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Künstliche Intelligenz

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Künstliche Intelligenz (KI, bzw. AI vom englischen Artificial Intelligence) ist eine Fachdisziplin der Informatik mit interdisziplinärem Charakter. Ziel der KI ist es, Maschinen zu entwickeln, die sich verhalten, als verfügten sie über menschliche Intelligenz (John McCarthy, 1955).

Genauer geht es darum, Systeme zu entwickeln, die

  • "wie Menschen" denken, oder
  • sich "wie Menschen" verhalten, oder
  • rational denken, oder
  • sich rational verhalten.

Hierbei bezeichnet "Denken" die inneren Problemlösungsmechanismen und "Verhalten" die nach außen sichtbaren Ergebnisse des Denkens (Quelle: Russell/Norvig). Historisch entspricht diese Klassifikation der Unterscheidung zwischen starker KI und schwacher KI:

  • Bei der starken KI geht es darum, mit Computern eine Intelligenz zu schaffen, die wie der Mensch nachdenken und Probleme lösen kann. Eine solche starke KI würde über eine Form von Bewusstsein bzw. Selbstbewusstsein und über Emotionen verfügen.
  • Die sog. schwache KI versucht, mit Computern intelligentes Verhalten zu simulieren. Eine schwache KI verhält sich als wäre sie intelligent, muss jedoch nicht notwendigerweise selbständig nachdenken oder gar ein Bewusstsein entwickeln.

Während bei der schwachen KI in den letzten Jahren deutliche Fortschritte erzielt wurden, sind auf Seiten der starken KI wesentliche Fragen ungelöst.

Methoden der KI

Viele ältere Methoden, die in der KI entwickelt wurden, basieren auf heuristischen Lösungsverfahren. In jüngerer Zeit spielen mathematisch fundierte Ansätze aus der Statistik, der Mathematische Programmierung, und der Approximationstheorie eine bedeutende Rolle.

Die Techniken der KI lassen sich grob in Gruppen einteilen:

  • Optimierungsmethoden: Oft führen Aufgabenstellungen der KI zu Optimierungsproblemen. Diese werden je nach Struktur entweder mit Suchalgorithmen aus der Informatik oder, zunehmend, mit Mitteln der Mathematischen Programmierung gelöst. Bekannte heuristische Suchverfahren aus dem Kontext der KI sind Evolutionäre Algorithmen.
  • Logisches Schliessen: Von intelligenten Maschinen erwartet man, dass sie aus vorhandenem Wissen Schlüsse ziehen können. Schon früh beschäftigte sich die KI damit, automatische Beweissysteme (Deduktionssysteme) zu konstruieren, die Mathematikern und Informatikern beim Beweisen von Sätzen und beim Programmieren (Logikprogrammierung) behilflich wären. Zwei Schwierigkeiten stellten sich: 1.) Formuliert man Sätze in mächtigen, für den Benutzer bequemen Beschreibungssprachen (z.B. Prädikatenlogik), werden die entstehenden Suchprobleme sehr schwierig. In der Praxis machte man Kompromisse, wo die Beschreibungssprache für den Benutzer etwas umständlicher, die zugehörigen Optimierungsprobleme für den Rechner einfacher zu handhaben waren (Prolog, Expertensysteme). 2.) Selbst mächtige Beschreibungssprachen werden unhandlich, wenn man versucht, unsicheres oder unvollständiges Wissen zu formulieren. Für praktische Probleme kann dies eine sehr ernste Einschränkung sein. Die aktuelle Forschung untersucht daher Systeme, die die Regeln der Wahrscheinlichkeitsrechnung verwendet, um Unwissen und Unsicherheit explizit zu modellieren. Algorithmisch unterscheiden sich diese Methoden sehr von den älteren Verfahren (statt Symbolen werden Wahrscheinlichkeitsverteilungen manipuliert).
  • Approximationsmethoden: In vielen Anwendungen geht es darum, aus einer Menge von Daten eine allgemeine Regel abzuleiten (maschinelles Lernen). Mathematisch führt dies zu einem Approximationsproblem. Im Kontext der KI wurden hierzu Künstliche Neuronale Netze vorgeschlagen. In praktischen Anwendungen verwendet man häufig alternative Verfahren, die mathematisch einfacher zu analysieren sind.

Anwendungen

In der Vergangenheit sind Erkenntnisse der Künstlichen Intelligenz mit der Zeit oft in die anderen Gebiete der Informatik übergegangen: Sobald ein Problem gut genug verstanden wurde hat sich die KI neuen Aufgabenstellungen zuwandt. Zum Beispiel wurden der Compilerbau oder Computeralgeba ursprünglich der Künstlichen Intelligenz zugerechnet.

Zahlreiche Anwendungen wurden auf der Grundlage von Techniken entwickelt, die einst Forschungsgebiete der KI waren oder es noch sind. Einige Beispiele:

Turing-Test

Um ein Maß zu haben, wann eine Maschine eine dem Menschen gleichwertige Intelligenz aufweist, wurde von Alan Turing der nach ihm benannte Turing-Test vorgeschlagen. Dabei sollen Mensch und Maschine über ein Terminal Fragen beantworten und eine Jury soll anhand der Antworten entscheiden, wer der Mensch ist. Solange dies möglich ist, so Turing, sind Maschinen nicht intelligent. Bisher hat keine Maschine diesen Turing-Test bestanden.


Philosophische Kritik

Die philosophische Kritik setzt sich vorwiegend mit den Bedingungen der Möglichkeit der starken KI (s.o.) auseinander.

Metaphysische Einwände

Vom Standpunkt einer aristotelisch-thomistischen Substanz-Metaphysik, die nicht nur im Altertum und Mittelalter großen Einfluss besaß, sondern auch in der Neuzeit und Moderne von manchen vertreten wird, sind Maschinen als "tote", da unbelebte Wirklichkeiten prinzipiell als in der Seinsordnung niedriger stehend als alle Lebewesen einzustufen, deren höchste Stufe im Bereich der sichtbaren Wirklichkeit der Mensch als "animal rationale" darstellt, d.h. als Lebewesen, das mit Vernunft ausgestattet ist.

Von daher ist es unmöglich, dass je eine Maschine jene Art von Intelligenz besitzt, wie sie dem Menschen zukommt. Mag auch die "Intelligenz" einer Maschine in unvorstellbarem Ausmaß anwachsen, so ist diese Steigerung immer nur graduell und hebt den qualitativ bestehenden Unterschied zwischen Mensch und Maschine nicht auf. Maschinelle "Intelligenz" ist i.a. von Rechenoperationen abhängig; Einsicht und Urteilsfähigkeit oder gar Freiheit der Entscheidung kann einer Maschine als solcher nie zukommen - bestenfalls eine derart perfekte Simulation solcher an sich nur dem Menschen möglicher geistiger Prozesse, dass der Schein einer eigenständigen, dem Menschen möglicherweise gar überlegenen Intelligenz entstehen könnte.

Kritik der metaphysischen Sichtweise

Neuzeitliche Kritiker werfen den Metaphysikern vor, dass die Frage nach Intelligenz nicht mit der Frage nach der Stellung in einer (gottgegebenen) Seinsordnung zusammenhänge: Ein "niedrig stehendes" Wesen könne über genausoviel Intelligenz verfügen wie ein "höher stehendes" Wesen. Sobald es gelänge "die Intelligenz einer Maschine in unvorstellbarem Ausmaß anwachsen" zu lassen, habe die KI ihr Ziel erreicht.

Zur Abgrenzung von Mensch und Maschine

Auch in der Gegenwart wird jedoch von einigen der Standpunkt vertreten, dass es einen unüberwindlichen Unterschied zwischen dem Menschen und allen seinen Produkten gibt, der eine KI im echten Sinne unmöglich macht. Ein Vertreter ist beispielsweise Rolf Eraßme (siehe Literatur und Weblinks). Einer der prominentesten Kritiker der Idee, man könne menschliche Intelligenz mit Maschinen nachahmen, ist der Philosoph John Searle mit seinem Gedankenexperiment des Chinesischen Zimmers. Marvin Minsky formulierte den auch als Starke These der Künstlichen Intelligenz bekannten Satz: "The brain happens to be a meat machine" (Das Gehirn ist eine Maschine aus Fleisch). Den Beweis für diesen Satz ist die KI jedoch bislang schuldig geblieben.


Literatur

  • Stuart Russell, Peter Norvig: Artificial Intelligence: A Modern Approach, 2. Auflage, 2002, Prentice Hall. (Das aktuelle Standardwerk zum Thema.)
  • Karl Steinbuch: Automat und Mensch. Berlin 1971
  • Dietrich Dörner: Bauplan für eine Seele ISBN 3499611937
  • Rolf Eraßme: Der Mensch und die "Künstliche Intelligenz" - Eine Profilierung und kritische Bewertung der unterschiedlichen Grundauffassungen vom Standpunkt des gemäßigten Realismus, philosophische Dissertation an der RWTH Aachen (elektronisch veröffentlicht, siehe Weblinks), Aachen 2002
  • Roger Penrose: Computerdenken - Des Kaisers neue Kleider oder Die Debatte um Künstliche Intelligenz, Bewußtsein und die Gesetze der Natur, Übersetzung der englischen Original-ausgabe "The Emperor's New Mind", mit einem Vorwort von Martin Gardner und einem Vorwort zur deutschen Ausgabe von Dieter Wandschneider, Heidelberg 1991
  • Roger Penrose: Schatten des Geistes - Wege zu einer neuen Physik des Bewußtseins, Übersetzung der englischen Originalausgabe "Shadows of the Mind", Heidelberg 1995



Siehe auch: Mustererkennung, Kybernetik, Künstliche Dummheit, Ontologie (Informatik), Prädikatenlogik, Ameisenalgorithmus, Penrose