Grundtyp
Als Grundtypen werden ursprüngliche Lebensformen bezeichnet, an deren Schöpfung durch Gott in der Schöpfungsbiologie geglaubt wird. Die Idee wird von Junge-Erde-Kreationisten propagiert um ihre Sichtweise einerseits einer Schöpfung gemäß Genesis zu stützen, andererseits dass eine biblische Flut stattgefunden hat und die Nachfahren aller irdischen Landlebewesen auf der Arche Noahs untergebracht waren.
Im Gegensatz zum wissenschaftlichen Prinzip der gemeinsamen Abstammung behaupten diese Kreationisten, dass nicht alles Leben auf der Erde miteinander verwandt ist, sondern dass es in Form einer endlichen Anzahl von getrennten Formen geschaffen wurde. Dass bei diesen getrennten Formen nachträglich Speziation und Mikroevolution stattfand wird oft von Kreationisten mit fortgeschrittener Argumentation anerkannt. Sie erheben jedoch Anspruch darauf, dass die Grundtypen definitive Grenzen darstellen, jenseits von denen evolutionäre Prozesse nicht stattfinden können. Als Grund wird Gott angegeben.
Da Grundtypen auf gemeinsame Abstammung verweisen, wird behauptet, sie bildeten eine Form von Stammbäumen. Baraminologie oder der Versuch das Leben gemäß den Grundtypen einzuordnen ist daher die kreationistische Entsprechung zur Kladistik.
Die Wissenschaft verwirft die Idealisierung von Grundtypen und allgemein die Schöpfungstheorie als Pseudowissenschaft. Dies ist hauptsächlich deshalb der Fall, weil die wissenschaftlichen Belege für die gemeinsame Abstammung und die Beziehungen zwischen den Lebensformen der Biosphäre am ehesten der Evolutionsbiologie und der modernen Synthese entsprechen.
Definition
Alle Individuen, die direkt oder indirekt durch Kreuzungen verbunden sind, werden zu einem Grundtyp gerechnet. (Scherer, Evolution, ein kritisches Lehrbuch, 2001).
Ursprung des Begriffs
Das Konzept des Grundtyps hat seinen Ursprung in einer buchstäblichen Auslegung der Wörter "nach ihrer Art" in der Schöpfungsgeschiche (1. Mose 1), z.B. "Und Gott schuf die großen Seeungeheuer und alle sich regenden lebenden Wesen, von denen die Wasser wimmeln, nach ihrer Art, und alle geflügelten Vögel nach ihrer Art.". Dies wird so verstanden, dass Gott die Lebewesen in Form von voneinander getrennten Arten geschaffen habe.
Im Jahre 1941 schlug der US-amerikanische Kreationist Frank Lewis Marsh vor, dass sich dieser Artbegriff der Bibel in Form der Reproduzierbarkeit definieren ließe. Er meinte, dass zwei Lebewesen, die sich miteinander kreuzen lassen, zu derselben geschaffenen Art gehören. Er prägte hierfür aus den hebräischen Begriffen bara (erschaffen) und min (Art) das Kunstwort Baramin.
Beispiele
Kreationisten haben eine Reihe von Kandidaten für Grundtypen vorgeschlagen, für die Kreuzbarkeiten aus der Literatur belegt sind.
- der Mensch: Kreationisten weisen die Auffassung zurück, der Mensch und der Affe hätten einen gemeinsamen Vorfahren. Die Kreationistin Sigrid Hartwig-Scherer meint, dass der Homo Sapiens, der Homo erectus und der Neandertaler zu demselben Grundtyp (Mensch) gehören, während die Australopithecinen zu einem anderen Grundtyp gehören und mit dem Menschen nicht verwandt seien.
- die Felidae (Katzen) — Hier sind Großkatzenhybride zwischen dem Löwen und dem Tiger bekannt ("Liger"). Diese sind in der Biologie als verschiedene Arten klassifiziert.
- die Canidae (Hunde) — Hierzu gehören neben den Haushunden auch die Wölfe und die Füchse. Ähnlich wie bei den Katzen wird von Kreationisten vermutet, dass sich all diese Arten auf einen gemeinsamen Urahnen zurückverfolgen lassen.
- die Camelidae (Kamelartige)— Hier ist von den Kamelen und den Lamas bekannt, dass sie sich miteinander kreuzen lassen. Sie gelten in der Biologie als verschiedene Gattungen.
- Crocodilia (Krokodile) — einschließlich aller Arten der Alligatoren, Krokodile und Ghariale.
- Elefant: der afrikanische und der indische Elefant sind miteinander kreuzbar, sie gelten in der Biologie als zwei Arten derselben Familie.
Der Artbegriff des Grundtyps ist also umfassender als der Artbegriff der Biologie. Er befindet sind oft auf der Ebende der biologischen Familie.
Artbildung im Grundtypkonzept

"Kreationistischer Stammbaum von Oben"
Im Grundtypkonzept ist eine Aufspaltung eines Grundtyps in mehrere Arten/Rassen vorstellbar. (siehe Grafik) Separierte Teilpopulationen (Rn, R2, etc.) einer Art sind u.U. nur Träger einer Teilmenge (r1, r2, etc.) des Genpools und verlieren dabei einen Teil der ursprünglichen Variationsbreite des Grundtyps. u.U sind bestimmte Teilpopulationen nicht mehr direkt miteinander kreuzbar, ggf. bleiben dabei über andere Teilpopulationen Kreuzungsbrücken erhalten.
Im Rahmen von mikroevolutiven Prozessen kommt es dabei zur Selektion von Individuen, die ihren Umweltbedingungen spezifisch angepasst sind. Häufige Beispiele der Evolutionstheorie wie die Darwinfinken oder Anpassungen z.B. an spezielle Umweltsituationen (Gifte) auf Berkwerkshalden werden von Kreationisten nicht mit Höherentwicklung sondern mit Verarmung des Genpools erklärt. Hierbei wird davon ausgegangen, dass die spezifischen Merkmale schon vorher innerhalb der Variationsbreite des Grundtyps lagen, aber erst unter den spezifischen Umständen zutage treten. (z.B. werden alle Individuen, die bestimmte Umweltgifte nicht vertragen, in einer Population auf einer giftigen Abraumhalde aus dem Genpool entfernt).
Bedeutung
Das Grundtypenkonzept wird von Kreationisten zunehmend propagiert. Es hat auch für die kreationistische Sicht der Sintflut eine wichtige theologischen Komponente: es dient dazu, den häufigen Einwand zu entkräften, Noah hätte gar nicht Tiere von jeder Art mit in die Arche nehmen können. Das Grundtypenkonzept reduziert den in der Arche benötigten Platz soweit, dass der zur Verfügung stehende Platz ausgereicht hätte.
Vertreter
Der wichtigste deutschsprachige Vertreter des Grundtypkonzepts ist Siegfried Scherer (Professor für Biologie in Freising).
Literatur
- Junker, Reinhard und Scherer, Siegfried: Evolution – Ein kritisches Lehrbuch (52001), Gießen, ISBN 3-921046-10-6.