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Kriegstrauma

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Ein Kriegstrauma ist ein Trauma (auch psychologisches, seelisches oder mentales Trauma oder Psychotrauma genannt), das Kriegsteilnehmer (während des Krieges), ehemalige Kriegsteilnehmer (nach dem Krieg - "Veteranen") oder Zivilisten haben. Siehe auch Posttraumatische Belastungsstörung. Die englische Bezeichnung lautet 'Combat stress reaction' (CSR), früher nannte man ein Kriegstrauma 'shell shock' (dt. Granatenschock) oder 'battle fatigue'. (frz.: obusite, span.: Fatiga de combate)

Daneben können Bevölkerungsgruppen ein 'kollektives Kriegstrauma' erleiden. Beispiele:

  • die Bewohner einer von einem Feuersturm verwüsteten und/oder immer wieder von Luftangriffen betroffenen Stadt
  • Kinder (siehe Kriegskind),
  • Menschen, die Angehörige im Krieg durch Tod verloren (Witwe, Waise)
  • Frauen, die während des Krieges vergewaltigt wurden.[1]

Symptomatik

Michael Ermann (Leiter der Abteilung Psychotherapie und Psychosomatik der Psychiatrischen Universitätsklinik München) stellte 2009 eine Studie zum Thema 'Kriegstrauma bei Kriegsgkindern' fertig. Die bislang (Stand 2010) größte Studie zum Thema "Kriegskindheit" ergab u.a.:[2]

  • Kriegskinder leiden bis heute weit häufiger unter psychischen Störungen wie Ängsten, Depressionen und psychosomatischen Beschwerden als der Bevölkerungsdurchschnitt.
  • Rund ein Viertel der befragten Kriegskinder zeigte sich stark eingeschränkt in der psychosozialen Lebensqualität,
  • jeder Zehnte war traumatisiert oder hatte deutliche traumatische Beschwerden, zum Beispiel wiederkehrende, sich aufdrängende Kriegserinnerungen, Angstzustände, Depressionen und psychosomatische Beschwerden wie Krämpfe, Herzrasen und chronische Schmerzen.

Nicht selten nehmen diese Beschwerden im Alter zu oder werden im Ruhestand stärker wahrgenommen als zuvor in der Zeit der Berufstätigkeit.[3]

Während des 2. Weltkrieges wurden 504.000 Mann des amerikanischen Heeres (exklusive Marine und Luftwaffe) aufgrund psychischer Probleme kampfunfähig.[4]

Manche Menschen erleben eine Traumareaktivierung: sie erinnern sich plötzlich wieder an früheres Leid, was z.B. durch Fernsehbilder von jeweils aktuellen Kriegen ausgelöst werden kann (z.B. Golfkrieg (1991), Kosovokrieg (1989/99) oder Irakkrieg (2003)). Plötzlich werden Menschen eingeholt von ihrer Vergangenheit.[3]

„Kriegszitterer“

Als Kriegszitterer wurden im Ersten Weltkrieg und auch danach Soldaten bezeichnet, welche an posttraumatischen Belastungsstörungen litten. Die meisten Patienten zitterten unkontrolliert (daher der Name), konnten weder sich selbst auf den Beinen halten noch ein Gewehr bedienen, verweigerten die Nahrungsaufnahme und hatten vor alltäglichen Gegenständen wie z. B. Mützen oder Schuhen panische Ängste.

Bei den Alliierten etablierten sich für die Krankheit die Bezeichnungen Bomb Shell Disease oder shell shock sowie das Adjektiv shell shy. Man glaubte, die Druckwellen der Explosionen hätten die Gehirne an die Schädelwände gedrückt und so beschädigt.[5]

Das Pfeifen der Granaten während ihres Fluges bewirkte eine Konditionierung („gleich schlägt eine Granate ein, vielleicht bist du dann verwundet oder tot; du kannst nichts machen“) und löste bei vielen Panik aus.

Erwähnungen in der Kunst

Sonstiges

MAPS ist eine Vereinigung, die MDMA und andere psychoaktive Substanzen für viele Menschen für unentbehrlich hält - für z. B. schwerst traumatisierte Menschen (Vergewaltigung, Unfall, Kriegstrauma, Misshandlungen) - und eine Freigabe zur therapeutischen Verwendung dieser Substanzen für Patienten fordert.

Wiktionary: Kriegstrauma – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Literatur

  • Bettina Alberti: Seelische Trümmer: Geboren in den 50er- und 60er-Jahren: Die Nachkriegsgeneration im Schatten des Kriegstraumas. (Mit einem Nachwort von Anna Gamma). 4. Auflage. Kösel-Verlag, 2010, ISBN 978-3-466-30866-8.
  • Sabine Bode: Die vergessene Generation: Die Kriegskinder brechen ihr Schweigen. 5. Auflage. 2011, ISBN 978-3-492-26405-1.
  • Udo Baer, Gabriele Frick-Baer: Wie Traumata in die nächste Generation wirken: Untersuchungen, Erfahrungen, therapeutische Hilfen: Untersuchungen, Erfahrungen, therapeutische Hilfen. 1. Auflage. Affenkönig Verlag, 2010, ISBN 978-3-934933-33-0.

Quellen

  1. spiegel.de (2008, englisch): New German Study Looks at Rape Trauma 60 Years On
  2. spiegel.de: 'Wie Kriegskinder ihr Trauma vererben. - Kriegskinder leiden unter den Erlebnissen des Zweiten Weltkriegs noch heute weit stärker als bislang angenommen - und sie haben das unverarbeitete Trauma an die nächste Generation weitergegeben.'
  3. a b spiegel.de 1. November 2008: Die Kinder des Krieges erinnern sich. - 14 Millionen Senioren in Deutschland haben ihre ersten Lebensjahre in Elend und Angst verbracht. Nach Jahrzehnten kämpfen heute viele von ihnen mit den lang verdrängten Erlebnissen.
  4. Gabriel: The Painful Field: The Psychiatric Dimension of Modern War. New York Greenwood Press, 1988, ISBN 0-313-24718-8, S. 2.
  5. Edward Shorter: A historical Dictionary of Psychiatry. Oxford University Press, New York 2005, ISBN 0-19-517668-5, Stw. Shell shock, S. 224 ff., 290; [1]