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Propaganda

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Unter Propaganda im allgemeinen Sinn versteht man die gezielte Verbreitung einer Botschaft, um das Handeln und Denken Anderer im eigenen Sinn zu beeinflussen. Die Information kann richtig oder falsch sein. Wenn sie richtig ist, ist sie oft einseitig und unvollständig. Beispiele dafür sind politische Selbstdarstellungen von Parteien, politischen Bewegungen und Staaten, während bei Unternehmen zumeist von Öffentlichkeitsarbeit, Public Relations und von Werbung für Produkte gesprochen wird.

Propaganda, durch die ein gesellschaftlicher Bewusstseinswandel und sozial erwünschte Verhaltensweisen herbeigeführt werden sollen, wird auch als Social Marketing bezeichnet; Hauptbeispiele in den Bereichen Umweltschutz ("Ich war eine Dose") und gesundheitliche Aufklärung ("Gib Aids keine Chance"). Auch unspezifische "Feel good"-Kampagnen, die Imageverbesserung und Stimmungswandel ohne klar definierten Verhaltensappell propagieren, werden von ihren Initiatoren unter den Terminus Social Marketing subsumiert (z.B. "Du bist Deutschland").

Besonders perfide, denunziatorische und blutrünstige Propaganda wird in der Öffentlichkeit häufig als Gräuelpropaganda bezeichnet.

Propaganda und Information

In vielen Fällen ist es schwierig, Information und Propaganda klar voneinander zu trennen, da es in der menschlichen Kommunikation keine reine Information gibt. Ausnahmslos jeder Informationsaustausch zwischen Menschen ist deformiert und hat eine bestimmte Orientierung, ist subjektiv gefärbt und durch den Sender bereits gefiltert. Die einzige Objektivität, die in der menschlichen Kommunikation existiert, besteht darin, den subjektiven Standpunkt einer Person möglichst neutral und vollständig darzustellen. Propaganda nutzt diese Trennschärfe geschickt aus, um die öffentliche Meinung gezielt zu beeinflussen.

Funktionierende, für das Publikum "glaubwürdige" Propaganda kommuniziert die Informationen auf subtile Weise verzerrt. So werden zwar keine "richtigen" Lügen verbreitet, jedoch die Informationen qualitativ und/oder quantitativ so verzerrt, dass diese den Interessen der Verbreiter entsprechen.

Quantitative Informationsverzerrung findet immer dann statt, wenn eine an sich unwichtige Tatsache oder ein Ereignis übergroß/überwichtig dargestellt wird oder umgekehrt - kleiner oder unwichtiger, als es in Wahrheit ist. Qualitative Informationsverzerrung hingegen bezieht sich auf den Standpunkt, der bei der Kommunikation vermittelt wird. Ein klassisches Beispiel ist die Geschichte des Pessimisten und des Optimisten: Auf dem Tisch steht ein Ein-Liter-Krug, in dem sich ein halber Liter Wasser befindet. Der Pessimist sagt: "Der Krug ist halb leer", während der Optimist feststellt: "Der Krug ist halb voll". In beiden Fällen ist die kommunizierte Information die selbe, der kommunizierte Standpunkt jedoch beeinflusst in hohem Maße die Rezeption durch den Empfänger der Botschaft.

Wortgeschichte

Lateinisch propagare heißt ursprünglich "verbreiten, ausdehnen; fortpflanzen". Als Verb pfropfen (bei der Pflanzenveredelung) wurde der Begriff in der Botanik schon früh ins Deutsche entlehnt.

Mit dem Gerundivum dieses Verbs wurde von Papst Gregor XV. im Jahre 1622 eine kirchliche Kongregation namens Sancta congregatio de propaganda fide geschaffen, also die jesuitische "Heilige Gesellschaft zur Verbreitung des Glaubens", deren Zweck es war, die Missionierung und Verbreitung des katholischen Christentums zu fördern. Von dieser Organisation aus wurde der Ausdruck Propaganda in die meisten Sprachen übernommen.

Politische Propaganda

Biblische Zeit

In der Darstellung der christlich geprägten Sekundärliteratur der hebräischen Bibel (Original) können die meisten Geschichten des alten Testaments auch als Propaganda interpretiert werden. Sie vereinen alles, was wirkungsvolle Propaganda ausmacht: Rechtfertigung (Legitimierung) widersprüchlicher Handlungen und Aktionen durch das Argument, dass der Wille des Menschen sich zum Guten oder Bösen zu verhalten frei sei, und Gottes Wege, seine Belohnungen und Strafen etwa, nicht alle klar zu erkennen sind, mit dem Ziel, Herrschaftsansprüche zu stärken und das "Volk Gottes" als den anderen Völkern gegenüber darzustellen.

Die hebräische Bibel, als prinzipielle vorgeschichtliche Erzählung der ausgehenden nahöstlichen Bronzezeit, berichtet von einer Zeit, die 2 bis 1,5 Jahrtausende vor der Zeitrechnung (V. d. Z. V. d. Chr.) liegt und wird zwischen 600 bis 100 v. d. Z. redaktionell fixiert. Als Geschichte der bronze- und eisenzeitlichen jüdischen Sieger in Kanaan, als dem gelobtem Land, enthält jedoch schon die jüdische Heilige Schrift, z. B. im Chumasch, genügend Erzählungen, Mythen und Legenden um den Aspekt der Propaganda auf die in christlicher Weise tradierte Kultur der eigen-propagandistisch ausgelegten hebräischen Bibel zu spiegeln. Die jüdische hebräisch-aramäische Heilige Schrift kündet von einem Volk ehemaliger Sklaven, das zu einem Volk erst wird und oft gegen die Gebote des Namens verstösst. Es wird von einem halsstarrigen Volk berichtet. Das Volk Israel tut andere unrühmliche Dinge und ein grosser Teil verlässt Zeitweise sogar den monotheistischen Glauben und schliesst sich unter ihrem König einem Götzenkult des Baal (siehe: Belzebub) an, usw.

Beachtet werden muss, dass ein jüdisches historisch-kritisches Verständnis der Bibel (=Tora, Tanach) ein anderes ist, und es im Lichte der Entwicklung der Nation, des Volkes Israel sieht. Gleichfalls wird auch darauf hingewiesen, dass keine kritischen oder politisch-propagandistisch unerwünschten Erzählungen über das Volk Israel ausgelassen werden und die Bibel Menschlichkeit, Menschenwürde (auch gegenüber Sklaven, Armen, Schutzbefohlenen), Umweltschutz, Schutz vor der sozialen und gesellschaftlichen Degradierung, Gerechtigkeit und Mitgefühl transportiert, immer im Sinne einer Propaganda für das Volk Israel gesehen, das gehalten ist, sich ethisch und nächstenliebend zu verhalten und sich gegen andere Völker abgrenzt. Insbesondere sind es wohl die mehr als 3 Jahrtausende der Verfolgung, erst unter biblischen Völkern, wie den Ägyptern, Assyrern und Babyloniern, dann unter den Griechen und Römern, und dann 2000 Jahre christliche Verfolgung bis zur Schoa, die das Volk Israel sich über die gesamte Erde verteilen ließen, mit beträchtlichem Anteil an der Kultur.

Das rabbinische Judentum legt die Bibel in der Hauptsache liberal und menschenrechtlich aus, missioniert nicht und betreibt eine Kultur-Propaganda, die darauf zielt, Juden die Kultur und den Reichtum der Tradition zu lehren.

Antike

In der Griechischen Antike beschränkte sich die innenpolitische Propaganda auf die persönliche Überzeugung Andersdenkender, vor allem in Volksversammlungen (vgl. Agora, öffentliche Meinung). Außenpolitisch trugen Autoren wie Demosthenes, der antike Großmeister der Rhetorik aus Athen, wesentlich zur Bildung von Feindbildern und Legitimierung kriegerischer Aktionen und zur Erhöhung der eigenen Nation bei.

Die Ausdehnung des Römischen Reiches hingegen war nur mit der Unterstützung durch intensive Propagandaarbeit möglich. Eroberungsfeldzüge oder Putsche mussten legitimiert und finanziert werden. Ein Meister dieses Fachs war Julius Caesar. In De bello Gallico rechtfertigte er sich als Feldherr und kommender Staatsmann, schrieb eine (nachträgliche) Rechtfertigung für seine aufwendigen Feldzüge gegen die gallischen Stammesvölker und ebnete dadurch den Weg für die Erfüllung seiner weiteren Ambitionen. Auch die Catilinares Ciceros (Reden gegen Catilina) und seine Anklage gegen Verres (Divinatio in Caecilium, Orationes in Verrem) waren propagandistische Meisterstücke.

Nachbiblische Zeitenwende

Die Nachfolge des Untergegangenen römisch-griechischen Herrschaftsraumes durch die gerade entstehenden christlichen Kirchen, konnte nur durch politische Einflussnahme, christliche Kriege und christliche Propaganda geschehen. Die Zeit nach der Zerstörung des zweiten jerusalemer jüdischen Tempels durch die römische Besatzung um 70 und die Kreuzigung von 10000 Juden entlang den Straßen von Philistia (=Palästina) durch die Römer und die nachfolgende Zerstreuung (Diaspora) der Juden aus Palästina hatte die Positionierung des Urchristentums weg vom Judentum hin zum Christentum zur Folge, mit der Übernahme religiöser Konzepte des griechisch-römischen Kulturraumes, wie die Halbgottheit Jesu, Menschenopfer Jesu, Tod und Auferstehung Jesu, Mehrgottheit in der so genannten monotheistischen Dreieinigkeit, Anbetung von Statuen und gestaltlichen Kunstwerken (Kruzifix und Opferdarbringung vor diesen mit Kerzen). Dies geschah einerseits, um den antijüdischen Bestrebungen des römischen Kulturraumes zu entkommen und andererseits, um besser und leichter mit neuen religiösen Konzepten unter den Bürgern des römisch-griechischen Kulturraumes missionieren zu können. Da das Christentum eine missionierende Religion ist, war und bleibt sie essentiell auf ihre christliche Propaganda angewiesen, wenngleich in heutiger Zeit die Repressionen, Menschenrechtsverletzungen und Zwangstaufen etwa, an Bedeutung im Sinne der Begleitung und Erfüllung der Propaganda abgenommen haben.

Mittelalter

Mittelalterliche Herrscher befehligten Chronisten, die ihre Taten und Handlungen positiv darstellen und ihren kriegerischen Aktionen einen legitimen Anspruch verleihen sollten. Religiöse Propaganda waren auch die vielen Lebensläufe und Erzählungen christlicher Heiliger, insbesondere beginnend mit der des Heiligen Martins. Christliche Propaganda leitete seit der Zeit der ersten Jahrhunderte nach der Zeitenwende im so genannten christlichen Kulturraum die Versklavung, Tötung, Pogrome und Folterung, Zwangstaufen oder Zwangsbekehrungen unzähliger Menschen anderer Ethnien, Hautfarben oder Glauben ein. Ist die christliche Religionsgemeinschaft nach Zahl der Gläubigen die Stärkste weltweit, so sind die Opfer der christlichen Propaganda nach Zahl und Grausamkeit die Stärksten der Welt - keine andere Kultur als die christliche hat dermaßen viel Leid verursacht. So hatte Papst Stephan III. († 772) die Langobarden in einem Brief an die Frankenkönige als "eine treulose und stinkende Nation" denunziert, "die nicht einmal zu den Nationen gerechnet wird und von der gewiss die Aussätzigen ihren Ursprung haben". In der Tat unterwarf Karl der Große, dann schon Alleinherrscher des Fränkischen Reiches, die "aussätzigen" Langobarden im Jahr 774 und machte sich selbst zu deren König.

Neuzeit

Der Club de la propagande, eine Geheimgesellschaft der Jakobiner im Frankreich des 18. Jahrhunderts, wollte die Verbreitung revolutionärer Ideen fördern. Im 19. Jahrhundert wurde der Begriff erstmals mit der Bedeutung (oder gar als Synonym) von Werbung eingesetzt, die er teilweise bis in die erste Hälfte des 20. Jahrhunderts beibehielt. Carlo Pisacane hingegen forderte den Terrorismus als Propaganda der Tat.

Im engeren, umgangssprachlich häufig gebräuchlichen Sinn steht Propaganda in der Folge zunehmend aber auch für absichtlich falsche oder irreführende Information, die einem politischen Zweck oder dem Interesse des Machterwerbs bzw.seiner -erhaltung dient.

Antijüdische Propaganda des nationalsozialistischen und faschistischen Europa, insbesondere Deutschlands, löst das grauenhafteste Verbrechen von Menschen an Menschen aller Zeiten, die Schoa aus. Etwa 6 Millionen Juden und dazu noch Millionen andere menschliche Opfer werden von den Nazis und deren Helfer industriell und systematisch gemordet.

Agitprop

Im Machtbereich der Sowjetunion wurde (mit Lenin) als Propaganda die allgemeine Überzeugungsarbeit von Kommunisten bezeichnet, im Unterschied zur Agitation, die spezielle Ziele verfolgt (vgl. Agitprop). Propagandisten versuchen, die Sichtweise von Menschen zu einem bestimmten Thema so zu verändern, dass es den Zielen der Propagandisten hilfreich ist. Lenin definierte Propaganda als "die revolutionäre Beleuchtung der gesamten gegenwärtigen Gesellschaftsordnung oder ihrer Teilerscheinungen ..., unabhängig davon, ob das in einer Form geschieht, die dem einzelnen oder der breiten Masse zugänglich ist." [1]

"Moderne" Propaganda

Der Ursprung der modernen Propaganda liegt in Amerika und Großbritannien zur Zeit des Ersten Weltkriegs. In den USA wurde 1916, während der Amtszeit von Woodrow Wilson, die Creel-Kommission ins Leben gerufen, die unter Beteiligung von John Dewey, Walter Lippmann und des neugegründeten britischen Propagandaministeriums die Aufgabe hatte, das pazifistisch gestimmte amerikanische Volk gegen das Deutsche Reich zu mobilisieren. Dies wurde ein großer Erfolg. Lippmann verfasste später eine Demokratie-Theorie, die besagt, dass das Volk im Wesentlichen aus zwei Klassen bestehe: Einerseits aus der Klasse der Spezialisten, die aktiv mit den Angelegenheiten der Allgemeinheit betraut sind und die Entscheidungen treffen, andererseits aus der großen Mehrheit, die mangels eigenen Wissens zur Unterstützung der "vernünftigen" Entscheidungen der Spezialisten gebracht werden müsse.

Untersucht wurde die Weltkriegspropaganda im wissenschaftlich-soziologischen Kontext einer allgemeinen Theorie der öffentlichen Meinung erstmals und grundlegend in der "Kritik der öffentlichen Meinung" von Ferdinand Tönnies (1922, ²2003). 1922 fand der Ausdruck Propaganda Eingang in die Encyclopædia Britannica.

Basierend auf der Einschätzung, das Deutsche Reich wäre im Ersten Weltkrieg nicht aufgrund militärischer Unterlegenheit, sondern durch den "Verrat der Heimatfront" (siehe auch: Dolchstoßlegende) besiegt worden, haben die Nationalsozialisten extreme propagandistische Aktivität entfaltet und sie unter Joseph Goebbels zu einer verhängnisvollen Perfektion gebracht. Im Deutschen hat so das Wort "Propaganda" durch den "Reichsminister für Volksaufklärung und Propaganda" Goebbels eine hauptsächlich negative Bedeutung erlangt.

Das Standardwerk der Nachkriegspropaganda ist "Propaganda" des Amerikaners Edward Bernays, der schon Mitglied der Creel-Kommission war.

Subtile Formen

In einem noch engeren, weniger gebräuchlichen aber legitimen Sinn steht der Begriff Propaganda für ständige beruhigende Versicherungen, die mögliche Zweifel an einer bereits vorhandenen Überzeugung zerstreuen sollen. Zweifel sind in der Regel unangenehm, und so sind zweifelnde Menschen sehr empfänglich für diese Art von Propaganda und sie wird auch gezielt an diese Menschen gerichtet.

Techniken zur Erzeugung von Propaganda

Was Propaganda von anderen Formen des Eintretens für eine Sache unterscheidet, sind die Prinzipien der Überredung (lat. Persuasion) und/oder Täuschung von Menschen anstelle von rational einsichtiger Überzeugung.

Im Einzelnen:

Überredung

  • Insistierende Wiederholung, deren Wiederholung nahe legen soll, am Ende sei doch etwas an der Sache dran.
  • Überredung durch Auseinandersetzungen vermeintlicher Gegner in der Öffentlichkeit. Durch die Formel These - Antithese - Synthese kann die Öffentlichkeit zu einer vermeintlichen Kompromißformel gezogen werden, der sie ansich nie zugestimmt hätte.

Täuschung

Anderes

  • Unterstützung durch Prominenz oder durch Angehörige geeignet erscheinender Berufsgruppen
  • Aufrufe, sich der Mehrheit anzuschließen, weil die zu den Gewinnern gehören wird ("Jeder macht mit", "Wir machen mit", "Der Sieg ist nah")
  • Fatalisierung: Pathetische Aussagen, die Naturgegebenheit, Unabwendbarkeit und Richtigkeit von Maßnahmen suggerieren ("Der Euro kommt" statt "Der Euro wird eingeführt")
  • Überhöhung: Pathetische Appelle an Vaterland, Freiheit, Frieden, Demokratie, Menschenrechte, Gott, Ehre, Ruhm usw. und Verbindung von Personen oder Themen mit solchen positiv besetzen Wörtern ("Gott ist auf unserer Seite" von George W. Bush)
  • Starke Vereinfachungen von komplexen Themen. Ein Mittel dazu sind Begriffe, die zwei Aspekte eines Themas beinhalten, und damit die getrennte Diskussion derselben erschweren (Ausländerkriminalität)
  • Umgekehrt starke Verkomplizierung von einfachen Zusammenhängen. Seitenweise Ausführungen über eine trivial falsifizierbare Aussage erwecken den Eindruck, sie sei wahr oder zumindest als Alternative in Erwägung zu ziehen. Die grundsätzliche Fehlannahme in der Masse an Text zu erkennen ist dabei für Nicht-Experten schwer bis unmöglich. Beispiel: Sehr oft benutzt, um Pseudowissenschaften als wissenschaftlich bzw. als Alternative zu wissenschaftlichen Theorien erscheinen zu lassen.
  • Verweis auf zweifelhafte Statistiken und Umfrageergebnisse als Beleg für die eigene Behauptung
  • Synthese neuer Phantasiewörter, um Vorurteile zu erzeugen. Beispiele: internationales Finanzjudentum, Islamo-Faschismus, Hassprediger.
  • Vage oder mehrdeutige Aussagen (Erzeugung von Zweifeln bzw. Assoziationen)
  • Schuldzuweisungen, Präsentation von Sündenböcken, Angriff auf die Persönlichkeit der Gegner.
  • Negative Darstellung der Gegner als extreme Minderheit ("Nur einige Sekten, Splittergruppen sind dagegen").
  • Die Behauptung, es sei der Wille des "einfachen Mannes auf der Straße" - aber auch: Diskreditierung missliebiger Aussagen als Meinung "von jemandem der keine Ahnung" oder gar verkürzt "Stammtischniveau" oder "laienhaft"
  • Erzeugung von Vorurteilen - aber auch: Diskreditierung missliebiger Urteile als Vorurteil

Sonderfall Gräuelpropaganda

Gräuelpropaganda ist eine besonders perfide und hetzerische Form der Propaganda. Hier wird der Feind schwerster Verbrechen und grausamer Bluttaten bezichtigt, indem reale Vorfälle stark übertrieben und verallgemeinert dargestellt werden oder Ereignisse völlig frei erfunden werden. Oft werden auch eigene Verbrechen im nachhinein dem Feind zugeschrieben. Gräuelpropaganda war zu allen Zeiten üblich, etwa zur Kriegsvorbereitung oder um den Durchhaltewillen des eigenen Volkes z.B. durch Angst zu steigern.


Einen ersten zweifelhaften Höhepunkt erlebte die Gräuelpropaganda im Ersten Weltkrieg, als Franzosen und Deutsche sich gegenseitig blutigste Verbrechen vorwarfen, z. B. das Abhacken der Hände an gefangenen Gegnern und Zivilisten - ein häufig gebrauchtes Motiv in illustrierten Blättern und auf Propagandapostkarten der Kriegszeit. Solche und ähnliche Vorwürfe waren aber in der Regel frei erfunden oder maßlos übertrieben dargestellt.

Perfektioniert wurde die Gräuelpropaganda im Zweiten Weltkrieg, sowohl durch die Nationalsozialisten, als auch durch die Sowjets. Ein unrühmliches Kapitel war die nationalsozialistische, antisemitische Gräuelpropaganda, welche Juden (oder wahlweise "jüdische Bolschewisten"), aber auch die Slawen allgemein zu hinterhältigen, verschlagenen, geldgierigen, grausamen usw. Untermenschen deklassierte. Mit diesem Grundton wurde das 1940 von den Sowjets verübte Massaker von Katyn an gefangenen polnischen Offizieren von Goebbels propagandistisch ausgeschlachtet. Gleichzeitig (und noch lange nach Kriegsende) wurden die Ereignisse von Katyn von sowjetischer Seite den deutschen Truppen zugeschrieben.

Der Begriff der Gräuelpropaganda wurde von den Nationalsozialisten gleichzeitig zur Bezeichnung angeblicher Propagandalügen der Kriegsgegner verwendet, indem etwa englische Berichte über deutsche Judenverfolgungen mit diesem Begriff belegt wurden.

Von besonderer Wirkung kann die Gräuelpropaganda dann sein, wenn sie teilweise auf Wahrheit beruhte, wie im Fall des Kaufman-Plans.

Medien und Kanäle der Propagandaverbreitung

Gebräuchliche Methoden, um Propaganda auszustreuen, sind Nachrichten, Regierungserklärungen, politische Kolumnen und Kommentare; oft durch Beeinflussung der Lehrpläne von Schulen (hier oft als Umschreibungen der Geschichte oder pseudowissenschaftliche Aussagen). Auch die Schleichwerbung in redaktionellen Beiträgen verschiedener Art (Presse, Fernsehen, im Spielfilm usw.) ist zu nennen. Durch die modernen Massenmedien (Radio, Film, Fernsehen und Internet) kann die Propaganda schnell verbreitet werden.

Eine historische Technik der Propagandaverbreitung ist die Lithographie. Mit dem Steindruck ließen sich Flugblätter mit Karikatur und Spottvers schon für die Französische Revolution schnell herstellen. Nach der Oktoberrevolution entwarfen russische Avantgarde-Künstler Plakate, so genannte Rosta-Fenster, zur massenhaften Verbreitung neuester Nachrichten und politischer Karikaturen.

Propaganda als Bild

Nicht nur durch Sprache, auch mit Bildern (Film, Fernsehen, Fotografien, Kunstwerke) kann Propaganda verbreitet werden. Diese ist schwerer zu durchschauen, und dadurch um so verbreiteter. Einige Lebensstile, Weltanschauungen oder Haltungen werden z.B. wie selbstverständlich als erstrebenswert dargestellt, andere betont negativ. Oft wurde das Bild einer Heilen Welt und eines aufopferungsvollen Führers (Nationalsozialismus, Stalinismus, Maoismus, Nordkorea) in den Massenmedien und auf Standbildern verbreitet. Gegner wurden dämonisiert und entmenschlicht dargestellt. Typisches Beispiel sind die Bilder, die Lenin und Stalin bei Reden während der Revolutionszeit zeigen, aus denen Trotzki und andere mißliebige Politiker herausretuschiert wurden.

Ein harmloseres Beispiel sind Politiker, die sich mit Kindern auf dem Arm ablichten lassen, eine solche Inszenierung dient ebenso wie bei Schauspielern, die sich vorzugsweise lächelnd fotografieren lassen, der Sympathie-Bildung. Ähnlich funktioniert Werbung mit Kindern oder Tieren, die an das Kindchenschema appellieren. Der Betrachter soll der dargestellten Person oder dem Produkt gegenüber positive Gefühle entwickeln. Es kommen z.B. auch warme oder kalte Farben zum Einsatz, die Stimmungen erzeugen, auch die Musik spielt etwa in der Fernsehwerbung eine wichtige Rolle. Diese Art von Beeinflussung findet nicht auf einer rationalen Ebene statt, sondern über das Unterbewusstsein, Gefühle und Instinkte.

In der Kunst stellen z.B. die Montagen von John Heartfield oder Klaus Staeck, oder auch Bilder von George Grosz eine Form von Propaganda dar, indem sie zu gesellschaftlichen Fragen entschieden Position beziehen.

Medienpräsenz

Propaganda kann aber auch allein schon durch Medienpräsenz stattfinden, berichten etwa die Medien nicht, oder nur sehr knapp über ein Geschehen, hat es in der Realität vieler nicht stattgefunden. Medien vermitteln Bedeutung und Relevanz und tragen Verantwortung, weshalb die Ethik bei Journalisten häufig diskutiert wird, und Schülern Medienkompetenz vermittelt werden soll.

Medienkonzerne und Medienmogule vermögen mittels tendenziöser Berichterstattung auf das politische Geschehen Einfluss zu nehmen, Lobbyisten und Thinktanks steuern gesellschaftliche Diskurse in erwünschte Richtungen (z.B. die sogenannte Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft).

Noam Chomsky und Edward S. Herman haben die Mechanismen dezentraler Propaganda in modernen kapitalistischen Gesellschaften in ihrem Propagandamodell beschrieben.

Dem entgegen steht das Medium des Internet, das einen ungesteuerteren Fluss an Informationen zulässt, deren Wahrheitsgehalt so aber auch zweifelhafter wird.

Verwandte Themen

Verwandte Artikel

Medientheorie, Manipulation, Geschichte der Zensur, NS-Propaganda, Propagandafilm, Hufeisenplan, Jessica Lynch, Nayirah, Spin Doctor, Wag the Dog, Embedded Journalist, Thinktank, SourceWatch, Kriegspropaganda, Werbung

Literatur

  • Arnold, Klaus: Propaganda als ideologische Kommunikation. In: Publizistik, 48. Jg. (2003), Heft 1, S. 63-82.
  • Artus, Helmut M. (Bearb.): Krieg und Propaganda. Ein Überblick über aktuelle sozialwissenschaftliche Forschung und Literatur. Gesellschaft im Fokus der Sozialwissenschaften, 2003. (PDF-E-Book, Download hier)
  • Beck, Sven O.: Propagandakrieg: Kriegsberichterstattung, moderne Feindbilder und öffentliche Meinung. Universität der Bundeswehr, 1997. (Seminararbeit als PDF-E-Book, Download hier)
  • Bussemer, Thymian: Propaganda. Konzepte und Theorien, Wiesbaden: Verlag f. Sozialwissenschaft, 2005 (ISBN 3-8100-4201-3).
  • Ellul, Jacques: Propaganda, London: Vintage 1973 (ISBN 0-39471-874-7). (Gilt als Standardwerk - 1. Auflage 1965)
  • Hartwig, Stefan: Konflikt und Kommunikation. Berichterstattung, Medienarbeit und Propaganda in internationalen Konflikten vom Krimkrieg bis zum Kosovo. Münster 2003. (ISBN 3825845133)
  • Hruza, Karel (Hrsg.): Propaganda, Kommunikation und Öffentlichkeit (11.–16. Jahrhundert). Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, 2002. -ISBN 3-7001-3101-1 (Webdokument dazu)
  • Jackall, Robert (Hrsg.): Propaganda, London: Macmillan Press 1995 (ISBN 0-333-61757-6).
  • Krempl, Stefan: Krieg und Internet: Ausweg aus der Propaganda?. Hannover: Verlag Heinz Heise (dpunkt), 2003. - ISBN 3-93693-109-7 (Spindoktor.de - Buch zum Blog)
  • Taleb, B. A.: The Bewildered Herd: Media Coverage of International Conflicts & Public Opinion. 2004 (ISBN 0595326862)
  • Weber, Gregor/Zimmermann, Martin (Hrsg.): Propaganda – Selbstdarstellung – Repräsentation im römischen Kaiserreich des 1. Jhs. n. Chr. Stuttgart: Steiner 2003 (Historia Einzelschrift 164). - 355 S., 69 Abb. EUR 92. - ISBN 3-515-08251-4 (Rezension hierzu)