Gotland

Gotland ist die zweitgrößte Insel der Ostsee (nach Seeland (Dänemark) und vor Saaremaa (Estland)). Sie liegt nordöstlich von Öland und gehört zu Schweden. Ihren Namen hat sie vom Germanenstamm der Goten, die die Insel laut der Gotlandsaga um die Zeitenwende zumindest teilweise verließen um auf dem Kontinent, später als Ost- und Westgoten, große Reiche im mediterranen Raum zu errichten.
Bevölkerung
Auf Gotland leben 57 661 Einwohner (2004), die Insel ist 3.140 km² groß und besteht aus einem Kalksteinplateau. Hauptort der Insel ist Visby, die frühere Hansestadt Wisby, mit 21.000 Einwohnern (2002). Die Insel bildet den Verwaltungsbezirk Gotlands län und die Gemeinde Gotland.
Vorgeschichte

Gotland ist eine Insel, eigentlich eine Gruppe von Inseln (u. a. mit Fårö, Lille und Store Karlsö und Östergarn), die nach der Eiszeit aufgrund der Landhebung und unterschiedlicher Meeresstände in mehreren Etappen aus der Ancylus-See, der heutigen Ostsee emporwuchs. Die Insel wurde von Jägern und Sammlern besiedelt, die erst etwa um 2.000 v. Chr. von Ackerbauern verdrängt wurden. Wenig später gelangt die erste Bronze auf die Insel, die wie der gesamte Norden um 500 v. Chr. eisenzeitlich wird. Aus der Vorzeit haben sich die Überreste einiger Monumentarten erhalten. Schiffssetzungen und Bildsteine sind Elemente, deren Ursprung offenbar sogar auf Gotland lag. Radgräber, Menhire und Steinkisten sind vorhanden. Steinhaufengräbern, die auf schwedisch Rojr (dt. Röser) heißen, sind weitere Relikte aus der Vorzeit. Das Bulverket, ein Pfahlbau im Tingstadeträsk (Thingstätte-See), ist eine der merkwürdigsten Anlagen aus dieser Zeit und deutet auf einen Wasserkult auf dieser noch immer trockenen Insel. Seltsam auch die Trullhalsar (Trollhälse), runde, wendelzeitliche Grabkreise. Nicht zuletzt sind es Gräberfelder, Runensteine und Fornborger, Anlagen wie die Torsburg, die die jüngere Vorzeit der Insel ebenso prägten wie Trojaburgen. Das Freilichtmuseum von Bunge und Gotlands Fornsal in Visby zeigen viel von dieser Geschichte, während die unzähligen wikingerzeitlichen Hortfunde der Insel in Stockholm zu sehen sind.
Geschichte
Die Insel war zur Zeit der Wikinger, im Spätmittelalter und in der frühen Neuzeit ein wichtiger Umschlagspunkt für den Ostseehandel, speziell die Hanse hatte maßgeblichen Anteil an der Erschließung der Insel. Lange bevor Lübeck oder andere Städte an der Ostsee gegründet wurden, beherrschte die Insel bereits den Warenverkehr von Osten nach Westen. Bäuerliche Händler brachten die begehrten Güter über das Meer. In ihrem Gefolge, wohl als Gäste oder gar schon als Partner, kamen dann im 12. Jahrhundert immer mehr Kaufleute aus den frisch gegründeten Städten an der Ostsee und aus Westfalen auf die Insel und weiter nach Nowgorod im heutigen Russland. Schnell übernahmen sie, jetzt mit eigenen Schiffen ausgerüstet, einen Teil des Handelsvolumens. Die deutschen Händler, zum größten Teil ansässig in Wisby, wo sie großen Einfluss auf die Stadtentwicklung mit dem Bau prachtvoller Höfe, Häuser und Kirchen hatten, wurden alsbald zu einer ernsthaften Konkurrenz für die ländliche Bevölkerung, Spannungen waren vorprogrammiert. Dieser Gegensatz zwischen Kaufleuten und Landbevölkerung mündete Ende des 13. Jahrhunderts in einem militärischen Konflikt.
In mehreren Kämpfen musste sich die Stadt Wisby, die dem schwedischen König unterstand und ihm zur Heeresfolge verpflichtet war, gegen die Bauern behaupten und erlitt dabei trotz ihrer mächtigen Befestigungsanlagen, die Stadtmauer war knapp 3,6 Kilometer lang und hatte neben drei Toren auch 44 Wehrtürme, schwere Zerstörungen. In der zweiten Julihälfte 1361 landete der dänische König Waldemar Atterdag mit einer 3000 Mann starken Streitmacht auf der Insel. Ein eilig zusammengetrommeltes Heer der Landbevölkerung versuchte ihn und seine Ritter aufzuhalten, war aber nach zwei Tagen aufgerieben. Am 27. Juli trafen die Dänen in Sichtweite der Stadtmauern auf das letzte Aufgebot. Es kam zu einem blutigen Gemetzel. Rund 1800 Menschen fanden den Tod, da die Stadtbewohner es nicht wagten, ihnen die Tore zu öffnen. Nach der Schlacht ergab sich Visby und öffnete „freiwillig“ den Truppen Waldemars seine Tore, erhielt aber im Gegenzug zwei Tage später die Bestätigung seiner alten Rechte und Privilegien. Von 1361 an war Gotland dänisch.
Im Krieg Dänemarks gegen Schweden besetzten 1392 die Vitalienbrüder die Insel als Operationsbasis, wo sie sich als Freibeuter unter der Losung "Gottes Freunde, aller Welt Feinde!" allmählich verselbstständigten und zu allseits gefürchteten Seeräubern entwickelten. Schließlich vertrieb der Deutsche Orden unter Konrad von Jungingen 1398 die Vitalienbrüder aus Gotland, das dem Ritterorden von Schweden verpfändet war. 1645 kam Gotland wieder zu Schweden.
In jüngerer Zeit wurden auf der Insel Gotland einige neue Techniken zur elektrischen Energieübertragung erprobt. So ging 1954 zwischen Gotland und Schweden die erste operationelle Anlage zur Hochspannungs-Gleichstrom-Übertragung in der westlichen Welt in Betrieb, die HGÜ Gotland. 1999 wurde auf Gotland erstmals die HGÜ-Anbindung eines Windparks durchgeführt (HGÜ Visby-Nas).
Tourismus

Heute ist Gotland ein beliebtes Ferienziel, speziell für die schwedische Bevölkerung, denn das Klima der Ostseeinsel ist mild. Besonders bei Fahrradtouristen und Jugendlichen ist die Insel beliebt. Zu den besonderen Sehenswürdigkeiten, die auf der Nordinsel Fårö (kostenlose Fähre über den Sund) häufiger anzutreffen sind gehören die Raukar (singular: Rauk), merkwürdig bis phantastisch geformte, bis über 10 m hohe Kalksteinsäulen an den Klappersteinfelder genannten Steinstränden von Digerhuvud und Langhammars aber auch in den Wäldern bei Lickershamn. Der Hauptanziehungspunkt der Insel mit dem besonders schönen Wetter ist ohne Zweifel die mittelalterliche Stadt Visby. Besonders sehenswert sind auch einige der gotländische Landkirchen. Es gibt auf Gotland fast hundert mittelalterliche Kirchen, die meistens gut erhalten sind. Sie überraschen durch ihre Vielzahl von Holzkreuzen von hoher künstlerischer Qualität. Die Gotländischen Triumphkruzifixe sind eine besonders schöne Gattung. In der Kirche von Öja hängt ein Triumphkruzifix aus dem 13. Jahrhundert, das in seiner Art einzigartig in Skandinavien ist.
Auf der Insel befindet sich auch die Villa Kunterbunt aus Astrid Lindgrens Pippi-Langstrumpf-Büchern.
Seit 1995 finden jährlich in Rone IP die "offiziellen" Kubb - Weltmeisterschaften statt. Dabei kamen im Jahr 2002 insgesamt 192 Teams mit jeweils 6 Mitgliedern zusammen, um den Titel zu erringen. Das Alter der Teilnehmer lag dabei zwischen 8 und 85 Jahren.
Sprache

Auf Gotland wurde und wird z. T. noch heute eine besondere skandinavische Sprache, Gutamål, gesprochen; es ist umstritten, ob es sich dabei (aus entwicklungsgeschichtlicher Hinsicht) um eine eigenständige aus dem Gotischen entstandene Sprache oder (politisch begründet) um einen schwedischen Dialekt handelt.
Flora und Fauna
Gotland ist auch bekannt für seine sehr artenreiche Naturlandschaft. Besonders die Vogelwelt und die Vielfalt an Orchideen sind hervorzuheben. Zahlreiche Reservate auf der gesamten Insel wurden zum Schutz der Natur eingerichtet, eines davon auf der Torsburg, zwei andere auf den Inseln Lille und Store Karlsø (kleine und große Karlsinsel).
Landschaftssymbole
- Blume: Efeu
- Tier: Igel
Literatur
M. Jonsson und S.-O. Lindquist: Kulturführer Gotland 1993, ISBN 91-88036-09-X
== Weblinks == Gotland, in: Meyers Konversationslexikon, 4. Aufl. 1888-90, Bd. 7, S. 561.