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Benutzer:HeinrichStuerzl/Werkstatt/H

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Im Hochstift Eichstätt wurden von 1582 bis 1723 mindestens 241 Personen – 211 Frauen (88 %) und 30 Männer (12 %) – wegen Verdacht auf Hexerei angeklagt und verhaftet. Nachweislich wurden davon 222 Personen (195 Frauen, 27 Männer) in einem Hexenprozess zum Tode verurteilt und hingerichtet. Für die übrigen ist die Hinrichtung entweder bisher nicht sicher belegt oder sie starben in der Haft oder wurden wieder freigelassen. Die Hauptphase der Hexenverfolgung im Hochstift Eichstätt ist in der Zeit von 1617–1630 und fällt in die Regierungszeit des Fürstbischofs Johann Christoph von Westerstetten. In dieser Zeit sind mindestens 167 Hinrichtungen (141 Frauen, 26 Männer) wegen Hexerei nachweisbar, davon kontinuierlich jedes Jahr zwischen 4 und 25 (1620). Die letzte bisher bekannte Hinrichtung wegen Hexerei fand in Eichstätt 1723 statt.

1. Phase 1585-1593

Die erste Phase der Verfolgung fällt in die Regierungszeit der Fürstbischöfe Martin von Schaumberg (seit 1560) und Kaspar von Seckendorff (ab 1590) und umfasst 30 Hinrichtungen von Frauen. Das Jahr 1590 zeigt mit 23 Exekutionen eine extreme Häufung.

2. Phase 1603-1606

Nach einer Unterbrechung von zehn Jahren werden in der Regierungszeit des Fürstbischofs Johann Konrad von Gemmingen (seit 1595) zwischen 1603 und 1606 20 weitere Frauen als vermeintliche Hexen hingerichtet.

3. Phase 1613-1630

Nach dem Amtsantritt des Fürstbischofs Johann Christoph von Westerstetten 1612/1613, welcher zuvor als Fürstprobst in Ellwangen schon für zahlreiche Hinrichtungen vermeintlicher Hexen verantwortlich gewesen ist, wird die Hexenverfolgung im Hochstift Eichstätt systematisch und behördenartig betrieben. Nach drei einzelnen Verurteilungen in den Jahren 1613 und 1614-16 beginnt die Hauptphase der Verfolgung 1617, die erst 1630 endet, als Westerstetten seinen Regierungssitz verlässt und sich vor den heranrückenden Schweden bis zu seinem Lebensende 1637 in die Festung Ingolstadt zurückzieht. In dieser Zeit sind mindestens 167 Hinrichtungen (141 Frauen, 26 Männer) wegen Hexerei nachweisbar, davon kontinuierlich jedes Jahr zwischen 4 und 25. Das Jahr 1620 stellt mit 25 Hinrichtungen den absoluten Höhepunkt der Hexenverfolgung in Eichstätt dar. Erst in dieser Phase kommt es zunehmend auch zu Verurteilungen von Männern.

Ende der Verfolgung

Nach einem Dreivierteljahrhundert seit dem Ende der Hauptphase kommt es um 1705 noch einmal zu einer Hinrichtung, als der Knabe Balthasar Gorck wegen Hexerei verurteilt wird. Die letzte bisher bekannte Hinrichtung wegen diesem Straftatbestand findet in Eichstätt 1723 statt, als die junge Frau Walburga Rung zum Tode verurteilt wird.

Ort und Art der Hinrichtungen

Für die Urteilsverkündung und -vollstreckung wurde ein Gerichtstag anberaumt, meist ein Samstag oder Freitag, jedoch niemals ein Sonntag. An diesem Tag versammelten sich morgens um 8 Uhr alle Mitglieder des inneren und äußeren Rats der Stadt im Rathaus, wo die Urgicht der Verurteilten und das vom fürstlichen Hofrat verfasste Urteil vom Blutrichter verlesen wurde, der jedes Ratsmitglied befragte, ob er diesem Urteil zustimme. Anschließend wurde die Versammlung öffentlich und die Angeklagten wurden herein geführt. Nachdem diese vorgestellt und ihre Urgicht verlesen war, wurde ihnen das Urteil verkündet und für jeden ein Stab in drei Teile zerbrochen und auf den Boden geworfen. Anschließend wurden die Verurteilten mit dem Wagen des Scharfrichters zum Richtplatz gebracht, wobei der Blutrichter begleitet von berittenen Stadtknechten vorausritt. Der Weg führte durch das Buchtaltor und am Haus des Scharfrichters vorbei (heute 'Neuer Weg') zum Galgenberg hinauf. Aus den Jahren 1614 bis 1618 sind bei mindestens acht Frauen als strafverschärfende Maßnahmen die Verwendung von glühenden Zangen beim Buchtaltor dokumentiert (Anna Demerling #52, Apollonia Hartliebin #53, Anna Spetin #58, Ottilia Mayrin #59, Anna Fackelmayrin #60, Anna Schilherin #61, Barbara Khayerin #62, Barbara Haubnerin #69). Die Hinrichtung selbst war ebenfalls öffentlich und fand beim Hochgericht auf dem Galgenberg statt, vermutlich dort, wo 2001 eine Gedenkstele für die Opfer der Hexenverfolgung aufgestellt worden ist. Vor der Exekution erhielten die Verurteilten Gelegenheit zu einer letzten Beichte.

Das Todesurteil lautete in allen Fällen auf 'Tod durch Feuer', wobei die meisten Verurteilten zuvor mit dem Schwert enthauptet und anschließend verbrannt wurden. Ab dem 23.11.1619 wurde hierfür dasselbe Todesurteil immer wieder verwendet. Von sechs Frauen aus der Zeit von 1603 bis 1618 (Margaretha Beckin #46, Ursula Schmelzerin #47, Apollonia Oswaldin #48, Elisabeth Scheuchin #49, Magdalena Bruckmairin #50, Kunigunde Bonschabin #70) ist bekannt, dass sie stranguliert und dann verbrannt wurden. Ob es Verbrennungen bei lebendigem Leib in Eichstätt gab ist nicht sicher nachweisbar, aber am Anfang der Verfolgung 1585 und 1590 und auch bei mindestens zwei späteren Hinrichtungen (Magdalena Vischerin #42 und Anna Schuesterin #57) nicht auszuschließen. Die Hingerichteten erhielten kein christliches Begräbnis und ihr Tod wurde auch nicht im Kirchenbuch eingetragen.

Liste der wegen Hexerei Verhafteten

Die nachfolgende Liste enthält 241 Personen, die wegen Hexerei im Hochstift Eichstätt in der Zeit von 1585 bis 1723 verhaftet worden sind. Die tatsächliche Zahl dürfte höher liegen, schätzungsweise bis zu 10 % darüber. Die meisten der genannten Personen sind nachweislich verurteilt und hingerichtet worden (in der Liste nach Hinrichtungsdatum chronologisch nummeriert). Bei einigen Personen ist die Hinrichtung bisher nicht sicher belegt und deshalb unsicher (in der Liste nach Verhaftungsdatum chronologisch mit 'U' nummeriert). Außerdem sind die Personen gelistet, die in der Haft gestorben sind (in der Liste nach Verhaftungs- bzw. Sterbedatum chronologisch mit 'H' nummeriert), sowie die wenigen, die wieder freigelassen worden sind (in der Liste nach Verhaftungsdatum chronologisch mit 'F' nummeriert).

Nicht gelistet sind Personen, die wegen Zauberei verhaftet worden sind, weil dieser Tatbestand in Eichstätt grundsätzlich anders behandelt wurde. Hierzu ist bisher nur der Fall des Lorenz Hörlein, alias der Hagenberger von Winterzhofen bei Berching bekannt, der 1613 wegen Zauberei verurteilt und mit dem Schwert hingerichtet wurde.

Übersicht aller Verhafteten nach Gruppe und Geschlecht
Gruppe Frauen Männer Gesamt
1. Hingerichtete 195 27 222
2. Hinrichtung unsicher 7 2 9
3. In Haft Gestorbene 3 1 4
4. Freigelassene 6 0 6
Insgesamt 211 30 241

Siehe auch

Literatur

  • Anonym, Abdruck aktenmäßiger Hexenprozesse, welche in den Jahren 1590, 1626, 28, 30 und 1637 gerichtlich verhandelt worden. Brönner, Eichstätt. 1811.
  • Auer Josef, Stürzl Heinrich: Hinrichtungen wegen Hexerei in Eichstätt von 1585-1723. In: Blätter des Bayerischen Landesvereins für Familienkunde. Selbstverlag, München. 2013:76:225–283. ISSN 0005-7118
  • Bacherler, Michael: Über Eichstätter Hexenprozesse. Sonderdruck aus: Heimgarten. Beilage zur Eichstätter Volkszeitung - Eichstätter Kurier 10. 1929. Nr. 43 - 47.
  • Behringer, Wolfgang: Hexenverfolgungen im Spiegel zeitgenössischer Publizistik. Die Erweytterte Unholden Zeyttung von 1590. Oberbayerisches Archiv. Herausgegeben vom Historischen Verein von Oberbayern. 1984. Band 109 Heft 2, S. 339-360.
  • Behringer, Wolfgang: Hexenverfolgung in Bayern: Volksmagie, Glaubenseifer und Staatsräson in der frühen Neuzeit. R. Oldenbourg, München. 1988.
  • Brems, Joseph: Auszüge aus Eichstädter Original Hexen-Protokollen. Stadtarchiv Eichstätt. 1840. Nr. 38–43.
  • Buchta, Wolfgang: Die Urgichten im Urfehdebuch des Stadtgerichts Eichstätt. Zur Geschichte der Hexenverfolgung im südlichen Franken. In: Jahrbuch für Fränkische Landesforschung. Kommissionsverlag, Neustadt (Aisch).1998:58:219–250.
  • Durrant, Jonathan B.: Witchcraft, Gender, and Society in Early Modern Germany. Brill, Leiden. 2007.

Primärquellen

  • Staatsarchiv Nürnberg, Rep. 190 II, Eichstätter Archivalien, Akten zu Eichstätter Hexenprozessen ab Nr. 4015
  • Diözesanarchiv Eichstätt: B 15. Urvedt Büech de anno 1603. Das Urfehdebuch des Stadtgerichts Eichstätt enthält die Urgichten und Urteile für nahezu alle Todesurteile wegen Hexerei, Mord, Diebstahl, Wilderei von 1603 bis 20. August 1627.
  • Diözesanarchiv Eichstätt: hh 1. General Instruction Wie sich alle unndt Jede Pfleger Richter undt Beambten mit den Unhold- undt Hexenwerckhs verleimbden Personen in Erkennung Einziegung und Besprachung, deren auch Sonsten in einem und andern zuverhalten haben. 1593. Ohne Paginierung.
Commons: Bildersammlung zur Hexenverfolgung – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien


Einzelnachweise


[[Kategorie:Hexenverfolgung nach räumlicher Zuordnung|Eichstätt]] [[Kategorie:Deutsche Geschichte (16. Jahrhundert)]] [[Kategorie:Deutsche Geschichte (17. Jahrhundert)]] [[Kategorie:Landkreis Eichstätt]]