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Ansar al-Islam

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Übersicht

Ansar al-Islam (Arabisch: انصار الاسل, dt. Helfer des Islam) ist eine kurdisch-islamistische Gruppierung aus dem Irak, die eine radikale Deutung des Islams und des Dschihad vertritt und bis zur US-Invasion 2003 Dutzende Dörfer in einem Gebiet vom äußersten Nordirak bis zur iranischen Grenze unter Kontrolle hatte. Nach der Invasion trat sie mit Selbstmorattentaten in Erscheinung. Sie wurde verdächtigt, Kontakt zur Al-Qaida zu haben. Vermutlich ist sie inzwischen in der Gruppe Jaish Ansar al-Sunna aufgangen.

Name

"al-Ansar" (dt. die Helfer) ist die arabische Bezeichnung für in Medina neu hinzugekommenen Muslime, die Mohammed nach seinem Auszug aus Mekka im Jahre 622 zur Seite standen. Ansar al-Islam bedeutet daher "Die Helfer des Islams".

Geschichte

Im Norden des Irak hatten sich seit den Achtzigern islamistische Organisationen gebildet, die - auf Grund des mangelnden Rückhalts in der Bevölkerung - zunächst nur geringen politischen Einfluss besaßen. Allerdings sind sie beim Bau von Moscheen und dem Aufbau eines Sozialsystems finanziell unter anderem von Iran unterstützt worden und haben außerdem Zulauf aus den Vereinigte Arabische Emirate erhalten.

In den Neunzigern und zu Beginn des neuen Jahrtausends spalteten sich wiederholt radikale islamistische Gruppen von der Islamische Bewegung in Kurdistan ab. Am 10. Dezember 2001 vereinigte sich die Gruppe Dschund al-Islam mit der anderen Splittergruppe Isla zu den Ansar al-Islam. Anführer wurde Mullah Krekar. Nach dessen Festnahme 2002 soll laut Krekar Abu Abdallah al-Shafi zum Anführer geworden sein, der auch 2003 als solcher in Erscheinung trat. Dschund al-Islam und A. lieferten sich wiederholt Kämpfe mit Truppen der PUK.

A. kontrollierte 2001-2003 im Nordirak ein kleines Gebiet zwischen Halabdscha und der iranischen Grenze. Bis zum Beginn des 3. Irakkrieges waren die Ansar al-Islam laut den USA für Übergriffe auf unverschleierte Frauen verantwortlich, was aber in Anbetracht eines Interviews mit Mullah Krekar, in dem dessen Frau ohne Gesichtsbedeckung zu sehen ist, äußerst unglaubwürdig erscheint. Des Weiteren haben die Ansar gezeichnete Bilder mit Menschenmotiven verbrannt, Mädchenschulen angegriffen und Frisörsalons niedergebrannt. Es herrschten ähnliche Kleidungsvorschriften wie in Afghanistan während der Herrschaft der Taliban und eine ähnlich extreme Auslegung der Scharia. Auch waren Geschäfte, die Kassetten verkaufen, verboten und Human Rights Watch berichtete von Folterungen, willkürlichen Verhaftungen und Tötungen von Kämpfern nach ihrer Kapitulation.

Die USA beschuldigten A. ihre Lager als Stützpunkte den Al-Qaida-Kämpfer zur Verfügung zu stellen und Giftgas (z. B. Ricin) zu produzieren. Ein angeblicher Aufenthalt von Abu Mus'ab az-Zarqawi im Nordirak sollte zusammen mit der vermuteten Verbindung zu Saddam Hussein einen Zusammenhang von Al-Qaida und Saddam Hussein konstruieren und zur Legitimation des Irakkriegs beitragen (s. Colin Powell am 5. Februar 2003 vor den Vereinten Nationen). Diese Behauptungen wurden von Krekar allerdings zurückgewiesen, und ihre Falschheit nun nachträglich auch seitens der USA eingestanden.

Während des Irakkriegs 2003 bombardierte die US-Navy Stellungen der A. im Norden des Irak. Bei Angriffen gemeinsam mit der PUK gegen die Stellungen der A. wurden zahlreiche Mitglieder von A. und auch der Islamische Gemeinschaft in Kurdistan getötet. Ein mutmaßliches Chemielabor von A. wurde von Raketen zerstört. Die Herrschaft der A. in Nordostirak fand damit ein Ende.

Als der Krieg im Norden durch Zusammenwirken der PUK mit der US-Army zu Ende ging, flohen zunächst viele der überlebenden Mitglieder in den Iran, kehrten jedoch später in den Irak zurück, um gegen die amerikanischen Truppen und die neue irakische Regierung zu kämpfen. Einige Mitglieder von A., darunter Omar Barziani und Hemen Banischari, schlossen sich der Gruppe von Abu Musab al-Zarqawi, Al-Tauhid wa al-Dschihad an.

A. wird für viele der Selbstmordangriffe im Irak verantwortlich gemacht, darunter den Anschlag auf das UN-Hauptquartier am 19. August 2003 in Bagdad. Sie behauptet auch, für die gleichzeitigen Anschläge auf die PUK und die Kurdische Demokratische Partei am 01.02.2004 und den Anschlag am 17.03.2004 auf das Libanon-Hotel in Bagdad verantwortlich zu sein. Auch behauptet sie, an den Schlägen gegen die Koalitionstruppen im April 2004 in Falludscha beteiligt gewesen zu sein. Das US-Außernministerium stufte A. im März 2004 als ausländische terroristische Organisation ein. Auch von der EU wird A. als solche eingestuft (Verordnung (EG) Nr. 881/2002 des Rates vom 27. Mai 2002)

Organisation

A. ist hierarchisch gegliedert, mit einem Rat (Schura) als Leitungsgremium. Neben dem Vorsitzenden (s.o.) gibt es einen ersten (anfangs al-Shafi) und zweiten Stellvertreter (anfangs Aso Hawleri) und Beisitzer für Informationen, Beziehungen, religiöse Angelegenheiten, Organisation, Sicherheit und mehrere Regimentsführer.

Mitglieder

Die Kämpfer der Ansar al-Islam sind überwiegend Kurden aus dem Irak, hinzu kommen einige Araber. Einige von ihnen haben in Bosnien, Tschetschenien oder Afghanistan gekämpft, wie z. B. Mullah Krekar und Abu Abdallah al-Shafi, oder wurden dort in Lagern ausgebildet. Nach dem Afghanistan-Krieg stießen Veteranen von dort zu A. Die PUK schätzte die Zahl der Anhänger vor dem dritten Irak-Krieg 2003 auf etwa 1.000 im Nordirak und mehrere Hundert im iranischen Kurdistan. Dort sollen sie eine 200-300 Mann starke Miliz haben. Im Krieg wurden mehrere Hundert Kämpfer getötet.

Schätzungen gehen von etwa 100 Unterstützern der Ansar al-Islam in Deutschland aus. Diese planten nach Geheimdienstinformationen Anschläge auf das Bundeswehrkrankenhaus in Hamburg. Dort wurde das mutmaßliche Mitglied Abderazzak Majoub festgenommen. Anfang Dezember 2004 wurde auch in München eine Zelle ausgehoben. Zwei 29 und 32 Jahre alte Iraker, Lokman Amin Mohammed und Tahir Hamid, sollen von dort aus Unterstützung für A. geleistet haben. Januar 2006 soll im Prozess gegen Lokman Amin Mohammed in München das Urteil fallen.

In Italien gab es in Mailand und in Cremona Zellen von A. Die italienische Polizei nahm mehrere Verdächtige fest, einer wurde bereits 2005 wegen seiner Aktivitäten bei Ansar verurteilt.

In London soll vor allem das Mitglied Abu Qatada Unterstützungsdienste geleistet haben.

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