Nacktmull
Nacktmull | ||||||||||||
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Systematik | ||||||||||||
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Nacktmulle (Heterocephalus glaber) sind Nagetiere und gehören gemeinsam mit den Graumullen (Gattung Cryptomys) und einigen weiteren Arten in die Familie der Sandgräber (Bathyergidae). Sie leben in riesigen unterirdischen Bauten in den Halbwüsten Ostafrikas, speziell im Süden Äthiopiens, in Kenia und Somalia.
Ihren Namen haben sie der Tatsache zu verdanken, dass beinah ihr gesamter Körper mit Ausnahme von einigen Fühlhaaren (Vibrissen) vollkommen haarlos ist. Gewertet wird dies als Anpassung an ihre Lebensweise in großen Kolonien mit teilweise über einhundert Individuen. Durch ihre Haarlosigkeit können sich Parasiten auf ihren Körpern nicht ansiedeln und verbreiten. Als weitere Merkmale besitzen die Tiere riesige Nagezähne, die sie wie Baggerschaufeln einsetzen können sowie winzige Augen und Ohren ohne Ohrmuscheln. Mit ihren Nagezähnen können sie sich sogar durch Beton graben.
Die Tatsache, dass die Nacktmulle in großen Kolonien leben, ist an sich noch wenig spektakulär. Schaut man sich die Organisation der Kolonie jedoch genauer an, fallen einige Besonderheiten auf, die ansonsten nur bei Insekten beobachtet werden können und in ihrer Gesamtheit als Eusozialität bezeichnet werden. Zuerst einmal gibt es in diesem Bau eine strenge, hochspezialisierte Arbeitsteilung. Gräber sind für den Ausbau der Wohngänge zuständig und arbeiten wie am Fließband. Daneben gibt es Auswerfer, die die Erde aus den Ausgangslöchern hinauswerfen (Volcanos) und gleichzeitig als Bewacher und lebende Feindabwehr dienen. Herrscherin ist eine einzige Königin, die immer eine Handvoll Begatter um sich schart und die Kolonie im Schach hält. Regelmäßig patroulliert sie die Gänge und piesakt Arbeiter, die nicht gut genug arbeiten. Besonders bei den Weibchen hat dies eine interessante Wirkung: Durch den Dauerstress kommen die Eierstöcke der Tiere nicht zur Reife -sie bleiben steril. Erst wenn die Königin tot ist, kommen einige Weibchen zur Geschlechtsreife und bekämpfen sich gegenseitig, bis wieder nur eine Königin übrig bleibt.
Die Nacktmulle sind die einzigen eusozialen Säugetiere. Bei ihren Verwandten, den Graumullen ist zwar eine Tendenz in diese Richtung erkennbar, doch gibt es hier immer mehrere Weibchen, die Jungtiere bekommen können. Die Ursachen für das soziale Verhalten sind nicht vollständig geklärt, die wahrscheinlichste Theorie sieht darin eine Anpassung an die fleckenhaft vorkommende Nahrung im Lebensraum der Tiere. Um in dem harten Boden der Halbwüsten Nahrung zu finden, müssen möglichst viele Tiere auf Nahrungssuche gehen und die gefundenen Nahrungsquellen teilen.
Viele weitere spannende Tatsachen über diese Tiere sind bekannt: So nutzen die Tiere beispielsweise Wurzeln als Staubmasken, die Königin wächst während der Schwangerschaft in die Länge und die Nacktmullen haben die höchste bekannte Inzestrate unter allen untersuchten Tieren weltweit.