Admiral Nachimow (Schiff, 1925)
![]() Die Berlin (später Admiral Nachimow)
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Die Admiral Nachimow (russisch Адмирал Нахимов) war ein ursprünglich deutsches, später sowjetisches Passagierschiff, das 1925 vom Norddeutschen Lloyd unter dem Namen Berlin in Dienst gestellt worden war. Sie wurde auf dem Nordatlantik und für Kreuzfahrten eingesetzt. Im Krieg diente sie als Lazarettschiff und sank 1945 vor Swinemünde.
In der DDR bis 1957 wieder hergerichtet, wurde das jetzt Admiral Nachimow benannte Schiff im Schwarzen Meer eingesetzt. Am 31. August 1986 kollidierte das Schiff vor dem Hafen von Noworossijsk im Schwarzen Meer mit einem Frachtschiff und sank innerhalb weniger Minuten, wobei 423 von 1.234 Personen an Bord ums Leben kamen. Dies war das schwerste Schiffsunglück auf dem Schwarzen Meer in Friedenszeiten.
Das Schiff war benannt nach dem russischen Marineoffizier Pawel Stepanowitsch Nachimow.
Geschichte
Das Schiff wurde 1924/1925 auf der Bremer Vulkanwerft gebaut. Schon während des Baus versuchte der Norddeutsche Lloyd erfolglos, das Schiff an die konkurrierende Hamburg-Amerikanische Packetfahrt-Actien-Gesellschaft (HAPAG) weiterzuverkaufen, da man Überkapazitäten durch geringe Auslastung im Südamerikaverkehr hatte.[1] So kam die Berlin am 26. September 1925 für den Norddeutschen Lloyd im Liniendienst auf der Route zwischen Bremen, Southampton, Cherbourg und New York in Dienst. Eingesetzt wurde sie anfangs neben der Columbus, den kleineren Nachkriegsbauten München, Stuttgart und Sierra Ventana sowie den Vorkriegsbauten Bremen, Lützow und Yorck. Der geplante Bau eines Schwesterschiffes unterblieb, da die Reederei günstig die von ihr ursprünglich bestellte Ormuz ankaufen konnte und als Dresden in Fahrt brachte. Die Auslastung der vorhandenen Schiffe im Liniendienst war unbefriedigend, so dass Kreuzfahrten zusätzlich angeboten wurden. Die Berlin führte ihre erste Kreuzfahrt von Bremerhaven am 4. Januar 1928 über Südirland nach Madeira und zu den Kanaren durch. Eine im gleichen Jahr angebotene vierwöchige Polarfahrt fiel allerdings aus.[2]

Einer ihrer bekanntesten Kapitäne war 1927 Leopold Ziegenbein,[3] der 1929 mit der Bremen das Blaue Band gewann.
Am 13. November 1928 rettete sie 23 Passagiere und Besatzungsmitglieder des am Vortag untergegangenen Passagierschiffes Vestris (10.494 BRT, 1912) der Reederei Lamport & Holt vor der Küste Virginias, dessen Kohlenbunker im Sturm voll Wasser gelaufen waren. Zusammen mit der American Skipper der United States Lines, dem Schlachtschiff USS Wyoming der United States Navy und dem französischen Passagierdampfer Myriam konnten 213 Schiffbrüchige von den 325 Menschen an Bord gerettet werden, 112 kamen ums Leben (67 Passagiere und 45 Besatzungsmitglieder, darunter Kapitän Carey). Keines der 13 Kinder und nur 8 der 33 Frauen an Bord überlebten die Katastrophe.
Schon 1929 erfolgte der erste Umbau der Passagiereinrichtung der Berlin, die weiterhin etwas über 1000 Passagiere befördern konnte. Ein weiterer Umbau 1932 reduzierte die dann auf 879 in drei Klassen (257 Kabinen-, 261 Touristen- und 361 III. Klasse). Das Schiff blieb auf dem Nordatlantik und für Kreuzfahrten im Einsatz, die zum Teil auch von New York nach Westindien führten. Ab Ende 1933 erfolgten ihre Abfahrten im Nordatlantikdienst in der Regel ab Cuxhaven, da das Reich inzwischen die beiden deutschen Grossreedereien zu einem gemeinsamen Dienst gezwungen hatte.[4] 1937 setzte der NDL im Rahmen seines Jubiläums zu einer 18-tägigen Kreuzfahrt nochmals nach Madeira ein, auf der 4.440 sm zurückgelegt wurden.
Daneben wurde die Berlin auch ab 1934 an die Kraft-durch-Freude-Organisation verchartert. Das im Winter 1938 aufgelegte Schiff machte im Mai 1939 noch zwei letzte KdF-Kreuzfahrten.
Einsatz im Zweiten Weltkrieg
Dann charterte die Kriegsmarine die Berlin. Am 17. Juli 1939 ereignete sich auf dem Weg zur Übergabe vor Swinemünde eine Kesselexplosion, die siebzehn Menschenleben forderte.[5] Nach Reparatur und Umbau bei Blohm & Voss diente sie ab 23. August 1939 im Zweiten Weltkrieg als Lazarettschiff. Es verfügte über fünf Fachabteilungen (Innere, Chirurgie, Augen, HNO, Mund und Kiefer) die mit Fachärzten im Reservistenstand besetzt waren. Es standen über 400 Betten zur Verfügung. Das Schiff verlegte mit der ebenfalls zum Lazarettschiff hergerichteten Stuttgart des NDL sofort nach Danzig. Sie wurde für Verwundetentransporte in der Ostsee und als schwimmendes Lazarett in Kopenhagen (ab Juli 1940) und ab 1941 (Angriff auf die Sowjetunion) bei Kirkenes zur Versorgung von Verwundeten an der Murmansk-Front eingesetzt.
Am 7. August 1944 beförderte das Lazarettschiff Berlin bei der Räumung Estlands durch die Wehrmacht 1.513 Verwundete von Riga nach Swinemünde. Ab 1944 diente sie in Gotenhafen als Wohnschiff. Ende Januar 1945 wurde sie für Flüchtlingstransporte genutzt. Am 31. Januar erhielt das Schiff bei Swinemünde zwei Minentreffer, konnte allerdings den Hafen anlaufen und gab die Verwundeten und Flüchtlinge an Land. Am 1. Februar 1945 lief sie wieder nach Pillau aus, erlitt fast an gleicher Stelle einen weiteren Minentreffer und sank auf den flachen Meeresgrund.[6] Es soll dabei nur ein Todesopfer gegeben haben.
In sowjetischen Diensten
1948 wurde die Berlin gehoben und nach Rostock geschleppt. Erst im September 1951 begann der Neuaufbau des Schiffes in der Warnowwerft Warnemünde, um nach der Wiedererrichtung bei der sowjetischen Baltijskoje Morskoje Parochodstwo (Балтийское морское пароходство; Ostseereederei) unter dem neuen Namen Admiral Nachimow in Dienst gestellt zu werden. Am 2. Mai 1957 wurde das Schiff der Sowjetunion übergeben und lief zu seinem neuen Heimathafen Odessa aus. In den Sommermonaten fuhr sie nun im Liniendienst zwischen Odessa, der Krim und Batumi und machte im Winter Kreuzfahrten im Schwarzen Meer. Mit der Möglichkeit bis zu 1.000 Passagiere zu befördern, war sie von der Passagierkapazität das größte Passagierschiff der sowjetischen Schwarzmeer-Seereederei. 1978 transportierte das Schiff Teilnehmer der XI. Weltfestspiele der Jugend und Studenten von Odessa nach Havanna und zurück.
Untergang
Am 31. August 1986 verließ die Nachimow gegen 22 Uhr Moskauer Zeit den Hafen von Noworossijsk in Richtung Sotschi. An Bord befanden sich 897 Passagiere und 346 Besatzungsmitglieder. Kapitän zur Zeit des Unglücks war Wadim Markow.
Kurz nach dem Auslaufen bemerkte die Brückenbesatzung, dass sich der 18.604 BRT große Massengutfrachter Pjotr Wassew unter Kapitän Viktor Tkatschenko auf Kollisionskurs zur Admiral Nachimow befand. Die Pjotr Wassew wurde über Funk gewarnt und kündigte daraufhin eine Kursänderung an. Es fand jedoch kein Ausweichmanöver statt. In trügerischer Sicherheit verließ Markow die Brücke und überließ dem zweiten Offizier Alexander Tschudnowski das Steuer. Gegen 23 Uhr bat Tschudnowski die Pjotr Wassew erneut um eine Änderung des Kurses, die jedoch wiederum nicht stattfand, und entschied sich zu einer eigenen Kursänderung um 10° nach Backbord. Um 23.10 Uhr forderte Tschudnowski die Pjotr Wassew auf, sofort volle Kraft zurück zu fahren, und befahl selber einen harten Kurswechsel.
Diese Maßnahmen kamen jedoch zu spät, sodass um 23.12 Uhr die Pjotr Wassew mit zirka 5 Knoten (9 km/h) in die Steuerbordseite der Admiral Nachimow fuhr, was ein 84 m² großes Loch in die Bordwand zwischen Kessel- und Maschinenraum riss. Die Admiral Nachimow bekam Schlagseite und sank in nur sieben Minuten, was keine Zeit zum Aussetzen von Rettungsbooten ließ. Hinzu kam, dass wegen eines Stromausfalls infolge der Kollision viele Passagiere unter Deck orientierungslos waren.
Zehn Minuten nach dem Sinken trafen erste Rettungsfahrzeuge am Unglücksort ein. Auch die nicht allzu schwer beschädigte Pjotr Wassew leistete Hilfe. Insgesamt wurden 836 Personen aus dem Wasser gezogen, von denen jedoch einige später an Verletzungen starben. Insgesamt kamen bei dem Unglück 423 Menschen ums Leben, 64 Besatzungsmitglieder und 359 Passagiere.
Untersuchung
Eine Untersuchungskommission kam zu dem Schluss, dass schweres Fehlverhalten der beiden Kapitäne Markow und Tkatschenko zu dem Unglück geführt hatte. Tkatschenko hatte keinerlei Maßnahmen ergriffen, um eine sichere Passage der Admiral Nachimow zu ermöglichen. Markow wurde Abwesenheit von der Brücke vorgeworfen. Beide Kapitäne wurden zu einer Haftstrafe von 15 Jahren verurteilt, jedoch 1992 begnadigt.
Das Unglück wurde am 1. September 1986 von der staatlichen Nachrichtenagentur TASS zunächst als „Havarie“ gemeldet. Nach dem angeblichen Eingreifen von Michail Gorbatschow wurden allerdings am 2. September Details über den Untergang bekanntgegeben. Für die Auslandskorrespondenten internationaler Agenturen wurde am Nachmittag des Tages eine Pressekonferenz mit dem Vize-Seefahrtsminister Leonid Nedjak abgehalten, die auch im sowjetischen Fernsehen übertragen wurde. Westliche Beobachter werteten diesen offenen Umgang mit der Katastrophe als eine Lehre aus dem Reaktorunglück von Tschernobyl im April des Jahres.
Das Wrack der Admiral Nachimow liegt zirka 4 Kilometer vor der Küste in 45 Metern Tiefe. Die Pjotr Wassew wurde repariert und fährt heute unter der Flagge von Malta.
Literatur
- Arnold Kludas: Die Geschichte der deutschen Passagierschiffahrt 1850 bis 1990. in 5 Bänden, Ernst Kabel Verlag, 1986.
- Arnold Kludas: Die Seeschiffe des Norddeutschen Lloyd 1920 bis 1970. Koehlers Verlagsgesellschaft, 1992, ISBN 3-7822-0534-0.
- Claus Rothe: Deutsche Ozean-Passagierschiffe 1919 bis 1985. Steiger Verlag, 1987, ISBN 3-921564-97-2.
- Reinhart Schmelzkopf: Die deutsche Handelsschiffahrt 1919–1939. Verlag Gerhard Stalling, Oldenburg, ISBN 3-7979-1847-X.
Weblinks
- Umfassende Aufarbeitung der Katastrophe (russ.)
- Alles sackte weg. In: Der Spiegel. Nr. 37, 1986, S. 148–149 (online).
- Farbfoto der Admiral Nachimow
- Bericht über die Funkanlage der Berlin
Fußnoten
- ↑ Kludas, Bd. IV, S. 139.
- ↑ Kludas, Bd. IV, S. 218.
- ↑ Reinhold Thiel: Die Geschichte des Norddeutschen Lloyd 1857–1970. Band 3, Hauschild Verlag, 2004, ISBN 3-89757-166-8, S. 211.
- ↑ Kludas, Bd.V, S.28
- ↑ Kludas, NDL, S.26
- ↑ Rothe, S.106f