Marketing
Marketing (von engl. marketing: Vermarktung, Öffentlichkeitsarbeit oder Vertriebswesen) bietet einer Organisation einen systematischen Ansatz, um ihre Entscheidungen markt- und kundenorientiert treffen zu können. Marketing (auch: Unternehmensführung aus der Sicht des Kunden) ist eine Funktion der Betriebswirtschaft mit Stabscharakter. Umgangssprachlich wird Marketing eingeschränkt auf werbliche oder verkäuferische Tätigkeiten.
Vielfalt der Marketing-Definitionen
Im Jahr 1968 definiert die „American Marketing Association“ (AMA) Marketing wie folgt:
„Der Planungsprozess der
von Produkten und Dienstleistungen, um Austauschprozesse zu erreichen, die individuelle und organisationale Ziele erfüllen.“
Diese Definition hat Eingang in die Allgemeine Lehrmeinung gefunden. Marketing ist also nicht nur ein anderer Begriff für Werbung oder Verkauf.
Eine ältere Definition beschreibt Marketing als einen Prozess im Wirtschafts- und Sozialgefüge, durch den Einzelpersonen und Gruppen ihre Bedürfnisse und Wünsche befriedigen, indem sie Produkte und andere Dinge von Wert erzeugen, anbieten und miteinander austauschen (vgl. älterer Absatzbegriff von Erich Gutenberg).
Nach Orbis Wirtschaftslexikon 1989: „Alle Maßnahmen einer Unternehmung, die darauf ausgerichtet sind, den Absatz zu fördern.“ Diese ältere Verkürzung ist insofern auch heute noch zutreffend, als die Elemente des Marketing dem Unternehmen dazu dienen, eine erfolgreiche Teilnahme am Marktgeschehen durch die Erreichung der Unternehmensziele zu realisieren. Auch Philip Kotler, ein bedeutender US-amerikanischer Wirtschaftswissenschaftler, definiert Marketing ähnlich: „Bedürfnisse profitabel zu befriedigen.“
Heribert Meffert und Klaus Backhaus, zwei Wirtschaftswissenschaftler mit eher ganzheitlichem Ansatz und starkem Bezug zum Investitionsgütermarkt, fassen Marketing weiter. Meffert greift besonders die unternehmensweite Funktion des Marketing auf und definiert: „Die bewusst marktorientierte Führung des gesamten Unternehmens, die sich in Planung, Koordination und Kontrolle aller auf die aktuellen und potenziellen Märkte ausgerichteten Unternehmensaktivitäten niederschlägt.“ Hiermit ist insbesondere die Motivation nicht nur der kundennahen Wertschöpfungsbereiche zur überzeugenden Leistung gemeint. In einem Unternehmen sollte sich jeder Mitarbeiter darüber bewusst sein, welchen Anteil er persönlich für die Zufriedenheit oder gar die Begeisterung des Kunden (siehe auch: Empfehlungsmarketing) beitragen kann.
In neueren Publikationen wird Marketing als Management komparativer Konkurrenzvorteile unter Nutzung der Marketinginstrumente verstanden. Unter komparativen Konkurrenzvorteilen (KKVs) versteht man Wettbewerbsvorteile gegenüber der Konkurrenz, welche aus Kundensicht wichtig und wahrnehmbar sind und aus Unternehmersicht dauerhaft und ökonomisch sinnvoll realisiert werden müssen.
In einem umfassenden Sinne versteht man unter Marketing die marktorientierte Verwirklichung von Unternehmenszielen unter Einbeziehung von Erkenntnissen der Soziologie, Psychologie und Verhaltenswissenschaft.
Marketingthemen im Überblick

Klassischer Marketing-Mix der American Marketing Association
- Produkt- bzw. Leistungspolitik
- Preispolitik / Kontrahierungspolitik
- Kommunikationspolitik
- Distributionspolitik (Vertrieb, Logistik)
Geläufige Erweiterung um wichtige benachbarte Funktionen
- Marktforschung und Meinungsforschung
- Balanced Scorecard
- Qualitätsmanagement
- Controlling
- Brand Management
Marketingausrichtungen
- Konsumgütermarketing (B-to-C)
- Investitionsgütermarketing (B-to-B)
- Channel-Marketing
- Dienstleistungsmarketing
- Beteiligungsmarketing
- Marketing nach innen
- Non-Profit-Marketing
Historische Entwicklung
Der Begriff „Marketing“ wurde erstmalig zwischen 1905 und 1920 an US-amerikanischen Universitäten verwendet. In Deutschland sprachen die Fachleute jedoch bis in die 1960er Jahre von „Absatzwirtschaft“. Verkauf und Werbung stehen im Mittelpunkt des absatzpolitischen Instrumentariums. Eine Ausnahme bildet die Untersuchung von Stackelbergs aus dem Jahre 1939: Im Gegensatz zur damals vorherrschenden Preistheorie, welche von Preis und Menge als alleinige Aktionsparameter von Unternehmungen ausgeht, berücksichtigte von Stackelberg erstmalig Qualitätsvariationen und Vertriebspolitik.
Die Einführung des heutigen Marketingbegriffes wurde vom Wandel der Absatzmärkte begleitet, weg vom Verkäufermarkt, in dem der Verkäufer aufgrund des Mangels an Gütern und Dienstleistungen Preise und Konditionen weitgehend bestimmen kann, hin zu einem Käufermarkt, in dem die Vielzahl an Wettbewerben immer mehr Kunden die Wahl ermöglicht, ob sie das Angebot überhaupt annehmen.
Die Geburtsstunde des Marketings kam in Deutschland mit der Erfindung des Backpulvers durch Dr. Oetker. Durch Massenwerbung wurde dem Kunden erstmals ein Produkt angeboten, das ihm eine Arbeitserleichterung verschaffte, von dem er aber bis dahin nicht gewusst hatte, dass er es überhaupt brauchte. Da die Weiterentwicklung durch Erfindungen neuer Produktvarianten immer weiter voranschritt, reicht der Erfolg des Angebots bis in die Gegenwart hinein.
Der Wandel auf dem Marketing-Sektor findet seit etwa 2002 statt, er wurde durch die Suchmaschinen-Portale eingeleitet. Mit einer bisher nicht gekannten Einfachheit und Effizienz können sich Verkäufer und Käufer finden. Beispiele dafür liefern Google mit AdWords und AdSense sowie Yahoo mit Overture.
Marketingziele
Die Marketing-Konzeption ist ein in sich geschlossener Gesamtplan und stellt einen Kernbereich der Führung eines Unternehmens oder einer Organisation dar. Sie umfasst Marketing-Ziele, Marketing-Strategien und die operative Umsetzung in konkrete Marketing-Maßnahmen im Marketing-Mix sowie die Erfolgskontrolle. Da ein Käufermarkt, der durch teilweise extreme Markttransparenz gekennzeichnet ist (Stichwort: zum Wettbewerb „googeln“), entweder sehr umfassende oder ausgesprochen spezialisierte Vorgehensweisen (siehe Marktsegmentierung) erfordert, haben sich in der Vergangenheit verschiedene Entwicklungen unabhängig voneinander abgezeichnet.
Strategische Marketingziele im Portfolio-Marketing können sein:
(Entweder horizontale/vertikale Diversifikation oder Spezialisierung)
- Beispiele für Marktdurchdringung (Penetration):
- Erhöhung der Produktverwendung und Markentreue bei bestehenden Kunden durch Cross Selling.
- Gewinnung bisheriger Nichtverwender
- Gewinnung neuer Kunden von Mitbewerbern.
- Beispiele für Markterschließung (Abschöpfung):
- Erschließung zusätzlicher, räumlicher Absatzgebiete
- Eindringen in andere Verwendungsbereiche
- Orientierung an neuen Zielgruppen.
Daraus ergeben sich Unterziele, beispielsweise in den Bereichen Platzierung, Qualität, Regalfläche, Inhalt der Handelswerbung und der Kundenwerbung etc. Eine Zielformulierung könnte z.B. lauten: „Wir wollen unseren Marktanteil im Hochbau der Bundesrepublik im nächsten Jahr von 3 auf 5 Prozent steigern“ oder „wir planen die Außendienstkosten in Berlin innerhalb der nächsten 6 Monate um 25 Prozent zu senken.“
Neben den reinen Ergebniszielen, wie Art und Menge der verkauften Produkte oder die damit verbundenen Kosten, sind auch qualitative oder informelle Prozessziele zu beachten. Ein wichtiges Kriterium für gute Zielformulierung ist die Nachhaltbarkeit der Zielerfüllung: i. A. sind nur auf irgendeine Art quantifizierbare Größen sinnvoll. Völlig ungeeignet sind unscharfe Prozessziele wie z.B. „Wir wollen die Zufriedenheit unserer Kunden im nächsten Jahr steigern.“
Auch ein Prozessziel kann exakt formuliert werden:
„Wir wollen die Produktqualität im Bereich schnell drehender Konsumgüter im nächsten Geschäftsjahr mit Hilfe einer neu eingerichteten Einzelhändler-Hotline so weit steigern, dass wir einen Kunden-Reklamationsstand von unter 5 Prozent erreichen. Dazu ist ein Budget von 100.000,- € p.a. unter der Leitung von Dr. Mayermüller mit Sitz in Hannover vorgesehen. Die Ergebnisse sind der Fachabteilung Marktkommunikation quartalsweise zur Verfügung zu stellen.“
Ziele im Marketing sind also als ebenso detailliert zu formulieren wie in jedem technischen Führungsbereich oder Militärbereich, aus dem sich z.B. die Distributionslogistik ursprünglich ableitet.
Operative Marketingziele betreffen z.B.:
- Absatz
- Umsatz (Erlös)
- Marktanteil
- Deckungsbeitrag
- Bekanntheitsgrad
- Imagepositionierung
- Branding (Markenführung).
Auch diese Ziele können und sollten operational (nach Inhalt, Ausmaß und Zeit) formuliert werden.
Corporate Identity
Die Unternehmensidentität (Corporate Identity oder kurz CI) mit ihren drei Teilaspekten Corporate Communication (CC), Design (CD) und Behaviour (CB), prägt das einheitliche, prägnante Erscheinungsbild des Unternehmens mit Außen- und Innenwirkung.
Innenwirkung:
- Die Mitarbeiter identifizieren sich mit ihrem Unternehmen. Es entsteht ein Wir-Gefühl: der Mitarbeiter von VW fährt idealerweise selbst z.B. einen Golf und keinen Ford Focus.
Außenwirkung:
- Das Unternehmen wird nach außen einheitlich präsentiert. Dazu gehören operativ die Geschäftsausstattung mit Logo, Farbgebung, Schrifttypografie und Layoutvorgaben (Corporate Design) sowie eine strategisch als geschlossen wahrnehmbare Kommunikationspolitik, mit der die anderen Elemente des Marketing-Mix den Marktteilnehmern zugänglich gemacht werden.
Die kommunizierte Zusammengehörigkeit (Corporate Behaviour: im Zusammenhang mit den anderen Bestandteilen des CI eine schlüssige und widerspruchsfreie Ausrichtung der Verhaltensweisen einer Organisation nach innen und aussen) führt zu einer eindeutigen und unverwechselbaren Marktpräsenz. Wenn die CI stimmig ist, erscheint das Unternehmen glaubwürdiger.
Siehe hierzu eigenständige Artikel Werbung und Kommunikationspolitik mit ihren Unterartikeln.
Modebegriffe
In der Unternehmensführung und davon ausgehend für das Marketing entwickeln sich ständig neue Moden mit immer neuen Wortschöpfungen. Für diese neuen Begriffe wurde häufig Markenschutz beantragt, was verdeutlicht, dass es sich hierbei weniger um die Weiterentwicklung einer Wissenschaft, sondern oft um Werbebegriffe imagebewusster Unternehmensberater handelt, mit denen Kunden geworben werden sollen. Diese Marketingmoden sind dadurch gekennzeichnet, dass sie häufig genauso schnell wieder verschwinden wie sie gekommen sind.
Andere Strömungen werden von benachbarten Disziplinen aufgegriffen und beeinflusst, wie z.B. im Fall des Qualitätsmanagements, des Category Managements oder des Guerilla-Marketing, welches das betriebswirtschaftliche Denken der kleinen und mittleren Unternehmen berücksichtigt. Für Betriebe, die sich keine wissenschaftliche Unternehmensführung erlauben können, sind die komplexen Modelle der Marketingtheorie oft unverständlich.
Scheinbar revolutionäre Ansätze wie „Das Ende der Kundenbindung“ oder „Abschied vom Verkaufen“ dienen dabei sowohl der Wertschöpfung durch Beratung, als auch der Provokation zur Veränderung. Die Sichtweise des „Kaizen“ in Japan wird hingegen kaum vermarktet, in Europa jedoch unter dem Begriff Kontinuierlicher Verbesserungsprozess vermittelt. Diese Einflüsse wirken inzwischen auch im westlichen Wirtschaftsraum.
Vor diesem Hintergrund ist die angelsächsische Zurückhaltung, vor allem von Naturwissenschaftlern bei nicht wissenschaftlichen Denkanstößen, mit denen natürlich auch Geld verdient werden soll, oft nicht nachzuvollziehen. Besonders aktuelle Beispiele sind Clienting, Guerilla-Marketing, Virales Marketing sowie Low-Budget-Marketing. So haben die von Edgar Geffroy in den Neunziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts propagierten Ansätze zu wesentlich intensiverem Kundenbeziehungsmanagement und der strategischen Nutzung des Internet als Absatzkanal sich heute in vielen Unternehmen bereits etabliert. Ein entsprechendes Geschäftskonzept für das Internet haben die Unternehmensberater John Hagel III und Marc Singer eingeführt: Ein Infomediär vermarktet im Auftrag der Kunden deren Daten an interessierte Unternehmen und ermöglicht den Anbietern die Realisierung personalisierter Marketingmaßnahmen.
- Das Low-Budget-Marketing kurz: Lowbudgetmarketing ist die Analyse des Wirtschafts- und Sozialgefüges von Non-Profit-Organisationen und mittelständischen Unternehmen sowie die Gestaltung der darin stattfindenden Prozesse. Charakteristisch für das Lowbudgetmarketing sind die vom Budget bestimmten Maßnahmen mit dem Zweck, Zielgruppen möglichst effizient zu erreichen, zu beeinflussen und zu einer Austauschbeziehung zu bewegen. Dieser Austausch von Produkten, Leistungen, Geld und anderen Dingen von Wert dient der beidseitigen Bedürfnisbefriedigung.
Weitere Modebegriffe im Marketing:
- Destinationsmarketing
- Yield-Marketing
- Cross-Marketing
Bekannte Marketing-Professoren
- Klaus Backhaus
- Christian Belz
- Manfred Bruhn
- Christian Gündling
- Wolfgang Hilke
- Christian Homburg
- Philip Kotler
- Heribert Meffert
- Werner Reinartz
- Volker Trommsdorff
- Jürgen Weber
- Bernd Erichson
- Torsten Czenskowsky
- Florian Schittenhelm
- Margit Enke
- Call from Ibiza
Siehe auch
Literatur
- Bruhn, Manfred/Homburg, Christian: Gabler Lexikon Marketing, Gabler Verlag 2. Aufl. 2004. XXIV, 924 S., Geb.
- Geml, Richard/Lauer, Hermann: Das kleine Marketing-Lexikon, 3. Aufl., Düsseldorf 2004, 488 S., Geb., ISBN 3-87881-183-7
- Esch, Franz-Rudolf: Moderne Markenführung, Grundlagen - Innovative Ansätze - Praktische Umsetzungen, Gabler Verlag 4., vollst. überarb. u. erw. Aufl. 2005. XXIV, 1537 S., 403 Abb., Geb.
- Homburg, Christian/Krohmer, Harley: Marketingmanagement, Strategie - Instrumente - Umsetzung - Unternehmensführung, 2003. XX, 1128 S., Gabler Verlag 2003.
- Kotler, Philip/Bliemel, Friedhelm: Marketing-Management. Analyse, Planung und Verwirklichung. Schäffer-Poeschel, 10. Aufl. 2001, 1399 Seiten
- Meffert, Heribert: Marketing, Gabler Verlag 9., überarb. u. erw. Aufl. 2000. XXIV, 1472 S., Geb.
- Meffert, Heribert/Burmann, Christoph/Koers, Martin: Marken-Management, Gabler Verlag 2., vollst. überarb. u. erw. Aufl. 2005, 890 S. Mit 275 Abb. u. 30 Tab., Geb.
- Nieschlag, Robert/Dichtl, Erwin/Hörschgen, Hans: Marketing. Duncker & Humblot, 19. Aufl. 2002, 1349 Seiten
- Jablonski, Malte: Low-Budget-Marketing. Strategien und Kampagnen für Verein und Mittelstand, Verlag Dr.Müller, 1. Aufl., 2005, 180 Seiten, www.marktmann.de
- Dettmann, Joachim; Holewa, Michael: Vertrauen - oder das Wunder der Loyalität. Unternehmenskultur als Marketing-Strategie. Berlin 2006, ISBN 3-937684-03-4, www.efb-consulting.de