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Jimmy Carter

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James Earl "Jimmy" Carter Jr. (* 1. Oktober 1924 in Plains, Georgia) war als Kandidat der Demokraten der 39. Präsident der USA (1977 bis 1981).

Jimmy Carter

In seiner Amtszeit schloss er die Verträge zur Übergabe des Panama-Kanals und war maßgeblich an den Verhandlungen zum Abkommen von Camp David I beteiligt. Er handelte den SALT II-Vertrag mit der Sowjetunion aus und die USA nahmen erstmals diplomatische Beziehungen zur Volksrepublik China auf (bereits unter seinem Vor-Vorgänger Richard Nixon ausgehandelt). Innenpolitisch war er vor allem in der Energie-, Bildungs- und Umweltpolitik engagiert, schaffte es allerdings nicht, die USA aus ihrer Wirtschafts- und Gesellschaftskrise zu führen, weshalb er bald vom Hardliner Ronald Reagan abgelöst wurde. Carters Vizepräsident während seiner Amtszeit war Walter F. Mondale.

Nach seiner Präsidentschaft war Carter vor allem im Bereich der Menschenrechte und der internationalen Vermittlung aktiv. Dafür sprach ihm das Nobelkomitee 2002 den Friedensnobelpreis zu.

Leben

1946, nach seinem Abschluss an der Navy-Akademie in Maryland, heiratete er Eleanor Rosalynn Smith. Anschließend war er auf diversen U-Booten der Atlantik- und Pazifikflotte stationiert. Carter war seit 1951 für das atombetriebene U-Boot-Programm vorgesehen und begann ein Studium der Atomphysik und des Ingenieurswesens am Union College im Staat New York, bis er nach dem Tod seines Vaters 1953 die Marine verließ, um die familieneigenen Erdnuss- und Baumwollplantagen sowie das familieneigene Unternehmen mit Lagerhäusern zu übernehmen. Als Mitglied einer Baptistengemeinde arbeitete er vor allem in der Sonntagsschule und im Predigtdienst mit.

Frühe politische Karriere

Carter begann seine Karriere im Schoolboard von Plains. In den 1960er Jahren war Jimmy Carter zwei Perioden als Senator im Senat von Georgia tätig. Er setzte sich für eine fiskalische Zurückhaltung ein, vertrat gemäßigt progressive Ansichten in Bezug zur US-amerikanischen Bürgerrechtsbewegung und galt in sozialen Fragen als liberal.

1966 kandidierte er für den Posten des Gouverneurs von Georgia, scheiterte aber. 1970 kandidierte Carter erneut. In seinen Wahlkampfauftritten unterstützte er den aufgrund seines starken Eintretens für die Rassentrennung (Segregation) umstrittenen Gouverneur von Alabama, George Wallace. Wahlkampfhelfer Carters teilten tausende von Fotos aus, die seinen Gegenkandidaten und amtierenden Gouverneur, den liberalen Carl Sanders, im freundlichen Beisammensein mit schwarzen Basketballspielern zeigten. Carter versprach einen ausgesprochenen Segregationisten wieder in das State Board of Regents zu ernennen. Ebenfalls versprach er, als erste Amtshandlung George Wallace zu einer Rede nach Georgia einzuladen. Vor allem weiße Anhänger der Rassentrennung wählten Carter zum Gouverneur.

Nach seiner Wahl allerdings stellte Carter in Reden fest, dass die Zeit der Rassentrennung vorüber sei, und dass Rassendiskriminierung keinen Platz in der Zukunft des Staates habe. Er war der erste Amtsinhaber auf Staatsebene im tiefen Süden der USA, der ein derartiges Statement öffentlich gab. Noch wenige Jahre vorher hatte ein solches Statement für den damaligen Bürgermeister von Atlanta, Ivan Allen, das Ende seiner Karriere bedeutet. Carters Position wurde US-weit als Zeichen sich ändernder Zeiten aufgefasst. Seine Wiederwahl verlor er aufgrund des Vertrauensverlustes seiner Wähler, aber auch seiner eigenen Mitarbeiter, die ihm eine Entfremdung von ihnen vorwarfen. Carter setzte sich auch organisatorisch dafür ein, die Rassentrennung aufzuheben und reorganisierte die Staatsverwaltung.

Eher als Notlösung wegen seiner fehlenden Bekanntheit wurde er Kandidat der Demokraten für die Präsidentschaftswahlen 1976. Die Watergate-Affäre war zu dieser Zeit jedoch noch das beherrschende Thema der öffentlichen Diskussion und schadete dem Amtsinhaber Gerald Ford entsprechend, seine Außenseiterposition und die Tatsache, dass er zuvor in der nationalen Politik nicht präsent war, wurden plötzlich zum Vorteil. Sowohl sein Wahlkampf als auch seine Präsentation in Debatten wurden allgemein als sehr gekonnt angesehen. Das zentrale Thema seines Wahlkampfs war eine Reorganisation der Regierung. Carter war der erste Kandidat aus dem tiefen Süden (Deep South) (South Carolina, Georgia, Alabama, Louisiana, Arkansas) seit dem amerikanischen Bürgerkrieg, der eine Präsidentenwahl gewann.

Präsidentschaft

Präsidentschaftswahlen 1976. Rot eingefärbte Staaten stimmten für Carter, blau eingefärbte für Gerald Ford

Nach seinem Wahlsieg über Gerald Ford trat er 1977 seine Präsidentschaft mit Walter Mondale als Vizepräsident an. Er begann seine Amtstätigkeit mit Reformen in der Zuständigkeit diverser Ministerien. Außenpolitisch war er erfolgreich in der Vermittlung zwischen Ägypten und Israel, die 1978 zum Abkommen von Camp David und im Jahr darauf zum Friedensschluss beider Länder führten. Ebenso geht der Abschluss des SALT II Vertrags mit der UdSSR (der jedoch nie ratifiziert wurde) auf seine Arbeit zurück, sowie die Abgabe der Kontrolle des Panama-Kanals an Panama. Ein weiterer Akt war die Einstellung der Unterstützung des Diktators Anastasio Somoza Debayle in Nicaragua. Unter seiner Regierung wechselten die diplomatischen Beziehungen von Taiwan zur Volksrepublik China.

Das Jahr 1979 kann als der Beginn des Endes der politischen Laufbahn Carters betrachtet werden. Mehr als seine anfänglichen Erfolge wurde sein Verhalten während der Geschehnisse dieses Jahres bezeichnend, die zu seiner Niederlage gegen Ronald Reagan führen sollten. So wurde er stark kritisiert, als er eine lückenlose Aufarbeitung des Three Mile Island bei Harrisburg, Pennsylvania anordnete, sowie die Unterstützung Indonesiens trotz des Genozids in Osttimor aufrecht erhielt.

Als er in einer landesweit ausgestrahlten Fernsehrede seine Meinung über die Stimmung in der Bevölkerung wiedergab, wurde diese Rede von vielen seiner Landsleute als pessimistisch eingestuft, wodurch seine Hoffnungen auf eine mögliche Wiederwahl weiter sanken.

Im selben Jahr begann auch die Krise im Iran. Nachdem er Schah Reza Pahlevi, auch wegen dessen Krankheit, politisches Asyl gewährt hatte, kam es zu der Geiselnahme von Teheran, bei der über 50 Amerikaner von fundamentalistischen Islamisten in der US-Botschaft in Teheran als Gefangene festgehalten wurden. Nachdem ein Stoßtruppunternehmen zur Befreiung der Geiseln kläglich gescheitert war, sank sein Ansehen auf einen Tiefpunkt.

Des Weiteren erfolgte der Einmarsch der UdSSR in Afghanistan, welchem er die Carter-Doktrin folgen ließ, die vorsah, dass alle Aktivitäten ausländischer Mächte in der Golf-Region um Persien, speziell dem Iran und Irak, als aggressiver Akt gegen die Interessen der USA gesehen und entsprechend - auch militärisch - geahndet würden. Dazu führte er wieder die Registrierung von Wehrpflichtigen ein und sorgte dafür, dass die USA und einige andere westliche Staaten die olympischen Spiele 1980 in Moskau boykottierten.

Wie bei seiner verlorenen Wiederwahl zum Gouverneur warfen ihm seine Landsleute, vor allem aber die Mitstreiter Reagans, während des Präsidentschaftswahlkampfes 1980 vor, sich seinem Volk entfremdet zu haben. Carter war seit langem der einzige US-Präsident, unter dessen Regierung die USA in keine kriegerische Auseinandersetzung verwickelt waren.

Danach: internationaler Vermittler und Friedensnobelpreis

US-Präsident Jimmy Carter und König Hussein II von Jordanien am 25. April 1977 im Weißen Haus

Nach seiner Wahlniederlage war Carter in zahlreiche Aktivitäten involviert, die Menschenrechte, Demokratie und Wohltätigkeit fördern sollen.

Unter anderem gründete er das Carter Center für Menschenrechte und war seither, meist als Privatmann, als Vermittler in verschiedenen Konflikten unterwegs. Ebenso zeigte er sich als Wahlbeobachter, insbesondere in lateinamerikanischen und afrikanischen Staaten aktiv und setzte sich dort aktiv für Gesundheitsfürsorge ein. Zudem arbeiten er und seine Frau Rosalynn Carter gemeinsam für Habitat for Humanity. In Afrika (Togo, Ghana u. andere Länder) wurde durch die Tätigkeit Carters der Guineawurms, eine Wurmerkrankung, die zu schwerem Siechtum und Tod führen kann, soweit zurückgedrängt, das man mittlerweile von ca. 4 Millionen Menschen ausgeht, die durch das Engagement Carters von dieser Krankheit geheilt wurden. Unter anderem setzte er sich massiv dafür ein, dass die Pharmaindustrie die dafür erforderlichen Medikamente überhaupt herstellte.

Seine Nachfolger als Präsidenten waren darüber nicht immer glücklich. International in die Öffentlichkeit geriet er wieder 1994 durch Vermittlungsversuche in Haiti und in Bosnien-Herzegowina. Später besuchte er als erster sowohl ehemaliger als auch aktiver Präsident seit 1959 Kuba und traf sich im Mai 2002 mit Fidel Castro. Für seine Bemühungen um Frieden und die Einhaltung der Menschenrechte erhielt Jimmy Carter 2002 den Friedensnobelpreis. Er ist damit nach Theodore Roosevelt und Woodrow Wilson der dritte US-Präsident, der diese Auszeichnung erfuhr.

Die Navy benannte nach dem ehemaligen Soldaten auf einem U-Boot 1998 die USS Jimmy Carter, er gehört damit zu den wenigen Menschen, die diese Ehre seitens der Navy erfuhren. Carter kritisierte 2004 George W. Bush und Tony Blair, die den Dritten Golfkrieg fundiert auf "Lügen und Fehlinterpretationen" gestartet hätten.

Veröffentlichungen

  • Why Not the Best? (1975 and 1996); deutsch: Das Beste geben. Der Mann aus Georgia über sich selbst (Kassel und Wuppertal 1976)
  • A Government as Good as Its People (1977 und 1996)
  • Keeping Faith: Memoirs of a President (1982 und 1995)
  • Negotiation: The Alternative to Hostility (1984)
  • The Blood of Abraham (1985 und 1993)
  • Everything to Gain: Making the Most of the Rest of Your Life (1987 und 1995), mit Rosalynn Carter
  • An Outdoor Journal (1988 und 1994)
  • Turning Point: A Candidate, a State, and a Nation Come of Age (1992)
  • Talking Peace: A Vision for the Next Generation (1993 und 1995)
  • Always a Reckoning (1995), Gedichtsammlung, illustriert von seiner Enkelin; deutsch-englische Ausgabe: Angesichts der Leere (2005)
  • The Little Baby Snoogle-Fleejer (1995), Kinderbuch, illustriert von seiner Tochter
  • Living Faith (1996)
  • Sources of Strength: Meditations on Scripture for a Living Faith (1997)
  • The Virtues of Aging (1998)
  • An Hour before Daylight: Memories of a Rural Boyhood (2001)
  • Christmas in Plains: Memories (2001)
  • The Nobel Peace Prize Lecture (2002)
  • The Hornet's Nest (2003), ein Historischer Roman

Literatur

  • John Dumbrell: The Carter Presidency. 1993
  • Erwin C. Hargrove: Jimmy Carter as President. 1988
  • Charles O. Jones: The Trusteeship Presidency. 1988
  • Herbert A. Rosenbaum, Alexander Ugrinsky (Hrsg.): The Presidency and Domestic Policies of Jimmy Carter. 1994
  • Herbert A. Rosenbaum, Alexander Ugrinsky (Hrsg.): Jimmy Carter: Foreign Policy and Post-Presidential Years. 1994

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