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Schlauchboot

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Schlauchboot (Gummiboot) im Mittelmeer
GFK-Schlauchbootrumpf ohne Schlauch
80 PS Viertaktaußenbordmotor eines Schlauchbootes
Außenborder am Heck eines Festrumpfschlauchbootes
Festrumpfschlauchboot

Ein Schlauchboot ist ein Boot mit einem Schlauch als Außenseite, der entweder aus Kunststoff-Folie, weichgemachtem PVC, gummiertem Gewebe (z. B. Hypalon) oder synthtischem Gummi (z.B. PU (Polyurethan) gefertigt ist.

An dem Foto, welches den Rumpf eines Schlauchbootes ohne Schlauch zeigt, kann man erkennen, dass ein Schlauchboot nur durch den Schlauch schwimmfähig ist und daher zu den Wasserfahrzeugen zählt, die bauartbedingt "leichter als Wasser" unterwegs sind.

Klassifizierung und Konstruktionsmerkmale

Man unterscheidet zwischen voll aufblasbaren Schlauchbooten, den "Badebooten", voll aufblasbaren Schlauchbooten mit festen Einlegeböden aus Holz, Aluminium oder GFK welche sich besonders kompakt verstauen lassen und dennoch aufgeblasen bis zu 8 Meter lang und voll arktisexpeditionstauglich sein können, sowie solchen mit Festrumpf aus GFK oder Aluminium, eben den Festrumpfschlauchbooten. Voll aufblasbare Schlauchboote (egal ob mit oder ohne festen Einlegeböden) werden vom Schiffbauer/Marineingeneur "Inflatables" genannt. Festrumpfschlauchboote nennt der nämliche Fachmann "RIB" (Rigid Inflatable Boat).

Die Seitenwülste (eben die "Schläuche"), aber auch die eventuell aufblasbaren Böden sind heute meistens in mehrere Kammern unterteilt, damit das Boot nicht sinkt, wenn die Luft aus einer Kammer entweicht.

Schlauchmaterial

Hochwertige Schlauchboote sind ausschließlich aus Mehrlagenmaterial gefertigt, von denen, je nach Einsatzzweck des Verwenders und Philosophie des Herstellers zumindest die äußerste entweder aus möglichst reinem Hypalon oder Polyurethan besteht und, da beides nicht gasdicht ist, zumindest eine der inneren Lagen aus möglichst reinem Neopren gefertigt ist. Derartige Schlauchboote lassen sich nahezu unkaputtbar, ja sogar beschusssicher herstellen.

Kunststoff-Folie findet fast nur noch bei Badebooten Verwendung.

PVC

PVC findet nur bei "billigeren" Freizeitschlauchbooten Verwendung, da PVC über eine Zeitachse seinen Weichmacher ausdünstet, das PVC hart und spröde und gasundicht wird und der Schlauch und die Luftkammern eines solchen Schlauchbootes auch bei pfleglicher Behandlung nach 5 - 10 Jahren irreperabel beschädigt sind.

Hypalon

Hypalon-Neopren-Gemische sind ein Kompromiss, auch dem Freizeitschiffer ein halbwegs passables Schlauchboot anzubieten.

Reine Mehrlagenfertigungen aus jeweils reinem, hochwertigen Hypalon und Neopren altern quasi nicht und jeder, der schon einmal einen Fahrradschlauch geflickt hat, kann es reparieren. Allerdings macht das Material ein daraus gefertigtes Schlauchboot teuer. Dafür hält es ein paar Jahrzehnte.

PU

Reine Mehrlagenfertigungen aus jeweils reinem, hochwertigem Polyurethan und Neopren sind am neuen Schlauchboot unkaputtbar. In entsprechender Qualität gefertigt ist es ohne besonderen Aufwand zu treiben in sich stich und schußfest.

Allerdings läßt Polyurethan sich nur schwer verarbeiten, kaum reparieren und altert aus molekularer Ebene sowohl durch thermische, als auch durch mechanische Beanspruchung. Ein aus diesem Material gefertigtes Schlauchboot hält auch bei pfleglicher Behandlung nur etwa 15 Jahre. Ein neuer Schlauch schlägt dann oft mit etwa der Hälfte des Neupreises des ohnehin schon recht teuren Bootes zu Buche.

GUMMI

Gummi, das Material, mit dem alles begann, findet keine Verwendung mehr bei der Herstellung vom Schlauch oder dem Rumpf, obwohl die "Badeboot"-Variante des Schlauchbootes immer noch "Gummiboot" genannt wird.

Größe

Hochwertige Festrumpfschlauchboote gibt es inzwischen in einer Länge von bis zu 20 Metern.

Fahreigenschaft

Da Schlauchboote keine Verdränger, also nicht nach dem archimedischen Prinzip, sondern als Gleiter auf dem Wasser unterwegs sind, gibt es, je nach Motorisierung und Proppellerwahl, ließe man den Luftwiderstand außer Acht, keine Geschindigkeitsbegrenzung. In der Praxis ist jedoch selbst bei einem großen, schweren und professionellen Festrumpfschlauchboot bei gut 70 Knoten (ca 130 km/h) Schluss, da das Schlauchboot irgendwann abzuheben droht. In der Regel sind schnelle, hochwertige Schlauchboote mit Endgeschwindigkeiten zwischen 40 und 60 Knoten (ca 75 und 110 km/h) unterwegs.

Generell haben Schlauchboote immer bessere, sicherere und wesentlich sportlichere Fahreigenschaften als "echte" Festrumpfboote/Schiff gleicher Größe. Und im Freizeitbereich kann man schon mit relativ bescheidenem Portemonnaie recht zügig auf dem Wasser unterwegs sein.

Geschichte

Schon unmittelnbar am Anfang des zwanzigsten Jahrhunderts experimentierten die Firma des US-amerikanischen Erfinders von Gummi, Goodyear und sein französischer Mitbewerber Dunlop mit den Möglichkeiten des Materials und bauten alles Mögliche aus Gummi, jeder auch ein Boot. Dieses "Gummiboot" war mehr ein dicker, luftgefüllter, ringförmiger oder ovaler und luftgefüllter Schlauch mit einen festen, nicht aufblasbaren Gummiboden. Faltete man diese Konstruktionen luftleer, um sie länger zu lagern, und entfaltete sie wieder, um sie aufzublasen, zu rissen die Gummischläuche an den Faltstellen.

Das billigste und kleinste Holzboot war dem Gummiboot haushoch überlegen. Die Badegewohnheiten waren noch nicht so, dass auch nur irgend jemand daran dachte, dieses Gummifloß als "Spielzeug" auf den Markt zu bringen. Da man nicht wusste, wie man den 1903 durch Ole Evinrude erfundenen Außenbordmotor an diesem Gummiboot befestigen sollte, verschwand dieses "Gummifloß" bei beiden Herstellern wieder in den Schubladen.

Das änderte sich über drei gravierende, geschichtliche Ereignisse: das Titanic-Unglück, den ersten und den zweiten Weltkrieg.

In der Folge des Titanicunterganges unterzeichneten sehr viele an der Seefahrt interessierte Nationen gemeinsam das Abkommen über die Sicherheit von Leben auf See (Safety of Life at Sea/SOLAS), in dem allgemeinverbindliche Regeln festgeschrieben waren, die von jedem Hersteller, Eigner und Betreiber von Wasserfahrzeugen, die die sicheren Häfen der Unterzeichnerstaaten verlassen wollten, einzuhalten waren.

Der Punkt in SOLAS, der dem Schlauchboot seinen Entwicklungsschub gab, war die Vorschrift, dass von nun an genügend Plätze an Bord der an Bord befindlichen Rettungsboote vorhanden sein mussten, um allen Personen an Bord (Mannschaft + Passagieren) einen sicheren, trockenen Platz anzubieten, sollte das nämliche Wasserfahrzeug im Notfall verlassen werden müssen.

Immerhin hätte man auf der Titanic, selbst wenn jedes Boot rechtzeitig zu Wasser gelassen und überladen worden wäre (das Wetter und die See in jener Nacht waren absolut ruhig), allerhöchstens die Hälfte aller Personen retten können.

Das Umsetzen der Rettungsbootklausel der SOLAS war kein Problem bei gewöhnlichen Handelsschiffen. Frachter haben Platz. An Bord der Passagierschiffe begann man die Rettungsboote einfach zu stapeln, um genügend Rettungsbootsitzplätze für alle Menschen an Bord sicherzustellen. Das Problem waren die Kriegsschiffe. Kriegsschiffe waren schon immer überbevölkerte und mit Technik vollgestoppfte Wasserfahrzeuge, die eines nicht besaßen: Stauraum - weder an Deck, noch sonstwo.

Diese erste Version von SOLAS ließ eine Ausname für Kriegsschiffe zu.

Der erste Weltkrieg änderte alles. Sehr viele Seeleute aller Kriegsmarinen blieben auf See, obwohl sie, hätten sie Platz in Rettungsbooten gefunden, hätten gerettet werden können.

Zwischen den Kriegen war Gummi inzwischen in seinen Materialeigenschaften deutlich besser worden, und Goodyear hatte auch einen Weg gefunden, andere Materialien mit Gummi zu verbinden. Ein grobmaschiger, quadratischer Metalldraht als Festboden wurde von einem luftgefüllten Gummischlauch umrandet, und das Festrumpfschlauchboot, auch wenn es nur ein Floß oder lediglich eine nicht überdachte Rettungsinsel war, war geboren. Doch die konservativen Admiräle lehnten diese Erfindung ab.

Im zweiten Weltkrieg wiederholte sich der Verlust von Seeleuten, den man schon im ersten Weltkrieg erlebt hate. Am schlimmsten traf es den Kriegsschauplatz des Nordatlantik, wo die Rudeltaktik der deutschen U-Boote zu hohen Verlusten an Material und Personal führten. Auch die Konvoitaktik der Alliierten änderte bis etwa 1943/1944 daran erst einmal nur wenig. Allerdings schaffte die US-Navy diese aufblasbaren Festbodenflöße als erste Rettungsinseln an und stapelte sie hochkant an Deck, oft gegen die Decksaufbauten im Bereich der Brücke und der Flugabwehrbewaffnug aufgestellt und vertäut. Diese Rettungsinseln wurden allerdings ständig aufgeblasen gefahren.

Das voll aufblasbare Schlauchboot bekam gleichzeitig seine Bootsform. Dazu ging es allerdings in die Luft. Mit Flugzeugen, die immer weitere Strecken fliegen konnten ohne zwischendurch betankt werden zu müssen, und während des Seekrieges im Nordatlantik teilten viele Piloten das Schicksal der Seeleute.

Die PBY-Flugboote des US-amerikanischen Herstellers Catalina und diejenigen des kanadischen Herstellers Canadair sollen die ersten Flugzeuge gewesen sein, die serienmässig voll aufblasbare Schlauchboote an Bord hatten. Sehr schnell wurde diese sogar automatisch aufblasbar, indem eine Pressluftflasche, die über eine Leinenverbindung ausgelöst wurde, das Boot automatisch aufpumpte, wenn man es aus em Flugzeug warf.

Erst Dr. Alain Bombard kam auf die Idee, alle drei Konstruktionselemente, nämlich das Schlauchboot in Bootsform, den festen Boden und den Außenbordmotor, zu einem Festrumpfschlauchboot zu verbinden, mit dem er bereits 1952 den Atlantik überquerte ohne überhaupt Wasser oder Lebensmittel mitzunehmen.

Beim ehemaligen französischen Flugzeughersteller Zodiac fand Bombard die Werkstätten und das Personal, die er benötigte, um eine Serienfertigung aufzunehmen.

Ein Freund und Kriegskamerad von Bombard, der ehemalige Marineflieger Jaques Cousteau, hatte auf ein leichtes, schnelles und platzsparend an Bord unterzubringendes Boot wie dieses nur gewartet. Zum Erfolg des Schlauchbootes führte neben der erfolgreichen Atlantiküberquerung Bombards daher auch die Tatsache, dass Cousteau in seinen Filmen nie von seinem "Schlauchboot" sprach, sondern immer nur von seinem "Zodiac", was im französischen Sprachraum dazu führte, dass schon in den 1960ern "Zodiac" als Fachbegriff für "Schlauchboot" Eingang in die Sprache des dortigen Bootsbaus fand.

Schon früh in den 1960ern stieß Zodiac an Kapazitätsgrenzen und vergab Nachbaulizenzen auch an deutsche Firmen. Heute, da das Patent auf das Schlauchboot längst abgelaufen ist, gibt es weltweit Tausende von Schlauchbootherstellern.

Hochwertige Schlauchboote haben heute eine Länge von 2,5 bis knapp 20 Meter. Schlauchboote werden für gewöhnlich durch einen oder mehrere Außenbordmotoren angetrieben. Es gibt allerdings inzwischen auch Schlauchboote mit Innenbordmotor oder Jetantrieb.

Von den Einsatzmöglichkeiten her unterscheidet man zwischen

  • Badeboot, dem so genannten "Gummiboot"
  • dem aufblasbaren Kanu: Kajak (mit Doppelpaddel) oder Kanadier (mit Stechpaddel) als praktische Alternative zum Faltboot, oft auch für leichtes bis mittelschweres Wildwasser geeignet, und nicht wirklich ein Schlauchboot
  • Yachttender (kleines Beiboot)
  • Raftingboot für den Einsatz im Wildwasser, das eigentlich kein Schlauchboot ist, sondern ein Floß (Englisch "Raft")
  • Sportschlauchboot mit Außenbordmotor und festem bzw. aufblasbarem Kiel
  • Offshore-Boot mit starkem Außenborder oder gleich zwei Außenbordern, wie es z.B. bei Greenpeace, Feuerwehr, Polizei, Marine, Rettungsgesellschaften oder auch in der maritimen Ölindustrie eingesetzt wird. Dieser Bootstyp hat einen festen Rumpf und hervorragende Manövrierfähigkeiten bei rauhem Wasser. Seefähige Boote gibt es teilweise mit Kajüte, ja sogar mit Innenbordmotor und Jetantrieb, bzw Z-Antrieb.