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Wolf Biermann

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Wolf Biermann, Oktober 2003

Wolf Biermann (* 15. November 1936 in Hamburg) ist ein deutscher Liedermacher.

Leben

Sein Vater, ein Hamburger Werftarbeiter, der im kommunistischen Widerstand organisiert war, wurde 1943 im KZ Auschwitz als Jude ermordet. Er hatte Schiffe der Kriegsmarine sabotiert. Nach dem Zweiten Weltkrieg trat Wolf Biermann den Jungen Pionieren bei und vertrat 1950 die Bundesrepublik Deutschland beim 1. Deutschlandtreffen der FDJ in der DDR. Wolf Biermann war eines der wenigen Arbeiterkinder, die das Heinrich-Hertz-Gymnasium in Hamburg besuchten.

Nach seinem Schulabschluss 1953 siedelte er als Siebzehnjähriger auf Veranlassung von Margot Honecker, die ihn aus gemeinsamen Kindertagen kannte, in die DDR über. Bis 1955 lebte er in einem Internat bei Schwerin, dann begann er ein Studium der politischen Ökonomie an der Humboldt-Universität zu Berlin. Zwischen 1957 und 1959 war er als Regieassistent am Berliner Ensemble tätig. Bis 1963 studierte er Philosophie und Mathematik an der Humboldt-Universität.

1960 lernte Biermann Hanns Eisler kennen, der ihn maßgeblich prägte. Biermann begann, Gedichte und Lieder zu schreiben. 1961 gründete er das Ost-Berliner "Arbeiter- und Studententheater" (b.a.t.). Seine Inszenierung des Stückes "Berliner Brautgang", das vom Mauerbau handelt, wurde verboten, und noch vor der Premiere 1963 musste das Theater geschlossen werden. Über Biermann wurde ein befristetes Auftrittsverbot verhängt, das ein halbes Jahr währte. Seinen ersten Gastspielauftritt in der Bundesrepublik hatte Biermann 1964. 1965 erschien seine erste LP und der Lyrikband "Die Drahtharfe" (Westberliner Wagenbach Verlag) in der Bundesrepublik, im Dezember wurde er im Osten mit einem totalen Auftritts- und Publikationsverbot belegt. Weitere Veröffentlichungen in der Bundesrepublik folgten, die unter der Hand auch in der DDR verbreitet wurden. Im September 1976 konnte Biermann in Prenzlau in einer Kirche seit langem auch in der DDR wieder auftreten.

1976 beschloss das Politbüro der SED, Wolf Biermann entweder zu einer Ausreise nach Westdeutschland zu bewegen oder aber gegen seinen Willen auszubürgern. Als Vorwand diente schließlich ein Konzertauftritt Biermanns am 13. November 1976 in Köln bei einer Veranstaltung der IG Metall, in dem er die DDR kritisierte. Biermann wurde ausgebürgert und durfte nicht mehr in die DDR zurückkehren. Zur Begründung zitierten DDR-Medien eine DKP-Stellungnahme. Die Ausbürgerung Biermanns war ein einschneidendes und prägendes Erlebnis für die dissidente Szene der DDR. Gab es nach dem Machtantritt Erich Honeckers 1971 Hoffnung auf eine (leichte) gesellschaftliche Liberalisierung und (etwas) Meinungsfreiheit, wurden diese Hoffnungen durch das repressive Vorgehen 1976 wieder zerstört. Nicht wenige Dissidenten änderten ihre Haltung zur DDR nach der Ausbürgerung Biermanns von einer solidarischen Kritik hin zu radikaler Distanz zur DDR. Viele, auch sehr berühmte Personen in Ost und West, protestierten gegen Biermanns Ausbürgerung. Das gab jedoch der DDR-Führung nur wieder einen neuen Anlass für weitere Schikanen (die Unterschriftenlisten hatten sie ja jetzt in der Hand), was weitere Künstler aus der DDR vertrieb. 1977 kamen so auch Biermanns Ex-Freundin, die bekannte ostdeutsche Schauspielerin Eva-Maria Hagen, und ihre inzwischen nicht minder berühmte Tochter aus früherer Ehe Catherina (besser bekannt als Nina Hagen) in die Bundesrepublik Deutschland. Gerulf Pannach und Christian Kunert von der verbotenen Band Renft und der Schriftsteller Jürgen Fuchs wurden vom MfS noch im November 1976 verhaftet und nach 9 Monaten Haft und unter Androhung von langen Haftstrafen zur Ausreise gezwungen, ebenso die Schauspielerin Katharina Thalbach. Zahlreiche Proteste gab es auch im Westen, sogar in den Reihen SED-naher Kommunisten. In der DKP-Hochburg Marburg unterzeichneten mehrere Dutzend DKP-Mitglieder die Protesterklärung von Gernot Brehm, Markus Fußer, Hagen Kühn, Wolfgang Niclas, Helmuth Schütte, Günter Platzdasch, Andreas Rommelspacher u.a., die auch auf dem ersten Cover der Biermann-LP des Kölner Konzerts abgedruckt wurde.

Im Westen setzte Biermann seine Karriere fort. In seinen Liedern kritisiert er immer wieder die DDR und brach nach eigenem Eingeständnis mit seiner sozialistischen Überzeugung, obwohl er vorher stets dafür eingetreten war, wirklichen Sozialismus oder Kommunismus anstelle von Stalinismus aufzubauen. Für einen Besuch bei dem todkranken Robert Havemann erhielt Biermann im April 1982 unter Auflagen eine einmalige Genehmigung zur Einreise in die DDR.

Heute wohnt Biermann mit seiner Frau Pamela und seinen Kindern in Hamburg und Banyuls (Frankreich).

Auszeichnungen

Diskographie

  • Wolf Biermann zu Gast bei Wolfgang Neuss, 1965
  • Chausseestraße 131, 1968
  • Warte nicht auf beßre Zeiten, 1973
  • aah - ja!, 1974
  • Liebeslieder, 1975
  • Es gibt ein Leben vor dem Tod, 1976
  • Der Friedensclown, 1977
  • Das geht sein' sozialistischen Gang, 1977 (Doppel-CD mit Livekonzert vom 13. November 1976)
  • Trotz alledem!', 1978
  • Hälfte des Lebens, 1979
  • Eins in die Fresse, mein Herzblatt, 1980 (Live-Doppel-CD)
  • Wir müssen vor Hoffnung verrückt sein, 1982
  • Im Hamburger Federbett, 1983
  • Die Welt ist schön...*, 1985
  • Seelengeld, 1986 (Doppel-CD)
  • VEBiermann, 1988
  • Gut Kirschenessen * DDR - ca ira!, 1990
  • Nur wer sich ändert, 1991
  • Süsses Leben - Saures Leben, 1996
  • Brecht, Deine Nachgeborenen, 1999 (Live-Doppel-CD)
  • Paradies uff Erden - Ein Berliner Bilderbogen, 1999
  • Großer Gesang vom ausgerotteten jüdischen Volk, Lesung von Yitzak Katzenelson 2004 (Live-Doppel-CD)
  • Das ist die feinste Liebeskunst - Shakespeare-Sonette, 2005
  • Hänschen - klein ging allein..., 2005, Sonder-CD/Live-Mittschnitt eines Konzertes vom 05. Dezember 2004, im Verein Erkenntnis durch Erinnerung e. V. (Freier Träger der Gedenkstätte Bautzner Straße Dresden) bzw. der Stiftung Sächsische Gedenkstätten (nicht im Handel erhältlich)


(alle CDs ausschließlich erhältlich im Zweitausendeins-Versand)

Zitat

Kurz nachdem er aus der DDR ausgebürgert wurde, nach einem Konzert, sagte Biermann: "Jetzt bin ich vom Regen in die Jauche gekommen."