Freikirchen in Österreich
Basisdaten | |
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Offizieller Name: | Freikirchen in Österreich |
Leitung: | Vorsitzender: Walter Klimt Stellvertreter: Edwin Jung |
Mitgliedschaft: | bisher keine |
Örtliche Gemeinden: | ca 160 |
Gemeindeglieder: | ca 20.000 (mit Kindern), Stand 2013 |
Offizielle Website: | Freikirchen in Österreich |
Die Freikirchen in Österreich sind ein seit 2013 als Kirche staatlich anerkanntes Bündnis von fünf freikirchlichen Bünden. Diese Freikirchen praktizieren die Gläubigentaufe, lehnen also die Taufe von Kleinkindern ab. Ihnen gehören ungefähr 20.000 Menschen an.
Beteiligte Freikirchen
Diesem nun anerkannten Bündnis gehören die Gemeinden folgender Bünde an: Bund der Baptistengemeinden in Österreich, Bund Evangelikaler Gemeinden in Österreich, Freie Christengemeinde - Pfingstgemeinde, Elaia Christengemeinden und Mennonitische Freikirche Österreich. Diese fünf Bünde hatten bisher den Status von eingetragenen religiösen Bekenntnisgemeinschaften – das ist eine mittlere Stufe zwischen privaten Vereinen einerseits und anerkannten Kirchen und Religionsgesellschaften andererseits. Die Freikirchen betonen – im Sinne des Kongregationalismus – die Selbständigkeit der einzelnen örtlichen Gemeinde. Die Bünde stellen keine hierarchisch geleitete Kirche dar, es handelt sich um ein Bündnis oder eine Vereinigung. Dass eine anerkannte Religionsgesellschaft mehrere organisatorisch eigenständige Gemeinden oder Gemeindeverbände auch mit in Einzelheiten durchaus unterschiedlicher theologischer Ausrichtung vertritt, ist nicht neu, sondern gilt z.B. auch für die Evangelische Kirche in Österreich (Lutheraner und Reformierte), die Islamische Glaubensgemeinschaft in Österreich oder auch die Österreichische Buddhistische Religionsgesellschaft. Weltweit ungewöhnlich ist aber ein so breiter Zusammenschluss von Freikirchen.
Anerkennung 2013
Die Anerkennung „als Kirche (Religionsgesellschaft)“ erfolgte per Verordnung der Unterrichtsministerin vom 26. August 2013.[1] Die Anerkennung bezieht sich auf die Anhänger der einzelnen Bünde:
„Anerkennung der Anhänger des Bundes der Baptistengemeinden, des Bundes Evangelikaler Gemeinden, der ELAIA Christengemeinden, der Freien Christengemeinde – Pfingstgemeinde und der Mennonitischen Freikirche in Österreich als Kirche (Religionsgesellschaft).“
Die Anerkennung der Freikirchen wurde auch von Repräsentanten der Volkskirchen unterstützt. Rechtsanwalt Peter Krömer,[2] der auch Präsident der Synode der Evangelischen Kirche A.B. ist, vertrat die Freikirchen bei ihrer Antragstellung. Gemäß Christoph Schönborn seien die Freikirchen in Österreich die unter Christen am stärksten wachsende Gruppe.[3] Der Antrag wurde im Januar 2013 eingebracht, die Anerkennung als Kirche erfolgte am 26. August 2013 durch das Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur. Somit gibt es in Österreich nunmehr insgesamt 16 staatlich anerkannte Kirchen und Religionsgesellschaften. Diese Anerkennung verleiht die Stellung einer Körperschaft des öffentlichen Rechts.
Vorgeschichte
Bereits in der Reformationszeit war die radikal-reformatorische Täuferbewegung in Österreich stark vertreten, konnte sich jedoch aufgrund staatlich-kirchlicher Repression nicht auf Dauer halten. Die Herrnhuter Brüdergemeine war die erste freikirchenähnliche staatlich anerkannte Kirche in Österreich. Sie war 1880 unter dem Namen "Evangelische Brüderkirche (Herrnhuter-Brüderkirche)" anerkannt worden, wobei die Anerkennung mangels aktiver Gemeinden in Österreich 2012 wieder entzogen wurde.[4]
Die älteste organisatorisch durchgängig bestehende Freikirche auf dem Gebiet des heutigen Österreichs sind die Baptisten. Sie hatten bereits 1906 einen Antrag auf Anerkennung als Kirche gestellt.[5] Dieser und weitere Anträge wurden staatlicherseits verschleppt und schließlich abgelehnt. Auch ein entsprechender Antrag der Mennoniten wurde 2009 abgelehnt. 1998 erhielten Baptisten, Evangelikale und Pfingstler den neuen Status einer Bekenntnisgemeinschaft, 2001 folgten die Mennoniten, 2006 die Elaia Christengemeinden. Die Gespräche zwischen freikirchlichen Vertretern über einen Zusammenschluss im Hinblick auf eine gemeinsame Anerkennung als Kirche erstreckten sich über zwei Jahre. Zwischen Evangelikalen und Pfingstlern gab es beträchtliche theologische Unterschiede, aber die Freikirchen konnten eine große gemeinsame Basis erkennen.[6]
Bedingungen der Anerkennung
Zusammengerechnet haben die etwa 160 einzelnen Gemeinden dieser Bünde knapp 20.000 Mitglieder, wenn die unmündigen Kinder zugehöriger Eltern mitgerechnet werden (da diese Freikirchen die Glaubenstaufe und nicht die Säuglingstaufe praktizieren, sind bei ihnen ungetaufte Kinder nur „außerordentliche Mitglieder“). Da in Volkskirchen auch Kleinkinder getauft werden und damit Mitglieder sind, ist ein sinnvoller Vergleich von Mitgliederzahlen nicht leicht. Zur Anerkennung als Kirche wird derzeit ein Mitgliederstand von mindestens 2‰ der Bevölkerung (was in Österreich ungefähr 17.000 Mitgliedern entsprechen würde) gefordert. Einen solchen Mitgliederstand haben aber nur ungefähr die Hälfte der anerkannten Kirchen, die anderen liegen großenteils weit darunter.
Die hier vereinigten Freikirchen stellen aber nicht die Gesamtheit der österreichischen Freikirchen dar. Daneben gibt es „weitere freikirchliche Gemeinden, denen sich die ‚Freikirchen in Österreich‘ verbunden fühlen.“[7] Die Gesamtzahl der freikirchlichen Christen in Österreich könnte etwa 50.000 betragen.[8]
Strukturen
Die Koordination dieser Freikirchen in Österreich erfolgt durch einen aus Leitenden dieser Bünde bestehenden Rat; dessen Vorsitzender ist Walter Klimt, Stellvertreter Edwin Jung. Der Vorsitz wird im Rotationsverfahren zwischen den einzelnen Freikirchen wechseln.
Als anerkannte Kirche planen die Freikirchen einen eigenen Religionsunterricht für „die rund 3.000 freikirchlichen Schülerinnen und Schüler in Österreich“ und suchen dazu die Kooperation mit der Kirchlichen Pädagogischen Hochschule.[9]
Weblinks
- Webseite der Freikirchen in Österreich
- Religion ORF am 29. Aug. 2013 über Pressekonferenz, am 28. Aug. 2013 über Religionsunterricht, am 26. Aug. 2013, am 12. Juni 2013, am 20. Jan. 2013 über Zusammenschluss von fünf freikirchlichen Bünden
- Standard am 26. August 2013
- Kathweb: Freikirchen wollen sich aktiv in Gesellschaft einbringen (29. August 2013)
Literatur
- Reinhold Eichinger, Josef F. Enzenberger: Täufer, Hutterer, Habaner in Österreich. Täufermuseum in Niedersulz. VTR, Nürnberg 2011 (auch englisch: Anabaptists, Hutterites and Habans in Austria. Anabaptist Museum in Austria. VTR, Nürnberg 2012).
- Franz Graf-Stuhlhofer: Freikirchen in Österreich seit 1846. Zur Quellenlage und zu Methodenfragen. In: Jahrbuch für die Geschichte des Protestantismus in Österreich, Jg. 124/125, 2008/09, S. 270-302.
- Frank Hinkelmann: Konfessionskunde. Handbuch der Kirchen, Freikirchen und christlichen Gemeinschaften in Österreich. edition ea, Linz 2009, Kap. V: „Die protestantischen, staatlich eingetragenen religiösen Bekenntnisgemeinschaften“, S. 111–151.
- Einheit in Vielfalt, Respekt voreinander. Gespräch mit Walter Klimt über den staatlich anerkannten freikirchlichen Zusammenschluss, in Furche vom 29. Aug. 2013.
Fußnoten
- ↑ Bundesgesetzblatt, Jahrgang 2013, Teil II, 250. Verordnung.
- ↑ Evangelische Kirche am 23. Jan. 2013
- ↑ ORF am 26. Aug. 2013
- ↑ Bundesgesetzblatt 2012 betreffend Herrnhuter
- ↑ Franz Graf-Stuhlhofer (Hrsg.): Frisches Wasser auf dürres Land. Festschrift zum 50-jährigen Bestehen des Bundes der Baptistengemeinden in Österreich (= Baptismus-Studien; Bd. 7). Oncken, Kassel 2005, S. 211.
- ↑ Michael Weiß in Religion ORF am 20. Jänner 2013.
- ↑ So formuliert auf ihrer Webseite
- ↑ Walter Klimt schätzt 45-60.000, Religion ORF.
- ↑ ORF am 28. Aug. 2013 über Religionsunterricht der Freikirchen