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Kösener Kreise

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Verhältnisverträge regeln das Verhältnis von Studentenverbindungen oder deren Dachverbänden untereinander. Man unterscheidet Vorstellungs-, Freundschafts-, Kartell- und Traditionsverhältnisse sowie, davon abgehoben, Paukverhältnisse, die nur die Bereitschaft betreffen, Bestimmungsmensuren untereinander zu vereinbaren und wenig über die Erwartung freundschaftlichen Entgegenkommens aussagen. Verwandt, aber wesentlich weniger verbindlich sind die Kreise im KSCV.

Vorstellungsverhältnis

Das Vorstellungsverhältnis ist zur Anbahnung eines Freundschaftsverhältnisses gedacht. Verbindungen, die beim Eingehen von Verhältnissen zurückhaltend sind, begeben sich einige Jahre in ein Vorstellungsverhältnis mit einer anderen Verbindung, ehe sie zu einem Freundschaftsvertrag bereit sind. Hier wird im KSCV noch zwischen offiziellen und inoffiziellen Vorstellungsverhältnissen unterschieden. Corps außerhalb Deutschlands und Österreichs können durch Eingehung eines Vorstellungsverhältnisses zum KSCV insgesamt anerkannt werden, wenn sie die Kösener Grundsätze (Toleranzprinzip und Pflichtmensur) anerkennen und übernehmen. Dies war bei Brandenburgia Cleveland zu Ohio der Fall, dem einzigen US-Corps, gilt in Flandern für Flaminea in Löwen und im Baltikum für Selonia in Riga, Lettland.


Freundschaftsverhältnis

Besonders in großen Dachverbänden ist es üblich, dass einzelne Verbindungen mit mehreren Verbindungen an jeweils anderen Studienorten befreundete Verhältnisse abschließen - durchaus schriftlich mit Vertrag. So erhalten die Aktiven die Gelegenheit, bei gegenseitigen Besuchen andere Universitätsstädte in anderen geographischen Regionen kennenzulernen und ihren Horizont zu erweitern. Viele Arten von Verbindungen erlauben ihren Mitgliedern, nach Studienortwechseln bei anderen Verbindungen (in der Regel desselben Dachverbandes, vorzugsweise bei befreundeten Verbindungen) eine weitere Mitgliedschaft einzugehen. Bei farbentragenden Verbindungen werden dann lebenslang zwei Bänder gleichzeitig getragen („Zwei-Farben-Bruder“, „Zweibändermann“ etc.). Einige Verbindungen schließen weitere Mitgliedschaften grundsätzlich aus.

Formell wird bei manchen Bünden auch das darüber hinausgehende innige Freundschaftsverhältnis unterschieden.

Kartellverhältnis

Das Kartellverhältnis geht über das Freundschaftsverhältnis hinaus. Kartellverbindungen betrachten sich oft als eine Verbindung an verschiedenen Orten. Zwar wird diese Einheit selten konsequent vollzogen: Wer vom einen Kartellstandort wechselt, muss dorten doch formell beitreten und gegebenenfalls das Band aufnehmen und für diese Verbindung eine Bestimmungspartie fechten. Er darf jedoch die Alten Herren dieser Verbindung meist als eigene alte Herren ansehen, hat mit diesem Bund das Du, hat oft Sitz- (aber meist nicht Stimmrecht) auf den Konventen.

Der Kartellgedanke ist normalerweise bei den konfessionellen, nichtschlagenden Verbindungen weitaus stärker ausgeprägt: Im größten Dachverband katholischer Verbindungen, dem Cartellverband der katholischen deutschen Studentenverbindungen (CV) steht jede Verbindung mit jeder anderen automatisch in einem Kartellverhältnis; hier gilt die Anrede per Du verbandsweit und ist ein Verbandsmitglied beim Wechsel des Hochschulortes verpflichtet, sich bei einem dortigen Mitgliedsbund (sofern vorhanden) aktiv zu melden. Der entsprechende Status heißt Zeitweiliges Mitglied bzw. im Österreichischen Cartellverband (ÖCV) Verkehrsaktiver; nach Verleihung einer dauerhaften Mitgliedschaft wird das Mitglied zum Bandinhaber.

Auch innerhalb des VVDSt ist das Kartell konsequent vollzogen. Pro Universität bzw. Universitätsstadt gibt es im Verband nur einen VDSt. Jedes Verbandsmitglied, egal in welcher Stadt es aktiv ist, ist Bundesbruder und wird, wenn es einmal die Universität wechseln will, automatisch mit vollen Rechten an den dortigen VDSt überstellt, sofern es einen gibt.

Gelegentlich werden auch unkündbare Kartellverträge geschlossen. Solche Kartelle bezeichnet man als eisern.

Während Freundschaftsverträge meist bilateral geschlossen werden, gibt es bei Kartellen auch multilaterale Verträge, etwa das Süddeutsche Kartell im Kösener Senioren-Convents-Verband (KSCV), das gleichnamige zwischen sechs freien Burschenschaften und das Blaue Kartell sowie das Weiße Kartell im Weinheimer Senioren-Convent (WSC).

Kartellverträge zwischen Dachverbänden sind selten, aber doch vorhanden: Beispielsweise der Kartellvertrag zwischen dem WSC und dem KSCV von 1955, der regelt, dass beide Dachverbände gewisse Verbandsaufgaben gemeinsam übernehmen und von Verbandsseite das Aufnehmen von Bändern des jeweils anderen Verbandes ausnahmslos gestattet ist. Ebenso sind der CV und der ÖCV seit 1961 durch einen Cartellvertrag verbunden; er besagt den allgemeinen Du-Comment zwischen Aktiven beider Verbände und die Ausdehnung der Verkehrsaktivenregelung auf Deutschland und Österreich.

Es gibt ein außergewöhnliches Kartellverhältnis zwischen Landsmannschaft Darmstadtia Gießen im CC und Burschenschaft Germania Gießen in der DB.

Traditionsverhältnis

Bei einem Traditionsverhältnis geht es um die Pflege einer Tradition durch einen oder mehrere Bünder. Dieser Begriff ist nur bei Corps üblich und die Gebräuche sind sehr uneinheitlich. Es besteht ein Tradition vertriebener Corps desselben SC, etwa für Halle und Jena, oder eine Tradition im Falle eines Ortswechsels (etwa bei den SC Innsbruck und Augsburg). Häufiger ist, dass ein Corps die Tradition eines anderen pflegt, etwa im Rahmen einer Fusion. Welcher Art die Traditionspflege ist, ist Vereinbarungssache. In der Regel bedeutet es die Übernahme und Bewahrung des Archivs und wichtiger Gegenstände. Häufig wird Mitgliedern des lebenden Corps erlaubt oder nahegelegt, auf das Band des aufgenommenen Corps zu fechten. Dies ist üblich, wenn der Seniorpartner stark genug ist, bei den eigenen Kennzeichen keine Zugeständnisse zu machen.

Verhältnisbruch

Alle Arten von Verhältnissen können auch gebrochen werden. Die Erklärung wurde und wird heute noch zumeist als kurzes Telegramm verschickt. Verhältnisbrüche waren insbesondere in der Gründerzeit und im Kaiserreich häufig, oft aus nichtigem Grund der Fall und wurden damals dann regelmäßig mit einer oder gar zwei PP-Suiten besiegelt, das heißt, alle Aktiven der einen fochten unter erschwerten Bedingungen mit allen Aktiven der anderen Verbindung. Verhältnisbrüche haben im KSCV beispielsweise auch schwere Auswirkungen auf die Kreispolitik gehabt, so der brach der Bruch des Kartells zwischen dem Corps Teutonia Marburg und dem Corps Lusatia Leipzig vor dem 1. Weltkrieg das sog. Goldene Kartell, als das Kernkartell des Blauen Kreises, auf, womit der Blaue Kreis ansatzweise gespalten wurde.

Kreis

Nachdem sich in einem Dachverband das Verbandsleben gefestigt hat, beginnen sich oft innere Strukturen zu bilden. Die seit alters her üblichen feste gegenseitige freundschaftliche Beziehungen von Verbindungen an verschiedenen Universitätsstädten, formieren sich langsam zu festen und inoffiziellen Kreisen, die verbandspolitische Bedeutung zu entwickeln beginnen. Es geht wohl hauptsächlich darum, im Verband mit den Kreismitgliedern die eigenen Auffassungen besser zur Geltung bringen zu können. Noch später weitet sich diese Politik aus, und wird es üblich, sich seine befreundeten Verbindungen nur noch aus dem jeweiligen Kreis zu wählen und andere Verhältnisse abzubrechen.

Verhältnisse nach Dachverbänden

KSCV

Die Kreise (ursprünglich: Kartellkreise) im KSCV bildeten sich in den 1860er Jahren um bestehende Kartelle alter Corps und wurden meist nach deren Mützenfarben benannt.

Es wurde für die Corps bald üblich, kreisfremde Verhältnisse abzubrechen. Da das Netzwerk der Verhältnisse im KSCV bis dahin recht eng geknüpft war, bildeten sich Gruppierungen, zwischen denen wenig Beziehungen bestanden. Das führte zu einer starken Umstrukturierung des gesamten Verbandes und zu einer Fraktionenbildung bei der Durchsetzung verbandspolitischer Ziele. So genannte Lebenscorps, die den Schwerpunkt auf den inneren Zusammenhalt legten und aus Prinzip keine Verhältnisse anstrebten, mussten sich umorientieren, wenn sie nicht vollkommen an Bedeutung verlieren wollten.[1] Deshalb verringerte sich die Zahl der vor allem in Süddeutschland ansässigen Lebenscorps stark.

Ein weiterer Effekt war, dass die Kreise mehr oder weniger offiziell kulturelle Ausrichtungen hervorbrachten, also auf bestimmte Aspekte des Corpslebens besonderen Wert legten, was zu einer soziokulturellen Differenzierung des gesamten Verbandes beitrug. Dies brachte dem KSCV den Ruf ein, der am stärksten diversifizierte studentische Verband Deutschlands zu sein.

Schwarzer Kreis
Alemannia Wien, Baruthia, Bavaria Würzburg, Borussia Greifswald, Brunsviga, Gothia, Hansea Königsberg (erloschen), Hassia, Montania, Normannia Berlin, Rhenania Bonn, Saxonia Kiel, Saxonia Konstanz, Suevia München, Suevia Straßburg, Thuringia Jena, Thuringia Leipzig, Vandalia Graz,
Blauer Kreis
Austria, Guestphalia Bonn, Guestfalia Greifswald, Hannovera Göttingen, Isaria, Lusatia Leipzig (mit Lusatia Breslau), Marchia, Masovia, Moenania, Palaiomarchia, Palaiomarchia-Masovia, Palatia-Guestphalia, Posonia, Rhaetia Innsbruck, Rhenania Freiburg, Rhenania Tübingen, Rheno-Guestphalia Münster, Suevia Heidelberg, Teutonia Marburg,
Grüner Kreis
Albertina, Borussia Breslau, Franconia Jena, Franconia München, Guestphalia Berlin, Guestphalia Halle, Hansea Bonn, Hasso-Borussia, Holsatia, Pomerania, Rhenania Würzburg, Teutonia Gießen. - Erloschen sind Misnia III und Baltia. - Bremensia, Rhenania Straßburg (susp.), Suevia Tübingen und Vandalo-Guestphalia haben die Pflichtmensur verworfen und sind nicht mehr Mitglied des KSCV und damit auch nicht mehr Mitglieder des Grünen Kreises.
Weißer Kreis
Borussia Bonn, Saxonia Göttingen und Saxo-Borussia Heidelberg
Roter Kreis
Borussia Tübingen, Hildeso-Guestphalia, Marcomannia Breslau, Saxonia Bonn, Saxonia Jena und Vandalia Rostock
Violetter Kreis
Palatia Bonn[2] und Palatia Straßburg
Süddeutsches Kartell
Bavaria Erlangen, Franconia Würzburg, Makaria, Schacht, Joannea und Athesia (und Littuania)
Magdeburger Kreis
Budissa, Guestphalia Erlangen, Neoborussia Berlin, Normannia Halle, Makaria-Guestphalia, Ratisbonia, Teutonia-Hercynia, Transrhenania, Vandalia-Teutonia
Baltencorps
Concordia Rigensis und Curonia Goettingensis,
Kreisfreie Corps
Borussia Berlin, Borussia Halle, Borussia-Polonia Frankfurt (Oder) (suspendiert, Mitglieder teilweise von Silesia aufgenommen), Erz, Franconia Brünn, Franconia Tübingen, Hansea Köln, Hansea Wien, Hubertia Freiburg, Guestphalia et Suevoborussia, Hasso-Nassovia, Hellas, Hercynia München, Hubertia München, Marchia Brünn, Nassovia, Palatia München, Rhenania Heidelberg, Rhenania-Brunsviga, Rheno-Palatia, Saxonia Leipzig, Saxonia Wien, Silesia, Silvania Tharandt, Starkenburgia, Suevia Freiburg, Teutonia Graz, Tigurinia, Visigothia,
Lebenscorps
Arminia, Bavaria München, Onoldia und Symposion

Die Kreiszugehörigkeit ist bis heute vollkommen inoffiziell. Ein gutes Viertel der Kösener Corps ist kreisfrei. Alles beruht auf tradierten, aber noch gelebten, z. T. ironisierten gesellschaftlichen Usancen. Die Kreise bestehen nach wie vor und pflegen eigene Treffen; Mehrbändermänner verschiedener Kreise sind aber keine Seltenheiten mehr.

Siehe auch:
KSCV

Burschenschaften

In der Deutschen Burschenschaft gibt es unter anderem folgende Zusammenschlüsse:

In der Neuen Deutschen Burschenschaft gibt es den Roten Verband: Burschenschaft Obotritia Berlin, Burschenschaft Alemannia Bonn, Burschenschaft der Bubenreuther Erlangen, Burschenschaft Brunsviga Göttingen, Burschenschaft Arminia Marburg, Burschenschaft der Pflüger Halle zu Münster (verbandsfrei) und bis 1995 Burschenschaft Arminia auf dem Burgkeller Jena.

Als freier und dachverbandsloser Zusammenschluss existiert das 1861 gegründete Süddeutsche Kartell, das sich als „Ein Bund an sechs Hochschulen“ versteht und sich im Gegensatz zur DB und NDB zur Pflichtmensur bekennt: Burschenschaft Teutonia Jena, Burschenschaft Germania Erlangen, Burschenschaft Allemannia Heidelberg, Burschenschaft Germania Tübingen, Burschenschaft Teutonia Kiel, Königsberger Burschenschaft Gothia Göttingen.

Coburger Convent

Im CC gibt es folgende Verhältnisverträge, die Anfangs aus nur zwei Landsmannschaften oder Turnerschaften bestanden und teilweise bei der Entstehung der zahlreichen Vorgänger Dachverbände der Deutschen Landsmannschaft erheblichen Anteil hatten:

CV

Im CV gibt es, auf inoffizielle Weise, Kreisbildungen. Auch diese sind lockere und formlose Zusammenschlüsse von katholischen Studentenverbindungen gleicher Ausrichtung und Tradition innerhalb des Cartells, die unter Umständen auch Verbindungen im ÖCV umfassen. Beispiele sind:

KV und ÖKV

Im KV, zum Beispiel:

  • der Weiße Ring, zu dem Arminia Bonn, Bavaria-Freiburg, Palatia-Heidelberg, Rheno-Bavaria-München und Winfridia Göttingen gehörten.
  • das Rhein-Neckar-Kartell, dem angehören Palatia Heidelberg, Ripuaria Heidelberg und Eckart Mannheim et Ludwigshafen
  • das Goldene Kartell, gegründet im Sommersemester 2006 in Heidelberg zum Anlass des Heidelberger Konventes; Mitglieder sind alle bandtragenden Kartellvereine, die dadurch ihre Solidarität gegenüber allen normalen, schwarzen Verbindungen zum Ausdruck bringen.

SchwStV

Im Schweizerischen Studentenverein (Schw.-StV) gibt es offizielle Kreisbildung. Zum Beispiel:

  • der Bund Akademischer Kommentverbindungen, auch Block genannt: AKV Rauracia Basel, AV Bodania Sankt-Gallen, AKV Burgundia Bern, AKV Alemannia Freiburg i.Ue., AKV Kyburger Zürich, AKV Neu-Romania Freiburg i.Ue. und AV Turicia Zürich
  • die Fédération Romande: S.A. Salévia Genève, S.A. Lémania Lausanne und S.A. Sarinia Fribourg

MKV

Im MKV gibt es inoffizielle Kreisbildung, zum Beispiel:

  • der Block: Austro-Danubia Wien, Borussia Wien, Frankonia Wien, Gothia Wien, Jung-Dietrich Wien, Sonnberg Perchtoldsdorf und Vindobona I Wien[3]

Einzelnachweise

  1. Ein Beispiel ist Isaria.
  2. Palatia Bonn wurde 1956 aus dem KSCV ausgeschlossen. Heute steht sie im Kartell mit Bremensia
  3. http://www.sonnberg.at/Fux/Fuchsenmappe/Kapitel/DerBlockimMKV.htm