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Einheitsstraßenbahnwagen

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Einheitsstraßenbahnwagen (ESW) war die Bezeichnung für in Deutschland 1938/39 projektierte, nach einheitlichen Kriterien zu fertigende zweiachsige Straßenbahntrieb- und Beiwagen. In Folge des Zweiten Weltkriegs wurde das Konzept allerdings nicht wie geplant umgesetzt.

Geschichte

1938 wurde von der Nürnberg-Fürther Straßenbahn das Vorbild des Einheitsstraßenbahnwagens entwickelt. Für die Verkehrsbetriebe wurden 1939 30 Fahrzeuge bei der DUEWAG (Wagen 901–915) und der MAN (Wagen 916–930) in Auftrag gegeben, deren elektrische Ausführung von SSW übernommen wurde. Die Triebwagen waren auf dem damals modernsten Stand der Technik: Der Wagen war in Ganzstahlbauweise ausgeführt und vollkommen geschlossen, die Fahrzeuge besaßen eine 12-Volt-Niederspannungsanlage, an den Plattformen befanden sich Doppeleinstiege mit teilweise elektrisch betätigten Türen, die Fahrzielanzeige war separat über dem Frontfenster angebracht, die Frontscheiben waren elektrisch beheizt, die Sitze waren gepolstert.

1939 wurden von Westwaggon die ersten zehn Triebwagen der Baureihe H nach Frankfurt a.M. geliefert. Die Fahrzeuge stellten eine Weiterentwicklung der Frankfurter Baureihe F dar und beinhalteten viele Konstruktionsprinzipien des sich damals in Entwicklung befindlichen Einheitsstraßenbahnwagens. So war unter anderem der gesamte Aufbau in geschweißter Stahlleichtbauweise ausgeführt worden. Auch waren die Fahrzeuge bereits ab Werk mit Magnetschienenbremsen und Scherenstromabnehmern ausgerüstet. Die Arbeit des Fahrers wurde durch einen Fahrersitz und große einteilige Frontscheiben erheblich erleichtert. Liniennummer und Fahrtziel wurden erstmals durch Brose-Bänder angezeigt. Die Fahrzeuge waren im Inneren vergleichsweise luxuriös ausgestattet.

Weitere Entwicklung

Kriegsstraßenbahnwagen

Kriegsstraßenbahnwagen in Wien

Der Kriegsstraßenbahnwagen (KSW) ist ein Straßenbahn-Einheitstyp, der 1942 unter Leitung der Düsseldorfer Waggonfabrik Duewag konzipiert wurde. Die Kriegsstraßenbahnwagen sollten die zahlreichen Straßenbahnwagen ersetzen, die während des Zweiten Weltkriegs durch Kampfhandlungen zerstört wurden. Entsprechend materialsparend und robust sind diese Fahrzeuge ausgerüstet, mit wenigen Sitzplätzen aus Holz. Noch während des Krieges erhielten mehrere Straßenbahnbetriebe, darunter Woltersdorf bei Berlin (Prototyp) die ersten Serien dieser Fahrzeuge. Der Großteil der Fahrzeuge wurde jedoch nach dem Kriege gebaut und bis 1950 ausgeliefert.

Die KSW wiesen eine ähnliche Länge auf wie typische noch zu Friedenszeiten gebaute zweiachsigen Wagen im Deutschen Reich. Der Achsstand war mit 2,9 bis 3,0 Metern durchaus nicht ungewöhnlich. Durch eine Veränderung der Raumaufteilung konnte aber ein erstaunlich großes Fassungsvermögen von 89 Plätzen (davon 77 Stehplätzen) erreicht werden.

Die Triebwagen wogen leer 10,4 Tonnen, die Beiwagen 6,5 Tonnen. In der Regel wurden die KSW von der Heidelberger Firma Fuchs geliefert, die Beiwagen wurden von der Uerdinger Waggonfabrik geliefert. Elektrisch wurden die Triebwagen von Siemens und BBC ausgestattet. Die Trieb- und Beiwagen sind jeweils mit zwei Magnetschienenbremsen ausgestattet.

Nachfolgetypen in der DDR

In der DDR übernahm man die Konzeption der Einheitswagen für die Konstruktion der sogenannten LOWA-Wagen, Typ ET 50 die ab 1950 zunächst in Werdau, ab 1953 im Waggonbau Gotha hergestellt wurden. Dort wurden die Fahrzeuge später zum T57 und T59 weiterentwickelt.

Als Nachfolger dieser Fahrzeuge können die Reko-Wagen angesehen werden, die im RAW Berlin-Schöneweide zwischen 1968 und 1976 nominell unter Verwendung älterer Fahrzeuge, tatsächlich teilweise jedoch als komplette Neubauten gefertigt wurden, um diejenigen Betriebe, die die seit 1968 von Tatra ausschließlich erhältlichen Vierachser T3 und T4D nicht einsetzen konnten, weiterhin mit Zweiachsern zu versorgen. Deutlicher äußerlicher Unterschied ist die Aufteilung der Seitenwände: Gothawagen haben Doppeltüren und drei Fenster, Reko-Wagen einfache Türen und vier Fenster.

Nachfolgetypen in Westdeutschland

In der Alten Bundesrepublik wurde die Idee des Einheitsstraßenbahnwagens mit dem Verbandswagen fortgeführt. Die Bezeichnung stammt von den Verbandswagen nach Empfehlungen des Verbands öffentlicher Verkehrsbetriebe (VÖV), er war eine Weiterentwicklung des Kriegsstraßenbahnwagens. Später hatte die Duewag eine marktbeherrschende Stellung, ihre Erzeugnisse wurden zeitweilig als Einheitswagen bezeichnet.

Literatur

  • Autorenkollektiv: Straßenbahnarchiv Band 1, Geschichte - Technik - Betrieb; transpress VEB Verlag für Verkehrswesen Berlin 1983