Liebesfluchten
Liebesfluchten ist eine im Jahr 2000 in den Besteller-Listen gewesene Kurzgeschichten-Sammlung von Bernhard Schlink über moderne Menschen, die einen Sinn in ihrem Leben erahnen, aber nicht mehr verwirklichen können.
Inhalt
Episoden aus dem Leben männliche Bildungsbürger unterschiedlichen Alters haben sie gegenwärtige oder vergangene Beziehungsprobleme zu lösen. Was in keinem Fall befriedigend gelingt, ruft Emotionale Stimmungsbilder aus der deutschen mittleren Oberschicht um die Jahrtausendwende hervor.
Überblick
Ein junger Mann wird emotional durch Verbrechen seines Vaters in der Vergangenheit gelähmt . Ein Westdeutscher wird von einem DDR-Ehepaar instrumentalisiert, um ihre Beziehung zu retten. Ein Rentner entdeckt nach dem Tod seiner Frau deren eheliche Untreue. Ein Architekt kann sich für keine der Frauen entscheiden, mit denen er zeitgleich Beziehungen unterhält. Ein deutscher Student fühlt sich von seiner jüdischen US-Freundin als Kryptonazi gebrandmarkt. Ein Waffenstillstandsbeobachter vollzieht im Tod die Nichtverbundenheit zu seinem Sohne nach. Ein alternder Mann weiß nicht, wie seinem Traum zu folgen wäre, als dieser wirklich zu werden droht.
Geschichten
Das Mädchet mit die Eidechse
Der Gegenstand eines Gemäldes verzaubert einen Mann von Kindheit an mehr als jede wirkliche Beziehung zum anderen Geschlecht. Was spätere Freundinnen sogar eifersüchtig macht. Er aber gibt immer dem Bild den Vorzug. Er findet heraus, dass es jüdischen Verhältnissen entstammt, die der Vater im 3. Reich wohl eben der abgebildeten Anziehungskraft wegen auch sexuell ausgebeutet hat.
Der Seitensprung
Ein Berliner Sozialrichter wird für ihn unvermittelt von der Frau eines ostdeutschen Freundes verführt, nachdem sie erfuhr, dass ihr Mann, um die Familie zu retten, Angaben über sie bei der Staatssicherheit gemacht hatte. Mit dem Seitensprung gleicht sie diesen Verrat aus, der sonst den Weiterbestand ihrer Familie gefährdet hätte. (Erzählt aus der Perspektive des Richters.)
Der Andere
Ein Höherer Beamter entdeckt nach dem Tod seiner Frau, dass diese einmal in einen Pleitier verliebt war. Um diesen besser auszuspionieren, greift der Beamte ihm anfangs sogar finanziell unter die Arme. Von dem Geld richtet der Bedachte einen Empfang für die Frau, und als er erfährt, dass sie gestorben ist, ein Abschiedsessen aus, in dessen Verlauf eine Reihe gescheiterter Existenzen ihr große Ehre erweisen.
Zuckererbsen
Einem 68er fliegen die Erfolge im Berufs- wie Privatleben zu, wobei er sich aber auf nichts festlegen kann. Auch die Wanderexistenz eines Asketen, die er darauf einschlägt, schafft ihm keinen Existenzgrund. Nach einem Unglück kehrt er als Rollstuhlfall in die Mitte der drei Frauen seines Lebens zurück, die inzwischen, um durchzukommen, vereint Entscheidungen für ihn gefällt haben, welche ihm immerhin Anlass zu etwas Engagement – nämlich dagegen – zu bieten scheinen.
Die Beschneidung
Ein deutscher Gaststudent in Amerika leidet unter dem Deutschlandbild seiner jüdischen Freundin, umso mehr als er ihr in etlichen Punkten recht gibt. Ihr zuliebe lässt er sich schließlich beschneiden. Sie aber bemerkt es gar nicht oder ist nicht bereit, es zu würdigen, worauf er sie verlässt.
Der Sohn
Ein deutscher Professor für Völkerrecht erinnert sich als Waffenstillstandsbeobachter in einem Bürgerkriegsland an sein unentschlossenes Leben, besonders im Kontakt zu seinem Sohn. Noch im Sterben infolge eines Scharmützels gelingt es ihm nicht, etwas Entschiedenes zu erleben.
Die Frau an der Tankstelle
Der Inhalt eines Traumes, den ein inzwischen über 50jähriger Mann seit seiner Jugend immer wieder hat: sie geht mit ihm hinauf, und sie lieben sich. Zur Silbernen Hochzeit unternimmt der Mann mit seiner Ehefrau, der er überdrüssig geworden ist, eine Amerikareise, in deren Verlauf sie sich wieder näher kommen. Da erlebt er etwas an einer Tankstelle, das dem Anfang seines Traumes entspricht, hat aber nicht den Mut, ihn zu Ende zu verfolgen. Erzürnt über die eigene Unentschlossenheit, verlässt er danach mit einem Ruck seine Frau.