Louise Müller (Sängerin, 1784)
Louise (eigentlich Ludovica) Müller (* 1763; † 6. Juli 1837 in Wien) war eine österreichische Schauspielerin und Sängerin (Sopran).
Leben
Ludovica Müller, die sich später Louise nannte, ist 1799 erstmals als Schauspielerin nachweisbar. Zusammen mit ihrer Mutter, einer Schauspielerin, debütierte sie im Juni 1803 am Theater an der Wien,[1] wo sie zahlreiche Soubretten-Partien gestaltete, etwa in Antonio Salieris Singspiel Die Neger, das am 10. November 1804 zur Uraufführung kam.
Ihre bekannteste Rolle war die Marzelline in Beethovens Oper Fidelio, die sie sowohl bei der Uraufführung der ersten Fassung am 20. November 1805 als auch bei der Uraufführung der zweiten Fassung am 29. März 1806 verkörperte. Bemerkenswert ist, dass sie am 25. März 1806, bei einer privaten Aufführung von Ferdinando Paers Oper Leonora im Palais des Fürsten Joseph Lobkowitz, die Titelpartie übernahm. Dies ist einer Tagebuchnotiz des Grafen Karl von Zinzendorf zu entnehmen, der sie zugleich als „Geliebte des russischen Fürsten Trofiakin“ bezeichnet.[2]
Der Schriftsteller Ignaz Franz Castelli verkehrte um 1807 häufig bei ihr und erzählt:
„Eine gute Schauspielerin und Sängerin war damals beim Theater an der Wien; Fräulein Müller, als Soubrette war sie vorzüglich. Ich hatte Zutritt im Hause, und die Mama des Fräuleins, welche Mütter im Schauspiele, aber schlecht spielte, lud mich öfters zum Speisen und warf mir süße Blicke zu; allein ich war ein keuscher Joseph, weil Madame Müller nicht so reizend war wie Putiphar, und habe demnach meinen Mantel nie dort gelassen. Die Tochter wäre wohl ganz nach meinem Geschmacke gewesen, und ich bearbeitete für sie auch ein französisches Lustspiel, welches unter dem Titel: „Das Liebhabertheater“ unter ihrem Namen gegeben wurde; aber es trug mir keine Früchte, da sie mit einem russischen Fürsten in einem Liebesverhältnis stand.“[3]
Das genannte Lustspiel Das Liebhabertheater – die Übersetzung eines Stückes von Emmanuel Dupaty – gelangte am 22. April 1807 zur Uraufführung. Als Autor ist tatsächlich „Louise Müller“ angegeben.[4] In der Rezension der Wiener Theater-Zeitung heißt es:
„Die beliebte Louise Müller, eine geübte Schauspielerinn und schöne Sängerinn, versuchte auch als Dichterinn die Liebe des Publicums zu erhalten. Es gelang ihr… Demoiselle Müller entzückte ganz, vorzüglich durch ihren hellen Gesang: „Ich war, als ich erwachte“ etc. aus dem Opferfeste, sie spielte die Rolle mit sanfter Anmut, und wurde am Ende hervorgerufen, wofür sie bescheiden und passend dankte, und die Vorzüge des Stücks dem Autor, nachdem sie es bearbeitet, zuschrieb, die Fehler, die sie aber als Uebersetzerinn beging, zu verzeihen bat.“[5]
Castelli schreibt über ihre künstlerischen Fähigkeiten:
„Eine gar liebliche Schauspielerin und brave Sängerin war Fräulein Müller, besonders im heitern Fache. Ihre Soubrettenrollen wußte sie mit einer Decenz auszustatten, daß sie Alles für sich einnahm, aber auch in ernsteren Partien wußte sie ihren Platz mit Ehren auszufüllen.“[6]
Zu ihren großen Erfolgen gehörte daneben die Marianne in Soliman II. von Franz Xaver Süßmayr, die sie erstmals am 5. September 1807 bei der Premiere der Neuinszenierung der Oper im Theater an der Wien sang.
Am 31. Mai 1808 verließ sie Wien,[7] um anschließend mehrere Jahre am Kaiserlichen Deutschen Hoftheater in St. Petersburg tätig zu sein.[8] Wie die Wiener Theater-Zeitung meldete, erschien „Demoiselle Louise Müller“ dann am 9. Januar 1816 „nach einer siebenjährigen Abwesenheit zum ersten Mahl wieder, und debütierte in der Rolle der Marianne, welche sie hier im Jahre 1807 als die Oper am 5. September zum ersten Mahl im Theater an der Wien gegeben wurde, mit allgemeinem Beifall spielte.“[9] Am 31. März 1817 gab sie ihre Abschiedsvorstellung und zog sich danach ins Privatleben zurück.
Sie wohnte zuletzt „in der Leopoldstadt Nr. 122“, wo sie im Alter von 74 Jahren an der Gicht starb.[10]
Literatur
- Matthäus Voll, Chronologisches Verzeichniß aller Schauspiele, deutschen und italienischen Opern, Pantomimen und Ballette, welche seit dem Monath April 1794 bis wieder dahin 1807, nämlich durch volle 13 Jahre sowohl in den k. k. Hoftheatern als auch in den k. k. privil. Schauspielhäusern, vormahls auf der Wieden, nun an der Wien und in der Leopoldstadt aufgeführet worden sind, Wien 1807
- Katalog der Portrait-Sammlung der k. u. k. General-Intendanz der k. k. Hoftheater. Zugleich ein biographisches Hilfsbuch auf dem Gebiet von Theater und Musik. Zweite Abtheilung. Gruppe IV. Wiener Hoftheater, Wien 1892, S. 347
- Alexander Wheelock Thayer, Ludwig van Beethovens Leben, deutsch bearbeitet von Hermann Deiters, Band 2, 3. Aufl., Leipzig 1922, S. 481f., 487, 505, 508
- Willy Hess, Das Fidelio-Buch, Winterthur 1986
Einzelnachweise
- ↑ Voll (1807), S. 166
- ↑ Ludwig van Beethoven im Spiegel der Tagebücher des Grafen Karl von Zinzendorf, in: Mitteilungsblatt Wiener Beethoven-Gesellschaft, Nr. 3/1980, S. 9–11
- ↑ Ignaz Franz Castelli, Memoiren meines Lebens, Band 1, Wien-Prag 1861, S. 116
- ↑ Anton Bauer, 150 Jahre Theater an der Wien, Wien 1952, S. 282
- ↑ Theater-Zeitung, Wien, Jg. 2, Nr. 18 vom 23. Mai 1807, S. 89f. (Digitalisat)
- ↑ Ignaz Franz Castelli, Memoiren meines Lebens, Band 1, Wien-Prag 1861, S. 245 (Digitalisat)
- ↑ August Wilhelm Iffland, Almanach fürs Theater 1809, S. 97 (Digitalisat)
- ↑ Ebenda, S. 152
- ↑ Theater-Zeitung, Wien, Jg. 9, Nr. 6 vom 20. Januar 1816, S. 21 (Digitalisat)
- ↑ Wiener Zeitung, Nr. 155 vom 10. Juli 1837, S. 898 (Digitalisat)
Personendaten | |
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NAME | Müller, Louise |
ALTERNATIVNAMEN | Müller, Ludovica (wirklicher Name) |
KURZBESCHREIBUNG | österreichische Sängerin (Sopran) |
GEBURTSDATUM | 1763 |
STERBEDATUM | 6. Juli 1837 |
STERBEORT | Wien |