VEM Gruppe
VEM Holding GmbH
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Rechtsform | GmbH |
Gründung | 1. Januar 1997 |
Sitz | Dresden |
Leitung | Dietmar Puschkeit, Falk Lehmann |
Mitarbeiterzahl | rund 1.700 (2012) |
Umsatz | 280,7 Millionen EUR (2012) |
Branche | Elektrotechnik, Gießerei |
Zur 1997 gegründeten VEM Holding GmbH gehören die Elektromaschinenhersteller der VEM GROUP – VEM Sachsenwerk GmbH, Dresden; VEM motors GmbH, Wernigerode; VEM motors Thurm GmbH, Zwickau; VEM transresch GmbH, Berlin – sowie der Gusserzeugnisproduzent VEM Keulahütte GmbH in Krauschwitz. Innerhalb der Holding werden zwei Marken (VEM und Keulahütte) geführt. Während VEM mit 25 bis 30 Millionen Elektromaschinen weltweit verwendet wird, ist die Marke Keulahütte vor allem in Deutschland bekannt.
Geschichte
Anfänge bis zum Ersten Weltkrieg
1876 eröffnete Oskar Ludwig Kummer, in der Dresdener Waisenhausstraße eine kleine Werkstatt. 1881 ließ er seine Firma Oskar Ludwig Kummer & Co. in das Handelsregister eintragen – 1886 folgte die Baugenehmigung für eine Fabrik in Dresden-Niedersedlitz. Unter Leitung von Emil Gottfried Fischinger, späterer Chefkonstrukteur, wurde 1887/88 die Fabrik errichtet. Die Herstellung von Elektromaschinen begann und Dresden entwickelte sich zu einer Wiege des industriellen Elektromaschinenbaus in Europa.

1894 wurde die „Actiengesellschaft Elektrizitätswerke“ gebildet. Filialen – unter anderem in Danzig, Hannover, Köln – entstanden und um die Jahrhundertwende hatte das Unternehmen ca. 2.000 Beschäftigte. 1901 musste die Aktiengesellschaft jedoch Konkurs anmelden. Die Gläubiger einigten sich aber auf die Weiterführung des Werkes. Ein „Komitee für die Reorganisation der Kummer-Werke“ wurde gebildet. Dem gelang 1903 die Gründung einer neuen AG unter dem Namen „Sachsenwerk, Licht- und Kraft-Aktiengesellschaft mit dem Sitz in Dresden“.
Die Eintragung der Firma ins Handelsregister erfolgte am 29. April 1903, die Geschäftstätigkeit begann am 1. Juli. Produziert wurden Dynamomaschinen, Elektromotoren, Regulatoren, Anlasser, Transformatoren, patentierte Bogenlampen und elektronische Ausrüstungen für Schiffe. Des Weiteren erhielt das Sachsenwerk Aufträge der Städte für den Bau von Elektrizitätswerken. Ab 1908 wurden Straßenbahn-Triebwagen mit Elektromotoren ausgerüstet. Im Jahre 1913 verkaufte die Sachsenwerk Licht und Kraft AG 50.000 Maschinen. Während des Ersten Weltkrieges wurden neben Kraftwerkseinrichtungen auch große Mengen an Granaten hergestellt. 5.000 Menschen arbeiteten 1917 im Werk.
1908 begann auch der Elektromaschinenbau im sächsischen Thurm. Die Brüder Kurt und Alfred Stephan gründeten dort eine Elektrowerkstatt. Die Nachfrage führte zur Vergrößerung der Firma und zur Gründung einer Kapitalgesellschaft unter dem Namen K. & A. Stephan GmbH Thurm. Die Zahl der Beschäftigten stieg bis 1918 auf 22.
Bis 1945

Das Sachsenwerk vergrößerte sein Lieferspektrum nach dem Ersten Weltkrieg durch neue Produkte. 1920 erwarb das Unternehmen eine ehemalige Munitionsfabrik in Radeberg, um dort Ölschalter zu produzieren. In Niedersedlitz wurde das bisherige Granatenpresswerk zur Transformatorenfabrik umgebaut. Das Unternehmen errichtete Fernleitungen in Deutschland, lieferte Transformatoren und Schaltanlagen, Hoch- und Niederspannungsschaltgeräte sowie Groß-, Mittel-, Klein- und Kleinstmaschinen. Außerdem leisteten die Sachsenwerk-Ingenieure Pionierarbeit, vor allem bei Wasserkraftgeneratoren und Straßenbahnantrieben. Bis 1929 wurden 100 Generatoren größerer Leistung gefertigt. In dieser Zeit entstand auch die als System „Bockemühl-Sachsenwerk“ bezeichnete halbautomatische Druckknopfsteuerung, mit der Straßenbahnen eine Geschwindigkeit von 70 km/h erreichen konnten.
Besondere Aufmerksamkeit errang das Sachsenwerk 1936 mit der weltweit ersten Einheitsmotorenreihe. Während des Zweiten Weltkriegs wurden Großaufträge für die Rüstungsindustrie übernommen. Der Betrieb gliederte sich in vier Spezialfabriken: die Maschinenfabrik für Motoren und Generatoren, die Rundfunkempfangsgerätefabrik, die Transformatorenfabrik und die Schaltgerätefabrik. Bis 1945 zählte das Werk zu den größten Herstellern der Branche in Deutschland.
Ähnlich verlief auch die Entwicklung in Thurm. Die Nachfrage nach Elektromotoren war groß. Um die Produktion zu steigern, wurde der Betrieb umgestaltet und erweitert. Neue Motoren mit speziellen Anwendungsmöglichkeiten wurden entwickelt, unter anderem mantelgekühlte Motoren, Getriebemotoren und Spezialantriebe für Waschmaschinen und Webstühle. Anfang der 1930-er Jahre entstand ein europaweites Vertriebssystem. 1938 begann der Bau eines neuen Werkes, das 1940 die Produktion aufnahm.
Sowohl das Sachsenwerk als auch die beiden Werke in Thurm wurden nach Ende des Zweiten Weltkrieges auf Befehl der Sowjetischen Militäradministration (SMAD) demontiert und in die Sowjetunion gebracht.
Bis 1990
Zerstörungen während des Krieges und die Demontage noch erhaltener Anlagen danach erschwerten den Neuanfang erheblich. Doch Elektromotoren wurden überall dringend benötigt. So begannen unter primitiven Bedingungen in Dresden und Thurm die Arbeiten zunächst mit der Reparatur alter Maschinen und langsam auch mit der Produktion neuer. Im Juni 1946 beschloss die SMAD in Magdeburg, die bestehenden Motorenwerke in Hettstedt, Oschersleben, Pößneck und Saalfeld zusammenzulegen und eine Fabrik auf dem Gelände der früheren Leichtmetallgießerei in Wernigerode zu errichten. Am 31. Januar 1947 wurde das Elektromotorenwerk Wernigerode – heute VEM motors GmbH – gegründet. Mitte 1948 wurde die „VEM Vereinigung Volkseigener Betriebe des Elektromaschinenbaus“ (VVB EM) gebildet. Zu den zwei Dutzend ostdeutschen Betrieben der Branche gehörten auch die heutigen VEM-Werke in Dresden, Thurm und Wernigerode.

Zwischen 1949 und 1953 flossen erhebliche Investitionsmittel in neue Produktionsanlagen. Das Sachsenwerk wurde zum größten Elektromaschinenhersteller in der DDR. 1952 überschritt das Produktionsvolumen erstmals das Niveau der Vorkriegszeit. In den 1960-er Jahren erreichten die Erzeugnisse Weltniveau. In Wernigerode verließ 1961 der einmillionste Motor nach der Gründung das Werk. In Thurm übernahm der Betrieb 1967 ein altes Schachtgelände am Stadtrand von Zwickau und begann dort mit dem Um- und Ausbau des neuen Werkes III.
Mit dem Kombinat Elektromaschinenbau entstand am 1. Januar 1970 eine konzernartige Gruppe von 13 volkseigenen Betrieben mit ähnlichem Produktionsprofil. Kombinate wurden über einen Stammbetrieb geleitet, in der Regel der leistungsfähigste und größte Betrieb. So wurde das Sachsenwerk zum Stammsitz des Kombinates. Die Struktur des Kombinates änderte sich in den Jahren immer wieder, die Werke in Wernigerode und Thurm gehörten jedoch immer dazu. Das Kombinat Elektromaschinenbau zählte zu den Vorzeigekombinaten der DDR und entwickelte sich bis 1987 zu Europas größtem Motorenproduzenten. Täglich verließen 45.000 Elektromaschinen die Werkhallen. 1988 übernahm Heiner Rubarth das Kombinat mit zu der Zeit etwa 30.000 Beschäftigten.
Bis heute
Am 5. April 1990 wurde die VEM als erstes ostdeutsches Kombinat in eine Aktiengesellschaft, die VEM Antriebstechnik AG mit 15 GmbHs umgeandelt. Mit der politischen Wende und vor allem der Währungsunion 1990 wurden alle Verträge mit dem Ausland wertlos. Der Absatz stagnierte, die Produktion musste zurückgefahren werden.
Um die Herausbildung wettbewerbsfähiger Einheiten zu vereinfachen, erwarb die AG mit Vertrag vom 27.Mai 1991 neun ihrer 15 GmbHs. Anfang 1992 wurde in Berlin die Horst Plaschna Management GmbH & Co. Beteiligungs-, Sanierungs- und Verkaufs KG (HPM GmbH & Co. KG) durch die Treuhandanstalt gegründet. Deren wichtigste Aufgabe war es, die volkseigenen Betriebe der DDR zu privatisieren oder abzuwickeln. Die VEM Antriebstechnik AG gehörte dazu.

Zum 1. Januar 1993 wurden vier Betriebe aus der großen Aktiengesellschaft herausgelöst und zu zwei GmbHs zusammengefasst: VEM Elektroantriebe GmbH mit dem Sachsenwerk und dem Elbtalwerk Heidenau und VEM motors GmbH mit den Werken in Wernigerode und Thurm. Die Verluste verringerten sich, dennoch schrieben die vier Betriebe rote Zahlen. 1996 drohte die Insolvenz der VEM-Gruppe mit 1.400 Mitarbeitern.
Am 1. Januar 1997 kaufte der Blaubeurener Unternehmer Adolf Merckle aus dem Verbund HPM GmbH & Co. KG die VEM-Unternehmen in Dresden, Wernigerode und Zwickau (Thurm) sowie die Gießerei im sächsischen Krauschwitz, denen zu diesem Zeitpunkt die Insolvenz drohte. Damit wurde die VEM Holding GmbH gegründet. Ab 2002 schrieb die Gruppe wieder schwarze Zahlen und entwickelte sich zum zweitgrößten konzernunabhängigen Anbieter von Elektromaschinen in Deutschland. Bis 2005 flossen rund 66,6 Millionen Euro an Investitionen für neue Fertigungsstätten in die VEM-Werke. Mit der Anfang 2011 erfolgten Übernahme der transresch GmbH, Berlin begann die stärkere Ausrichtung als Anbieter kompletter Antriebssysteme.
Produkte
Die größten Schleifringläufermaschinen und Stromrichter der Welt befinden sich im thüringischen Wasserkraftwerk Goldisthal. Mit seiner Reihe von doppelt gespeisten Windkraftgeneratoren von 1,5 bis 7,5 MW ist VEM Marktführer. Mit der weltweit erstmaligen Anwendung der RFID-Technolgie bei Elektromotoren betrat VEM 2004 Neuland.
Die Branchen Stahl- und Walzwerke, Chemie-, Öl- und Gasindustrie, Kraftwerkstechnik, Alternative Energien, Wasserwirtschaft, Schiffbau, Verkehrstechnik, Grundstoffindustrie und Maschinen- und Anlagenbau werden mit Antriebstechnik im Leistungsbereich von 0,06 kW bis 42.000 kW versorgt.
Literatur
- VEM-Gruppe (Hrsg.): Menschen, Motoren und Metall. Ein Rundgang durch 125 jahre Industriegeschichte. Amalia Verlag, Dresden 2008, ISBN 978-3-9808680-4-4.