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Lomitapid

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{{Infobox Chemikalie | Strukturformel = Strukturformel Lomitapid | Freiname = Lomitapid | Suchfunktion = C39H37F6N3O2 | Andere Namen = * N-(2,2,2-Trifluorethyl)-9-(4-{4-[4'-(trifluormethyl)[1,1'-biphenyl]-2-carboxamido]piperidin-1-yl}butyl)-9H-fluoren-9-carboxamid

  • AEGR-733
  • BMS201038

| Summenformel = C39H37F6N3O2 | CAS = * 182431-12-5

| PubChem = 9853053 | Wirkstoffgruppe = Sonstige Mittel, die den Lipidstoffwechsel beeinflussen | Wirkmechanismus = MTP-Hemmer | Molare Masse = 693,72 g·mol−1 | Quelle GHS-Kz = NV | GHS-Piktogramme =

keine Einstufung verfügbar

| GHS-Signalwort = | H = siehe oben | EUH = siehe oben | P = siehe oben | Quelle P = | Quelle GefStKz = NV | Gefahrensymbole = Vorlage:Gefahrensymbole-klein | R = siehe oben | S = siehe oben }}

Lomitapid ist ein neuer Arzneistoff und wird zur Behandlung einer homozygoten familiären Hypercholesterinämie angewendet. Durch einen innovativen Wirkansatz führt Lomitapid in Kombination mit anderen Therapien zur zusätzlichen Senkung des bei dieser Krankheit stark erhöhten LDL-Cholesterinspiegels. Mit Blick auf frühere Beobachtungen bei der Behandlung mit Statinen wird angenommen, dass ein niedriger LDL-C Blutspiegel einen positiven Einfluss auf arteriosklerotische Prozesse und die Häufigkeit der kardiovaskulären Ereignisse nimmt.[1]

Die homozygote familiäre Hypercholesterinämie (oder HoFH) ist eine autosomal dominant vererbte Erkrankung, bei der der genetische Defekt sowohl vom Vater als auch von der Mutter auf das Kind vererbt wird. In der Literatur wird die Häufigkeit mit 1: 1 Million erkrankten Personen angegeben.[2] HoFH ist charakterisiert durch einen massiv erhöhten LDL (Low Density Lipoprotein)-Cholesterin-Spiegel.[3][4] Im Blut der HoFH-Patienten finden sich massiv erhöhte Gesamtcholesterinwerte von in der Regel 650 bis 1000 mg/dl5 sowie LDL-Cholesterinwerte > 500 mg/dl[5]

Langfristig können die hohen LDL-Cholesterinspiegel zur Ablagerung des Lipids in Haut und Sehnen (Xanthome) führen.[3][4] Die massiv erhöhten LDL-Cholesterinspiegel sind außerdem dafür verantwortlich, dass HoFH-Patienten bereits in den ersten zwei Lebensdekaden unbehandelt einem extrem erhöhten Arterioskleroserisiko und nachfolgend einem sehr stark erhöhten Risiko für kardiovaskuläre Folgeerkrankungen (z. B. Herzinfarkt, Schlaganfall) ausgesetzt sind. Hauptziel der Therapie ist eine dauerhafte Senkung des LDL-Cholesterins.[2]

Speziell für die Therapie der HoFH liegen bisher keine eigenen Therapie-Leitlinien vor. Zur Behandlung von Dyslipidämien liegen gemeinsame Leitlinien der ESC (European Society of Cardiology) und der EAS (European Arteriosclerosis Society)[2] vor. Sie definieren für Patienten mit einer familiären Hypercholesterinämie einen LDL-Cholesterin-Zielwert < 100 mg/dl (Zielwert für Individuen mit hohem kardiovaskulärem Risiko) sowie < 70 mg/dl (Zielwert für Patienten mit einer familiären Hypercholesterinämie und dem Vorliegen einer kardiovaskulären Erkrankung).[2]

HoFH-Patienten sprechen nicht ausreichend auf bisher verfügbare lipidsenkende medikamentöse Therapien an. [1][6] Daher sieht die Standardtherapie vor, Patienten so früh wie möglich zusätzlich der LDL-Apherese zuzuführen.[2][7] Trotz Reduktion der LDL-Cholesterinwerte durch die LDL-Apherese liegen die Werte bei HoFH-Patienten im zeitlichen Durchschnitt noch deutlich über den publizierten Zielwerten von < 100 mg/dl.[8][9] Es wird davon ausgegangen, dass auch mit der LDL-Apherese eine kardiovaskuläre Erkrankung in den meisten Fällen nicht verhindert, sondern nur aufgeschoben werden kann.[7]

Die Europäische Kommission hat Lomitapid (Handelsname Lojuxta®, Aegerion Pharmaceuticals[10]) am 31. Juli 2013 begleitend zu einer fettarmen Diät und anderen lipidsenkenden Arzneimitteln mit oder ohne Low-Density-Lipoprotein-Apherese (LDL-Apherese) bei erwachsenen Patienten mit homozygoter familiärer Hypercholesterinämie (HoFH) zugelassen. Die Behandlung mit Lomitapid sollte von einem in der Behandlung von Lipidstörungen erfahrenen Arzt eingeleitet und überwacht werden. [11]

Wichtige Anmerkung: Lomitapid (Lojuxta®) unterliegt einer zusätzlichen Überwachung. Dies ermöglicht eine schnelle Identifizierung neuer Erkenntnisse über die Sicherheit. [11]

Die FDA (Food and Drug Administration) hat Lomitapid in den USA bereits im Dezember 2012 unter dem Namen JuxtapidTM als „orphan drug“ zugelassen.

Anwendungsgebiet (Indikation)

Lomitapid ist begleitend zu einer fettarmen Diät und anderen lipidsenkenden Arzneimitteln mit oder ohne Low-Density-Lipoprotein-Apherese (LDL-Apherese) bei erwachsenen Patienten mit homozygoter familiärer Hypercholesterinämie (HoFH) angezeigt. Um das Auftreten und die Schwere von gastrointestinalen Nebenwirkungen zu reduzieren, muss der Patient während der Anwendung den Fettanteil der täglichen Energiezufuhr konsequent unter 20 Prozent halten. [11]

Die Diagnose HoFH sollte, wenn möglich, genetisch bestätigt werden. Andere Formen primärer Hyperlipoproteinämien sowie sekundäre Ursachen von Hypercholesterinämien (z. B. nephrotisches Syndrom oder Hypothyreose) müssen ausgeschlossen werden.

Die Sicherheit und Wirksamkeit von Lomitapid bei Kindern im Alter von < 18 Jahren ist nicht erwiesen; daher wird die Anwendung dieses Arzneimittels bei Kindern nicht empfohlen. [11]

Wirksamkeit

Aus der Studienphase I und II von Lomitapid gibt es Daten von über 1.000 Studienteilnehmern.

Die klinische Studienphase II von Lomitapid umfasste insgesamt sechs Studien mit über 600 Hypercholesterinämie-Patienten. Eine „Proof-of-Concept“-Studie untersuchte die Therapie mit Lomitapid bei sechs HoFH-Patienten.[12] Da sich eine erwünschte Senkung des LDL-Cholesterinwerts zeigte, wurde die Zulassungsstudie (Phase III) begonnen. Fünf weitere Phase II-Studien lieferten zusätzliche Hinweise für die Wirksamkeit und Sicherheit von Lomitapid. In der klinischen Phase I wurde Lomitapid zusätzlich in 15 Studien mit über 450 Teilnehmern untersucht.

Die Zulassungsstudie[13](Studienphase III) von Lomitapid untersuchte die Wirksamkeit und Sicherheit bei erwachsenen Patienten mit HoFH. Die Studie umfasste einen Zeitraum von 78 Behandlungswochen. Sechs Wochen vor Beginn der Behandlung wurden die Patienten angewiesen, ihre bereits bestehende lipidsenkende Therapie (Medikation und Apherese – in 18 Fällen angewandt) ohne Änderung beizubehalten und eine fettarme Diät einzuhalten (unter 20 Prozent der täglich zugeführten Kalorien von Fett stammend). Zudem wurde eine tägliche Supplementierung von Vitamin E und essentiellen Fettsäuren eingeleitet.

Zu Studienbeginn hatten die Teilnehmer einen durchschnittlichen LDL-Cholesterinwert von 336 mg/dl.[13] Bei Patienten, die bereits lipidsenkende Therapien erhielten und zusätzlich entsprechend dem Studienprotokoll 26 Wochen lang Lomitapid einnahmen, sank der LDL-Cholesterinwert im Mittel signifikant um 50 Prozent gegenüber den zu Beginn gemessenen Werten (von durchschnittlich 336 mg/dl auf durchschnittlich 166 mg/dl; p < 0,0001).[13] In der sogenannten Intention-to-Treat (ITT)-Patientengruppe (29 Patienten) fiel der LDL-Cholesterinwert über 26 Wochen durchschnittlich um 40 Prozent (p < 0,001).[11]

Lomitapid zeigte in dieser Zulassungsstudie eine ausgeprägte LDL-Cholesterinsenkung bei HoFH-Patienten. Es senkte die LDL-Cholesterinwerte weiter, zusätzlich zur bestehenden lipidsenkenden Vortherapie.

55 Prozent der ITT-Patienten erreichten während der 78 Wochen ein- oder mehrmalig LDL-Cholesterinwerte < 100 mg/dl, 31 Prozent unter 70 mg/dl [11] – und damit die in der Europäischen Dyslipidämie-Leitlinie [2] genannten Zielwerte für Patienten mit hohem und sehr hohem kardiovaskulärem Risiko.

In der Sicherheitsphase zwischen Woche 26 und 78 konnten zudem 65 Prozent der Patienten ihre lipidsenkende Begleittherapie reduzieren.[11] Sechs der dreizehn Patienten, die bei Eintritt in die 52-wöchige Sicherheitsphase (Woche 26) LDL-Apherese erhielten, konnten diese stoppen oder die Intervalle langfristig strecken.[13] Während der Sicherheitsphase wurden alle fünf bis zehn Wochen die Blutwerte kontrolliert.

Die Zulassungsstudie wurde im November 2012 in der Fachzeitschrift „The Lancet“ publiziert. Die Studienautoren schlussfolgern, dass sich aus den Daten ein insgesamt günstiges Nutzen-Risiko-Profil für Lomitapid in der Therapie der HoFH abzeichnet.[13]

Wirkungsmechanismus (Pharmakodynamik)

Lojuxta® (Lomitapid) hat einen innovativen Therapieansatz und ist das erste Medikament in einer neuen Wirkstoffklasse.

Es ist ein selektiver Inhibitor des mikrosomalen Triglycerid-Transfer-Proteins (MTP), eines intrazellulären Lipid-Transfer-Proteins, das im Lumen des endoplasmatischen Retikulums vorkommt und für die Bindung und den Transport einzelner Lipidmoleküle zwischen Membranen verantwortlich ist.[11]

Durch die selektive Hemmung des MTP durch Lojuxta® kommt es zu einer verminderten Bildung von Lipidkomplexen VLD-Lipoprotein,((VLDL) in der Leber, Chylomikronen im Darm). Dadurch wird VLDL in vermindertem Maß von der Leber ins Blut abgegeben bzw. Chylomikronen werden weniger aus dem Darm aufgenommen. Hieraus resultiert eine konsekutive Senkung der Blutspiegel von VLD-Lipoprotein, Low Density Lipoprotein (LDL), LDL-Cholesterin, Chylomikronen und Apolipoprotein B (Apo B).[14]

Studien

  • Cuchel M, et al. Efficacy and safety of a microsomal triglyceride transfer protein inhibitor in patients with homozygous familial hypercholesterolaemia: a single-arm, open-label, phase 3 study. Lancet 2012; 381(9860): 40-46

Literatur

  • F.F.Smith, J.McKenney, LA.Bloedon, W.J.Sasiela, D.J.Rader: Inhibition of microsomal triglyceride transfer protein alone or with ezetimibe in patients with moderate hypercholesterolemia. In: Nature Clinical Practice. 5(8) 2008, S. 497–505.

Einzelnachweise

  1. a b Raal FJ, Pilcher GJ, Panz VR, et al. Reduction in mortality in subjects with homozygous familial hypercholesterolemia associated with advances in lipid-lowering therapy. Circulation 2011; 124(20):2202-2207.
  2. a b c d e f Reiner Z, et al. ESC/EAS Guidelines for the management of dyslipidaemias. European Heart Journal 2011; 32:1769–1818.
  3. a b Goldberg AC, Hopkins PN, Toth PP, et al. Familial Hypercholesterolemia: Screening, diagnosis and management of pediatric and adult patients. J Clin Lipidol. 2011; 5:S1–S8.
  4. a b Hopkins PN, Toth PP, Ballantyne CM, Rader DJ, National Lipid Association Expert Panel on Familial H. Familial hypercholesterolemias: prevalence, genetics, diagnosis and screening recommendations from the National Lipid Association Expert Panel on Familial Hypercholesterolemia. Journal of Clinical Lipidology 2011; 5(3 Suppl):S9-17.
  5. Raal FJ, Santos RD. Homozygous familial hypercholesterolemia: Current perspectives on diagnosis and treatment. Atherosclerosis. 2012; 223(2):262-268.
  6. Gagné C, Gaudet D, Bruckert E, and the Ezetimibe Study Group. Efficacy and safety of ezetimibe coadministered with atorvastatin or simvastatin in patients with homozygous familial hypercholesterolemia. Circulation 2002; 105:2469–75.
  7. a b Thompson GR, Barbir M, Davies D, et al. Efficacy criteria and cholesterol targets for LDL apheresis. Atherosclerosis 2010; 208:317–21.
  8. Græsdal A, Bogsrud MP, Holven KB, et al. Apheresis in homozygous familial hypercholesterolemia: The results of a follow-up of all Norwegian patients with homozygous familial hypercholesterolemia. Journal of Clinical Lipidology 2012; 6:331–339.
  9. Hudgins LC, Gordon BR, Parker TS, Saal SD, Levine DM, Rubin AL. LDL Apheresis: an effective and safe treatment for refractory hypercholesterolemia. Cardiovasc Drug Rev 2002; 20: 271–80.
  10. www.aegerion.com
  11. a b c d e f g h Zusammenfassung der Merkmale des Arzneimittels Lojuxta®, abgerufen auf der Website der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA) http://www.ema.europa.eu/ im September 2013
  12. Cuchel M, Bloedon LT, Szapary PO, et al. Inhibition of microsomal triglyceride transfer protein in familial hypercholesterolemia. New England journal of medicine 2007; 356(2):148-156.
  13. a b c d e Cuchel M, et al. Efficacy and safety of a microsomal triglyceride transfer protein inhibitor in patients with homozygous familial hypercholesterolaemia: a single-arm, open-label, phase 3 study. Lancet 2012; 381(9860): 40-46
  14. Hussain MM, Rava P, Walsh M. Multiple functions of microsomal triglyceride transfer protein. Nutrition & Metabolism 2012, 9:14

Handelsnamen

Lojuxta® (EU), JuxtapidTM (USA)