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Honorius Roth von Schreckenstein

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Honorius Roth von Schreckenstein

Honorius Roth von Schreckenstein (* 20. September 1726 in Immendingen; † 16. November 1785 in Kempten) war von 1760 bis 1785 Fürstabt im Fürststift Kempten.

Honorius Roth von Schreckenstein entstammte einem Zweig des ursprünglich aus Ulm stammenden adeligen Patriziergeschlechts der Roths von Schreckenstein, der seinen Stammsitz in Immendingen hatte. Ab 1737 besuchte er die lateinische Schule des Stifts in Kempten, an die er, nachdem er in St. Gallen Theologie und an der Benediktineruniversität Salzburg Rechtswissenschaften studiert hatte, 1750 zurückkehrte und dort Theologie und Philosophie lehrte. Am 16. Juni 1760 wurde er zum Fürstabt von Kempten gewählt und hatte dieses Amt bis zu seinem Tod inne.

Während seiner Regierungszeit ließ er die Kapelle St. Magdalena in Hirschdorf errichten, die Pfarrkirche St. Martin und Alexander in Waltenhofen neu erbauen, die Kirche St. Martin in Martinszell umbauen sowie die Kapelle St. Cyprian in Wildpoldsried um das Langhaus erweitern und neu ausstatten. Ferner wurden unter Honorius Roth von Schreckenstein das abgebrannte alte Schloss Lautrach und Schloss Lenzfried neu errichtet. Gegen 1780 versah er den Hofgarten in Kempten mit neuen Anlagen und ließ am nördlichen Abschluss dieser Parkanlage eine spätbarocke Orangerie erbauen. 1761 richtete er ein Polizeidirektorium ein, das das Marktwesen regulieren, die Feuersicherheit in der Stadt erhöhen, die Bettelordnung durchsetzen und die Reinhaltung der Straßen gewährleisten sollte.[1]

Um das Problem der Armenfürsorge neu zu regeln, richtete Roth auf Burg Langenegg bei Martinszell ein Armen-, Zucht- und Arbeitshaus ein, erweiterte das Seelhaus im Fürststift um eine Krankenanstalt und erließ 1767 die sogenannte "Bettelordnung und Armen Cassae", die 1770 in Kraft trat. Die Almosengabe und jede Art von Betteln waren nun bei Strafe verboten. Stattdessen wurde 1769 eine Armenkasse eingerichtet, der Beiträge aller Einwohner sowie Bußgelder und Spenden zufließen sollten und die auch von der Hofkammer unterstützt wurde. Dieses scheinbar armenfreundlich anmutende Gesetzeswerk wurde von Roth primär dazu genutzt, ein gegen Bettler gerichtetes Feindbild zu evozieren und die Bettelbevölkerung der Kontrolle des Staates zu unterwerfen.[2] Die neue Bettelordnung sollte den persönlichen Kontakt zwischen Almosengeber und Bettler unterbinden. Bedenken der Nächstenliebe wurden durch die Einrichtung der praktisch wirkungslos konzipierten Armenkasse beiseite geschoben.[3] Das Ziel dieser Maßnahmen bestand darin, den Zustrom von Armen in die Stiftsstadt zu verhindern und ansässige Bettler dazu zu veranlassen, das Territorium des Fürststifts zu verlassen. Allerdings ließen sich Roths auf Abschreckung zielenden Interessen nicht durchsetzen, denn aufgrund der durch Inflation und Missernten bedingten Hungersnot 1770/71, nahm die Zahl der Bettler weiterhin kontinuierlich zu.

Roth galt als sehr gebildet, weltoffen, tolerant und fortschrittlich.[4] Dass er vom Geist der Aufklärung durchdrungen war, zeigt sich nicht nur anhand seiner aufklärerisch durchwirkten Gesetze, sondern auch darin, dass er den Freimaurer und Aufklärungstheologen Dominikus von Brentano, der die Aufklärung im Stift vorantreiben wollte, 1770 zu seinem Hofkaplan bestellt hatte und offenbar freundschaftlich mit ihm verbunden war.[5] Da bereits hundert Jahre zuvor einer seiner Amtsvorgänger, Rupert von Bodman, vehement und erfolgreich für ein Verbot von Hexenprozessen eintrat, überrascht es deshalb umso mehr, dass während Roths Regierungszeit im Fürststift der letzte Hexenprozess auf deutschem Boden stattfand und offenbar auch von ihm befürwortet wurde. 1775 wurde die Dienstmagd und Landstreicherin Anna Maria Schwegelin der Hexerei bezichtigt. Entscheidend für ihre Verurteilung war auch, dass sie den Teufelspakt selbst gestand. Landrichter Johann Franz Wilhelm Treuchtlinger plädierte wegen erwiesener Teufelsbuhlschaft für den Tod durch das Schwert. Nicht nur die weltlichen Mitglieder des Hofrats, sondern auch Fürstabt Honorius Roth von Schreckenstein bestätigten das Urteil mit ihrer Unterschrift. Während in der älteren Forschung davon ausgegangen wurde, dass Anna Schwegelin hingerichtet wurde, gelang es dem Kemptener Historiker Wolfgang Petz nachzuweisen, dass das Urteil nicht vollstreckt wurde und sie 6 Jahre nach ihrer Verurteilung im Gefängnis eines natürlichen Todes starb.[6] Offenbar waren auf Betreiben von Roths Beichtvater, dem franziskanischen Pater Anton Krämer, kurz vor der Urteilsvollstreckung erneut Untersuchungen aufgenommen worden, aufgrund derer die Schwegelin begnadigt wurde.


Einzelnachweise

  1. Wolfgang Petz: Zweimal Kempten. Geschichte einer Doppelstadt (1694-1836) (Schriften der Philosophischen Fakultäten der Universität Augsburg. Historisch-sozialwissenschaftliche Reihe Nr. 54). Ernst Vögel Verlag, München 1998, ISBN 3-89650-027-9, S. 230 f.
  2. Maximilian Walter: Das Fürststift Kempten im Zeitalter des Merkantilismus. Wirtschaftspolitik und Realentwicklung (1648-1802/03) (Beiträge zur Wirtschafts- und Sozialgeschichte Bd. 68). Franz Steiner Verlag, Stuttgart 1995, ISBN 3-515-06812-0, S. 69-71.
  3. Hansjörg Straßer: Anna Schwegelin. Der letzte Hexenprozeß auf deutschem Boden - 1775 in Kempten (Allgäuer Heimatbücher Bd. 84). Verlag für Heimatpflege Kempten im Heimatbund Allgäu e.V., Kempten 1985, S. 109.
  4. Maximilian Walter: Das Fürststift Kempten im Zeitalter des Merkantilismus. Wirtschaftspolitik und Realentwicklung (1648-1802/03) (Beiträge zur Wirtschafts- und Sozialgeschichte Bd. 68). Franz Steiner Verlag, Stuttgart 1995, ISBN 3-515-06812-0, S. 7.
  5. Hansjörg Straßer: Anna Schwegelin. Der letzte Hexenprozeß auf deutschem Boden - 1775 in Kempten (Allgäuer Heimatbücher Bd. 84). Verlag für Heimatpflege Kempten im Heimatbund Allgäu e.V., Kempten 1985, S. 96-104.
  6. Wolfgang Petz: Zweimal Kempten. Geschichte einer Doppelstadt (1694-1836) (Schriften der Philosophischen Fakultäten der Universität Augsburg. Historisch-sozialwissenschaftliche Reihe Nr. 54). Ernst Vögel Verlag, München 1998, ISBN 3-89650-027-9, S. 431.