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Stevenssche Potenzfunktion

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Die Stevensche Potenzfunktion (nach Stanley Smith Stevens (1906-1973) beschreibt die Beziehung zwischen der menschlichen Empfindungsstärke und der Reizstärke.

Nähere Untersuchungen der Eingangs-Ausgangs-Funktionen von Sinnessystemen ergaben, daß die logarithmische Beziehung zwischen Empfindungsintensität bzw. physiologischem Reaktionspotential und Reizstärke auch für visuelle, auditorische und olfaktorische Modalitäten nur in einem mittleren Intensitätsbereich gilt.

Dagegen lassen sich die Relationen verallgemeinernd in der von dem Psychologen Stevens 1957 aufgestellten Potenzfunktion (engl. power law) beschreiben:

Empfindungsgröße = k (Reizintensität - Reizschwellenintensität )^n

E (Reaktionsamplitude ) = k

wobei

E eine Empfindungsgröße

k eine Proportionalkonstante für die Skalierung

R eine Reinzintensität

eine Reizschwellenintensität

n ein rezeptorspezischer Exponent

mit

 n = 1  : Proportionalität von Reizgröße und Rezeptorantwort
 n > 1  : Reaktionsamplitude wächst überproportional (beim Photorezeptor)
 n < 1  : abnehmender Reaktionszuwachs

Werden Intensitäts- und Größenschätzwert sowie die physikalische Reizgröße in doppellogarithmischen Koordinaten abgetragen, ergeben sich durchweg Graphen als Geraden, deren Steigung dem Exponenten n entspricht. Psychophysikalische Experimente ergaben, daß dieser Zusammenhang auch für objektive Parameter der Reizverarbeitung gilt.

So besteht eine Korrelation von der Entladungshäufigkeit von Geschmacksafferenzen zur Konzentration von Geschmacksstoffen in Form einer Potenzfunktion. Den Versuchspersonen wurden Zitronensäure- und Zuckerlösungen zum Schmecken dargeboten. Sie hatten anzugeben, um wieviel mal stärker die Testlösung im Vergleich zur Standardlösung schmeckte.

Der unmittelbare Vergleich der subjektiven und objektiven Reizantworten war möglich, weil die Untersuchungen bei einem schwerhörigen Patienten während einer Mittelohroperation (Stabes-Mobilisation) mit freigelegten Geschmacksnerven in der Chorda tympani (einem Ast des Nervus trigeminus, V. Hirnnerv) bei Lokanästhesie durchgeführt wurden. Von diesen Fasern konnten Aktionspotentiale abgeleitet und so die neuronale Antwort auf Geschmacksreize verschiedener Intensität mit den Empfindunsgsstärken verglichen werden.

Die Meßwerte ließen sich wie die subjektiven Empfindungsstärke durch Graphen als Geraden gleicher Steigung entsprechend der Potenzfunktionen mit gleichem Exponenten beschreiben. Im Gegensatz zu solchen eigenmetrischen Messungen wird auch der intermodale Intensitätsvergleich vorgenommen. Um die Empfindungsintensität nicht als ein Vielfaches eines Standards ausdrücken zu müssen, wird beim intermodalen Intensitätsvergleich die zu messende Empfindungsstärke mit der Stärke der Refenrenz-Empfindung einer anderen Sinnesmodalität verglichen.

Die Versuchsperson wird z.B. aufgefordert, entsprechend der empfundenen Helligkeit eines Reizlichtes mit der Hand ein Dynamometer (Kraftmesser) zu drücken. Für die Reizstärkeabhängigkeit der Empfindung in den verschiedenen Modalitäten ergeben sich Potenzfunktionen mit abnehmender Steigung von der Schmerzempfindung bis zur Lichtempfindlichkeit.

Der praktisch wichtigste Unterschied zwischen der Stevenschen Potenzfunktion und dem Weber-Fechner-Gesetz besteht nicht so sehr in der mathematischen Formulierung oder in der verschiedenen Darstellung in der Skalierung, sondern in der methodischen Verschiedenheit. Statt der Angabe der "eben erkennbaren Unterschiede" (Unterschiedsschwellen-Methode) verwendete Stevens eine einfache subjektive Verhältnisschätzung nach vorgegebenen Standardreizen, die auch für komplexe Empfindungen anwendbar sind.

Somit kann man folgende Feststellung treffen:

Das Stevensche Potenzgesetz ist die allgemeingültige Form des Weber-Fechner-Gesetzes,
das einen Spezialfall der objektiven Gesetzmäßigkeit beschreibt.

Die durch automatische Mittelung gewonnenen elektrophysiologischen Reaktionspotentiale sensorischer Systeme repräsentieren die objektive Information in guter Übereinstimmung mit den Bewußtseinsinhalten, d.h., daß die Potenzfunktion vom Rezeptor bis zur subjektiven "In-sich-selbst-Repräsentation" hochintegrierter zentralnervöser Prozesse Gültigkeit besitzt. Damit ist ein starkes Argument für die psychophysiologische Vorgehensweise gegeben, kognitive Operationen und Gedächtnisprozesse über hirnphysiologische Funktionsstrukturanalysen zu objektivieren.


  • [1] - Graphische Darstellungen der Empfindungsstärken bei der Stevenschen Potenzfunktion