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Warp-Antrieb

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Künstlerische Darstellung eines Raumschiffes beim Übergang in Warpgeschwindigkeit

Unter einem Warp-Antrieb (engl. warp „verzerren“, „krümmen“) versteht man im Allgemeinen einen Antriebsmechanismus, der Reisen mit Überlichtgeschwindigkeit durch gezielte Krümmung der Raumzeit ermöglicht. Da ein solcher Antrieb prinzipiell von den Naturgesetzen erlaubt ist, wird diese Möglichkeit auch in der physikalischen Fachliteratur diskutiert. Warp-Antriebe sind in verschiedener Ausführung jedoch vor allem aus der Science-Fiction-Literatur bekannt, wo sie gerne als Erklärung für die interstellare Raumfahrt verwendet werden.

Geschichte des Begriffs

Der Science-Fiction-Autor Gene Roddenberry erfand den Warp-Antrieb für seine Fernsehserie Star Trek, um in Erzählungen die Bewältigung großer Entfernungen zu anderen Sternensystemen plausibel beschreiben zu können, ohne dabei in Konflikte mit den Gesetzen der Relativitätstheorie zu kommen. Der Begriff ist heute in der Science-Fiction allgemein bekannt, wird aber je nach Autor unterschiedlich ausgelegt. Auch wenn das Konzept eines die Raumzeit verzerrenden Antriebs heute allgemein mit Star Trek assoziiert wird, ist die grundlegende Idee bedeutend älter. So beschrieb bereits Chester S. Geier in seinem 1948 erschienenen Roman The Flight of the Starling einen ähnlichen Antrieb – dort als „Warp-Generator“ bezeichnet:

“[The warp-generators]...create a warp in space around the ship...a moving ripple in the fabric of space.”

„[Die Warp-Generatoren]...erzeugen eine Krümmung im Raum rund um das Schiff herum...eine sich bewegende Welle in der Struktur des Raums.“

Der Warp-Antrieb in der Science-Fiction-Literatur

Allgemeines

Erzählungen, die auf Mischungen wissenschaftlicher und fantastischer Ideen basieren, sind darauf angewiesen, zumindest grobe Unstimmigkeiten mit wissenschaftlichen Erkenntnissen zu vermeiden. Dies ist bei Handlungen, die im Weltraum spielen, nur schwer möglich, da einerseits viele kosmologische Erscheinungen als Handlungsorte genutzt werden sollen, andererseits aber erdähnliche Verhältnisse herrschen müssen, um menschliche Handlungen und Sozialbeziehungen darstellen zu können. Die dafür benötigten Handlungsorte in verschiedenen Planetensystemen, Nebeln, Galaxien usw. sind viele Lichtjahre voneinander entfernt. Die Erzählungen wären ohne die Einführung einer Antriebsart, die Reisen über astronomisch große Entfernungen in einer nach menschlichen Maßstäben kurzen Zeit ermöglicht, nicht konsistent aufzubauen.

Solche Reisen werden aber von der Relativitätstheorie ausgeschlossen, da sie voraussagt, dass Massebewegungen nahe der Lichtgeschwindigkeit technisch nicht durchführbar sind. Reisen mit Lichtgeschwindigkeit sind unmöglich, da sie unendlich viel Energie benötigen würden. Hinzu kommt, dass bei einer Reise nahe der Lichtgeschwindigkeit eine Zeitdilatation eintritt. Ein Reisender altert langsamer als jemand, der sich, relativ zu ihm gesehen, langsamer bewegt (siehe auch Zwillingsparadoxon). Dies würde in fiktiven Erzählungen dazu führen, dass keine den Erdverhältnissen nachempfundenen Handlungen möglich wären. Hieraus resultiert die Einführung des Warp-Antriebs als häufig verwandtes Antriebsaggregat in der modernen Fiktion.

Der Warp-Antrieb in Star Trek

Weitere

In Stephen Baxters Roman Die letzte Arche nutzen die Protagonisten einen Warp-Antrieb. Durch die Nutzung mehrerer Kilogramm Antimaterie erzeugen sie ein neutrinogroßes "Taschenuniversum", das jedoch aus der Perspektive der Raumschiffbesatzung einen Durchmesser von mehreren hundert Metern hat.

Wissenschaftliche Sichtweisen

Allgemeines

In der allgemeinen Relativitätstheorie wird die Gravitation auf geometrische Eigenschaften der Raumzeit zurückgeführt. Diese Eigenschaften werden durch die Einsteingleichungen beschrieben

.

Hierbei ist die klassische Gravitationskonstante, die Lichtgeschwindigkeit und der Ricci-Tensor. Weiterhin ist der Krümmungsskalar und der metrische Tensor. Letzterer enthält die Metrik der Raumzeit und induziert ein Abstandsmaß. Die Quelle des Gravitationsfeldes ist der Energie-Impuls-Tensor .

Die Theorie des Warp-Antriebs nach Alcubierre und Van den Broeck

Die Warp-Metrik nach Alcubierre

Ein funktionsfähiger Warp-Antrieb muss die Eigenschaft haben, einen bestimmten Energie-Impuls-Tensor zu erzeugen, welcher das Raumzeitgebiet um ein Raumschiff herum derart verändert, dass die Entfernung zwischen Start- und Zielpunkt verringert wird. Dies bedeutet nichts anderes, als dass die Raumzeit vor dem Schiff kontrahiert und hinter ihm wieder expandiert. Da sich die Raumzeit selbst überlichtschnell ausbreiten darf, könnte ein Objekt also theoretisch in einer solchen Warp-Blase mitreisen. Die erste funktionierende Warp-Metrik wurde 1994 von Miguel Alcubierre aufgestellt.[1] Sie ist jedoch keine strenge Lösung der Einsteingleichungen, sondern wurde direkt mit den gewünschten Eigenschaften konstruiert. Um die Gleichungen zu erfüllen, ist eine negative Energiedichte erforderlich, welche auch als exotische Materie bezeichnet wird.

Da der Alcubierr'sche Antrieb zusätzlich etwa zehn Milliarden mal mehr exotische Materie benötigt, als das Universum insgesamt besitzt, wurde er von Van den Broeck[2] dementsprechend verbessert. Dazu schloss er die Alcubierre'sche Warp-Blase um zwei weitere Blasen herum. Seine Rechnungen zeigten, dass sich der Bedarf an exotischer Materie dadurch zwar nicht aufhebt, aber zumindest auf einige Sonnenmassen reduziert wird. Die äußere Blase, also die eigentliche Alcubierre-Warp-Blase, wird dabei als sehr klein (R=3·10−15m) angesetzt. Die innerste Blase besitzt dafür jedoch eine Oberfläche, die einer Blase von 200 m Durchmesser entspricht. Diese scheinbare Diskrepanz wird durch die vierdimensionale Geometrie ermöglicht. Die Materiedichte ist bei beiden Antrieben jedoch so hoch, wie die Materiedichte des Universums kurz nach dem Urknall gewesen ist. Alcubierre und Broeck gingen von einer vorher ungekrümmten Raumzeit aus. Ist die Raumzeit hingegen gekrümmt, so genügen nach Sergei Krasnikov bereits 10 kg exotischer Materie, um solch ein System aus Warp-Blasen zu erzeugen. Durch geringfügige Modifikation der Van-Den-Broeck-Metrik gelang es Krasnikov, die notwendige Menge an exotischer Materie auf einige Milligramm zu reduzieren.[3]

Untersuchungen von Finazzi, Liberati und Barceló stellen die Stabilität der Warp-Blase in Frage.[4][5]

McMonigal, Lewis und O'Byrne von der University of Sydney gehen aufgrund einer theoretischen Studie davon aus, dass beim Abbremsen eine für die Umgebung tödliche Strahlung entsteht.[6][7]

Sonstiges

Im September 2012 diskutierten Forscher auf einer Konferenz des 100-Year Starship projects neue Aspekte und Möglichkeiten für die Realisierung eines Warp-Antriebes. Dabei wurde die Einstufung der theoretischen Umsetzung eines Warp-Antriebs von "unrealistisch" in "durchaus umsetzbar" geändert. Grund dafür sind Berechnungen von Wissenschaftlern der NASA, die durch Modifikationen des ursprünglichen Konzeptionsentwurfs glauben, den benötigten Energiebedarf des Antriebs senken zu können. [8][9][10][11] 2013 prämierte das American Institute of Aeronautics and Astronautics ein wissenschaftliches Paper, das sich mit möglichen Theorien und Strategien einer zukünftigen Entwicklung eines Warp-Antriebes befasste.[12]

Siehe auch

Literatur

Einzelnachweise

  1. Alcubierre, 1994.
  2. Chris van den Broeck: A 'warp drive’ with more reasonable total energy requirements. Classical and Quantum Gravity 16 (12), 1999, S. 3973–3979, doi:10.1088/0264-9381/16/12/314, arXiv:gr-qc/9905084v5.
  3. Sergei Krasnikov: The quantum inequalities do not forbid spacetime shortcuts. Physical Review D, 67, 2003, doi:10.1103/PhysRevD.67.104013, arXiv:gr-qc/0207057v3. (Van Den Broeck’s trick Seite 18-19)
  4. Stefano Finazzi, Stefano Liberati, Carlos Barceló: Semiclassical instability of dynamical warp drives. Physical Review D, 79 (12), 2009, doi:10.1103/PhysRevD.79.124017, arXiv:0904.0141v2 [gr-qc].
  5. Carlos Barceló, Stefano Finazzi, Stefano Liberati: On the impossibility of superluminal travel: the warp drive lesson., arXiv:1001.4960v1 [gr-qc], 2010.
  6. Brendan McMonigal, Geraint F. Lewis, Philip O’Byrne: The Alcubierre Warp Drive: On the Matter of Matter. Physical Review D, im Druck (Stand 4. Juni 2012), arXiv:1202.5708v1 [gr-qc].
  7. Warp Antrieb: Gefahr für Zivilisation am Reisziel. Wissenschaft aktuell, 14. März 2012 (Zusammenfassung der Studie von McMonigal et al.; abgerufen am 4. Juni 2012)
  8. Can we finally break the speed of light? Nasa breakthrough suggests Star Trek's 'warp drives' may not only be possible - but practical (englisch) – Artikel bei Mail online, vom 18. September 2012 (Abgerufen am: 21. September 2012)
  9. Warp Drive May Be More Feasible Than Thought, Scientists Say (englisch) – Artikel bei Space.com, vom 17. September 2012 (Abgerufen am: 21. September 2012)
  10. Warp Field Mechanics 101 (PDF, englisch; 8,02 MB) – Dokument auf dem NASA Technical Reports Server (Abgerufen am: 19. September 2012)
  11. Raumfahrt: Nasa-Wissenschaftler hält Warp-Antrieb für machbar – Artikel bei Golem.de, vom 18. September 2012 (Abgerufen am: 21. September 2012)
  12. Eric Davis: Faster-Than-Light Space Warps, Status and Next Steps. abstract, aiaa.org; Why Warp Drives Aren't Just Science Fiction, news.yahoo.com, abgerufen am 26. Juli 2013