Wirtschaftsauskunftei
Eine Wirtschaftsauskunftei (Plural: Wirtschaftsauskunfteien) ist ein privatwirtschaftlich geführtes Unternehmen zum Zweck der Mitteilung wirtschaftsrelevanter Daten über Privatpersonen und Unternehmen an Geschäftspartner.
Arbeitsweise und Grundsätze
Wirtschaftsauskünfte werden nur an Firmen erteilt, welche diese im Rahmen von Bonitätsprüfungen nutzen. Ein berechtigtes Interesse gemäß Bundesdatenschutzgesetz muss seitens des anfragenden Unternehmens glaubhaft dargelegt werden. Die Auskunftei ist gemäß § 29 Abs. 2 Satz 5 BDSG verpflichtete stichprobenhafte Überprüfungen des berechtigten Interesses vorzunehmen.
Gründe, die zur Auskunftseinholung berechtigen, sind unter anderem:
- Geschäftsanbahnungen
- Forderungseinzüge
- alle Arten von Kauf-, Miet- und Leasingsvertragsabschlüssen.
Die Beauskunftung erfolgt unter Berücksichtigung und Einhaltung der strikt geregelten Datenschutzbestimmungen, welche u.a. den Missbrauch von personenbezogenen Daten verhindern sollen.
Entsprechende Datenschutzbeauftragte stehen den Wirtschaftsauskunfteien intern oder extern zur Seite, um beispielsweise Anfragegründe auf ihre Berechtigung hin zu prüfen. Sie überwachen die Einhaltung der Reglementierungen durch das Bundesdatenschutzgesetz und agieren auch als neutrale Sachverständige in Datenschutzfragen und -streitfällen.
Datenquellen
Die Auskunfteien bedienen sich im Rahmen ihrer Tätigkeit bei der Einholung von Auskünften sowohl der Selbstbefragung von Firmen und Personen, als auch amtlicher sowie halbamtlicher Stellen. Allgemein zugängliche Quellen stellen dabei Telefon- und Adressbücher, Veröffentlichungen im Bundesanzeiger und andere Publikationen über Insolvenzen, Vergleiche, Betriebsgründungen sowie öffentliche Register wie Handels- oder Vereinsregister dar. Zusätzlich erfolgt mitunter eine Befragung von Betroffenen, Geschäftspartnern und Nachbarn. Zudem greifen die Auskunfteien auf ein Netzwerk von Datenpools zurück, welche auch die Einspielung von Informationen zur Zahlungsmoral von angeschlossenen Unternehmen beinhalten. Weiterhin besteht eine enge Zusammenarbeit mit Inkassobüros.
Inhalte von Wirtschaftsauskünften
Auskünfte über Unternehmen
- Kommunikationsdaten
Firmierung, Anschrift, Postfach, Ruf- und Telefaxnummern, E-Mail-Adresse und Website
- Rechtsform
Gesellschaftsform, Aktivitätsstatus, Gründungsdaten, handelsregisterlichen Eintragungsdaten, Anteilseigner, handelnde und haftende Personen des Unternehmens
- Gegenstand des Unternehmens
Branchenschlüssel (gemäß statistischem Bundesamt)
langtextliche Wiedergabe des Tätigkeitsbereichs
- Niederlassungen und Betriebsstätten
- Beteiligungen der Firma an weiteren Unternehmen
- Beurteilung der Finanzlage des Unternehmens
Zahlungserfahrungen, Beurteilung der Geschäftsbeziehung, Höchstkreditvorschlag
Bewertung der finanziellen Lage anhand von Rankings, bzw. Bonitätsindizes
Wiedergabe archivierter "Negativmerkmale" (z.B.: Haftanordnungen, Eidesstattliche Versicherungen, Inkasso-Verfahren etc.)
- Immobilienbesitz
Art der Immobilie, Wert der Immobilie, Besitzverhältnisse
- Bankverbindungen
Angabe des Kreditinstitutes, Angabe der Kontonummern
- Unternehmenskennzahlen
Umsätze, Gewinne/Verluste, Eigenkapitalquote, Betriebs- und Geschäftsausstattung, Anzahl der Mitarbeiter, etc.
Auskünfte über Privatpersonen
- Kommunikationsdaten
Name, Vorname, postalische Anschrift, ggf. Zweitwohnsitz, Geburtsdatum, Ruf- und Telefaxnummern, E-Mail-Adresse und Homepage
- Familienstand
- Tätigkeit
- Beurteilung der Finanzlage
Zahlungserfahrungen, Beurteilung der Geschäftsverbindung
Bewertung der finanziellen Lage anhand von Rankings, bzw. Bonitätsindizes
Wiedergabe archivierter "Negativmerkmale"
- Immobilienbesitz
Art der Immobilie, Wert der Immobilie, Besitzverhältnisse (Miete/Eigentum, etc.)
- Beteiligungen
Wert der Beteiligungen, Besitzverhältnisse, (evtl. Pfändungen)
- Bankverbindungen
Angabe des Kreditinstitutes, Angabe der Kontonummern
- Daten zu laufenden (Giro-)Konten, Krediten, Leasingverträgen, Handyverträgen und weiteren Geschäften
Eigenauskunft
Seit dem 1. April 2010 besteht eine gesetzliche Pflicht für alle Auskunfteien, über die bei ihnen gespeicherten Daten zu informieren.[1]Die Abfrage ist dabei jedoch ausschließlich auf Angaben über die eigene Person beschränkt. Verbraucherschützer kritisieren, dass die Branche kein standardisiertes Verfahren zur Eigenauskunft entwickelt habe, sodass bei jeder Auskunftei ein anderes Vorgehen notwendig ist. Außerdem sind nur grundlegende Informationen gebührenfrei anrufbar, das vollständige Profil einer Privatperson oder eines Unternehmens dagegen oft nur gegen Gebühr. Einige dritte Anbieter ermöglichen es, das Kreditprofil mehrerer Auskunfteien über sich selbst und andere zusammenzufassen.[2]
Beispiele
- Verband der Vereine Creditreform e.V., Deutschland, Firmenauskünfte, Privatpersonenauskünfte, Forderungsmanagement, Risikomanagement, Direktmarketing, Rating, Factoring, Systemlösungen
- Hoppenstedt Holding, B2B-Wirtschaftsauskünfte zu mehr als 4,6 Mio. aktiven dt. Unternehmen
- SCHUFA Holding AG, Deutschland, Auskünfte über Privatpersonen
- Bürgel Wirtschaftsinformationen, Deutschland, Auskünfte über Privatpersonen, Firmeninformationen, Direktmarketing, Kreditmanagement, Forderungsmanagement
- Arvato Infoscore, Deutschland, Auskünfte über Privatpersonen sowie Direktmarketing und Inkassodienstleistungen
- Dun & Bradstreet, eine weltweit tätige Auskunftei
- Kredit-Control, weltweite Auskünfte über Firmen und Privatpersonen, Forderungsmanagement
- Creditsafe Deutschland, deutsche und internationale Firmenauskünfte mit Festpreis-Option
- Deltavista, Deutschland, Auskünfte über Privatpersonen und Firmen, sowie Risikomanagement-Systemlösungen
- Scoredex, Wirtschaftsauskünfte zu Firmen aus den schwach oder nicht regulierten Märkten
Neben diesen gibt es eine Vielzahl weiterer Auskunfteien, auch solche, die auf regionaler Ebene oder in einem spezifischen Wirtschaftszweig tätig sind.
Literatur
- Stephan Gärtner: Harte Negativmerkmale auf dem Prüfstand des Datenschutzrechts. Ein Rechtsvergleich zwischen deutschem, englischem und österreichischem Recht. Verlag Dr. Kovac, Hamburg 2011, ISBN 978-3-8300-5418-4. Link zum Buch
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ Thomas Wüpper: Auskunft ist künftig Pflicht. In: Frankfurter Rundschau. 31. März 2010, abgerufen am 25. Juli 2012.
- ↑ Robert Chromow: Adhoc-Bonitätsauskunft im Internet. In: akademie.de. 4. Mai 2010, abgerufen am 25. Juli 2012.