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Risorgimento

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Als Risorgimento (italienisch für: Wiedererstehung) wird die Epoche nach dem Wiener Kongress, 1815 bis 1870 in den Fürstentümern und Regionen Italiens bezeichnet, in der bei verschiedenen Erhebungen und Aufständen, vor allem gegen die Vorherrschaft der Bourbonen im Süden und gegen die der habsburgischen Österreicher im Norden Italiens, versucht wurde, die italienische Einheit in einem unabhängigen Nationalstaat Italien durchzusetzen. Getragen wurden das Risorgimento durch unterschiedliche Interessengruppen, die vom Ziel einer gesamtitalienischen Monarchie bis hin zu einer bürgerlich-demokratischen Republik reichten. Die Einigung Italiens als Königreich wurde nach einer wechselvollen Geschichte verschiedener Aufstände und Kriege zunächst 1860 unter sardinischer Führung erreicht und schließlich 1870 nach der Einnahme Roms vollendet.

Vorgeschichte seit der französischen Revolution bis zum Sturz Napoleons

Schon im 18. Jahrhundert hatte es Bestrebungen zur Wiederherstellung der italienischen Einheit gegeben. Die italienischen Staaten und Fürstentümer waren schon länger ein politischer Spielball der europäischen Großmächte gewesen. Während den Jahren der französischen Revolution (1789 bis 1799) hatten sich Ende des 18. Jahrhunderts unter dem Eindruck der neu entstandenen französischen Republik italienische Jakobiner in patriotischen Gruppen zusammengefunden. In Turin, Neapel und Palermo waren diese Gruppen die ersten, die die Forderung nach einer unteilbaren italienischen Republik durch erfolglose Aufstände zwischen 1795 und 1799 umzusetzen versucht hatten.

Während der Koalitionskriege gegen das revolutionäre Frankreich ab 1792/1793 brach die Staatenwelt des alten Italien zusammen. Bis 1801 nach den Siegen von Napoleon Bonaparte befand sich ganz Italien unter französischer Vorherrschaft. Nach der Ausrufung Napoleons zum Kaiser der Franzosen kam es zu fundamentalen Veränderungen in den italienischen Staaten. Zwischen 1796 und 1802 wurden verschiedene Republiken und das Königreich Etrurien gegründet. 1805 wurde unter der Dynastie Bonaparte ein Königreich Italien, 1806 ein Königreich Neapel ausgerufen. Bis 1809 wurde Restitalien durch Frankreich annektiert. Kennzeichen der napoleonischen Vorherrschaft waren eine leistungsfähige zentralistische Bürokratie, die Realisierung bürgerlicher Rechte durch den "Code Napoleon", die Abschaffung der Feudalstrukturen und ein innerer Strukturwandel in den italienischen Staaten. Bei aller zunehmenden Unzufriedenheit vieler Italiener über die despotische Unterwerfung zugunsten der Interessen Frankreichs und bei aller Enttäuschung revolutionärer Hoffnungen im liberal und demokratisch gesinnten Bürgertum, entstand doch ein neues staatsbürgerliches Bewusstsein und die Idee der nationalen Einigung in einem freien Italien, das nicht mehr nur ein geographischer Begriff sein sollte, als Voraussetzung für die Entstehung des Risorgimento nach der Vertreibung Napoleons aus Italien.

Restauration und beginnender Widerstand

Nach dem Sieg über Napoleon wurde beim Wiener Kongress 1814/1815 die Landkarte wieder neu aufgeteilt. In Italien sollte die vornapoleonische Ordnung ausgehend von Legitimitätsprinzip wieder hergestellt werden. Die Bourbonen erhielten die Vorherrschaft über Neapel-Sizilien, die österreichischen Habsburger die Vorherrschaft über die oberitalienischen Fürstentümer. Dazwischen existierte noch der Kirchenstaat und das Königreich Sardinien.

Nach dem Wiener Kongress setzte vor allem in Norditalien die österreichische Restauration ein, die wichtige Reformen der Napoleonischen Ära wieder rückgangig machte. Dies führte zuerst zu Protesten vor allem des aufsteigenden gewerbe- und handeltreibenden Bürgertums, aber auch in Kreisen des aufgeklärten Adels.

Ab 1820 loderte massiverer Widerstand auf. 1820/21 kam es im Königreich beider Sizilien, 1821 in Piemont und 1831 in Mittelitalien (Modena, Romagna) zu bürgerlich-liberalen Aufständen und Revolutionen, in denen die italienische Einheit, Verfassungen und Parlamente gefordert wurden. Organisiert wurden diese Aufstände, die alle von österreichischen Truppen niedergeschlagen wurden, von freimaurerähnlichen Geheimbünden, den "Carbonari" (italienisch für Köhler).

Der republikanisch-demokratische Revolutionär Giuseppe Mazzini gründete 1931 in seinem Marseiller Exil den Geheimbund "Giovine Italia" (italienisch für: Neues Italien), der dessen Zentralorgan "La Giovine Italia" illegal in Italien verbreitete. König Karl Albert von Sardinien lehnte Mazzinis Bitte, er möge sich an die Spitze der italienischen Einigungsbewegung stellen, zunächst ab. Mazzini und seine Gruppe, der sich 1833 auch Giuseppe Garibaldi angeschlossen hatte, organisierten schließlich ab 1833 verschiedene Aufstände, zuerst in Piemont 1833/34, dann 1843 in Bologna, 1844 in Kalabrien und 1845 in Rimini. Alle diese Aufstände scheiterten. Sie beförderten jedoch unter den Verfechtern der Einheit eine relativ breite öffentliche Diskussion über die Struktur eines künftigen Italien. Dabei gab es unter anderem Vorschläge, den Papst als Oberhaupt einer konstitutionellen italienischen Staatenkonföderation zu ernennen; andere wollten die Einigung unter Führung des Königreichs Sardinien umsetzen.

Papst Pius IX. begann 1846 mit einer liberalen Reformpolitik. Er bildete einen Staatsrat, gründete eine Bürgerwehr, führte eine Amnestie durch und schlug eine Zollunion der italienischen Staaten vor.

Die Reformen des Papstes brachten die anderen Fürstentümer in Zugzwang. Der liberale Druck nahm in allen italienischen Staaten zu. Dazu trug auch die Turiner liberalkonservative Zeitschrift "Il Risorgimento", die der Epoche ihren Namen gab, bei. Sie trat für eine italienische Einigung unter Führung des Hauses Savoyen, das den König von Sardinien, Karl Albert, stellte, ein. Mitbegründer von "Il Risorgimento" war Camillo Benso Graf von Cavour. Er setzte sich später als Ministerpräsident Sardiniens von 1852 bis 1859 sowie 1860/61 an führender Stelle wesentlich für dieses Ziel ein und wurde schließlich nach der Einigung Italiens 1861 erster Ministerpräsident des Königreichs Italien.

Nach den Reformen des Papstes im Kirchenstaat kam es nach 1846 unter dem Druck der zunehmenden liberalen und demokratischen Bewegungen auch in anderen Staaten Europas (siehe auch Julirevolution) zu schrittweisen Zugeständnissen einiger Fürstentümer. Neben dem Kirchenstaat erhielten auch das Königreich beider Sizilien, die Toskana und Sardinien Verfassungen. Dabei hatte insbesondere König Karl Albert von Sardinien die Situation der Zeit erkannt. Mit seiner Verfassung begründete er eine konstitutionelle Monarchie mit relativ weit gehenden politischen und sozialen Reformen. Die Verfassung Sardiniens bildete denn auch die Grundlage für die spätere Verfassung des italienischen Königreichs, wo sie im Prinzip bis 1946 gültig blieb. Damit prädestinierte sich Karl Albert zunächst als politischer Anführer der weiteren italienischen Einigungsbewegung.