Fliegender Holländer (Sage)
Fliegender Holländer bezeichnet eine Sage von einem geisterhaften und verfluchten Segelschiff oder den Kapitän des Schiffes selbst.
Legende
Der Legende nach stammt das Schiff aus der Nähe der damals niederländischen Kolonie Kapstadt. Im Jahre 1641 soll der Kapitän des niederländischen Schiffes stets lästerlich geflucht haben. Als Strafe wurde das Geisterschiff zu ewigem Kreuzen gegen den Sturm im Südatlantik am Kap der Guten Hoffnung verdammt. Trifft ein Schiff auf das holländische Segelschiff, so bedeutet dies den baldigen Untergang des Schiffes.
Im Jahr 1828 erschien von Heinrich Smidt eine Novelle mit dem Titel Der ewige Segler.
- Die Sage geht schon seit undenklichen Zeiten unter den Seeleuten umher und wird von ihnen als eine unzubestreitende Tatsache angenommen. Die Holländer erzählen einer ihrer Landsleute sei aus Ostindien zurückgekehrt, habe aber den Ort seiner Bestimmung, Amsterdam, nicht erreichen können, weil ohne Aufhören ein konträrer Wind geweht habe. Nach 20wöchigem Umhertreiben habe er sich und sein ganzes Schiff verflucht und der Hölle zugeeignet und geschworen, er wolle sein ganzes Leben im Ozean zubringen. Plötzlich erhob sich ein Sausen und Brausen, es war wie eine finstere Nacht; die Schiffsleute wurden die Augen des Schiffers entrückt, ein ewiger Spielball der Elemente. Mit ihm ein großer weißer Pudel. Dieser sitzt immer aufrecht bei seinem Herrn am Steuerruder, ein Platz, den dieser nie verläßt. Unaufhaltsam treibt Sturm und Wetter ihn von Land zu Land, von Küste zu Küste, und wenn er landen will, führt ihn ein pfeilschneller Sturm von dannen. Eingehüllt in einen schwarzen Mantel und unbedeckten Hauptes starrt er in die dunkle Nacht hinaus.
Im Jahre 1834 erschienen Heinrich Heines Memoiren des Herrn von Schnabelowopski:
- Die Fabel von dem Fliegenden Holländer ist euch gewiss bekannt. Es ist die Geschichte von den verwünschten Schiffe, das nie in den Hafen gelangen kann, und jetzt schon seit undenklicher zeit auf dem Meere herumfährt. Begegnet es einem anderen Fahrzeuge, so kommen einige von der unheimlichen Mannschaft in einem Boote herangefahren und bitten, ein Paket Briefe gefälligst mitzunehmen. Diese Briefe muß man an den Mastbaum festnageln, sonst widerfährt dem Schiffe ein Unglück, besonders wenn keine Bibel an Bord oder kein Hufeisen am Fockmaste befindlich ist. Die Briefe sind immer an Menschen addressiert die man gar nicht kennt, oder die längst verstorben, so daß zuweilen der späte Enkel einen Liebesbrief in Empfang nimmt, der an seine Urgroßmutter gerichtet ist, die schon seit hundert Jahren im Grabe liegt. Jenes hölzerne Gespenst, jenes grauenhafte Schiff führt seinen Namen von seinem Kapitän, einen Holländer, der einst bei allen Teufel geschworen, dass er irgendein Vorgebirge, dessen Namen mir entfallen, trotz des heftigen Sturms, der eben wehte, umschiffen wollte, und sollte er auch bis zum jüngsten Tag segeln müssen. Der Teufel hat ihn beim Wort gefasst, er muss bis zum Jüngsten Tage auf dem Meere herumirren, es sei denn, dass er durch die Treue eines Weibes erlöst werde.
Großen Einfluss auf die Weitergabe und Ausweitung der Sage des Fliedenden Holländer hat das in London erschiene Buch The Phantom Ship von Kapitän Frederick Marryat erschienen im Jahr 1839.
- Bei Marryat trägt der Fliegende Holländer den Namen van der Decken. Nach achtzehn Wochen Kampf gegen den Sturm am Kap stößt dieser den bewussten Fluch aus, missacht das Verlangen der Besatzung, zur Tafelbai zurückzukehren. Er wirft sogar seinen Steuermann über Bord. Darauf verkündigt der Himmel ihm in Blauen Flammen, dass er nun bis zum jüngsten Tag segeln müsse. Der Autor Kapitän Marryat liefert den furchtsamen Leser noch gruselige Fliegende Holländerstories. Das Schiff erscheint bei Nacht am Kap. Trotz Windstille zeigt es geblähte Segel. In Nebel gehüllt, urplötzlich verschwindend, durchsegelt es wie körperlos einen Segler, lockt einen anderen Segler auf die Klippen von Kap Horn, übergibt Briefe, die längst unzustellbar sind, weil der Empfänger zwischenzeitlich verstorben ist.
Legendenbildung
Im Sommer 1487 brach Bartolomeo Dias auf, um den Seeweg um Afrika zu erkunden. Im Dezember des Jahres 1487 zwang ihn ein heftiger Sturm südkurs aufs offene Meer zu steuern. Als er nach 13 Tagen wieder auf Ostkurs ging, hatte er inzwischen der Kap passiert, ohne es gesehen zu haben und betrat am 03.02.1488 in der Fischbai Land. Der Weg nach Indien war nun gefunden, die Mannschaft aber weigerte sich weiterzusegeln. Das Kap nannte Dias Cabo tormentoso (Kap der Stürme). König Juan II. taufte es aber um und nannte es Cabo de boa esperanca (Kap der Guten Hoffnung). Im Jahre 1497 gelang es Vasco da Gama das Kap zu umschiffen, und Indien zu erreichen, dies ist ein Fakt.
Legenden über die Männer ließen nicht auf sich warten. Schon bald erzählte man sich in Seefahrerkreisen, dass die Mannschaften Vasco da Gamas gemeutert hätten, weil sie nicht länger gegen den konträren Sturm segeln wollten. In der Chronik Lendas da India wird ausführlich über die angebliche Meuterei auf den Schiffen erzählt. In dieser Chronik wird berichtet das da Gama angeblich Seekarten (die er von den unbekannten Gebiet noch nicht besitzen konnte) über Bord geworfen, Steuermann und Schiffsmeister in Ketten legen lassen und ausgerufen, er brauche weder Schiffsmeister noch Steuermann. Gott sei von nun an der Steuermann. Doch diese Meuterei soll es späteren Nachforschungen nicht gegeben haben.
Hinzukommt noch, das der König die Order gegeben hatte, auf der Suche nach dem Seestrasse nach Indien keinesfalls in Afrika unterwegs an Land zu gehen. Dies ist auch zur Sagenentstehung von Bedeutung. Der Kapitän durfte nicht an Land gehen – er musste im Sturm auf ewig kreuzen. Die Portugiesen und Spanier beherrschten über 100 Jahre lang den Seeweg nach Indien, der um Afrika herumführt, bevor andere Seemächte ihnen das Monopol streitig machten. Dabei fällt jedoch auf, das man nicht von einen Fliegenden Portugiesen oder von einen Fliegenden Spanier berichtet. Ganz sicher hat diese Sage mit den Holländern selbst und mit deren Entwicklung zur europäischen Seemacht zu tun.
In der Mitte des 17. Jahrhunderts befuhren mehr niederländische Schiffe die Meere als europäische Länder zusammen unter Segeln hatten. Die Holländer galten als die Fuhrleute Europas und die weltbesten Schiffbauer. Die Holländer hatten auf Grund ihrer flachen Küstengewässer, die profitbringende Erfahrung gemacht, dass kleinere Schiffe wirtschaftlicher als große Frachtsegler waren. Sie waren im Bau billiger, benötigten kleinere Segel und eine einfachere Takelage. Ihr geringer Tiefgang erlaubte es diesen Schiffen, unbekannte Gestaden, Lagunen und Flussmündungen anzulaufen und Fracht zu übernehmen. Entscheidend jedoch war auf See ihre Geschwindigkeit, die höher war als die anderer Schiffe. Die wurde vor allem durch eine bis dahin ungewöhnliche schlanke Bauweise möglich (Verhältnis Länge zu Breite betrug 4:1). Diese Schiffstypen (Fleuten, Vlieboote, Wassergeuse, Bojer) wurden sie bald die fliegenden Holländer genannt. Die Holländer waren eben schneller, billiger, erfolgreicher. Da konnten Neid und Missgunst nicht ausbleiben. Auch der Verdacht, das Teufelswerk im Spiele sei, kam auf. Aberglaube und Spukgeschichten taten bald das ihrige.
Kap der Guten Hoffnung und die Legende


Das Kap der Guten Hoffnung ist auf dem Seeweg nach Indien wohl eines der gefahrvollsten Stellen der Schifffahrt. Hier drohten den Seemann Schiffbruch und Tod wie sonst nirgendwo. Nicht umsonst trieb gerade der Fliegende Holländer hier sein Unwesen. Immerhin ist das Kap eine gefürchtete Wetterecke. Die Segelschiffe stießen bei der Umschiffung auf so ziemlich alle Unbillen, die das Meer den Fahrensmann entgegenbringen kann: Sturm, hohe Wellenberge, dichter Nebel, widrige Strömungen, Wirbel, Nieselregen, jähe Fallböen. Dazu kommt die eigenartige Gestaltung der Küste. Steil aus dem Meer erheben sich rötliche Felsmassive des südafrikanischen Hochplateaus. Die höchsten Erhebungen erreichen 2500 Meter. Der unmittelbar an der Küste liegende Tafelberg ragt 1087 Meter senkrecht aus dem Meer empor. Viele Tage des Jahres trägt er sein weißes Tafeltuch (table cloth). Dieses Tafeltuch mag oftmals als weithin leuchtendes Segel gedeutet worden sein. Was für eine unfreundliche Wetterecke den Seemann erwartet, lässt sich aus einem Seehandbuch herauslesen. Danach ist hier von Mai bis Oktober Regenzeit – also Winter. Starke stetige Winde und Stürme, führen zur Ausprägung langer und sehr hoher Wellen. Sehr oft trifft man dichten Nebel über See an. Die Sicht beträgt dann kaum 30 Meter. Von Oktober bis April fallen starke Böen – die gefürchteten Southeaster. Die Fallböen, die aus dem heißen südafrikanischen Hochland kommen, bereiteten so manchem Segler ein schlimmes Ende. All diese meteorologischen und geophysikalischen Erscheinungen konnten sich die Seefahrer des Mittelalters noch nicht erklären. Allein in der Tafelbai fanden Taucher mehr als 300 Segelschiffsrümpfe.
Berichte zur Legendenwerdung
Berichtet wurde, dass der Holländer kalt und grausam ein anderes Schiff in der Mitte glatt durchsegelte, um es im Rammstoß zu versenken. Man erzählt auch von Totenschiffen, die führer- und steuerlos unter vollen Segeln über den Ozean irrten. Auf solchen Schiffen wollte man deutlich tote Menschen an Oberdeck gesehen habe. Uralt sind Sagen und Märchen von Totenüberführung per Schiff ins Jenseits. Jedoch sind richtige Totenschiffe oft genug eine traurige Realität gewesen. Pest, Skorbut und Seuchen rafften ganze Schiffsbesatzungen dahin, bevor Hilfe kommen konnte.
Im Mittelalter wurden derartige Schiffe aus Angst vor Ansteckungen in keinem Hafen angenommen. Sie mussten auf dem Meer bleiben, bis alle an Bord tot waren. In anderen Berichten pflegten Geisterschiffe plötzlich in den Fluten zu versinken oder sie tauchten sogar wieder auf, z.B. wenn ihre aus Salz oder Salpeter bestehende Ladung (Schüttgut) sich allmählich in dem in einer Art Schwebezustand treibenden Schiff unter Wasser aufgelöst hatten und nun der Auftrieb des Holzschiffes stärker wurde. Ein Decksposten, der eines solchen Vorgangs im Morgengrauen ansichtig wird, wird dies zeitlebens nicht vergessen haben. In einen Jahresbericht von 1869 zählte man 214 Schiffe, die verlassen auf See herumtrieben. Gründe dafür konnten Ladungsbrände oder Wassereinbruch gewesen sein. Die verlassenen Wracks wurden so zu treibenden Geisterschiffen. In den Jahren 1892 und 1893 wurden insgesamt 1628 Begegnungen mit treibenden Wracks registriert. Noch 1912 waren es noch 200. Die US Coast Guard beseitigte 267 driftende Schiffswracks im Jahre 1932. Um Kollisionen mit solchen Wracks zu vermeiden, setzten Staaten wie die USA, England und Frankreich sogar Kriegsschiffe zur Wrackbeseitigung ein. Oftmals mögen Ereignisse und Begegnungen dieser Art auf den Ozeanen der Anlass dafür gewesen sein, das Fahrensleute glaubten, dem Fliegenden Holländer begegnet zu sein.
Geschichte
Die Legende ist seit etwa 1600 nachweisbar, also rund 40 Jahre vor der obengenannten Zeit. Im 19. Jahrhundert fing man in Deutschland an, historische Personen in die Legende einzuführen. Möglicherweise hat die Legende aber einen wahren Kern. Kurz vor 1600 verstärkten die Niederländer, aber auch die Engländer, im Zuge beginnender Kolonialpolitik ihre Präsenz auf den Meeren – die Niederländer gerade mit Blick auf die Gewürzinseln (Borneo, Sumatra, Celebes). Wenn Krankheiten an Bord eines solchen über Monate allein reisenden Schiffes gelangten, konnte das fatale Folgen haben: Ein Teil der Mannschaft starb oder war zu schwach, um an Bord noch arbeiten zu können. Der Rest der Crew konnte das Schiff nicht mehr steuern, beziehungsweise die Segel nicht mehr regulieren. Schließlich wurde das Schiff zum "Geisterschiff", das mit gesetzten Segeln kreuz und quer auf den Meeren unterwegs war - möglicherweise sogar noch mit Leichen an Bord. Da auf den genannten Routen vor allem Niederländer unterwegs waren, mag es durchaus sein, dass die Besatzung passierender Schiffe noch die niederländische Flagge erkannte. Aus tatsächlich mehreren Schiffen, die dieses Schicksal ereilt haben mag, könnte so der "Flying Dutchman" geworden sein.
Oper und Literatur
- 1848 wurde die Oper Der fliegende Holländer uraufgeführt. Die Oper stammt von Richard Wagner.
Wagner gelang es eine Dirigentenstelle in Riga zu erlangen, wo er vor seinen deutschen Gläubigern sicher war. 1839 verlor Wagner jedoch seine Stellung in Riga und sah sich aus Furcht vor seinen Gläubigern dazu gezwungen, die russisch-ostpreußische Grenze zu überschreiten und fuhr sodann auf dem kleinen Segelschiff "Thetis" nach London. Auf der Überfahrt am 27. Juli musste das Schiff auf Grund eines tobenden Sturmes an der norwegischen Küste Schutz suchen. Seine ebenfalls mitgereiste Frau Minna Wagner ließ sich angeblich mit einem Tuch an ihren Mann binden, um mit ihm gemeinsam zu sterben. Zudem wurden Wagner allerhand Seemannsgeschichten erzählt, was ihm erste Inspirationen für den "Fliegenden Holländer" brachte. Es wird vermutet, dass er auch die Novelle Memoiren des Herrn von Schnabelowopski von Heinrich Heine kannte .
- In der Literatur wurde die Geschichte schon öfters beschrieben, z. B. von Heinrich Heine oder Wilhelm Hauff.
- Michael Schneider, Rätselhafte Welt, BOD Norderstedt 2004, ISBN 3833420588