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Psychotherapieforschung

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Die empirische (statistisch-orientierte) Psychotherapieforschung begann in den 1950er Jahren nachdem Hans Eysenck noch in den 1952 die provokante These veröffentlicht hatte, dass Psychotherapie (Psychoanalyse) nicht besser wirke als Nichtstun. Später revidierte er diese Ansicht (1993).

In einer Fülle von Einzeluntersuchungen (Experimentelle & Statistische Studien, Fallstudien u.a.) wurde seitdem die Wirksamkeit unterschiedlicher psychotherapeutischer Verfahren überprüft. Meta-Analysen dienen dazu, die Ergebnisse vieler Einzeluntersuchungen zusammenzufassen und zu strukturieren. Den großen Meta-Analysen zur Wirksamkeit von Psychotherapie zufolge steht die Wirksamkeit kognitiv-verhaltenstherapeutischer, psychdynamisch/psychoanalytischer und humanistischer/gesprächspsychotherapeutischer Verfahren bei einer Vielzahl von psychischen Störungen inzwischen außer Frage.

Schwierigkeiten bei Wirksamkeitsstudien zur Psychotherapie, vor allem in der vergleichenden Therapieforschung, entstehen vor allem aus der Tatsache, dass die unterschiedlichen therapeutischen "Schulen" teils sehr unterschiedliche Kriterien für Therapieerfolg postulieren und sehr unterschiedliche therapeutische Wirkmechanismen vermuten. Insofern werden auch die Ergebnisse der genannten Metastudien teils leidenschaftlich diskutiert.

Methodisch theoretische Aspekte der Psychotherapieforschung:

Psychotherapie wird im Rahmen einer Vielzahl von Schulen und Theorien gelehrt und ausgeübt, sie ist auch Gegenstand verschiedener Fächer und Fakultäten (z.B. Theologie, Pädagogik, Psychologie, Medizin). Es gilt, diese Vielfalt der Schulen zu erhalten: Sie kommt den unterschiedlichen Diagnosen und Patienten sowie den unterschiedlichen Begabungen der Therapeuten entgegen. Aus interdisziplinaritätstheoretischer Sicht ist jedoch eine gemeinsame schulen- und fächerverbindende Basis zu empfehlen: Diese Basis kann nur gemeinsam mit den anderen Humanwissenschaften interdisziplinär und transfakultär entwickelt werden.

Die Humanwissenschaften, ihre Fragestellungen und Ergebnisse können mit Hilfe von zwei Begriffsklassen, nämlich den Komplexitätsebenen (Tabelle: Zeilen) und den Vier Grundfragen (Tabelle: Spalten) so geordnet werden, dass z.B. die Vernetzung der Ergebnisse und ihre Diskussion sinnvoll strukturiert wird. Durch die Begriffsklassen erschließt sich der interdisziplinäre Umfang eines Themas.


 

 Verursachungen

 Ontogenese

 Anpassungswert

 Phylogenese

Molekül

 

 

 

 

Zelle

 

 

 

 

Organ

 

 

 

 

Individuum

 

 

 

 

Gruppe

 

 

 

 

Gesellschaft

 

 

 

 

Die kursiv geschriebenen Begriffe der Tabelle sind auch Gegenstand geisteswissenschaftlicher Disziplinen.


Wirkfaktoren

Es lassen sich - über Therapieschulen hinweg - grundlegende Wirkfaktoren der Psychotherapie nachweisen:

  1. Therapeutische Beziehung: Die Qualität der Beziehung zwischen dem Psychotherapeuten und dem Patienten / Klienten trägt signifikant zu einem besseren oder schlechteren Therapieergebnis bei.
  2. Ressourcenaktivierung: Die Eigenarten, die die Patienten in die Therapie mitbringen, werden als positive Ressource für das therapeutische Vorgehen genutzt. Das betrifft vorhandene motivationale Bereitschaften, Fähigkeiten und Interessen der Patienten.
  3. Problemaktualisierung: Die Probleme, die in der Therapie verändert werden sollen, werden unmittelbar erfahrbar. Das kann z.B. dadurch geschehen, dass Therapeut und Klient reale Situationen aufsuchen, in den die Probleme auftreten, oder dass sie durch besondere therapeutische Techniken wie intensives Erzählen, Imaginationsübungen, Rollenspiele o.Ä. die Probleme erlebnismäßig aktualisieren.
  4. Motivationale Klärung: Die Therapie fördert mit geeigneten Maßnahmen, dass der Patient ein klareres Bewusstsein der Determinanten (Ursprünge, Hintergründe, aufrechterhaltende Faktoren) seines problematischen Erlebens und Verhaltens gewinnt.
  5. Problembewältigung: Die Behandlung unterstützt den Patienten mit bewährten problemspezifischen Maßnahmen (direkt oder indirekt) darin, positive Bewältigungserfahrungen im Umgang mit seinem Problemen zu machen.

(nach Grawe, Klaus: "Empirisch validierte Wirkfaktoren statt Therapiemethoden.", Report Psychologie 7/8 2005, S. 311)