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Galileo Galilei

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Galileo Galilei

Galileo Galilei (* 15. Februar 1564 in Pisa; † 8. Januar 1642 in Arcetri) war ein italienischer Philosoph, Mathematiker, Physiker und Astronom.

Leben und Werk

Herkunft und Lehrjahre

Galileis stammte aus einer adeligen, aber nicht reichen Familie (italienischer Adel ist nicht am Namen kenntlich). Sein Familienzweig hatte den Namen eines bedeutenden Vorfahren angenommen, des Arztes Galileo Bonaiuti (15. Jh.). Galileis Vater Vincenzo war Musiker und Musiktheoretiker und hatte als solcher mathematische Kenntnisse und Interessen; er untersuchte den Zusammenhang zwischen Saitenspannung und Tonhöhe und entdeckte dabei die vielleicht erste nichtlineare Beziehung der Physik.

Galileo Galilei wurde als Novize in einem Kloster erzogen und zeigte Neigung, in den Orden einzutreten, wurde aber vom Vater zum Medizin-Studium nach Pisa geschickt (1580). Nach vier Jahren brach er sein Studium ab und ging nach Florenz, um bei Ostilio Ricci, einem Gelehrten aus der Schule von Niccolò Tartaglia, Mathematik zu lernen. Er bestritt seinen Lebensunterhalt mit Privatunterricht, beschäftigte sich mit angewandter Mathematik, Mechanik und Hydraulik, und begann in den gebildeten Kreisen der Stadt mit Vorträgen und Manuskripten auf sich aufmerksam zu machen. Vor der Accademia Fiorentina glänzte er mit einem geometrisch-philologischen Referat über die Topographie von Dantes Hölle (Due lezioni all'Accademia fiorentina circa la figura, sito e grandezza dell'Inferno di Dante, 1588). 1585/86 veröffentlicht er erste Ergebnisse zur Schwere fester Körper (Theoremata circa centrum gravitatis solidorum) und löst ein antikes Problem (Heron) durch Konstruktion einer hydrostatischen Waage zur Bestimmung des spezifischen Gewichts (La bilancetta).

Professor in Pisa, 1589-1592

Im Jahr 1589 erhält er einen Lehrstuhl für Mathematik an der Universität Pisa. Das Salär reicht kaum zum Überleben; dennoch gelang es Galilei vorzügliche Instrumente zu bauen. Er untersuchte die Pendelbewegung und fand, dass die Periodendauer nicht von der Auslenkung abhängt, was zur Grundlage für die Entwicklung von Pendeluhren wurde. Er führte die schiefe Ebene als Versuchsanordnung ein und fand, dass Kugeln aus unterschiedlichem Material gleiche Beschleunigung erfahren. Die vielzitierten Fallversuche vom Schiefen Turm sind dagegen nicht belegt und physikhistorisch unplausibel.

Professor in Padua, 1592-1610

1591 starb sein Vater; Galilei musste für seine Mutter, für drei jüngere Geschwister und für die Mitgift seiner älteren Schwester sorgen. Dank guter Beziehungen wurde er 1592 auf den wesentlich besser dotierten Lehrstuhl für Mathematik in Padua berufen, auf den sich auch Giordano Bruno Hoffnungen gemacht hatte. In Padua, das zur reichen und liberalen Republik Venedig gehörte, blieb Galilei 18 Jahre lang. Neben seinen akademischen Vorlesungen erteilte er vornehmen Schülern Privatunterricht, darunter zwei späteren Kardinälen.

Die (heute nach Kepler benannte) Supernova von 1604 veranlasste ihn zu drei öffentlichen Vorträgen, in den er die Aristotelische Astronomie und Naturphilosophie angriff. Aus der fehlenden Parallaxe schloss Galilei, dass der neue Stern weit von der Erde entfernt sein müsse, sich also in der Fixsternsphäre befinde, die nach herrschender Lehre für unveränderlich gehalten wurde.

1609 erfuhr Galilei von dem kurz zuvor in Holland entdeckten Teleskop. Er kennen. Er baute aus käuflichen Linsen ein Gerät mit ungefähr vierfacher Vergrößerung, lernte dann selbst Linsen zu schleifen, und erreichte bis bald eine 8- bis 9-fache, in späteren Jahren eine bis zu 33-fache Vergrößerung. Galilei führte sein Instrument, dessen militärischer Nutzen auf der Hand lag, dem Venetianischen Senat vor, machte tiefen Eindruck, und überließ dem Senat gegen eine beträchtliche Gehaltserhöhung das völlig illusorische alleinige Recht zur Herstellung solcher Instrumente. Entgegen der Darstellung in Brechts Drama hat Galilei die Grundidee des Teleskops wohl nicht als seine eigene Erfindung ausgegeben; eine Gehaltskürzung (-suspension ??) im folgenden Jahr deutet aber an, dass sich der Senat durchaus hinters Licht geführt fühlte.

Als einer der ersten Menschen nutzte Galilei ein Teleskop zur Himmelsbeobachtung. Er entdeckte die vier größten Monde des Jupiter, die er, in Vorbereitung seines Wechsels an den Medici-Hof, die Mediceischen Gestirne nannte und die heute als die Galileischen Monde bezeichnet werden. Aus der Bedeckung von Sternen durch den Mond schloss er, dass dieser keine perfekte Kugel ist, sondern Berge hat. Er beobachtete, dass die Milchstraße aus einzelnen Sternen besteht. Diese Entdeckungen, veröffentlicht im Sidereus Nuncius (Sternenbote) von 1610, machten Galilei auf einen Schlag berühmt.

Hofmathematiker in Florenz, ab 1610

1610 ernannte der Großherzog der Toskana, Cosimo II., Galilei zum Hofmathematiker und -philosophen und zum Mathematikprofessor in Pisa ohne jede Lehrverpflichtung: er bekam volle Freiheit, sich ganz der Forschung zu widmen.

Spätestens bei der Umsiedlung nach Florenz trennte sich Galilei von Marina Gamba, seiner Haushälterin, mit der er drei Kinder hatte: Virginia (Ordensname Maria Celeste, 1600-1634), Livia (Ordensname Arcangela, 1601-1659) und Vicenzo (1606-[?]). Mit Hilfe eines Bewunderes, des Kardinals Maffeo Barberini (später Papst Urban VIII.), brachte Galilei seine Töchter vor Erreichen des Mindestalters in einem Kloster unter.

Im Jahr 1611 besuchte Galilei Rom, wurde für seine Entdeckungen hoch geehrt und zum sechsten Mitglied der Accademia dei Lincei ernannt; diese Ehre war ihm so wichtig, dass er sich fortan Galileo Galilei Linceo nannte.

1610 konvertierte Galilei das Teleskop erstmals in ein Mikroskop; die Mikroskopie blieb für ihn aber eine Beschäftigung niedriger Priorität. Er setzte seine astronomischen Beobachtungen fort und fand, dass auch der Planet Venus Phasen wie der Mond hat. Er war der erste Europäer, der über Sonnenflecken berichtete; es gibt Hinweise, dass chinesische Astronomen sie schon vorher beobachtet hatten. Drei Kometen, die im Jahr 1618 erschienen, interpretierte Galilei irrig als erdnahe optische Effekte.

Im März 1614 gelingt es Galilei, das Gewicht der Luft als ein 660stel des Gewichts des Wassers zu bestimmen; herrschende Meinung war gewesen, dass Luft kein Gewicht hat.

Für Galilei war es offensichtlich, dass seine astronomischen Beobachtungen das heliozentrische Weltbild des Kopernikus stützten, aber keinen zwingenden Beweis lieferten: sämtliche Beobachtungen waren aber auch mit dem Modell des Tycho Brahe kompatibel, in dem sich Sonne und Mond um die Erde, die übrigen Planeten aber um die Sonne drehen. Tatsächlich gelang es erst James Bradley im Jahr 1729 mit der stellaren Aberration die Eigenbewegung der Erde gegenüber der Fixsternsphäre zu beweisen. Galilei hielt sich bei der Interpretation seiner astronomischen Beobachtungen zunächst zurück. Gegen das Kopernikanische System sprachen Bibelstellen, aus denen auf eine Eigenbewegung geschlossen werden musste (am wichtigsten die Stelle, in der Josua der Sonne befiehlt, stillzustehen [Jos. 10, 12]).

Kontroverse Diskussionen am Florentiner Hof veranlassten Galilei dann doch, zu erklären, dass eine mit dem Kopernikanischen System verträgliche Bibelauslegung möglich sei (Brief an Benedetto Castelli, 21.12.1613 Originaltext; Brief an die Großherzogin-Mutter Christine von Lothringen, 1615 Originaltext).

Wissenschaftliche Errungenschaften

Seine experimentelle Arbeit der Dynamik ebnete den Weg für Keplers und Newtons Bewegungsgesetze. Ihm wird oft zugeschrieben, dass er einer der ersten Wissenschaftler war, der konsequent Experimente durchführte und der auf einer mathematischen Beschreibung der Naturgesetze bestand. Seine Untersuchungen an Bällen, die eine schiefe Ebene hinabrollten, überzeugten ihn davon, dass fallende Objekte unabhängig von ihrer Masse beschleunigt werden und dass Objekte ihre Geschwindigkeit solange beibehalten, bis eine Kraft auf sie einwirkt. (siehe auch: Fallgesetz) Zudem geht auf Galilei das Relativitätsprinzip zurück, nach dem die physikalischen Gesetze von der Geschwindigkeit des Beobachters unabhängig sind.

Galilei schrieb mehrere umfangreiche Bücher, die zumindest außerhalb Italiens weite Verbreitung fanden, obwohl mehrere von Galileis Erfindungen heute nur in seinen Aufzeichnungen und Skizzen erhalten sind. Er zeichnete unter anderem Skizzen von Geräten wie einer Kombination aus Kerze und Spiegel, um damit das Licht durchs ganze Haus leiten zu können, einen automatischen Tomatenpflücker, einen Taschenkamm, der auch als Besteck verwendet werden konnte und eine Art Vorläufer des Kugelschreibers.


Streit mit der Kirche

Galilei war frommer Katholik, doch seine Schriften über das Kopernikanische Weltbild, in dem die Erde um die Sonne kreist, störten die Kirche. Die Kirche, wie fast jeder, hielt am geozentrischen Weltbild von Ptolemäus und Aristoteles fest, bei dem die Erde den Mittelpunkt des Weltalls bildete. In den Augen der damaligen Geistlichkeit stand jede andere Sichtweise im Widerspruch zur Heiligen Schrift.

Obwohl Galilei immer wieder darauf bestand, dass seine Arbeiten auf diesem Gebiet rein theoretisch wären, obwohl er sich strikt ans kirchliche Protokoll für die Veröffentlichung von Arbeiten hielt (was eine Vorabbegutachtung durch kirchliche Zensoren und kirchliche Erlaubnis vorsah) und trotz seiner engen Freundschaft mit Maffeo Barberini, der später Papst Urban VIII. wurde und während des Verfahrens gegen ihn den Vorsitz führte, wurde Galilei mehrfach gezwungen, seine Ansichten zu widerrufen und wurde unter lebenslangen Hausarrest gestellt (1633-1642).

Die Inquisition hatte Gesuche Galileis abgelehnt, das Verfahren wegen seiner angegriffenen Gesundheit zu vertagen oder zu verlegen. Bei einem Treffen unter Vorsitz von Papst Urban VIII. beschloss die Inquisition, Galilei davon in Kenntnis zu setzen, dass er entweder nach Rom kommen müsse oder dass er verhaftet und in Ketten vorgeführt würde. Nach 2 Wochen in Quarantäne wurde Galilei auf Wunsch des einflussreichen Großherzogs Ferdinand II de Medici in die komfortable Residenz des toskanischen Botschafters verbracht. Im April 1633 wurde er offiziell von der Inquisition verhört. Er wurde nicht in einem Kerker einsperrt, blieb jedoch für 22 Tage in einer Wohnung des Gebäudes der Inquisition.

Am 22. Juni 1633 begann die römische Inquisition das Verfahren gegen Galilei, der damals 69 Jahre alt war und um Gnade wegen seines "bedauernswerten physischen Zustands" bat. Durch Androhung von Folter, Einkerkerung und Tod auf dem Scheiterhaufen wurde Galilei in dem Schauprozess gezwungen, seiner Arbeit "abzuschwören, zu verfluchen und verabscheuen" und zu versprechen, andere zu denunzieren, die weiter an seinem früheren Standpunkt festhielten. Galilei tat alles, was die Kirche von ihm verlangte. Dass die Drohung von Folter und Tod Ernst zu nehmen war, hatte die Kirche in einem früheren Verfahren gegen Giordano Bruno bewiesen, der im Jahre 1600 wegen einer naturalistischeren Sichtweise des Universums auf dem Scheiterhaufen verbrannt wurde. Trotzdem hielt Galilei an seiner Überzeugung fest: Legenden zufolge soll er, als er den Gerichtssaal verließ, gemurmelt haben: "Tamensi movetur" (lat.: Und sie (die Erde) bewegt sich doch). Allerdings finden sich in zeitgenössischen Quellen keinerlei Hinweise auf die Authentizität dieses Ausspruchs.

Galilei wurde unter lebenslangen Hausarrest gestellt, die meiste Zeit davon (1634-1642) in seinen eigenen Villen in Arcetri und Florenz. Wegen eines schmerzhaften Leistenbruchs bat er um Erlaubnis, Ärzte in Florenz aufsuchen zu können. Sein Gesuch wurde abgelehnt mit der Warnung, dass weitere solche Anfragen zu seiner Einkerkerung führen würden. Im Arrest wurde er gezwungen, regelmäßig Bußpsalme aufzusagen, und seine sozialen Kontakte wurden stark eingeschränkt, aber es war ihm gestattet, mit seinen weniger kontroversen Forschungen fortzufahren und sie unter strengen Zensurauflagen auch zu veröffentlichen. 1638 erblindete er vollständig; sein Gnadengesuch auf Freilassung wurde abgelehnt, aber er durfte in sein Haus nach Florenz ziehen, wo er näher bei seinen Ärzten war. Sein Dialog wurde - bis 1822 - auf den kirchlichen Index gesetzt.

Am 31. Oktober 1992, 359 Jahre nach dem Prozess gegen Galilei, gab Papst Johannes Paul II. eine Entschuldigung heraus und hob das Urteil der Inquisition gegen Galilei auf. Zu Ehren des bedeutenden Wissenschaftlers trägt die Raumsonde Galileo, gebaut zur Erforschung des Planeten Jupiter, und das zukünftige Satellitennavigationssystem Galileo seinen Namen. Sein Wirken und seine Verantwortung wurden kontrovers diskutiert, unter anderem in Bertolt Brechts Leben des Galilei.

(Siehe auch Ostilio Ricci)

Schriften

  • Sidereus nuntius, 1610
    deutsch: Nachricht von neuen Sternen, Frankfurt a. M. 1965
  • Saggiatore (Prüfer mit der Goldwaage), 1623
  • Dialogo sopra i due massimi sistemi, Florenz 1632
    deutsch: Dialog über die beiden hauptsächlichen Weltsysteme, Leipzig 1891
  • Discorsi e dimostrazioni matematiche, Leiden 1638
    deutsch: Unterredung und mathematische Demonstration über zwei neue Wissenszweige die Mechanik und die Fallgesetze betreffend, Leipzig 1890
  • Schriften, Briefe, Dokumente (Hg. Anna Mudry), München 1987