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Trisomie

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Von einer Trisomie (gr. τρία = drei + σώμα = Körper, hier Chromosomenkörper als Träger der Erbinformationen) spricht man, wenn ein Chromosom oder ein Teil eines Chromosoms dreifach (= trisom) statt zweifach (= disom) in allen oder einigen Körperzellen vorliegt.

Ursache

Üblicherweise liegen die Chromosomen eines Menschen als Doppelsatz und somit in diploider Form vor.

Verdreifachungen von Erbmaterial entstehen, wenn die Zellteilung unüblich verläuft, und aufgrund dessen statt eines Chromosoms zwei Chromosomen der gleichen Nummer in die Keimzelle gelangen und diese dann (da ja noch ein Chromosom hinzukommt) insgesamt drei Chromosomen aufweist: Je ein übliches von Mutter und Vater und ein zusätzliches von entweder Mutter oder Vater.

Dies wird als Genommutation bezeichnet, also als eine Besonderheit in Bezug auf die Struktur oder Anzahl der Chromosomen.

Freie Trisomien (s.u.) entstehen aufgrund einer Non-disjunction während der Meiose, Mosaik-Trisomien (s.u.) entstehen durch Non-disjunction während der Mitose.

Jede gebärfähige Frau in jeder Altersstufe kann ein Kind mit einer Form der Trisomie bekommen. Die Wahrscheinlichkeit einer Trisomie beim Kind nimmt lediglich mit wachsendem Alter der biologischen Kindmutter (und möglicherweise auch des biologischen Kindvaters) zu, sodass es in Deutschland für FrauenärztInnen verpflichtend ist, Schwangere ab dem Alter von 35 Jahren im Rahmen von Pränataldiagnostik auf die Möglichkeit einer Untersuchung der kindlichen Chromosomen durch Verfahren wie die Chorionzottenbiopsie, die Amniozentese oder die Nabelschnurpunktion hinzuweisen.

Da Trisomien nicht ursächlich heilbar sind und Menschen mit Chromosomenverdreifachungen in der Regel körperliche und kognitive Beeinträchtigungen unterschiedlichen Schweregrades haben, entscheiden sich viele Schwangere bzw. Elternpaare für einen Schwangerschaftsabbruch, obwohl vorgeburtlich nicht eingeschätzt werden kann, wie sich ein Kind nachgeburtlich entwickeln wird. Für manche Eltern, die ein Kind mit einer Trisomie nicht selbst aufziehen wollen oder können, ist die Adoptionsfreigabe oder die Abgabe des Kindes in eine Pflegefamilie eine Alternative zum Abbruch der Schwangerschaft.

Formen der Trisomie

Unterschieden werden vier Formen der Trisomie:

  • 1. Freie Trisomie
    • Dies ist der häufigste Trisomie-Typus: In allen Körperzellen liegt das jeweilige Chromosom komplett dreifach vor. Es ist jedoch prinzipiell möglich, dass eine Freie Trisomie diagnostiziert wird, obwohl eigentlich eine Mosaik-Trisomie (s.u.) vorliegt. Freie Trisomien entstehen aufgrund meiotischer Non-disjunction.
  • 2. Translokations-Trisomie
    • Bei diesem Trisomie-Typus liegt in allen Körperzellen das jeweilige Chromosom dreifach vor. Eines der drei Chromosomen oder ein Teil davon hat sich jedoch an ein anders Chromosom angelagert. Dieser "Ortswechel" eines Chromosoms oder eines Chromosomenstücks wird in der Genetik als Translokation (Genetik) bezeichnet.
  • 3. Mosaik-Trisomie
    • Bei diesem Trisomie-Typus liegt nicht in allen Körperzellen das jeweilige Chromosom dreifach vor, sondern gleichzeitig eine Zelllinie mit dem üblichen diploiden Chromosomensatz. Das Vorliegen mehrere Zellinien wird in der Genetik als Mosaik bezeichnet. Aufgrund des Vorliegens zweier verschiedener Zellinien kann es prinzipiell vorkommen, dass bei einer Chromosomenanalyse ausschließlich Proben mit einem trisomen Chromosomensatz untersucht werden, aufgrund dessen dann eine Freie Trisomie (s.o.) diagnostiziert werden würde, obgleich eine Mosaik-Trisomie vorliegt. Zum Teil sind bei Menschen mit einer Mosaik-Trisomie Merkmale des jeweiligen Syndroms in Abhängigkeit vom Anteil der disomen Zellen weniger stark ausgeprägt, wobei dies nicht zu verallgemeinern, sondern stets im Einzelfall zu betrachten ist. Mosaik-Trisomien entstehen durch mitotische Non-disjunction.
  • 4. Partielle Trisomie
    • Dieser Trisomie-Typus ist äußerst selten. Bei Menschen mit einer Partiellen (= teilweisen, anteiligen) Trisomie liegen die Chromosomen zwar wie üblich zweifach in allen Körperzellen vor, allerdings ist ein Teil eines der beiden jeweiligen Chromosomen verzweifacht, wodurch eines der Chromosomen etwas länger ist als das andere. Die Erbinformationen in diesem Abschnitt liegen somit insgesamt dreifach vor. Die Partielle Trisomie spielt für die Forschung eine wichtige Rolle. Es wird untersucht, in welchem Zusammenhang die Trisomie bestimmter Abschnitte und Gene auf Chromosomen mit der Ausprägung bestimmter Besonderheiten steht, denn meist sind bei Menschen mit einer Partiellen Trisomie Merkmale des jeweiligen Syndroms in Abhängigkeit des jeweils trisomen Chromosomenabschnittes weniger stark ausgeprägt, wobei dies nicht zu verallgemeinern, sondern stets im Einzelfall zu betrachten ist.

autosomale Trisomien

Die bekannteste, da weltweit häufigste Form einer Trisomie ist die Verdreifachung eines 21. Chromosoms. Dies ist die Ursache für ein Down-Syndrom (Trisomie 21), das bei durchschnittlich einem von 700 lebendgeborenen Babys vorliegt. Menschen mit dieser Besonderheit sind in der Regel lebensfähig, erreichen mittlerweile durchschnittlich ein Alter von etwa 60 Jahren, sind lern- und arbeitsfähig und ihre Lebensqualität ist insbesondere in Abhängigkeit von ihrem sozialen Umfeld gut.

Die meisten anderen Trisomien verursachen jedoch schwer wiegende körperliche Entwicklungsstörungen beim heranwachsenden Kind und sind entweder nicht mit dem Leben vereinbar oder sie sind mit einer vergleichsweise kurzen Lebenserwartung verbunden. Hierzu zählen in der Regel die Trisomie 13 (Pätau-Syndrom), die Trisomie 18 (Edwards-Syndrom) und die Verdreifachung aller Chromosomen (Triploidie).

Die Chromosomen 21 und 18 sind relativ klein. Wenn bei größeren Chromosomen eine Trisomie vorliegt, führt dies meist zu einer Fehlgeburt, oft in so frühen Schwangerschaftsstadien, dass der Verlust des Embryos nicht als solcher bemerkt, sondern die einsetzende Blutung einer Unregelmäßigkeit der Menstruation zugeschrieben wird.

Daneben gibt es noch Trisomien, die durch das zusätzliche Vorkommen kurzer Bruchstücke eines Chromosoms gekennzeichnet sind. Zu ihnen zählen Trisomie 3q, Trisomie 9p, Trisomie 10p und Trisomie 12p.

Andere Formen der Trisomie sind die Trisomie 8 und die Trisomie 9.

gonosomale Trisomien

Häufig und teils mit deutlich weniger körperlichen und kognitiven Besonderheiten verknüpft sind Verdreifachungen der Geschlechtschromosomen X bzw. Y. Hierzu zählen das Klinefelter-Syndrom (XXY-Syndrom), das XYY-Syndrom und das Triplo-X-Syndrom (Trisomie X)

Literatur

  • Klaus Sarimski: Entwicklungspsychologie genetischer Syndrome. Hogrefe, Göttingen 2003. ISBN 380171764X
  • Regine Witkowski, Otto Prokop, Eva Ullrich: Lexikon der Syndrome und Fehlbildungen. Springer, Berlin 2003. ISBN 3540443053

durch Trisomie ausgelöste Syndrome

siehe auch

Monosomie - GenommutationGenetik - Klinefelter-Syndrom - Liste der Syndrome