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Schnupftabakglas

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Ein Schnupftabakglas ist ein handwerklich hergestelltes Glasobjekt, welches zur Aufbewahrung von Schnupftabak dient, ähnlich der Schnupftabakdose.

Geschichte und Entwicklung

Vorkommen in Bayern

Erste Hinweise auf die Fertigung von Schnupftabakgläsern finden sich in alten Fertigungsberichten des 17. Jahrhunderts. Vor allem im bayerischen und südböhmischen Raum tauchen die Begriffe „Tobackhpixl“ oder „Tabakbüchsel“ auf, welche gläserne Gebrauchsgegenstände zur Tabakaufbewahrung bezeichnen.[1] Der umgangssprachliche Ausdruck „Büchsel“ hat sich bis zum heutigen Tage erhalten. Während im 18. Jahrhundert die Herstellung von Schnupftabakgläsern kriegsbedingt zurückging, finden sich zu Beginn des 19. Jahrhunderts wieder zahlreiche Belege für ihre Existenz und Verbreitung. Das Mitführen eines eigenen Schnupftabakglases gehörte in Bayern aufgrund der derzeitigen Beliebtheit des Schnupftabaks zum Alltag. Durch das Aufkommen von Zigaretten und preiswerter Steinzeugflaschen nach dem ersten Weltkrieg wurde die gläserne Schnupftabaksflasche weitgehend aus dem Alltag verdrängt, erlebte ihr Comeback aber ab 1960 durch größer werdendes Interesse von Sammlern, was auch die Produktion wieder anheizte. Der ursprünglich alltägliche Gebrauchsgegenstand wandelte sich nun immer mehr hin zum Sammlerobjekt und mannigfaltig gestaltetem Kunstobjekt. Dies geschieht allerdings in den meisten Fällen vor dem Hintergrund des traditionellen Schnupftabakglases. [2]

Schnupftabaksbehälter anderer Länder

Quellen aus dem 18. Jahrhundert belegen die Herstellung von verschiedenfarbigen Schnupftabakgläsern auch im entfernten China. Dort wurden im Verlauf dieses Jahrhunderts auch Schnupftabakflaschen aus anderen Materialien, wie beispielsweise Porzellan, gefertigt. In Südamerika überwogen Naturmaterialien wie Holz, Horn oder Schalenfrüchte, während in Spanien neben diesen Materialien vor allem im 18. Jahrhundert Dosen aus Edelmetallen beliebt waren. Flaschenförmige Behälter wurden in Spanien meist aus Holz, Horn oder auch Elfenbein hergestellt, die Verwendung von Glas ist nicht belegt. Ähnlich verhält es sich mit ostafrikanischen Schnupftabaksbehältern. In Pommern hingegen tauchen im 19. Jahrhundert neben Horn oder Metall auch den bayerischen Schnupftabaksgläsern ähnliche Fläschchen auf. [3]

Herstellung und Techniken

Schinden

Die Herstellung von Schnupftabakgläsern erfolgte oft während des sogenannten „Schindens“. Glasmacher nutzten hierbei ihre Pausen während der Arbeitszeit, um aus abfallendem oder auch normal vorrätigem Material Gegenstände für den Eigengebrauch oder auch den privaten Weiterverkauf zu fertigen, sogenannte Schinderware. Diese Art der Bereicherung war durchaus toleriert und gängige Praxis. Neben der Motivation des Zuverdienstes lag der Reiz im Schinden auch in der gestalterischen Freiheit, welche im Berufsalltag des Glasmachers oft zu kurz kam. So entwickelten sich im Laufe der Zeit immer individuellere und künstlerischere Techniken. [4]

Herstellung eines Schnupftabakglases

Die Herstellung eines Schnupftabakglases ist von handwerklicher Komplexität und soll daher nur in groben Zügen erläutert werden. Das wichtigste Werkzeug des Glasmachers bei der Herstellung eines Schnupftabakglases ist die Pfeife. Auf diese wird durch Eintauchen und Drehen im Ofen geschmolzenes Glas aufgetragen. Um dieses Glas nun in die erwünschte Form zu bringen, wird es durch die Pfeife hindurch aufgeblasen – daher auch er Ausdruck „Glasbläser“ – und in einer hölzernen Form gedreht. Diese Grundform kann nun durch verschiedene Bearbeitungstechniken weiter gestaltet werden, so zum Beispiel durch Einschneiden oder Plätten. Hierfür wird das Glas immer wieder am Ofen erhitzt. Schließlich wird es durch einen Schlag von der Pfeife getrennt, sodass der Glasmacher nun die Öffnung und den Kragen gestalten kann. Die Weiterverarbeitung eines Schnupftabakglases erfolgt durch Schleifer, Graveure oder Glasmaler. [5]

Verschiedene Techniken

Überfanggläser

Bei einem Überfangglas besteht das Glas in der Regel aus zwei verschiedenfarbigen Farbschichten, dem Innen – und Außenüberfang. Auch Überfangtechniken mit bis zu sieben verschiedenen Schichten sind möglich. Durch Schliff und Gravur werden bei Überfanggläsern reizvolle Effekte erzielt.

Fadengläser

Auf den Grundglaskörper werden verschiedenfarbige Glasstäbchen aufgebracht und eingeschmolzen. Durch Verformungen und Verdrehungen sowie die Nachbearbeitung durch Werkzeuge entstehen verschiedene Dekore wie Fischgrät- , Netz- oder Wellendekor.

Mascherl

Die vielleicht schwierigste Technik ist die des Mascherlglases. Hierfür werden auf den Grundglaskörper kleine, in sich bereits aufwändig gestaltete Glasstäbchen aufgebracht, welche zuvor eigens gefertigt wurden. Diese Stäbchen umschließen das Glas nun völlig. Durch ihre Unterschiedlichkeit in Farbe und Gestaltung sowie Kombination auf dem Glas wird jedes Mascherl ein Unikat.

Umsponnene

Um einen Grundglaskörper herum wird ein gleichbleibend feiner, langer Glasfaden gewickelt, sodass er das ganze Glas dicht umschließt. Dieser Vorgang nennt sich „Umspinnen“.

Hohlgeschnürlte

Durch ein sogenanntes hohlgeschnürltes Glas ziehen sich dekorativ dünne, hohle Luftkanäle. Diese gelingen durch die Kombination eines gerippten Kern und eines Mantels. Diese äußerst komplizierte Technik wird zumeist von zwei Glasmachern gemeinsam ausgeführt.

Da der Fantasie, Kreativität und Experimentierfreudigkeit der Glasmacher keine Grenzen gesetzt sind, gibt es noch zahlreiche weitere Techniken, welche oben ausgeführte Grundtechniken weiterführen oder kombinieren. [6]

Veredelung

Die Gläser, die nach oben genannten Techniken von den Glasmachern gefertigt wurden, werden oftmals noch von weiteren Kunsthandwerkern überarbeitet. Ein Graveur kann das ihm anvertraute Schnupftabakglas mit einer Gravur versehen. Während diese Technik früher oft für die Gravur von Namen oder Sprüchen genutzt wurde, tritt sie heutzutage auch zum plastischen Weitergestalten des Grundglases auf. Durch einen Schleifer erhält ein Glas den passenden Schliff, wobei es zahlreiche Variationsmöglichkeiten gibt. Bei der sogenannten Sandstrahltechnik werden Glasflächen mattiert. Die Glasmalerei bietet die Möglichkeit, die Gläser mit Emailfarben auf vielfältige Art und Weise zu gestalten. [7]

Schnupftabakgläser als Sammlerobjekt

Ab den 60er Jahren entwickelte sich das Schnupftabakglas, welches nach dem Krieg ja eher aus der Mode gekommen war, immer mehr und mehr zum Sammlerobjekt. Gerade die große Vielfalt in Form, Farbe, Technik und Veredelung macht den Reiz für viele Sammler aus. Das Erscheinen des Buches „Brasilflaschl & Tabakbüchsl“ von Heiner Schaefer im Jahr 1978 bot für viele Sammler einen ersten Leitfaden bezüglich Wert und Art der Schnupftabakgläser. Dies hatte sowohl eine Wertsteigerung alter Gläser als auch eine Vergrößerung des Sammlerpublikums zur Folge. Die Produktion von Schnupftabakgläsern in größerer Stückzahl wurde durch diese steigende Nachfrage besonders angeregt. Durch den steigenden Wert, der auf der großen Nachfrage vor allem nach antiken Gläsern beruht, werden heutzutage auch künstlich gealterte Fälschungen produziert und zum Kauf angeboten, weshalb Vorsicht geboten ist. [8]

Quellen

  • 1. Schaefer, Heiner: Schnupftabak-Gläser – Kleinodien aus dem bayerischen Wald. Morsak Verlag, Grafenau 1997
  • 2. Schaefer, Heiner: Neues vom Tabakglas – Schnupftabakgläser aus Bayern Band 4. Regen 2012
  • 3. Schaefer, Heiner: Brasilflaschl und Tabakbüchsl – Schnupftabakgläser aus vier Jahrhunderten. Morsak Verlag, Grafenau 1978
  • 4. Schaefer, Heiner: „Schnupf, Bruder!“ – Prisen, Dosen, Tabakflaschen. Morsak Verlag, Grafenau 1985

Einzelnachweise

  1. Schaefer, Heiner: Neues vom Tabakglas. Regen 2012, S.7
  2. Schaefer, Heiner: Neues vom Tabakglas. Regen 2012, S.8-9
  3. Schaefer, Heiner: Neues vom Tabakglas. Regen 2012, S.8, 14, 16, 20
  4. Heiner Schaefer: Schnupftabak-Gläser. Morsak Verlag, Grafenau 1997, S.39 -41
  5. Heiner Schaefer: Schnupftabak-Gläser. Morsak Verlag, Grafenau 1997, S.65 -67
  6. Heiner Schaefer: Schnupftabak-Gläser. Morsak Verlag, Grafenau 1997, S.69 - 92
  7. Heiner Schaefer: Schnupftabak-Gläser. Morsak Verlag, Grafenau 1997, S.93 -102
  8. Heiner Schaefer: Schnupftabak-Gläser. Morsak Verlag, Grafenau 1997, S. 50 - 52