahr die Möglichkeit zur Aufnahme von Hohen Damen in seine Reihen. Diesen wichtigen Schritt überstand die Stuttgardia ohne die befürchtete Spaltung.
Berühmte Mitglieder
- Karl von Weizsäcker, Präsident des Württembergischen Staatsministeriums (Ministerpräsident)
- Reinhold Maier, FDP-Politiker, Ministerpräsident des Landes Baden-Württemberg (1952-1953)
- Helmut Lemke, CDU-Politiker, Kultusminister (1954/1955), Innenminister (1955/1963)und Ministerpräsident (1963/1971) des Landes Schleswig-Holstein.
- Eberhard Wildermuth, FDP-Politiker, Bundesminister für Wohnungsbau (1949-1952)
- Guntram Palm, FDP/CDU-Politiker, Minister für Justiz (1977-1978), Inneres (1978-1980) und Finanzen (1980-1991) des Landes Baden-Württemberg
- Wolfgang Haußmann, FDP-Politiker, Justizminister des Landes Baden-Württemberg (1953-1966)
- Manfred Klaiber, Chef des Bundesprädidialamtes (1949), Botschafter in Rom (1957) und Paris (1963/1968)
- Heinrich Ludwig Frh. von Lersner, Präsident des Bundesumweltamtes
- Karl Georg Pfleiderer, FDP-Politiker und Botschafter in Jugoslawien, Widerstandskämpfer des 20. Juli 1944
- Ulrich Irmer, FDP-Politiker, außenpolitischer Sprecher der FDP und Obmann im Auswärtigen Ausschuss
- Konrad Wittwer, FDP-Politiker
- Hans-Klaus Frhr. von Mühlen, FDP-Politiker, Journalist und Verleger.
- Viktor von Weizsäcker, Mitbegründer der psychosomatischen Medizin
- Dieter Hömig Richter am Bundesverfassungsgericht
- Gerhard von Rad, Professor für alttestamentliche Theologie, Orden Pour le Mérite (1963)
- Max Rümelin, Prof. für Römisches Recht, Rektor (1906/7), Kanzler der Universität Tübingen (1908/31)
- Peter Fischer-Appelt, Professor, Präsident der Universität Hamburg (1970/1991)
Literatur
- Arnold, Jürg: Stuttgardia Tübingen 1869 - 1994. Württembergischer Geschichts- und Altertumsverein, Stuttgart 1994