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Bestatter

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Ladengeschäft eines Bestatters mit Schaufenster in Wuppertal (2010)

Bestatter sind Dienstleister zur Bestattung Verstorbener. Zu den Aufgaben zählt gegebenenfalls die Bergung der Leiche, die hygienische Totenversorgung, die kosmetische Behandlung und Einkleidung, ihre Überführung und Einbettung in einen Sarg. Zusätzlich werden die Hinterbliebenen bei Behördenwegen, Überführungen und Erledigungen unterstützt. Bestatter nehmen zudem in einigen Teilen Deutschlands (vor allem Süddeutschland) wieder die Aufgabe des traditionellen Totengräbers wahr.

Wissenschaftlich beschäftigt sich die Thanatologie mit dem Bestattungswesen. Der Bestatter bringt einen Toten an seine Statt, die letzte Stätte auf dem Friedhof.[1]

Geschichte

Bestatter, die für wohlhabende Bürger eine angemessene Trauerfeier organisierten, gab es bereits im alten Rom. Im Mittelalter bestimmten in Europa die Kirchen weitgehend die Bestattungskultur. Nachdem diese sich im Zuge der Aufklärung zunehmend verweltlichte, entstanden in der Mitte des 19. Jahrhunderts die ersten privaten Bestattungsunternehmen, wie man sie heute noch kennt.[2] Sie gehen auf drei Herkunftsberufe zurück: auf den Tischler, den Gärtner und den Fuhrmann.[3] Diese Handwerke sind bei jeder Bestattung präsent und Grundlage der Dienstleistung. Teilweise wird das Bestattergewerbe in kleinen Orten auch heute vom ansässigen Tischler ausgeübt.

Aufgaben

Neben der Vorbereitung der Leiche für die Beisetzung (Thanatopraxie) besprechen Bestatter in der Regel mit den Hinterbliebenen die Bestattungsart, wählen mit dem Kunden einen Sarg oder eine Urne aus, regeln die Aufbahrung und den Begräbnisablauf, koordinieren ggf. die Gestaltung (Musik, Trauerredner, konfessionelle Orientierung) und beachten dabei regionale Gepflogenheiten. Sie können Blumenschmuck bei einem Floristen bestellen und das Drucken von Totenzetteln, Partenbildern und Todesanzeigen veranlassen. Manche Bestatter halten eigene Räumlichkeiten für Trauerfeiern vor und laden zu kulturellen Veranstaltungen zur Thematik Tod – Trauer – Abschied ein. „Der Bestatter ist der erste Ansprechpartner der von einem Todesfall betroffenen Familie.“.[4]

Den Hinterbliebenen steht es frei, Leistungen selbst zu übernehmen, zum Beispiel das Waschen des Leichnams, die Behördenwege oder der Blumenschmuck. Fragen rund um die (eigene) Bestattung können zu Lebzeiten im Rahmen einer Bestattungsvorsorge persönlich geregelt werden.

Branchenstruktur

Deutschland

In Deutschland ist der Beruf des Bestatters frei und ungeregelt. Er kann auch ohne Ausbildung oder Prüfung ausgeübt werden, erforderlich ist lediglich ein Gewerbeschein. Es gibt einen bundeseinheitlichen Ausbildungsberuf, den der Bestattungsfachkraft, sowie ein Bundesausbildungszentrum der Bestatter. Bei den Handwerkskammern können sich langjährig im Beruf tätige Personen zudem zum „Geprüften Bestatter“ prüfen lassen und auch die Meisterprüfung ablegen.[5] Günstige Voraussetzungen, um den Beruf ergreifen zu können, sind eine abgeschlossene kaufmännische Ausbildung, handwerkliches Geschick und Gespür im Umgang mit Menschen. Bestatter können ferner eine Fortbildung zum Thanatopraktiker absolvieren (siehe Thanatopraxie).

Es gibt in Deutschland drei offizielle Bundesverbände:

Der Hauptunterschied liegt in der regionalen Lage: Der BDB ist hauptsächlich im süd- und mitteldeutschen Raum und der VdB im norddeutschen Raum aktiv. Der VuB steht als Berufsverband angestellten wie auch selbstständigen Bestattern offen.

Auf Landesebene existieren Landesinnungsverbände, wie hessenBestatter als Landesinnungsverband für das Bestattungsgewerbe. Die Landesinnungsverbände werden wiederum durch einen Bundesverband mit Sitz in Berlin geführt.

Nach Angabe eines Brachenkenners ist die Kundentreue in der Bestattungsbranche so hoch wie in fast keiner anderen Branche. Daher haben Neugründungen sehr wenig Erfolgschancen, und bei der Übernahme von Bestattungsunternehmen zahlen Käufer rund 80 Prozent des Preises allein für die Übernahme des Namens.[6]

Österreich

In Österreich ist die Ausbildung zum Bestatter nicht einheitlich geregelt.

Kritik

Bestattungsunternehmen sind vielfach wegen der geschäftlichen Praxis kritisiert worden.[7]

Die Stiftung Warentest veröffentlichte im November 2004 die Ergebnisse einer Untersuchung, in die „elf Anbieter, die in mindestens einer Stadt ab 500.000 (West) bzw. 450.000 (Ost) Einwohnern und mit insgesamt mindestens zehn Geschäftsadressen in den ‚Gelben Seiten‘ bzw. im Internet vertreten waren, [außerdem] eine Gruppe von neun Berliner Bestattern ohne Filialnetz sowie neun Bestatter, die ihr Angebot über das Internet … vermarkten“ einbezogen wurden. Die hohen Preisunterschiede für die gleiche Leistung bei verschiedenen Anbietern fielen auf. Die Bestatterleistungen schwankten für eine einfache Erdbestattung zwischen 499 und 1570 Euro. Die meisten Bestatter gingen im Test auf den Wunsch nach einer möglichst preisgünstigen Bestattung nicht ein, sondern erstellten oft ein umfangreicheres Angebot. Kein untersuchtes Unternehmen schnitt bei der Kostentransparenz besser als „befriedigend“ ab, zwei große Bestatter sogar nur mit „mangelhaft“. „Detaillierte Kostenvoranschläge sind in der Branche nicht selbstverständlich.“ Preise werden dem Test zufolge nur selten öffentlich gemacht.[8]

Um Kosten zu sparen, weichen Hinterbliebene zunehmend auf Discounter im Internet aus, was jedoch, nach Aussage von Verbraucherschützer nicht vor überhöhten Kosten schützt. In einem DPA-Bericht hieß es im Jahr 2005, „nur wer sich mit dem Basisangebot eines solchen Bestatters zufrieden gebe, könne Kosten sparen.“[9]

Ertragssituation

Die Kostenstruktur von Bestattungsunternehmen wurde vom Statistischen Bundesamt für Deutschland im Jahre 2010 mit folgendem Ergebnis ermittelt. Frauen sind in der Branche zu 37,1 % (Gesamtwirtschaft 2010 45,9 %) und in Teilzeitquote arbeiteten 51,5 %. Der Gesamtumsatz lag bei 1,2 Milliarden Euro und somit je Unternehmen bei 335.400 Euro, je tätige Person 52.100 Euro. Dabei lagen die Aufwendungen bei insgesamt rund 874 Millionen Euro, das sind 70,1 % des erwirtschafteten Umsatzes, andererseits 37,2 % Personal- und 62,8 % Sachaufwand. Für betriebliche Steuern und sonstige öffentlichen Abgaben waren je Bestattungsinstitut knapp 31.000 Euro oder 2,5 % des erwirtschafteten Umsatzes nötig.[10]

Seit einigen Jahren etablieren sich zunehmend „Discount-Bestatter“, die eine Bestattung für einen Preis von unter 1200 Euro, zum Teil bis unter 500 Euro anbieten, in der Regel kostensparend über das Internet. Ihr Anteil lag im Jahr 2010 in Deutschland bei einem Fünftel aller Bestattungen. Ein Discount-Angebot beinhaltet grundsätzlich nur Basisleistungen des Bestatters. Nicht alle Bestattungsarten sind im Angebot, überwiegend bieten Discounter anonyme Feuerbestattungen. Zusatzleistungen wie Trauerfeier, Trauermusik und Aufbahrung des Verstorbenen werden zu Aufpreisen angeboten, die oft über den marktüblichen Branchenpreisen liegen.[9]

Literatur

  • Dagmar Hänel: Bestatter im 20. Jahrhundert. Zur kulturellen Bedeutung eines tabuisierten Berufs. Waxmann. Münster, New York, München, Berlin, 2003, ISBN 3830912811.
  • Michael Nüchtern, Stefan Schütze: Bestattungskultur im Wandel. (= EZW-Texte 200) Berlin 2008 (Evangelische Zentralstelle für Weltanschauungsfragen).
  • Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz (Hrsg.): Tote begraben und Trauernde trösten. Bestattungskultur im Wandel aus katholischer Sicht. (= Die deutschen Bischöfe Nr. 81) Bonn 2005.* Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz (Hrsg.): „Der Herr vollende an Dir, was er in der Taufe begonnen hat.“ Katholische Bestattungskultur angesichts neuer Herausforderungen. (= Die deutschen Bischöfe Nr. 97) Bonn 2011.
Commons: Funeral directors – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Reiner Sörries: Großes Lexikon der Bestattungs- und Friedhofskultur. Wörterbuch zur Sepulkralkultur. Haymarket Media Verlag, Braunschweig 2005, Bd. 2, S. 4.
  2. Stiftung Warentest: Bestattungskultur: Vom Gottesacker zur Weltraumbestattung In: test, November 2004.
  3. Klaus Dirschauer: Das Selbstverständnis des Bestatters aus der Sicht des Theologen. In: Deutsches Pfarrerblatt 75.Jg. 1975, S. 686-689.
  4. Klaus Dirschauer: Bestatter und Kirche. In: Forum 1992. Bestattung und Kirche. Braunschweig 1992, Düsseldorf 1992, S. 16.
  5. NWTrauer, Beilage in: NW-Neue Westfälische, 13. Oktober 2010, 18f.
  6. Maria Huber, Verena Töpper: Wenn Unternehmer sterben: Der letzte Makler, in: Spiegel Online, 29. Oktober 2011.
  7. Michael Schomers: Todsichere Geschäfte. Wie Bestatter, Behörden und Versicherungen Hinterbliebene ausnehmen. Aktualisierte Ausgabe. Ullstein, Berlin 2009, ISBN 978-3-548-37241-9 (Ullstein 37241). Peter Waldbauer: Die Bestattungsmafia. Wie mit dem Tod Geschäfte gemacht werden. Herbig, München 2007, ISBN 978-3-7766-2530-1.
  8. Stiftung Warentest: Bestattungen: Die teuren Toten. In: test. November 2004. S.14–19 (abgerufen über test.de am 21. Dezember 2012).
  9. a b Bestattungen: Billig per Internet. In: stern.de (dpa). 17. März 2005. Abgerufen am 10. Dezember 2012.
  10. destatis.de: Kostenstruktur von Bestattungsinstituten.