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Pathos

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Pathos bezeichnet in der klassischen Rhetorik seit Aristoteles eines der drei Überzeugungsmittel der Rede. Während Pathos sich durch emotionalen Appell auf das Publikum bezieht, bezieht Ethos seine Überzeugungskraft aus der Autorität und Glaubwürdigkeit des Sprechers. Die pragma schließlich sind Argumente, die der Sache selbst entnommen sind (etwa Folgerichtigkeit und Beweisführung). Dem jeweiligen Überzeugungsmittel entsprechen spezielle rhetorische Techniken (elocutio). Pathos erreicht man z.B. mit Figuren der Überwältigung oder mit Aposiopesen oder Aporien. In der Poetik des Aristoteles meint Pathos alle emotionalen Handlungen der Tragödie. Das Wort stammt ursprünglich aus dem Griechischen (pathos) und bedeutet dort: Gemütsbewegung, Gefühl, Leidenschaft, Leiden. Seit seiner ersten systematischen Definition in der griechischen Rhetorik, die für die sämtliche folgende Traditionen grundlegend ist, hat das Wort vielerei Bedeutungsveränderungen erfahren. In den römischen Adaptionen der griechischen Rhetoriklehre (Cicero, Quintilian) meint Pathos zunehmend nur noch die extremen, überwältigenden Emotionen, die durch die Rede angesprochen werden, während Ethos nun die moderaten emotionalen Wirkungen bezeichnet. Als potenzielle Gefahr (Manipulation) wird rednerisches Pathos von der Rhetorik selbst begrenzt auf spezielle Themen und immer der [[Ethik|ethnischen] Integrität des Sprechers sowie den eigentlichen Argumenten untergeordnet. Andererseits weisen auch Philosophen wie [Platon] immer wieder auf die Gefahren hin, die sich mit den Affekten - und ihrer Stimulierung durch Rede und Literatur - verbinden. Nach und nach verbindet sich das Überzeugungmittel auch mit einer bestimmten Aufgabe (movere - bewegen) und einem Stil. Dem Pathos entspricht dabei der erhabene Stil - genus grande. Im Text Über das Erhabene (Peri Hypsous), der früher einem gewissen Longinus zugeschrieben wurde, ist der pathetische Stil ein möglicher Ausdruck des Erhabenen. Die Kritik verschiebt sich in eine Unterscheidung zwischen angemessenem und unangemessenem Pathos, das Longinus als frostig, pompös oder Scheinraserei ((parenthyrson) beschreibt. Letzlich kann nur das Genie des Sprechers die Angemessenheit des Pathos garantieren - eine Idee, die die Grundlage von Longins Wiederentdeckung im 18. Jahrhundert bildet. Bei Friedrich Schiller wird das Pathetisch-Erhabene zur privilegierten ästhetischen Figuration. In ihm offenbare sich menschliche Freiheit, die die Kunst erfahrbar mache, wenn sie den Widerstand gegen das Leiden ausgestalte. Pathos meint also nun den Zustand der Überwindung des Leidens. Gegenwärtig steht Pathos unter Verdacht und ist zum wertenden Schlagwort geworden, etwa in der Film- und Literaturkritik. Nach wie vor zeichnet sich eine pathetische Rede in Mimik, Gestik, Wortgebrauch oder auch Timbre durch Feierlichkeit und eine gewisse Leidenschaft aus. Der Verdacht gründet aber nicht nur in neuen Formen der Emotionskritik, sondern richtet sich auch auf die großen Erzählungen (Lyotard), mit denen der Stil traditionell verbunden ist: so etwa bei Schiller die Idee der Freiheit. Wenn Pathos theatralisch erscheint, weist das zurück auf die tradierte Skepsis, die auf der Opposition von Authentizität und Verstellung aufbaut. So fordert die literarische Empfindsamkeit im 18. Jahrhundert gerade die einfache Sprache als Ausdruck 'wahrer' Emotionalität, wodurch die elaborierten 'pathetischen' Sprachtechniken, wie sie etwa im Barock perfektioniert wurden, in Veruf geraten. Der Manipulationsverdacht gründet sich nach 1945 zudem auf die Kritik an der Rhetorik des Nationalsozialismus.

Siehe auch: Bathos

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