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Kommunismus

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Kommunismus (lat. communis = "gemeinsam") bezeichnet

  1. eine von Karl Marx begründete politische und wirtschaftliche Theorie, die die bürgerliche Gesellschaft als ausbeuterisches Gewaltverhältnis verurteilt.
  2. die als Konsequenz aus 1. angestrebte Gesellschaftsform, in der "jeder nach seinen Fähigkeiten" tätig sein und "jedem nach seinen Bedürfnissen" der produzierte Reichtum offen stehen solle.
  3. die Bewegung, die sich diesem Ziel verschrieben hat;
  4. In der frühen Soziologie sind auch andere "Kommunismus"-Begriffe erarbeitet worden (siehe unten).

Theorie

Die von Marx geprägte Lehre des Kommunismus entstand im 19. Jahrhundert als Kritik und Gegenentwurf zum herrschenden kapitalistischen Wirtschaftssystem, das nach Ansicht der Kommunisten auf der Ausbeutung der Arbeiterklasse durch die Kapitalistenklasse beruht. Der bürgerlichen Staatsgewalt warfen sie die Absicherung dieser Unterdrückung mit Recht und Ordnung vor: Um die Umsetzung dieser Ziele zu garantieren, bedient sich die bürgerliche Herrschaft einer allgegenwärtigen Überwachung durch Sicherheitskräfte in Verbindung mit harten, gewaltsamen Strafen bei Regelverstößen, außerdem der politischen Gesinnungskontrolle (Verfassungsschutz) und einer umfassenden Propaganda.

So sind im bürgerlichen Recht alle Untertanen ideell gleichgestellt. Nach kommunistischer Auffassung bemäntelt das nicht nur den Gegensatz von Arm und Reich, es stellt ihn sogar her: Die Gleichbehandlung von materiell ungleich Ausgestatten sorge dafür, dass sich die Unterschiede auswirkten - zum Schaden der Lohnarbeiter. Mit dem Recht auf Eigentum werde die Besitzlosigkeit der breiten Massen erhalten, weil sie so von der Verfügung über Produktionsmittel getrennt seien. Darum sei die bürgerliche Freiheit auch nur so viel wert wie die ökonomischen Mittel der Personen: Für die mittellosen Arbeiter bedeute sie den Zwang, ihre Arbeitskraft den Kapitalisten zur Ausbeutung anzubieten. Laut Marx ist der Lohnarbeiter "frei in dem Doppelsinn, daß er als freie Person über seine Arbeitskraft als seine Ware verfügt, daß er andererseits andre Waren nicht zu verkaufen hat, los und ledig, frei ist von allen zur Verwirklichung seiner Arbeitskraft nötigen Sachen." (Karl Marx, "Das Kapital", Berlin/DDR 1962, S. 183).

Die bürgerliche Demokratie lehnen Kommunisten als politischen Überbau dieser Unterdrückung ab: Mit der Rechtsordnung stehe die Herrschaft des Eigentums fest, zur Wahl stehe nur noch der exekutive Ausschuss. Die Interessen des Individuums würden dabei den Interessen des Gemeinwesens untergeordnet: Im Dienste des Wirtschaftswachstums sollen die Profite der Kapitalisten steigen und die Arbeit billig ausfallen. Diese Rechnung ginge zu Lasten der Proletarier aus, die für einen beschränkten Lohn möglichst lange und möglichst intensiv arbeiten müssten. Diametral entgegen zur liberalen Demokratie steht die kommunistische Vorstellung einer gesellschaftlichen "Assoziation, worin die freie Entwicklung eines jeden die freie Entwicklung aller ist" (Karl Marx/ Friedrich Engels, "Das Kommunistische Manifest", in: MEW 4, Berlin/DDR 1959, S. 482). Marx und Engels empfahlen den Arbeitern, für die Abschaffung der bürgerlichen Demokratie zu stimmen und eine kommunistische Revolution einzuleiten. Sie hätten dann allerdings mit einer "proslavery rebellion" (Pro-Sklaverei-Revolte) der alten Mächte zu rechnen.

Marx trat dafür ein, "alle Verhältnisse umzuwerfen, in denen der Mensch ein erniedrigtes, ein geknechtetes, ein verlassenes, ein verächtliches Wesen ist" (Karl Marx, "Zur Kritik der Hegelschen Rechtsphilosophie. Einleitung", in: MEW 1, Berlin/DDR 1976, S. 385). Dafür müssten die Proletarier das Privateigentum an den Produktionsmitteln abschaffen und eine gemeinsame Planwirtschaft zur bestmöglichen Versorgung aller mit möglichst wenig Aufwand einrichten.

Die kommunistische Lehre stellt die bürgerliche Gesellschaft unter den Verdacht, die Mehrheit ihrer Mitglieder notwendigerweise in eine relative Armut zu stürzen und darum unbillige Gewalt für ihren Erhalt zu brauchen. Mit der Entwicklung des modernen Sozialstaats und der Abmilderung der Klassengegensätze verlor diese These an Überzeugungskraft.

Die politische Losung, „Kommunismus“ stehe demgegenüber für den Anspruch auf eine für das Individuum verträglichere Gesellschaft, beanspruchen gleichwohl die verschiedensten politischen Bewegungen, deren vielleicht einzige inhaltliche Gemeinsamkeit die Berufung auf Marx darstellt, weiterhin für sich.

Praktische Umsetzung

Bewegung

Die kommunistische Kritik stellt die bürgerliche Gesellschaft unter den Verdacht, die Mehrheit ihrer Mitglieder in eine relative Armut zu stürzen, die allgemein bedauerten Fällen von absolutem Elend notwendig hervorzurufen, und darum jede Menge unbillige Gewalt für ihren Erhalt zu brauchen. Die politische Losung „Kommunismus“ steht demgegenüber für den Anspruch auf eine für das Individuum verträglichere Gesellschaft. Dieses Ziel beanspruchten - und beanspruchen - die verschiedensten politische Bewegungen für sich, deren vielleicht einzige inhaltliche Gemeinsamkeit die Berufung auf Marx darstellt.

Bis Mitte des 20. Jahrhunderts berief sich z.B. die kontinental-europäische Sozialdemokratie auf Marx; auch die Gewerkschaftsbewegung war lange mehrheitlich marxistisch orientiert. In den Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg erfreuten sich kommunistische Theorien auch unter westlichen Intellektuellen, vor allem in Frankreich und Italien, großer Beliebtheit. Bis heute existieren in vielen Ländern kommunistische Parteien und Gruppierungen, die nach dem Fall der Sowjetunion stark an Bedeutung verloren haben. Der indische Bundesstaat West-Bengal hat eine Regierung, die sich heute noch "kommunistisch" nennt (allerdings faktisch wohl auch sozialdemokratisch ist).

Kommunismus im Sinne der von Marx skizzierten Gesellschaftsform wurde historisch nie umgesetzt; allerdings behauptete der Marxismus-Leninismus, die Länder des „real existierenden Sozialismus“ befänden immerhin auf dem Weg zu einer Übergangsstufe zwischen Kapitalismus und Kommunismus.

Kommunisten in staatlichen Ämtern

In Russland wurde nach dem Sturz des Zaren 1917 mit der Sowjetunion ein sich am Marxismus-Leninismus orientierender Staat errichtet, der als "realexistierender Sozialismus" den Anspruch erhob, die wahre kommunistische Lehre zu repräsentieren. Als Ergebnis des zweiten Weltkriegs geriet ganz Osteuropa unter sowjetische Kontrolle, die dort ähnliche Herrschaftssysteme unter Kontrolle der jeweiligen Schwesterparteien installierte.

Die Staatsparteien des Realsozialismus bezeichneten sich als „kommunistische“ bzw. „sozialistische“ Parteien; allerdings behaupteten sie nicht, sie hätten schon einen Kommunismus eingerichtet: Sie sahen ihr System als Übergangsgesellschaft, in der noch einige Einschränkungen und herrschaftliche Gewaltakte vonnöten seien. Dies entschuldigten sie mit der Bedrohung durch konterrevolutionäre kapitalistische Interessen von außen und innen; und mit dem Versprechen, letzten Endes würde die Diktatur des Proletariats (also eben der proletarischen Staatsparteien) zur Aufhebung der Klassen und zum Absterben des Staates führen.

Dieser Ostblock konnte sich im Ost-West-Konflikt zunächst zum großen weltpolitischen Gegenspieler der USA aufschwingen. Im letzten Drittel des Zwanzigsten Jahrhunderts brach er unter seiner mangelnden Anpassungsfähigkeit an den Wandel der Zeiten und seiner wirtschaftlichen Ineffizienz zusammen. Marxistisch-leninistisch geprägte aber sich vom sowjetischen Modell lösende Regierungsformen entstanden in der Volksrepublik China, Albanien und Jugoslawien, während eine Reihe von Entwicklungsländern, wie etwa Kuba, eher dem sowjetischen Modell folgte.

Volksrepublik China

In der Chinesischen Kulturrevolution rief Mao zu einer gewaltsame Umstrukturierung der gesamten Gesellschaft auf. Durch die politischen Säuberungen und die versuchte Beseitigung der "Klassen" kam es in der ungefestigten neuen Gesellschaftsordnung zu Fehlplanungen und Mißernten. Dem gegenüber mussten gebildete Personen wie z.B. Lehrer und Ärzte rein körperliche Arbeit verrichten. Für die Umsetzung dieses Umsturzes bestehender Ordnung sorgten die oft aus Schülern und Studenten bestehenden Roten Garden. Dabei kämpften die Roten Garden oft äußerst handgreiflich gegen alte Traditionen und Kultur. Sie verwüsteten Geschäfte und Wohnungen ein und zwangen die dortigen Bewohner, bürgerliche Verfehlungen zu gestehen oder brachten diese um. Diese angebliche Herrschaft des Proletariats wurde dann von der Volksbefreiungsarmee beendet. Danach brach dann eine Epoche der Reformen an, die bis heute anhält. China versucht ein Ein-Parteien-System mit einer kapitalistischen Wirtschaftsform zu verbinden.

Kambodscha

Ein besonders blutiges Beispiel bildet die Ideologie der Roten Khmer in Kambodscha. Pol Pot meinte, daß die bisherigen sozialistischen Regimes daran scheiterten, daß die beteiligten Menschen nicht sozialistisch erzogen waren und so den Sozialismus nicht leben konnten. Daraus zog er die Schlussfolgerung, daß eine sozialistische Gesellschaft nur dadurch erreicht werden könne, indem man den sozialistisch erzogenen Kindern und Jugendlichen die Macht gibt und jeden Erwachsenen mit Bildung einsperrt oder tötet.

conclusio

Die Umsetzung von Marx' Ideen in den Staaten des ehemaligen Ostblocks wurde zwar nie in der Realität vollständig erreicht, dennoch waren die Umsetzungen ähnlich: sie endeten meist in totalitären Diktaturen. Der Grund dafür liegt in einem Konflikt zwischen den menschlichen Grundwerten, Freiheitsdrang und Individualismus und Marx' Philosophie. Diese sah das Verschwinden der Klassen als zwingende Notwendigkeit. Die Freiheit des Individuums in Marx' Sinn erforderte laut den marxschen Interpreten in diesen Staaten das Errichten eines Kollektivs, wo jeder materiell als auch ideell gleich sein sollte. Die Interessen des Indidividuums sollen dabei in den Interessen der Gemeinschaft liegen. Um die Umsetzung dieser Ziele zu garantieren, bediente man sich der Zensur, Propaganda und einer allgegenwärtigen Überwachung durch Sicherheitskräfte in Verbindung mit harten, gewaltsamen Strafen bei Regelverstößen. Diametral zu dieser Vorstellung steht die liberale Demokratie, in der mit der Freiheit der Person, umfassenden Rechten (insb. die Menschenrechte) und Pluralismus ein mehrheitsbildendes System mit freien Wahlen aufgebaut wird.

Entwicklung in Deutschland

Sozialistische Bewegungen wurden im Kaiserreich als "Vaterlandsverräter" diffamiert und politisch und polizeilich bekämpft. Nach dem ersten Weltkrieg gelangte die Sozialdemokratie an die Regierung, während die zur Jahreswende 1918/19 gegründete KPD (Kommunistische Partei Deutschlands) sich nach Moskau orientierte und in scharfer Ablehnung der Weimarer Republik verharrte (Sozialfaschismusthese). Im Dritten Reich wurden die kommunistischen Parteien verboten und viele ihrer Anhänger und Mitglieder wurden verfolgt und in KZs gebracht.

Im Nachkriegsdeutschland verfügte das Bundesverfassungsgericht gegen die KPD 1956 wegen ihrer Gegnerschaft zur Freiheitlich-Demokratischen Grundordnung ein Parteiverbot und die Auflösung der Partei. 12 Jahre später wurde als Nachfolgepartei die DKP gegründet, die allerdings nie die Bedeutung der KPD erreichte.

Eine ähnliche Entwicklung geschah in der Schweiz mit dem Verbot der KPS (1939) und der Gründung der PdA (Partei der Arbeit) (1944) schon viel früher. 1968 wurde unter dem Namen KPD-ML eine der maoistischen Lehre nahestehende kommunistische Partei gegründet.

Die SPD wandelte sich mit dem Godesberger Programm von 1959 von einer Klassenpartei zur Volkspartei und tilgte die Reste kommunistischer Programmatik

Die aus der SED hervorgegangene PDS sieht sich in Teilen immer noch in der kommunistischen Tradition stehen.

Bekannte Vertreter des Kommunismus

Karl Marx
Friedrich Engels
Rosa Luxemburg
Karl Liebknecht
Clara Zetkin
Che Guevara
Fidel Castro
Lenin
Leo Trotzki
Erich Honecker
Mao Tse Tung
Ernst Thälmann
Bertolt Brecht
Antonio Gramsci
Pablo Neruda

Verwandte Begriffe

Kommunistische Partei
Marxismus
Leninismus
Maoismus
Stalinismus
Trotzkismus

Abweichende "Kommunismus"-Begriffe in der Soziologie

Ferdinand Tönnies bezeichnet in Gemeinschaft und Gesellschaft (1887) im Untertitel den Kommunismus als "empirische Kulturform"; dieser "Communismus" ist nach seiner Theorie aber nur gemeinschaftlich möglich; hingegen geht es in gesellschaftlichen Zusammenhängen immer nur um den "Socialismus". Da bei ihm zwar "Gesellschaft" aus "Gemeinschaft" hervorgehen kann, er den umgekehrten Prozess aber als unmöglich beurteilt, kann bei ihm aus Sozialismus auch nie Kommunismus werden. Auch Max Weber sieht Kommunismus als Vergemeinschaftung, wenn er auf z. B. den "Familienkommunismus" und den "Mönchskommunismus" hin weist.


Siehe auch:

  • KPD (Kommunistische Partei Deutschlands)
  • KPdSU (Kommunistische Partei der Sowjetunion)
  • KPÖ (Kommunistische Partei Österreichs)