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Jesus ben Ananias

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Jesus ben Ananias war ein jüdischer Prophet vom Land, der im Jahr 62 n. Chr. während des Laubhüttenfestes in Jerusalem auftrat und dort immer wieder die baldige Zerstörung des Tempels ankündigte.

Seine Weherufe über Stadt, Tempel und Volk bezogen sich offenbar auf den biblischen Propheten Jeremia, der auf ähnliche Weise die Zerstörung des ersten Tempels vorhersagte, die 586 v. Chr. eintrat. Er wurde deswegen wie Jesus von Nazaret vom höchsten jüdischen Religionsgericht, dem Sanhedrin, festgenommen, verhört und an den römischen Prokurator (damals Albinus) ausgeliefert. Dieser ließ ihn blutig geißeln und dann laufen. Nach Beginn der jüdischen Erhebung soll er 68 durch ein römisches Katapultgeschoss den Tod gefunden haben.

Von diesem aus seiner Sicht ungebildeten Bauern berichtet der jüdische Historiker Josephus Flavius in seinem Hauptwerk Geschichte des jüdischen Krieges (VI 5,3), nachdem die Römer Jerusalem mitsamt dem Tempel 70 n. Chr. tatsächlich zerstört hatten.

Jesus ben Ananias war im Unterschied zu Jesus von Nazaret ein bis dahin unbekannter Einzelgänger, der keine Anhänger um sich scharte und den Tempelkult nicht reformieren wollte. Er wurde anders als sein Namensvetter auch nicht vom Sanhedrin zum Tod verurteilt und nicht vom römischen Statthalter hingerichtet. Er bestätigt aber die Kontinuität der prophetischen Tradition im Judentum parallel zum werdenden Christentum und unabhängig von ihm. Dies belegt für manche NT-Historiker wie Otto Betz die Glaubwürdigkeit der jesuanischen Weissagung von der Tempelzerstörung (Mk. 13, 2), die sich ebenfalls auf Jeremias analoge Prophezeiung (Jer. 26, um 597 v. Chr.) bezog.

Zugleich stärkt der Fall des Jesus ben Ananias die von jüdischen Historikern wie Paul Winter vertretene Ansicht, dass das Religionsgericht der Sadduzäer damals wie auch zur Zeit Jesu von Nazarets in Wahrheit gar keine Todesurteile fällen durfte und keine Zwangsmittel anwenden konnte, sondern nur die öffentliche Ordnung mit aufrecht erhielt und insofern nur ausführendes Organ der römischen Besatzungsmacht war. Ein Zusammenspiel mit den Römern war gleichwohl auch in diesem Fall gegeben.

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