Aufbissschiene

Eine Aufbissschiene (auch Knirscher- oder Michiganschiene) ist eine an den Zahnbogen angepasste prothesenähnliche Kunststoffauflage zur Behandlung von Myoarthropathien (Erkrankungen des Kausystems). Ziel der Therapie mittels einer Aufbissschiene ist die Beseitigung von Über- und Fehlbelastungen der Zähne und Kiefergelenke.
Anwendung
Die Aufbissschiene wird angewendet bei Substanzverlust durch mechanischen Abrieb (Abrasion) an den Zähnen. Sie soll die Zähne vor weiterem Substanzverlust schützen. Die Schiene kann entweder für den Oberkiefer oder den Unterkiefer angefertigt werden, wobei überwiegend Schienen im Unterkiefer eingesetzt werden.
Mangelhafte Auflage der Kauflächen
Häufig kommt die Schiene zum Einsatz, wenn bei geschlossenem Kiefer eine mangelhafte Auflage der Kauflächen vorliegt. Dies entsteht durch Fehlbiss oder weil die beiden Hälften des Gebisses aus anderen Gründen nicht ineinander passen. Durch ungleichmäßige Auflage entsteht erhöhter Abrieb der Zahnsubstanz.
Knirschen und Pressen
Bei Bruxismus (Reiben/Knirschen und Aufeinanderpressen der Zähne) entsteht Verschleiß. Knirschen und Pressen erfolgt meist unbewusst und meist nachts. Die Aufbissschiene wirkt wie ein Schutzüberzug für die Zähne. Das Knirschen oder Pressen wird zwar dadurch nicht verhindert, aber weil die Schiene weicher ist als die Zähne, wird beim Knirschen die Schiene abgerieben und nicht die Zähne.
Weil die Schiene selbst ca. 1 mm dick ist, erzeugt sie einen größeren Abstand zwischen Unter- und Oberkiefer. Dadurch werden die Ruheschwebelage und das gewohnte Kaumuster verändert, manchmal wird das unbewusste Knirschen oder Pressen unterbrochen.
Folgeerkrankungen
Beide Erkrankungen können eine ganze Reihe von Folgeerkrankungen hervorrufen. Zu diesen zählen: Kraniomandibuläre Dysfunktion, Kopfschmerzen (mit der Fehldiagnose Migräne) und auch weitere Schmerzen; außerdem sollen diese angeblich Tinnitus verursachen (Kausalzusammenhang unbewiesen); Zähneknirschen mit zugehörigen Folgeschäden.
Deshalb ist es zusätzlich wichtig, Knirschen und Pressen zu verhindern oder den Fehlbiss zu korrigieren.
Wirkung
Eine Aufbissschiene bewirkt (wenn überhaupt) nur eine symptomatische Behandlung. Dafür hilft sie nach Ansicht ihrer Befürworter im Gegensatz zur Zahnspange auch, wenn die Stellung des Ober- zu der des Unterkiefers nicht passt. Die Schiene wird meist nachts getragen, in manchen Fällen auch tagsüber. Sie soll das unbewusste Knirschen mit den Zähnen reduzieren.
Die Kosten werden nicht immer von den Krankenkassen getragen, denn Untersuchungen konnten die Wirksamkeit dieser Maßnahme bislang nicht ausreichend belegen.
Herstellung
Zur Anfertigung wird zunächst ein Alginatabdruck vom Gebiss genommen. Dieser wird mit Superhartgips ausgegossen. Auf dem Modell wird mittels Tiefziehgerät eine heiße, ca. 1 mm dicke PMMA-Folie über das Modell mittels Vakuum „gezogen“. Dieser Rohling wird nun vom Techniker herausgeschnitten und bearbeitet (plus eventuelles therapeutisches Einschleifen). Nun muss sie der Patient noch anprobieren, wobei gegebenenfalls noch weitere Druckstellen und Randkanten abgeschliffen werden.
Für die Herstellung der Schiene kommen unterschiedlich harte Materialien zum Einsatz. Die Herstellung selbst unterliegt nämlichen Gesetzen der erfolgreichen technischen Umsetzung zahnärztlicher Vorgaben: Gingivakontakt ist zu vermeiden, ausreichend für die Passgenauigkeit umschließt die Schiene sämtliche Zahnäquatoren oder leicht darüber, wenn diese nur schwer zu definieren sind (in einigen Fällen nicht vorhanden).
Zur gewünschten erfolgreichen Funktionalität der Schiene ist die Oberfläche (occlusal) von entscheidender Bedeutung, sie gibt die Bewegungen vor, die jetzt noch ausgeführt werden können. Bewährt hat sich die Methode, auf die bereits ausgearbeitete Schiene aus thermoplastischem Material (Endprodukt ist ein weicher, transparenter gummiartiger Kunststoff) eine individualisierte Schicht aus hartem Kunststoff (Acrylat) aufzutragen, welche auf die exakte Artikulation des Patienten angepasst werden kann.
Die gleiche Methode wird beim Mundschutz für Boxer oder im Zusammenhang mit anderen verletzungsanfälligen Sportarten verwendet, jedoch kann auf den individuellen Aufbau verzichtet werden, allein die Stärke der verwendeten Folie beträgt statt der üblichen 1–4 mm die vom Sportler gewünschte oder notwendige.
Alternativen
Oft wird bei Abrasion Autogenes Training oder eine andere psychotherapeutische Entspannungsmethode empfohlen. Dies geschieht in der Annahme, dass unverarbeiteter Stress zur Anspannung der Kiefermuskulatur führt. Autogenes Training hilft zwar, insgesamt entspannter zu werden, ändert aber nichts an der stressauslösenden Situation und der Reaktion mit Muskelverspannung.
Selten wird Biofeedback angeboten, obwohl a) sich dadurch im Alltag durch Messung der Spannung an der Kaumuskulatur gezielt die stressauslösende Situation ermitteln ließe und b) durch akustisches Feedback ganz gezielt trainiert werden könnte, genau dann zu entspannen und nicht zu knirschen.
Von der ganzheitlichen Zahnmedizin wurden Zusammenhänge zwischen Bruxismus und Beckenschiefstand festgestellt. Entsprechend wird empfohlen, den Beckenschiefstand physiotherapeutisch zu behandeln. Ebenfalls wurden Zusammenhänge zwischen Ernährung, Körperhaltung und Bruxismus festgestellt.
Siehe auch
Weblinks
- Heli Forssell, Eija Kalso, Pirkko Koskela, Raili Vehmanen, Pauli Puukka, Pentti Alanen: Occlusal treatments in temporomandibular disorders: a qualitative systematic review of randomized controlled trials. In: Pain. Bd. 83, Nr. 3, December 1999, ISSN 0304-3959, S. 549–560, PMID 10568864.
- Online-Test mit Beispielfilmen zur Überprüfung einer möglichen CMD. Initiative proDente e. V.
- Universitäts-Zahnklinik Greifswald (PDF)