Verbund (Datentyp)
Ein Verbund (englisch object composition) ist ein Datentyp der aus einem oder mehreren Datentypen zusammengesetzt wurde. Die Komponenten eines Verbunds können wiederum Verbünde sein, wodurch auch komplexe Datenstrukturen definiert werden können.
Die Komponenten werden normalerweise nacheinander im Speicher angeordnet (beispielsweise als struct in der Programmiersprache C bzw. als record in Pascal bezeichnet). Eine Ausnahme stellen Unions dar.
Verwendung in verschiedenen Programmiersprachen
Strukturen in den Programmiersprachen C++ und C
In den Programmiersprachen C und C++ werden Verbünde als Struktur bezeichnet und mit dem Schlüsselwort struct (kurz für englisch structure, deutsch Struktur) deklariert. Die einzelnen Komponenten einer Struktur, die sog. member (dt.: Mitglieder) dürfen dabei beliebige einfache Datentypen, Felder konstanter Größe oder selbst wieder Strukturen seien, ggf. rekursiv sogar wieder dieselbe Struktur.
Im Gegensatz zur union überlappen sich die Speicherbereiche der einzelnen Strukturmitglieder nicht.
Größe im Speicher
Eine Struktur kann größer sein, als die Summe der einzelnen Datentypgrößen, da der Compiler die einzelnen Attribute im Speicher an bestimmten Adressen ausrichten kann. Die Anordnung der Struktur im Speicher ist nach der Übersetzung festgelegt und kann nicht mehr verändert werden.
Unterscheidung zwischen C++- und C-Struktur
In C können Strukturen lediglich Variablen, Zeiger, Arrays und andere Strukturen enthalten, während Strukturen in C++ die zusätzliche Fähigkeit besitzen, Funktionen - sogenannte Methoden - zu beinhalten, zu denen auch Konstruktoren und Destruktoren gehören.[1] Dies lässt sich in C nur teilweise über Funktionszeiger realisieren, die auch Teil von Strukturen sein können.
Unterscheidung zwischen C++-Struktur und C++-Klasse
In C++ dienen die Schlüsselwörter public
und private
dazu, die Zugriffsrechte auf Attribute und Methoden in Strukturen und Klassen zu regeln. Der einzige Unterschied hier ist, dass ohne explizite Angabe die Attribute von Strukturen standardmäßig public (Zugriff von außen erlaubt), die einer Klasse private (Zugriff nur von innerhalb der Klasse) sind.[2]
Implementierung in Pascal
Ein Verbund vom Datentyp Person für die beiden Instanzen Mustermann1 und Mustermann2 könnte in Component Pascal zum Beispiel folgendermaßen definiert und verwendet werden, und nur Instanzen desselben Datentyps sind in dieser Programmiersprache zuweisungskompatibel:
MODULE Personen;
IMPORT Dates;
TYPE
Person = RECORD
Vorname, Name, Wohnort: ARRAY 256 OF CHAR;
Geburtstag: Dates.Date;
END;
VAR Mustermann1, Mustermann2: Person;
BEGIN
Mustermann1.Vorname := "Hans";
Mustermann1.Name := "Mustermann";
Mustermann1.Wohnort := "Musterstadt";
Mustermann1.Geburtstag.day := 1;
Mustermann1.Geburtstag.month := 1;
Mustermann1.Geburtstag.year := 1900;
Mustermann2 := Mustermann1; (* Zwei Variablen vom selben Datentyp sind zuweisungskompatibel *)
END Personen.
Der importierte im Modul Dates definierte Datentyp Dates.Date ist wiederum ein Verbund mit den ganzzahligen Elementen day (Tag), month (Monat) und year (Jahr).
Datengruppen in Cobol
In Cobol wird der Datentyp Verbund ‚Datengruppe‘ genannt. Eine Datengruppe wird mit ihrem Bezeichner deklariert und ist der Überbegriff bzw. die Zusammenfassung für die ihr hierarchisch untergeordneten Datentypen – die selbst wieder Datengruppen sein können. Sie hat selbst keine Formatspezifikation (PIC-Klausel). Über die OCCURS-Klausel kann auch eine Datengruppe als Tabelle (= Array) deklariert werden, ggf. auch mehrstufig.
In den die Datengruppe ansprechenden Befehlen wird die Gesamtheit der ihr untergeordneten Felder als ein (1) Datenfeld im PIC-X-Characterformat und in der Gesamtlänge aller Einzelfelder behandelt. Bei einem MOVE-Befehl etwa findet also keine individuelle formatspezifische Verarbeitung der Einzelfelder statt, auch keine Formatkonvertierung.
Über die REDEFINES-Klausel kann eine Datengruppe eine andere Datengruppe 'redefinieren', wodurch beide Datengruppen denselben Speicherplatz benutzen. Angewendet wird dies beispielsweise für die Verarbeitung unterschiedlicher Eingabedaten, alternativ in der einen oder in der anderen Datenstruktur. Dies entspricht dem Konstrukt UNION in anderen Programmiersprachen.
Unions
Bei sog. Unions beginnen alle Komponenten an der gleichen Speicheradresse, d. h. ihre Speicherbereiche überlappen sich ganz oder zumindest teilweise. Eine Union belegt dabei mindestens so viel Speicher, wie ihre größte Komponente.
Unions sind in verschiedenen Programmiersprachen entweder als tagged-Unions oder untagged-Unions implementiert.
Eine tagged-Union ordnet jeder Komponente einen tag zu. Beim Schreiben einer Komponente wird der tag dieser Komponente in der Union-Variable gespeichert. Bei Lesezugriffen auf Komponente einer Union wird der tag der zu lesenden Komponente mit dem tag der letzten geschriebenen Komponente verglichen. Unterscheiden sich die tags ist ein Typfehler festgestellt. Somit sind tagged-Unions typsicher.
Untagged-Unions verwenden keine tags und sind deswegen typunsicher. D.h. es liegt in der Verantwortung des Programmierers, ob der letzte Schreibzugriff einer Union die gleiche Komponente verändert hat, die auch der darauf folgende Lesezugriff ausliest. Neben unbeabsichtigten Typfehlern bei der Verwendung von untagged-Unions existieren aber auch Anwendungsfälle für die Seiteneffekte von untagged-Unions. Beispielsweise eine Union aus einer IEEE-Gleitkommazahl und einer struct, deren Komponenten den Zugriff auf Vorzeichen, Mantisse und Exponent erlauben.
Beispiel in Haskell
Beispiel der Deklaration einer Union in Haskell:
data Tree a = Br (Tree a) (Tree a) |
Leaf a |
Nil
Tree ist ein algebraischer Datentyp. Br, Leaf und Nil sind die Konstruktoren.
Siehe auch
Einzelnachweise
- ↑ Unterschiede des Datentyps "class" zum Datentyp "struct" In: Kapitel 12: Objektorientiertes Programmieren in C++; Kursmaterialien - Online-Medien der Philipps-Universität Marburg; letzte Änderung: 20. März 2009
- ↑ Classes (I) auf cplusplus.com